WM 1990: Völler und Rijkaard versöhnten sich erst sechs Jahre später

Vor 25 Jahren feierte Deutschland den dritten Stern – zum dritten Mal wurde eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft Weltmeister. Am 8. Juli 1990 besiegte die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer Argentinien im Finale von Rom 1:0. DFB.de blickt in einer Serie auf die Helden von Rom, die Geschichten hinter dem WM-Triumph und den Jubel der deutschen Fans zurück.

Eigentlich werden Lose vor und nicht während einer Weltmeisterschaft gezogen. Doch 1990 in Italien kam es nach der Vorrunde zu einer Premiere, der eine Neuauflage des Klassikers zwischen Deutschland und Holland entsprang. Denn während die Deutschen unbesiegt Gruppenerster geworden waren, stand die Platzierung des Dauerrivalen nach drei Unentschieden noch immer nicht fest: Punkt- und torgleich waren sie mit den Iren eingelaufen und so musste das Los entscheiden, wer im Achtelfinale auf die Deutschen treffen würde.

Das Los zog eine 29 Jahre alte WM-Hostess, die vorgab, nicht zu wissen, was sie damit angerichtet habe: "Ich habe keine Ahnung vom Fußball", sagte Monique Furiga. Mailands Polizeichef hatte konkretere, aber zum Glück übertriebene Vorstellungen. "Es wird Krieg geben", sagte er angesichts des schlechten Betragens von Anhängern aus beiden Lagern während der Vorrunde.

Deutschland diesmal Favorit

Deutschland gegen Holland war auf alle Fälle kein normales Spiel, seit dem WM-Finale 1974 sprach immer irgendwer von Revanche. Nun waren es wieder mal die Deutschen, denen das "Team Oranje" 1988 im Halbfinale den EM-Triumph im eigenen Land verdorben hatte. Seitdem hatte der Europameister aus den Niederlanden aber spürbar an Klasse eingebüßt, in der WM-Qualifikation hatte man sich zweimal Unentschieden getrennt.

Nun standen die Zeichen mal wieder auf Sieg für Deutschland, der letzte bedeutende lag zehn Jahre zurück und ereignete sich auch auf italienischem Boden (3:2 bei der EM 1980). Mailand war der ideale Austragungsort für dieses Spiel, das auch ein verkapptes Duell zwischen Inter und Milan war. Auf deutscher Seite spielten drei Inter-Stars (Matthäus, Brehme, Klinsmann), bei den Niederländern drei Milan-Stars (Gullit, Rijkaard, van Basten). Es gab also genügend Berührungspunkte, Brisanz und offene Rechnungen an diesem herrlichen Sommerabend.

Rudi Völler, damals ein "Römer", sagte: "Auf diesen Tag habe ich zwei Jahre lang gewartet. Nichts wäre schöner, als die Holländer nach Hause zu schicken." Das sollte geschehen - aber bis es soweit war, passierte einiges an diesem denkwürdigen Tag in Mailand.

Rijkaard sieht Rot nach Spuckattacke - Völler aber auch

Die Szenen, über die alle Welt am Tag danach sprach, hatten aber wenig mit Sport zu tun. In der 22. Minute stellte der argentinische Schiedsrichter Losteau Rudi Völler und Frank Rijkaard vom Platz. Was Völler getan hatte, der Torwart van Breukelen gefährlich nahe gekommen war, aber noch ausweichen konnte, blieb schleierhaft.

Rijkaard aber hatte den deutschen Mittelstürmer wegen der Torwart-Attacke an den Ohren gezogen und angespuckt, bereits zum zweiten Mal. Ob der Schiedsrichter wirklich nur "Ruhe haben wollte", wie Co-Kommentator Karl-Heinz Rummenigge mutmaßte? In diesem Fall war es eher ein skandalöses denn salomonisches Urteil, beide vom Feld zu stellen.



Vor 25 Jahren feierte Deutschland den dritten Stern – zum dritten Mal wurde eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft Weltmeister. Am 8. Juli 1990 besiegte die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer Argentinien im Finale von Rom 1:0. DFB.de blickt in einer Serie auf die Helden von Rom, die Geschichten hinter dem WM-Triumph und den Jubel der deutschen Fans zurück.

Eigentlich werden Lose vor und nicht während einer Weltmeisterschaft gezogen. Doch 1990 in Italien kam es nach der Vorrunde zu einer Premiere, der eine Neuauflage des Klassikers zwischen Deutschland und Holland entsprang. Denn während die Deutschen unbesiegt Gruppenerster geworden waren, stand die Platzierung des Dauerrivalen nach drei Unentschieden noch immer nicht fest: Punkt- und torgleich waren sie mit den Iren eingelaufen und so musste das Los entscheiden, wer im Achtelfinale auf die Deutschen treffen würde.

Das Los zog eine 29 Jahre alte WM-Hostess, die vorgab, nicht zu wissen, was sie damit angerichtet habe: "Ich habe keine Ahnung vom Fußball", sagte Monique Furiga. Mailands Polizeichef hatte konkretere, aber zum Glück übertriebene Vorstellungen. "Es wird Krieg geben", sagte er angesichts des schlechten Betragens von Anhängern aus beiden Lagern während der Vorrunde.

Deutschland diesmal Favorit

Deutschland gegen Holland war auf alle Fälle kein normales Spiel, seit dem WM-Finale 1974 sprach immer irgendwer von Revanche. Nun waren es wieder mal die Deutschen, denen das "Team Oranje" 1988 im Halbfinale den EM-Triumph im eigenen Land verdorben hatte. Seitdem hatte der Europameister aus den Niederlanden aber spürbar an Klasse eingebüßt, in der WM-Qualifikation hatte man sich zweimal Unentschieden getrennt.

Nun standen die Zeichen mal wieder auf Sieg für Deutschland, der letzte bedeutende lag zehn Jahre zurück und ereignete sich auch auf italienischem Boden (3:2 bei der EM 1980). Mailand war der ideale Austragungsort für dieses Spiel, das auch ein verkapptes Duell zwischen Inter und Milan war. Auf deutscher Seite spielten drei Inter-Stars (Matthäus, Brehme, Klinsmann), bei den Niederländern drei Milan-Stars (Gullit, Rijkaard, van Basten). Es gab also genügend Berührungspunkte, Brisanz und offene Rechnungen an diesem herrlichen Sommerabend.

Rudi Völler, damals ein "Römer", sagte: "Auf diesen Tag habe ich zwei Jahre lang gewartet. Nichts wäre schöner, als die Holländer nach Hause zu schicken." Das sollte geschehen - aber bis es soweit war, passierte einiges an diesem denkwürdigen Tag in Mailand.

Rijkaard sieht Rot nach Spuckattacke - Völler aber auch

Die Szenen, über die alle Welt am Tag danach sprach, hatten aber wenig mit Sport zu tun. In der 22. Minute stellte der argentinische Schiedsrichter Losteau Rudi Völler und Frank Rijkaard vom Platz. Was Völler getan hatte, der Torwart van Breukelen gefährlich nahe gekommen war, aber noch ausweichen konnte, blieb schleierhaft.

Rijkaard aber hatte den deutschen Mittelstürmer wegen der Torwart-Attacke an den Ohren gezogen und angespuckt, bereits zum zweiten Mal. Ob der Schiedsrichter wirklich nur "Ruhe haben wollte", wie Co-Kommentator Karl-Heinz Rummenigge mutmaßte? In diesem Fall war es eher ein skandalöses denn salomonisches Urteil, beide vom Feld zu stellen.

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Klinsmanns vielleicht bestes Länderspiel

Immerhin verdanken wir Losteaus Leistungen einige Bonmots der WM-Geschichte. Nach einer unberechtigten Verwarnung an Matthäus schimpfte Heribert Faßbender am ARD-Mikrofon: "Jagt ihn schnell in die Pampas, diesen Mann." Rummenigge sagte: "Hoffentlich sehen wir ihn nicht mehr bei dieser WM", worauf Fassbender konterte: "Höchstens als Kartenabreißer." Rudi Völlers Wut wurde derweil auf dem Weg in die Kabinen noch gesteigert, als Rijkaard ihn erneut anspuckte. Im Kabinengang flogen dann sogar die Fäuste, Offizielle mussten die Streithähne trennen. Rijkaard hat sich noch am selben Abend entschuldigt: "Die Szenen, die zum Platzverweis führten, tun mir leid. Ich war einfach übernervös."

Dem Spiel tat der skandalöse Zwischenfall komischerweise gut. Es war mehr Platz auf dem Rasen, und die Deutschen hatten eine Zusatzmotivation: Siegen für Rudi. Sturmpartner Jürgen Klinsmann machte an diesem 25. Juni sein vielleicht bestes Länderspiel überhaupt, verausgabte sich nach Kräften, traf den Pfosten und in der 51. Minute nach Buchwalds Linksflanke, der ein legendärer Übersteiger vorausging, ins Tor.

Weitere Chancen einer entfesselt stürmenden deutschen Mannschaft blieben ungenutzt, aber hinten brannte nichts an. Erstmals stand Jürgen Kohler in der Elf und neben ihm noch fünf Defensive, was Teamchef Franz Beckenbauer selbst als "etwas konservativere Einstellung" einschätzte.

Rückkehrer Brehme markiert herrliches 2:0

Einer der Defensiven entschied dann den bisher spannendsten Abend von San Siro, das offiziell Giuseppe Meazza-Stadion heißt: Der nach seiner Gelbsperre zurückgekehrte Andreas Brehme schlenzte von der linken Strafraumecke herrlich ins lange Eck zum 2:0 (85.) - sehr zur Freude von diesmal rund 40.000 deutschen Fans. Die Holländer schafften nur noch ein Elfmetertor. Koeman verwandelte den umstrittenen Strafstoß, der nichts an den Tatsachen änderte: Deutschland stand im Viertelfinale, Holland am nächsten Morgen am Flughafen.

Trainer Leo Beenhakker verlor seinen Job. Das Nachspiel vor Gericht aber verloren die Deutschen. Obwohl selbst der plötzlich geläuterte Rijkaard für Völlers Freispruch plädierte ("Er kann nichts dafür - was ihm widerfahren ist, ist völlig ungerecht") und obwohl auch die TV-Bilder eine klare Sprache sprachen, wurde Völler für das nächste Spiel gesperrt.

Man hörte ihn nicht mal an, obwohl die FIFA das zugesichert haben soll, weshalb er frühmorgens um 6.35 Uhr in Begleitung von Lothar Matthäus und eines DFB-Funktionärs nach Rom geflogen war. Aber diese Mannschaft war stark genug, solche Rückschläge wegzustecken und wurde Weltmeister. Und Rudi Völler und Frank Rijkaard versöhnten sich sechs Jahre später bei einem gemeinsamen Frühstück in einem Hotel in Bergisch Gladbach.