Blindenfußball: 16-jähriger Tönsing schießt St. Pauli auf Platz drei

Ein Hamburger Jung' mischt die Bundesliga auf. Okay, nicht die Bundesliga, da konkurrieren eher ein Münchner und ein Dortmunder um die Kanone. Gemeint ist die Deutsche Blindenfußball-Bundesliga. Jonathan Tönsing ist 16 Jahre jung. Während der gerade beendeten Saison hat er für den FC St. Pauli 15 Tore geschossen, womit die Hamburger ihre beste Platzierung seit dem DBFL-Gründungsjahr 2008 einfuhren.

Als am Samstag auf dem Neuen Markt in Rostock der Abpfiff für den letzten Spieltag ertönte, wurden Marburg als Meister und St. Pauli als Tabellendritter geehrt. Und DFB-Vizepräsident Eugen Gehlenborg überreichte dem 16 Jahre alten Realschüler aus Hamburg-Billstedt die Torjägerkanone, die – je nach Geschmack – ziemlich genauso schön oder antiquiert ausschaut wie die in der Bundesliga.

"Meine Vorstellung vom Platz wird immer konkreter"

Jonathan Tönsing ist seit Geburt blind. Er kam mit einem genetisch bedingten Krebs in beiden Augäpfeln zur Welt, ein Auge musste entfernt werden, auf dem anderen ist ihm ein kleiner Rest Sehkraft verblieben. Er hat niemals ein Tor gesehen, weiß nicht, wie ein Fußballplatz ausschaut. Fußball ist für ihn kein Bild, sondern eine Vorstellung. Nach nur einem Tor im Jahr zuvor, traf Tönsing nun 15-mal ins Schwarze. "Keine Ahnung warum", sagt er anfangs zurückhaltend, "scheinbar habe ich meine Chancen besser genutzt." Seine Schusskraft sei besser geworden. "Und meine Vorstellung vom Platz, davon wo die Gegner stehen, wie ich selbst zum Tor stehe, wird immer konkreter", so Tönsing.

Tönsing ist das große Talent in einer Liga, die sich notorisch schwer tut mit der Entwicklung von Nachwuchs. Rekordmeister MTV Stuttgart vertraut auf starke Spieler wie Mulgheta Russom, der vor ein paar Wochen ins Aktuelle Sportstudio eingeladen wurde, dort eiskalt an der Torwand traf, und Alexander Fangmann, der in Rostock zum Besten Spieler der Saison gewählt wurde. Beide sind überragende Blindenfußballer, aber eben schon ein paar Jahre dabei.

Probleme mit der Nachwuchsrekrutierung

Die Rekrutierungskrise hat Ursachen. Der Blindenfußball stellt enorme Anforderungen an die Spieler, zumal in der Bundesliga. Erfolgreich zu spielen, verlangt großes technisches Geschick und vielleicht noch mehr Mumm. Das Aufspüren spielfähiger Nachwuchskräfte stellt sich für die neun DBFL-Klubs als ein schweres Unterfangen dar. Umso mehr freut man sich über ein junges Talent wie Jonathan Tönsing.

Jonathan Tönsing ist nicht nur Spieler, sondern auch Fan. Er hat eine Dauerkarte für den FC St. Pauli. Und im Sommer "schaute" er zusammen mit Freunden die EURO in Frankreich. Nachdem Jonas Hector den entscheidenden Strafstoß im Viertelfinale gegen Italien verwandelt hatte, hüpften er und seine Freunde durchs Wohnzimmer. Selbst zu spielen, bereitet ihm noch mehr Freude, die Kameradschaft im Klub, die Bewegung im freien Raum. Der Lewandowski der DBFL sagt: "Mich reizt am Blindenfußball, dass man Grenzen überwindet. Die meisten Sehenden können sich nicht vorstellen, dass wir Blinden Fußball spielen."

Aber sie tun es trotzdem. Mit Jonathan Tönsing hat die Liga nun einen neuen, jungen Stürmer entdeckt. Und nächstes Jahr wird seine Vorstellung noch konkreter sein.

[th]

Ein Hamburger Jung' mischt die Bundesliga auf. Okay, nicht die Bundesliga, da konkurrieren eher ein Münchner und ein Dortmunder um die Kanone. Gemeint ist die Deutsche Blindenfußball-Bundesliga. Jonathan Tönsing ist 16 Jahre jung. Während der gerade beendeten Saison hat er für den FC St. Pauli 15 Tore geschossen, womit die Hamburger ihre beste Platzierung seit dem DBFL-Gründungsjahr 2008 einfuhren.

Als am Samstag auf dem Neuen Markt in Rostock der Abpfiff für den letzten Spieltag ertönte, wurden Marburg als Meister und St. Pauli als Tabellendritter geehrt. Und DFB-Vizepräsident Eugen Gehlenborg überreichte dem 16 Jahre alten Realschüler aus Hamburg-Billstedt die Torjägerkanone, die – je nach Geschmack – ziemlich genauso schön oder antiquiert ausschaut wie die in der Bundesliga.

"Meine Vorstellung vom Platz wird immer konkreter"

Jonathan Tönsing ist seit Geburt blind. Er kam mit einem genetisch bedingten Krebs in beiden Augäpfeln zur Welt, ein Auge musste entfernt werden, auf dem anderen ist ihm ein kleiner Rest Sehkraft verblieben. Er hat niemals ein Tor gesehen, weiß nicht, wie ein Fußballplatz ausschaut. Fußball ist für ihn kein Bild, sondern eine Vorstellung. Nach nur einem Tor im Jahr zuvor, traf Tönsing nun 15-mal ins Schwarze. "Keine Ahnung warum", sagt er anfangs zurückhaltend, "scheinbar habe ich meine Chancen besser genutzt." Seine Schusskraft sei besser geworden. "Und meine Vorstellung vom Platz, davon wo die Gegner stehen, wie ich selbst zum Tor stehe, wird immer konkreter", so Tönsing.

Tönsing ist das große Talent in einer Liga, die sich notorisch schwer tut mit der Entwicklung von Nachwuchs. Rekordmeister MTV Stuttgart vertraut auf starke Spieler wie Mulgheta Russom, der vor ein paar Wochen ins Aktuelle Sportstudio eingeladen wurde, dort eiskalt an der Torwand traf, und Alexander Fangmann, der in Rostock zum Besten Spieler der Saison gewählt wurde. Beide sind überragende Blindenfußballer, aber eben schon ein paar Jahre dabei.

Probleme mit der Nachwuchsrekrutierung

Die Rekrutierungskrise hat Ursachen. Der Blindenfußball stellt enorme Anforderungen an die Spieler, zumal in der Bundesliga. Erfolgreich zu spielen, verlangt großes technisches Geschick und vielleicht noch mehr Mumm. Das Aufspüren spielfähiger Nachwuchskräfte stellt sich für die neun DBFL-Klubs als ein schweres Unterfangen dar. Umso mehr freut man sich über ein junges Talent wie Jonathan Tönsing.

Jonathan Tönsing ist nicht nur Spieler, sondern auch Fan. Er hat eine Dauerkarte für den FC St. Pauli. Und im Sommer "schaute" er zusammen mit Freunden die EURO in Frankreich. Nachdem Jonas Hector den entscheidenden Strafstoß im Viertelfinale gegen Italien verwandelt hatte, hüpften er und seine Freunde durchs Wohnzimmer. Selbst zu spielen, bereitet ihm noch mehr Freude, die Kameradschaft im Klub, die Bewegung im freien Raum. Der Lewandowski der DBFL sagt: "Mich reizt am Blindenfußball, dass man Grenzen überwindet. Die meisten Sehenden können sich nicht vorstellen, dass wir Blinden Fußball spielen."

Aber sie tun es trotzdem. Mit Jonathan Tönsing hat die Liga nun einen neuen, jungen Stürmer entdeckt. Und nächstes Jahr wird seine Vorstellung noch konkreter sein.

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