DER DFB

125 Jahre DFB: Die Gründerväter

18.03.2025
Einer der Gründerväter des DFB und kicker-Gründer: Walther Bensemann Foto: imago

Am 24. Januar 2025 beging der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit einer feierlichen Gala an seinem Gründungsort Leipzig seinen 125. Geburtstag. In vielen Beiträgen und Reden wurde an die großen Erfolge des deutschen Fußballs und an dessen Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt erinnert. Die Gäste sahen bewegende Bilder der Sternstunden bei Welt- und Europameisterschaften. Viele der noch lebenden Titelträger wohnten der Veranstaltung bei. So wurde die Verbindung von Tradition und Zukunft des deutschen Fußballs allen Beteiligten deutlich vor Augen geführt. In einer zehnteiligen Serie erinnert DFB.de an die Gründervereine des DFB. Heute im dritten Teil: Die bedeutendsten Väter der Gründervereine.

Der DFB wurde auf dem ersten allgemeinen Fußballtag von 86 Vereinen gegründet, doch im Mariengarten zu Leipzig hatten sich nur 36 Männer versammelt. Wie das? Etliche von ihnen sprachen für ganze Landes- oder Regionalverbände, hatten also ein Mandat für mehrere Vereine. Wir stellen die "stimmgewaltigsten" Funktionäre vor. Der Bekannteste bis in unsere Tage hinein ist sicher Walther Bensemann. Der Mann, der die traditionsreichste und weiterhin bestehende Fußballfachzeitschrift Kicker im Jahr 1920 ins Leben rief, war auf der Versammlung gerade erst 27 Jahre jung, aber schon ein "Promi". Als Heranwachsender war er an einer englischen Privatschule in der Schweiz erstmals mit dem neuartigen Ballspiel in Berührung bekommen und in Montreux an der Gründung eines Vereins beteiligt – mit 14! Das war der Anstoß für ein Leben für den Fußball. Zwar machte er dann in Karlsruhe sein Abitur, aber sein Studium an vier verschiedenen Universitäten nutzte er mehr zur Gründung von Vereinen als für eine wissenschaftliche Karriere – er brach das Studium ohne Abschluss ab.

Im süddeutschen Raum etablierte Bensemann dafür das Spiel im ausgehenden 19. Jahrhundert, gründete Vereine in Karlsruhe und Straßburg, initiierte als 20-Jähriger auch die Gründung der Süddeutschen Fußballunion (1893) und die sogenannten Ur-Länderspiele mit England, in denen süddeutsche Auswahlen deftige Niederlagen einsteckten. In Leipzig vertrat er sechs Vereine: ein Quartett aus dem Mannheimer Fußball-Bund (FV 1898, Germania 1897, Union 1897 und Viktoria 1897) und die Karlsruher Vereine FC Phönix 1894 und FC Südstadt. Seine Verdienste um den Fußballsport sind unermesslich, übrigens noch bei der Taufe des DFB. Auf Bensemanns Intervention hin bekam der DFB seinen noch immer gültigen Namen "Deutscher Fußball Bund", zuvor war von Prager Seite ein „Allgemeiner Deutscher Fußballbund“ vorgeschlagen worden. Der DFB-Chronist Carl Koppehel würdigte den stets für Völkerverständigung eintretenden Bensemann schon 1950 in der Verbandsfestschrift so: "Ein Kosmopolit bester Prägung, Bahnbrecher für den Fußballsport um die Jahrhundertwende und insbesondere für dessen internationale Aufgaben. Aktiver Spieler…gründete viele Vereine… arrangierte etwa 80 Auslandsspiele der Vereine, die er finanzierte. Führte 1900 die ersten Spiele Deutschlands gegen Schweden durch. Als Journalist schrieb Bensemann seinen eigenen Stil. Der von ihm gegründete 'Kicker' wurde Deutschlands führendes Blatt. Bensemann emigrierte 1933 in die Schweiz, wo er ein Jahr später verstarb."

Boxhammer vom ersten Tag an engagiert

Was der Chronist verschwieg, aber 1950 noch jeder wusste: Bensemann war Jude und brachte sich vor den Nazis in Sicherheit, die in ihrem rassistischen Wahn keine Juden in gesellschaftlich wichtigen Positionen duldeten. Auch nicht als Chefredakteur und Herausgeber einer Fußballzeitschrift. Die widmete ihm immerhin im November 1934 einen freundlichen Nachruf: "… wenn er sich einmal auf das Gebiet der hohen Politik wagte, so stand Deutschlands Wohl am Anfang und am Ende seines Denkens und Handelns." 

Fritz Boxhammer war wie Bensemann in Leipzig 27 Jahre jung und vertrat den bedeutenden Verband deutscher Ballspielvereine (elf) aus Berlin, wo am längsten organisiert Fußball gespielt wurde. Konkret: Akademischer SC 1893, Britannia 1892, Burgund 1896, Concordia 1895, BFC Phönix, Rapide 1893, Stern 1899, Tasmania 1890, Union 1892, Viktoria 89 und den Akademischen BC 1897 Charlottenburg. Boxhammer, den alle "Ette" nannten, hatte schon diverse Sportarten ausprobiert und 1891 den Berliner Sportverein gegründet, wo er als Leichtathlet aktiv war. Nach dessen Fusion mit Germania wurde auch Boxhammer zum Fußballanhänger und war als Torwart aktiv.

Im Mariengarten stimmte er übrigens gegen die Gründung des DFB an diesem Tag und wollte erst mal ein einheitliches Regelwerk aufgesetzt sehen, "mein Verband hält die Gründung für verfrüht". Dass er überstimmt wurde, hielt ihn nicht ab, sich vom ersten Tag an zu engagieren. Im DFB galt er als "Meister der Geschäftsordnung" (Koppehel), war erster Spielausschussobmann und formulierte die ersten Texte der Satzungen und Spielregeln. Von 1905 bis 1911 übernahm er Aufgaben als 2. Vorsitzender und schaffte es 1906/1907 sogar in den Vorstand der jungen FIFA – als 2. Schriftführer. Dabei konnte er auch glänzend reden und war "ein ebenso erfolgreicher Journalist". Dem Berliner Verband saß er acht Jahre vor, was ihn nicht davon abhielt, auch als Schiedsrichter und Jugendleiter der Germania tätig zu sein. Koppehel schrieb nach seinem Tod am 11. April 1926 im kicker: "Wer Boxhammer kannte, musste ihn ehren. Die Jugend aber, der er ein Lehrer und Meister war, wird ihn darüber hinaus nicht vergessen."

Manning: "Entwicklungshilfe aus England"

Dr. Gustav Randolph Manning, auch Jahrgang 1873, war eine schillernde Figur im Kreise der Pioniere. Schließlich war er ein bereits promovierter Mediziner und er stammte aus dem Mutterland des Fußballs: England. In Lewisham bei London geboren, kam er als Kind nach Berlin und kickte unter anderem für den VfB Pankow (auch ein Gründungsmitglied) sowie als Student für den Straßburger FC und den Freiburger FC, dessen 1. Vorsitzender er 1897 wurde. Beide Klubs waren in Leipzig vertreten, allerdings nicht durch Manning. Er hatte das Mandat für sieben andere Vereine im Verband süddeutscher Fußballvereine (dessen Schriftführer er war), für Germania 1894 Frankfurt, Hanau 93, den Karlsruher FV 1891, Mannheimer FG 1896, den 1. FC Pforzheim 1896, Frankonia Pforzheim und den Straßburger FV 1893. Er schritt ein, als die Stimmung aufgrund des Berliner Vetos gegen eine Gründung zu kippen drohte: "Mein Verband ist für nichts Halbes, der neue Bund soll im Prinzip festgelegt werden." Man möge sich England zum Vorbild nehmen, wo alle Regionalverbände auch unter dem Dachverband vereint seien. Nach weiteren Debatten setzte sich die Partei der Gründungsbefürworter durch. Im Jahr 2000 würdigte die "Welt" Mannings Engagement und übertitelte ihren Rückblick mit den Worten "Entwicklungshilfe aus England".

Mannings Dienste für den deutschen Fußball endeten mit seiner Auswanderung in die USA 1905, wo er im April 1913 den amerikanischen Fußballverband gründete. Obwohl: Ganz stimmt es nicht. Später saß er als erster "Amerikaner" im Exekutivkomitee der Fifa und setzte sich 1950 für Deutschlands Wiederaufnahme ein. Ein Pionier aus Leidenschaft – wie die ganze Familie. Einer seiner Brüder, Fred, 1900 als Vertreter des VfB Pankow in Leipzig, wurde erster DFB-Schriftführer. Gustav Manning starb am 1. Dezember 1953 im Alter von 80 Jahren.

Walter Sommermeier: Vertreter von 15 Vereinen

Der Mann mit den meisten Stimmen in Leipzig hat nicht mal einen Wikipedia-Eintrag und verdient doch Erwähnung: Walter Sommermeier, damals gerade erst 24 geworden, vertrat 15 (!) Vereine, die des von ihm mitbegründeten Hamburg- Altonaer Fußball-Bundes und des Verbands Bremer Fußballvereine. Er war also die Stimme der Hansestädte und plädierte als solche auch für die DFB-Gründung. Folgende Vereine vertrauten sich ihm an: FC Altona 93, Eintracht Altona, die Bremer Klubs ASC 1898, Germania 1899, Hansa 1898, SC 1891, KSV Simson, SuS 1896, FV Werder und aus Hamburg Association 1893, FC 1888, Germania 1887, Hammonia 1896, St. Georg 1895 und Victoria 1895. Als Spieler trug er das Trikot der Victoria, war auch als Schiedsrichter aktiv. 1905 wurde er bereits Ehrenmitglied des Hamburger Vereins. Später zog er nach Wiesbaden, wo er 1958 starb und in Vergessenheit geriet. Eine Initiative, die sich mit der Tradition der Victoria beschäftigte, machte sein Grab 2023 ausfindig und besuchte es. Im Vereinsheft stand zu lesen: "Seine Verdienste sind weit über seinen Tod hinaus unvergessen."

Das ist nicht allen Pionieren vergönnt und manchmal bedarf es eines Jubiläums, dass sie wieder zu Tage treten – aber davon wird es ja immer wieder welche geben. Paart es sich mit der Neugier der Lebenden, ist sogar ein würdiges Gedenken möglich. Die großen DFB-Pioniere haben es verdient.

125 Jahre DFB 125 Jahre Fußballliebe

In Leipzig, genauer gesagt im "Restaurant zum Mariengarten", wurde am 28. Januar 1900 der Deutsche Fußball-Bund gegründet. Seinerzeit gehörten dem Verband überschaubare 90 Vereine an, aber das änderte sich rasch. Heute gibt es mehr als 24.000 Klubs mit mehr als 7,7 Millionen Mitgliedern. Dazwischen hat der DFB eine bewegte und bewegende Geschichte hingelegt, mit vielen Titeln, Tränen und Triumphen. 125 Jahre DFB bedeuten auch 125 Jahre Fußballliebe - für uns Anlass genug, auf dfb.de/fussballliebe zu sagen: "Ti amo, Fußball!" Auf dieser DFB.de-Subsite wollen wir auch mit den Fans und Fußballinteressierten in den Austausch kommen. Hier sammeln wir eure Themen und machen sie zu unseren Themen.

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Autor: um