Von TuS Helene zum Held der Hellenen

Vor genau 50 Jahren begann bei Rot-Weiss Essen Otto Rehhagels Karriere auf der großen Fußballbühne. Seitdem hat der einstige Straßenfußballer von TuS Helene aus dem Bergarbeiter-Viertel Altenessen alles erlebt und fast alles erreicht. Als Griechenlands Nationaltrainer nimmt der Europameister von 2004 jetzt erstmals an einer WM-Endrunde teil. Für die griechischen Fans ist „Rehakles“ der große Hoffnungsträger. DFB-Redakteur Wolfgang Tobien über einen 71 Jahre alten Trainer, der sich seinen jugendlichen Elan erhalten hat.

Das erste Mal vergisst man nie. Schon gar nicht einer wie Otto Rehhagel, der sich selbst das Gedächtnis eines Elefanten bescheinigt. Auf der Dachterrasse seines Hotels in Athen nimmt Griechenlands Nationaltrainer den Morgenkaffee zu sich und genießt die grandiose Aussicht. In wenigen Stunden wird er aufbrechen mit seiner Mannschaft zum WM-Trainingslager in der Schweiz. Jetzt aber blickt er noch einmal hinüber zur Akropolis, die, keine 800 Meter entfernt, von der Morgensonne angestrahlt wird.

„Dreifach geht der Schritt der Zeit"

„Wenn ich dieses großartige Zeugnis der Antike sehe, wird mir bewusst, was Geschichte ist, was Zeit ist“, sagt er. Zeit als Ausdruck der Vergänglichkeit. „Die Griechen haben einen schönen Satz in ihrem Sprachschatz, dessen tiefen Sinn man als junger Mensch gar nicht begreift“, fährt er fort und zitiert: „Dreifach geht der Schritt der Zeit.“

72 Jahre alt wird Otto Rehhagel am 9. August. Zuvor wird er mit seinem Team dabei sein beim Turnier der Weltbesten in Südafrika. Doch ehe es so weit ist, blickt er, die Akropolis vor Augen, zurück auf den Zeitpunkt, als alles anfing. Mit ihm und dem großen Fußball. Damals bei seinem ersten Spiel in der Oberliga West für Rot-Weiss Essen. Den roten VW mit Weißwandreifen, „die Nummer des Kennzeichens E-DJ 357 werde ich nie vergessen“, hatte er als Bestandteil seines ersten Profivertrags ausgehandelt. So kam der Junge von TuS Helene Altenessen, seinem Stammverein im Norden der Ruhrmetropole, vorgefahren ins legendäre Stadion an der Hafenstraße zum ersten Heimspiel der Saison 1960/61 gegen Preußen Münster. Er war angekommen in der Erstklassigkeit des Fußballs. Mit einem 3:0-Sieg im Kreis der Idole seiner Jugend, Nationalspielern wie Penny Islacker, Fritz Herkenrath oder Heinz Wewers. „Schade nur, dass Helmut Rahn ausgerechnet in jenem Sommer von RWE nach Holland gewechselt war.“

50 Jahre Karriere im Fußball-Geschäft

Exakt 50 Jahre sind seitdem vergangen. 50 Jahre einer Karriere, in der der zähe Verteidiger der ersten neun Bundesliga-Jahre bei Hertha BSC Berlin und dem 1. FC Kaiserslautern und spätere Trainer alle Höhen und Tiefen erlebt und viele Titel und Trophäen gewonnen hat. Schon 1980 DFB-Pokalsieger mit Fortuna Düsseldorf. Danach als „König Otto II.“ je zweimal Meister und DFB-Pokalsieger sowie einmal Europacup-Gewinner der Pokalsieger mit Werder Bremen. Schließlich das Kunststück, den 1. FC Kaiserslautern erst zum Bundesliga-Aufstieg und zwölf Monate später gleich zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft zu führen, ehe 2004 der Außenseiter Griechenland als Europameister und sein Trainer Otto Rehhagel als „Rehakles“ auf dem Olymp Platz nehmen konnten.

50 Jahre einer Karriere, die nun, gewissermaßen zum goldenen Jubiläum, ihrem Höhepunkt entgegengeht: Otto Rehhagels erster Teilnahme an der Fußball-Weltmeisterschaft. „Ich würde lügen, wenn ich dies nicht als einen besonderen Moment meines Lebens bezeichnen würde. In Afrika jetzt dabei zu sein im Kreis der Besten der Welt“, schwärmt er. Doch Rehhagel, der sich sein Alter nicht anmerken und schon gar nicht ansehen lässt, dieser Otto Rehhagel begibt sich nicht altersmilde auf den Weg nach Südafrika. Das persönliche Neuland einer WM-Endrunde betritt er vielmehr mit gewohnter Vitalität und ungebrochener Begeisterungsfähigkeit.



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Vor genau 50 Jahren begann bei Rot-Weiss Essen Otto Rehhagels Karriere auf der großen Fußballbühne. Seitdem hat der einstige Straßenfußballer von TuS Helene aus dem Bergarbeiter-Viertel Altenessen alles erlebt und fast alles erreicht. Als Griechenlands Nationaltrainer nimmt der Europameister von 2004 jetzt erstmals an einer WM-Endrunde teil. Für die griechischen Fans ist „Rehakles“ der große Hoffnungsträger. DFB-Redakteur Wolfgang Tobien über einen 71 Jahre alten Trainer, der sich seinen jugendlichen Elan erhalten hat.

Das erste Mal vergisst man nie. Schon gar nicht einer wie Otto Rehhagel, der sich selbst das Gedächtnis eines Elefanten bescheinigt. Auf der Dachterrasse seines Hotels in Athen nimmt Griechenlands Nationaltrainer den Morgenkaffee zu sich und genießt die grandiose Aussicht. In wenigen Stunden wird er aufbrechen mit seiner Mannschaft zum WM-Trainingslager in der Schweiz. Jetzt aber blickt er noch einmal hinüber zur Akropolis, die, keine 800 Meter entfernt, von der Morgensonne angestrahlt wird.

„Dreifach geht der Schritt der Zeit"

„Wenn ich dieses großartige Zeugnis der Antike sehe, wird mir bewusst, was Geschichte ist, was Zeit ist“, sagt er. Zeit als Ausdruck der Vergänglichkeit. „Die Griechen haben einen schönen Satz in ihrem Sprachschatz, dessen tiefen Sinn man als junger Mensch gar nicht begreift“, fährt er fort und zitiert: „Dreifach geht der Schritt der Zeit.“

72 Jahre alt wird Otto Rehhagel am 9. August. Zuvor wird er mit seinem Team dabei sein beim Turnier der Weltbesten in Südafrika. Doch ehe es so weit ist, blickt er, die Akropolis vor Augen, zurück auf den Zeitpunkt, als alles anfing. Mit ihm und dem großen Fußball. Damals bei seinem ersten Spiel in der Oberliga West für Rot-Weiss Essen. Den roten VW mit Weißwandreifen, „die Nummer des Kennzeichens E-DJ 357 werde ich nie vergessen“, hatte er als Bestandteil seines ersten Profivertrags ausgehandelt. So kam der Junge von TuS Helene Altenessen, seinem Stammverein im Norden der Ruhrmetropole, vorgefahren ins legendäre Stadion an der Hafenstraße zum ersten Heimspiel der Saison 1960/61 gegen Preußen Münster. Er war angekommen in der Erstklassigkeit des Fußballs. Mit einem 3:0-Sieg im Kreis der Idole seiner Jugend, Nationalspielern wie Penny Islacker, Fritz Herkenrath oder Heinz Wewers. „Schade nur, dass Helmut Rahn ausgerechnet in jenem Sommer von RWE nach Holland gewechselt war.“

50 Jahre Karriere im Fußball-Geschäft

Exakt 50 Jahre sind seitdem vergangen. 50 Jahre einer Karriere, in der der zähe Verteidiger der ersten neun Bundesliga-Jahre bei Hertha BSC Berlin und dem 1. FC Kaiserslautern und spätere Trainer alle Höhen und Tiefen erlebt und viele Titel und Trophäen gewonnen hat. Schon 1980 DFB-Pokalsieger mit Fortuna Düsseldorf. Danach als „König Otto II.“ je zweimal Meister und DFB-Pokalsieger sowie einmal Europacup-Gewinner der Pokalsieger mit Werder Bremen. Schließlich das Kunststück, den 1. FC Kaiserslautern erst zum Bundesliga-Aufstieg und zwölf Monate später gleich zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft zu führen, ehe 2004 der Außenseiter Griechenland als Europameister und sein Trainer Otto Rehhagel als „Rehakles“ auf dem Olymp Platz nehmen konnten.

50 Jahre einer Karriere, die nun, gewissermaßen zum goldenen Jubiläum, ihrem Höhepunkt entgegengeht: Otto Rehhagels erster Teilnahme an der Fußball-Weltmeisterschaft. „Ich würde lügen, wenn ich dies nicht als einen besonderen Moment meines Lebens bezeichnen würde. In Afrika jetzt dabei zu sein im Kreis der Besten der Welt“, schwärmt er. Doch Rehhagel, der sich sein Alter nicht anmerken und schon gar nicht ansehen lässt, dieser Otto Rehhagel begibt sich nicht altersmilde auf den Weg nach Südafrika. Das persönliche Neuland einer WM-Endrunde betritt er vielmehr mit gewohnter Vitalität und ungebrochener Begeisterungsfähigkeit.

„Wollen Erfolg haben"

„Ich lasse mich von meinen Gefühlen bei dieser WM nicht überwältigen. Wir haben uns qualifiziert, was schon mal eine ganz große Geschichte ist, wenn man bedenkt, dass etablierte europäische Fußball-Nationen wie Russland, Schweden, Tschechien oder Kroatien nicht dabei sind. Griechenland, dieses kleine Land mit seinen aktuell großen Problemen, ist aber dabei. Jetzt wollen wir auch Erfolg haben und das Optimale aus unserer Teilnahme machen.“

Otto Rehhagel ist sich dabei bewusst, dass er und seine Mannschaft gerade wegen Griechenlands aktueller Wirtschaftsprobleme die Hoffnungsträger des gesamten Landes sein werden. „Mit unserem Nationalteam steht bei dieser WM das ganze Land im Fokus. Wir können und müssen in Südafrika auch einiges für das Selbstwertgefühl dieser auf Grund seiner großen Vergangenheit zu Recht so stolzen Nation machen“, sagt der Mann, der nach Griechenlands EM-Triumph 2004 die Ehrenbürgerschaft von Athen verliehen bekam und für die Olympischen Spiele in Athen zu einem der Fackelträger auserkoren wurde.

Rehhagel "ein klein wenig stolz"

Sein Team und selbstverständlich auch sich selbst hält er gerüstet und vorbereitet für die große Aufgabe am Kap der Guten Hoffnung. Als er vor neun Jahren antrat als Griechenlands Nationaltrainer, ist es ihm gelungen, einer heillos zerstrittenen und gnadenlos erfolglosen Truppe mit immer demotivierter wirkenden Stars so altmodische Tugenden wie Zusammengehörigkeitsgefühl, Ehrgeiz und Teamgeist, Ordnung und Disziplin zu vermitteln. Drei Jahre später bei der EM in Portugal folgte der Titeltriumph. „Ich habe das Vertrauen der Spieler gewonnen, ohne ein Wort Griechisch sprechen zu können. Das ist eine Kunst im zwischenmenschlichen Bereich. Als Deutscher mit einem totalen Außenseiter Europameister zu werden, ohne spezielle Sprachkenntnis, mehr geht eigentlich nicht“, sagt Rehhagel, der „ein klein wenig stolz darauf ist, als Ausländer Rekordtrainer der griechischen Nationalmannschaft zu sein“.

Für Theofanis Gekas, mit zehn der insgesamt 21 griechischen Treffer bester europäischer Torschütze in der WM-Qualifikation vor Weltstars wie Wayne Rooney oder David Villa, ist Otto Rehhagel eindeutig der „Vater des Erfolgs“: „Für mich ist er der beste Trainer, den ich kennengelernt habe. Als er unser Nationalteam übernahm, war Griechenland im Fußball ein Niemandsland. Er hat es in wenigen Jahren geschafft, uns an erster Stelle in Europa zu platzieren.“

„Meine Jungs müssen über sich hinauswachsen"

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Das kostbare Gut der Außenseiterrolle will der Erfolgscoach nun auch bei der WM in Südafrika gewinnbringend anlegen und schwört seine Mannschaft, zumeist abgeschottet von der Öffentlichkeit, mit Konzentrationsübungen auf das große Ziel ein. „Meine Jungs müssen über sich hinauswachsen. Sie werden körperlich und mental topfit sein. Und hoch motiviert, weil jeder von uns erstmals eine WM-Endrunde mitmacht. Von 1994 ist ja keiner mehr dabei.“ Was wohl auch gut ist, denn damals, bei der ersten WM-Teilnahme, mussten die Griechen ohne Punkt- und Torerfolg unter anderem nach Niederlagen gegen Argentinien (0:4) und Nigeria (0:2) frühzeitig die Heimreise antreten.

Argentinien und Nigeria sind auch diesmal die Gruppengegner. Dazu Südkorea. „Gegen Argentinien, das ich neben Brasilien sowie Spanien, unserer deutschen Mannschaft und vielleicht auch England zu den Titelfavoriten zähle, stehen wir normalerweise auf verlorenem Posten. Unsere große Chance ist das erste Spiel gegen Südkorea. Wenn wir dabei gut ins Turnier hineinfinden, können wir uns auch in der zweiten Partie gegen Nigeria einiges ausrechnen, obwohl ich die Afrikaner auf ihrem eigenen Kontinent hoch einschätze“, sagt Rehhagel.

Vier Europameister von 2004 im WM-Kader

Mit Karagounis, Katsouranis, Seitaridis und dem Nürnberger Charisteas sind nur noch vier der „Helden von Portugal“ dabei. Zusammen mit Kapetanos, dem Torschützenkönig von Steaua Bukarest, mit Gekas, dem Neu-Frankfurter, mit dem Ex-Frankfurter Kyrgiakos vom FC Liverpool oder mit Samaras von Celtic Glasgow sollen sie und die anderen in Rehhagels Aufgebot jetzt die verpasste WM 2006 und die schwachen Auftritte bei der EM 2008 vergessen machen. Wobei „Rehhagels Aufgebot“ für griechische Verhältnisse durchaus keine Selbstverständlichkeit ist.

„Früher war es hier so üblich, dass der Trainer 14 Tage vorher seinen Kader dem Präsidium vorgelegt hatte. Dort wurden dann schon mal zehn Spieler rausgestrichen und nach Gutdünken der Präsidiumsmitglieder ersetzt. Das geht bei mir natürlich nicht. Ich muss die Fäden in der Hand haben. Und ich habe sie hier in der Hand“, erklärt der Trainer, der sich vom Feuerwehrmann seiner Anfangsjahre zum Leiter von Langzeitprojekten entwickelt hat.

„Ich will nicht wissen, was übermorgen ist"

Die große Frage: Wird Rehhagel auch nach der WM in Südafrika die Fäden in der Hand behalten? „Vor einigen Wochen kam mein deutschsprachiger Präsident Sofoklis Pilavios zu mir und sagte, Otto, lass uns den Vertrag verlängern. Ich antwortete ihm, dass wir erst mal die WM-Endrunde abwarten sollten. Dabei bleibt es. Ich bin in einem Alter, in dem ich alles auf mich zukommen lasse. Ich will nicht wissen, was übermorgen ist“, betont er und sagt: „Es gibt wohl kaum einen Trainer, der jetzt im Sommer 72 wird, so aussieht wie ich, so fit ist wie ich. Und immer noch so gefragt ist wie ich.“

Otto Rehhagel – von TuS Helene zum Rehakles der Hellenen.