Nagelsmann: "Ein Sommermärchen 2.0 ist die Idealvorstellung"

Julian Nagelsmann ist neuer Bundestrainer. Der ehemalige Coach der TSG Hoffenheim, von RB Leipzig und Bayern München folgt auf Hansi Flick, der nach dem 1:4 gegen Japan am 10. September 2023 freigestellt wurde, und soll die deutsche Nationalmannschaft zu einer erfolgreichen EURO 2024 im eigenen Land führen. Vor der Länderspielreise in die USA mit den zwei Partien gegen die Gastgeber am 14. Oktober (ab 21 Uhr MEZ, live bei RTL) und am 18. Oktober (ab 2 Uhr MEZ) gegen Mexiko spricht der 36 Jahre alte Fußball-Lehrer über seine neue Aufgabe und das Feuer, das er im Team neu entfachen möchte. Zudem äußern sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler über den neuen Bundestrainer.

Julian Nagelsmann über...

... seine Ziele mit der DFB-Auswahl: Das Ziel ist, im Sommer eine sehr, sehr gute Heim-EM zu spielen. Das ist ein extremer Anreiz für mich, eine große Herausforderung, die ich mit großer Vorfreude und dem nötigen Verantwortungsbewusstsein angehe. Wir wollen mit gutem Fußball begeistern. Der Weg zur EM soll nicht verkompliziert werden. Wir haben aber eine gewisse Idee. Und es wird so sein, dass wir die Menschen mit attraktivem Fußball begeistern wollen, nicht nur mit Ergebnissen. Eine Heim-EM ist etwas, das nicht so häufig vorkommt. So möchten wir die Leute schon auf dem Weg dorthin begeistern, Vorfreude entwickeln und nutzen, dass wir zu Hause spielen dürfen in einem großartigen Land mit großartigen Menschen. Es ist selbstredend: Wenn man ein Turnier, eine EM spielt - das ist vom Kinderfußball bis hin zum Profifußball so -, nimmt man daran teil, um zu gewinnen. Ich habe keinen Bammel, weil ich Vertrauen in die Mannschaft und das Trainerteam habe. Es ist ein großes Privileg, Bundestrainer bei einer Heim-EM zu sein. Es ist ein großer Anreiz, die positive Stimmung nach dem Frankreich-Spiel auszubauen. Ein Sommermärchen 2.0 ist die Idealvorstellung. Ich werde alles dafür tun, dass das wieder passiert. 

... seine Spielidee: Wir haben eine klare Idee, die mit der Überschrift "Gute und gesunde Aggressivität auf das gegnerische Tor - betrifft allerdings nicht nur den eigenen Ballbesitz" gut beschrieben ist. Wir wollen Stress erzeugen beim Gegner. Es muss weh tun, gegen uns zu spielen. Das weckt die nötigen Emotionen, die wir brauchen. Wir haben eine Idee entwickelt, die wir im Laufe der Zeit aber auch anpassen werden - und auch auf die Spieler anpassen werden. Es ist noch ein langer Weg bis hin zur EM. Die Spieler müssen eine sehr, sehr gute Form haben bis zur EM. Selbstvertrauen und Atmosphäre ist nicht nur im Fußball wichtig. Um einen guten Geist zu entwickeln, bedarf es Ideen, die die Spieler umsetzen können. Es wird Phasen geben, die schwierig sein werden. Da ist es wichtig, dass die Spieler etwas greifen können. Die Ideen werden nicht zu komplex sein, sondern wir wollen attraktiven Fußball spielen. Denn darin liegt die große Chance, uns zu pushen. Es wird nicht so komplex wie im Vereinsfußball sein. Es geht darum, den Spielern Halt zu geben. Das sieht man hoffentlich schon bei den nächsten beiden Länderspielen. Einfachheit ist ein gutes Stichwort. Aber im Hinblick auf das Turnier: Dort werden wir auf Umstände reagieren können. Wir müssen die Fähigkeit haben, das notwendige Ergebnis zu erbringen. Wir haben unsere Vorstellung davon, wie wir das Vertrauen in der Mannschaft wieder wecken können. 

... die USA-Reise im Oktober: Es gibt immer ein Für und ein Wider. Für mich in dem Fall ein großes Für, weil wir längere Zeit am Stück zusammen sind. Ich kenne zwar alle Spieler, aber nicht jeden persönlich. Ich möchte die neuen Protagonisten und meine neue Mannschaft besser kennenlernen. Wir müssen jede Einheit, jedes Spiel dazu nutzen, unsere Spielidee kennenzulernen, eine Atmosphäre entstehen zu lassen. Natürlich müssen wir gucken, dass die Spieler gesund bleiben, damit wir möglichst alle immer mit an Bord haben. Natürlich ist so eine Reise auch eine körperliche Belastung, aber alle Spieler stehen gut im Saft, sind jung. Ich mache mir keine großen Sorgen, sondern freue mich auf die gemeinsame Zeit.

... das Kapitänsamt im DFB-Team: Ich belasse es dabei: Ich bin von Ilkay Gündogan als Spieler und Mensch absolut überzeugt. Ich habe Ilkay auch schon darüber informiert, dass er unser Kapitän ist und unser Kapitän bleibt.

... Manuel Neuer: Wir müssen Manu die nötige Zeit geben, gesund und wieder 100-prozentig leistungsfähig zu werden. Wenn wir das mit "ja" beantworten können, dann haben wir noch das sehr große Glück, nicht nur die beiden (Neuer und Marc-André ter Stegen; Anm. d. Red.), sondern ja noch ein paar mehr herausragende Weltklasse-Torhüter zu haben.

... die Bayern-Spieler im Nationalteam: Ich freue mich extrem auf sie, weil ich unglaublich gerne mit den Spielern zusammengearbeitet habe. Aber ich freue mich genauso auf die Spieler meiner vorherigen Stationen und auf die, die ich bisher noch nicht trainiert habe.

... sein Trainerteam: Ich sehe Rudi Völler als Teil des Trainerteams. Ein sehr enger Austausch ist sehr wichtig. Er hat einen positiven Einfluss auf die Mannschaft, das ist sehr befruchtend für uns. Ich bin sehr froh, dass wir Rudi an unserer Seite haben. Wir wollen den Glauben, der aus dem Frankreich-Spiel entstanden ist, weitertragen. Sandro Wagner ist ein extrem intelligenter Mann. Er hat in Unterhaching und jetzt einen sehr guten Job gemacht. Daher war es naheliegend für mich, ihn zu fragen, ob er Teil des neuen Trainerteams werden will. Als ich mit ihm gesprochen habe, wurde das Telefon am Ohr warm, weil er sofort gebrannt hat. Ich bin sehr, sehr froh, ihn dabei zu haben. Am Wochenende ist er auch schon in den Stadien unterwegs. Mit Benjamin Glück arbeite ich seit mehreren Jahren erfolgreich zusammen. Er weiß, wie ich ticke. Das trägt er auch in andere Bereiche des Teams herein, damit ich das nicht machen muss. Es ist wertvoll, einen so engen Vertrauten dabei zu haben. Er ist ein ganz wichtiger Teil meines Teams seit zehn Jahren, und ich freue mich, dass dieser Weg weitergeht.

... seinen Respekt vor dem Bundestrainer-Posten: Ich lasse mich gerne von meinem Bauchgefühl tragen, auch wenn die Gefahr besteht, dass man dann auch mal eine zu große Hose kauft. Das ist nicht immer gut, aber generell habe ich nicht gezweifelt. Es gab keinen Moment des Zweifelns! Ich habe mich von meinen Emotionen leiten lassen - und die waren: Machen wir es! Lass es uns wuppen!

... mögliche Ratgeber: Meine Hauptansprechpartner sind die Spieler. Deren Eindrücke sind das Wichtigste für uns - wie sie sich fühlen, wie sie die Idee umsetzen. Daher wird es die Hauptaufgabe sein, wenn wir nicht zusammen sind, Kontakt mit den Spielern zu halten. Der persönliche Austausch ist das Allerwichtigste. Wir haben ja auch ein großes Team um das Team herum - auch da möchte ich einen engen Draht pflegen.

... die Vertragslaufzeit: Für mich ist ganz, ganz wichtig: Die EM steht im Fokus. Es steht über allem, ein gutes Turnier, eine gute Heim-EM zu spielen. Der zweite Punkt: Ich möchte durch Arbeit das gegenseitige Vertrauen wecken. Wichtig ist, dass die Arbeit funktioniert, befruchtend und erfolgreich ist. Wenn die Freude, der Erfolg bei der EM da sein sollte, die Arbeit befruchtend, ist aus meiner Sicht nichts ausgeschlossen, dann steht einem Weitermachen nichts im Wege. Aber ich verschwende jetzt keinen Gedanken ans Danach. Ich möchte das Vertrauen durch gute Arbeit zurückzahlen, und nicht das Vertrauen spüren, weil ich einen Fünfjahresvertrag habe. Es geht darum, die Arbeit gemeinschaftlich erfolgreich zu gestalten. Ich habe große Lust, gegenseitiges Vertrauen zu spüren. So fühlt es sich gut an.

... die ersten Gespräche mit dem DFB: Ich fand die Gespräche herausragend gut. Es gab keinen Anlass dazu, mich überzeugen zu müssen.

... die Zeit nach seiner Freistellung in München: Ich habe Urlaube gemacht, Zeit mit meiner Familie verbracht. Die ersten Wochen waren etwas ungewohnt. Ich bin jemand mit Tatendrang, der gerne arbeitet. Aber ich habe die Zeit genutzt, um auch private Dinge zu machen, für die ich sonst keine Zeit hatte. Zudem habe ich meine Zeit bei Bayern München reflektiert. Ich bin froh, dass ich die Chance habe, die Fehler, die ich bei Bayern gemacht habe, nicht noch mal zu machen, Dinge besser zu machen. 

Bernd Neuendorf über...

... den neuen Bundestrainer: Wir freuen uns, dass wir Julian Nagelsmann gewinnen konnten. Wir haben eine starke und überzeugende Lösung für die Spitze unserer A-Nationalmannschaft gefunden. Jetzt schauen wir nach vorne - die ganze Konzentration liegt auf der EM. Ich bin voller Zuversicht und habe absolutes Vertrauen in Julian Nagelsmann. An seiner hohen Motivation bestand schon nach den ersten Gesprächen kein Zweifel.

... den Prozess bis zur Vertragsunterschrift: Es ging alles los mit der Niederlage gegen Japan. Rudi Völler, Aki Watzke und ich haben uns danach Gedanken gemacht: Wie reagieren wir? Nach der Trennung von Hansi Flick wollten wir nicht direkt über Namen sprechen. Wie sieht der finanzielle Rahmen aus, wie die Vertragslaufzeit, wer ist verfügbar? Dann haben wir überlegt, ob wir auf mehrere Kandidaten gleichzeitig zugehen oder wir ein Ranking machen, wen wir zuerst ansprechen. Wir waren uns einig und haben festgelegt, dass unser erster Ansprechpartner Julian sein soll. Nach der ersten Kontaktaufnahme mit seinem Umfeld haben wir uns vergangenen Dienstag in Köln persönlich getroffen. Es war ein sehr, sehr gutes Gespräch. Es ging um Fußball, um atmosphärische Dinge, das Menschliche. Wir haben sehr schnell gemerkt, dass da jemand ist, der hochmotiviert ist und eine intrinsische Motivation besitzt - einer, den wir nicht überzeugen müssen. Als wir aus dem Treffen herausgegangen sind, haben Rudi und ich gemerkt und gespürt, dass wir eine gemeinsame Mission haben. Es ist eine wunderbare Kombination, die wir eingehen können. Im Vordergrund steht der Erfolg beim Turnier. Ich glaube, dass mit Julian etwas sehr, sehr Positives entstehen kann, was die Atmosphäre betrifft. Es kann und wird ihm gelingen. Zudem ist es überragend, dass er seinen ersten offiziellen Termin heute beim Amateurfußball-Kongress hat - bei den Amateuren. Das ist ein wichtiges Zeichen für Gemeinsamkeit.

Rudi Völler über...

... Nagelsmann als Wunschkandidat: Es ist ein Glücksfall, dass wir nach der Trennung von Hansi mit Julian einen Trainer auf dem freien Markt hatten, der bereit war einzuspringen. Das ist nicht alltäglich. Weil Julian im Sommer Anfragen von internationalen Topklubs gehabt hat und im Winter sicherlich auch gehabt hätte. Wir mussten ihn gar nicht überzeugen, er hat sofort gebrannt für die Position. Es ist wichtig, dass wir nach dem Spiel gegen die Franzosen eine gewisse Begeisterung entfachen. Julian ist mit der Art, wie er mit den Spielern umgeht, und seiner Erfahrung - trotz seines jungen Alters - genau der Richtige. Ich habe mit vielen telefoniert, die ihn als Spieler hatten: Ich habe nur Positives gehört. Er hat eine wunderbare Arbeit gemacht, er wird das top hinkriegen. Ich bin total überzeugt von Julian, und er weiß, dass ich ihn 100-prozentig unterstütze, um die deutschen Landsleute glücklich zu machen bei der EM. Die Art und Weise, wie Julian es angeschoben hat, wie er versucht, die ersten Einflüsse reinzubringen: Ich bin da sehr, sehr optimistisch. Er brennt darauf, seine Ideen einzubringen.

... seine eigene Rolle im Trainerteam: Ich werde nah dran sein, aber Julian ist der Bundestrainer. Er wird die Entscheidungen treffen. Ich werde nicht auf die Bank gehen, sondern mit Bernd Neuendorf und Aki Watzke auf der Tribüne sitzen. Natürlich werde ich nah dran sein, das war ich aber auch schon unter Hansi. 

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Julian Nagelsmann ist neuer Bundestrainer. Der ehemalige Coach der TSG Hoffenheim, von RB Leipzig und Bayern München folgt auf Hansi Flick, der nach dem 1:4 gegen Japan am 10. September 2023 freigestellt wurde, und soll die deutsche Nationalmannschaft zu einer erfolgreichen EURO 2024 im eigenen Land führen. Vor der Länderspielreise in die USA mit den zwei Partien gegen die Gastgeber am 14. Oktober (ab 21 Uhr MEZ, live bei RTL) und am 18. Oktober (ab 2 Uhr MEZ) gegen Mexiko spricht der 36 Jahre alte Fußball-Lehrer über seine neue Aufgabe und das Feuer, das er im Team neu entfachen möchte. Zudem äußern sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler über den neuen Bundestrainer.

Julian Nagelsmann über...

... seine Ziele mit der DFB-Auswahl: Das Ziel ist, im Sommer eine sehr, sehr gute Heim-EM zu spielen. Das ist ein extremer Anreiz für mich, eine große Herausforderung, die ich mit großer Vorfreude und dem nötigen Verantwortungsbewusstsein angehe. Wir wollen mit gutem Fußball begeistern. Der Weg zur EM soll nicht verkompliziert werden. Wir haben aber eine gewisse Idee. Und es wird so sein, dass wir die Menschen mit attraktivem Fußball begeistern wollen, nicht nur mit Ergebnissen. Eine Heim-EM ist etwas, das nicht so häufig vorkommt. So möchten wir die Leute schon auf dem Weg dorthin begeistern, Vorfreude entwickeln und nutzen, dass wir zu Hause spielen dürfen in einem großartigen Land mit großartigen Menschen. Es ist selbstredend: Wenn man ein Turnier, eine EM spielt - das ist vom Kinderfußball bis hin zum Profifußball so -, nimmt man daran teil, um zu gewinnen. Ich habe keinen Bammel, weil ich Vertrauen in die Mannschaft und das Trainerteam habe. Es ist ein großes Privileg, Bundestrainer bei einer Heim-EM zu sein. Es ist ein großer Anreiz, die positive Stimmung nach dem Frankreich-Spiel auszubauen. Ein Sommermärchen 2.0 ist die Idealvorstellung. Ich werde alles dafür tun, dass das wieder passiert. 

... seine Spielidee: Wir haben eine klare Idee, die mit der Überschrift "Gute und gesunde Aggressivität auf das gegnerische Tor - betrifft allerdings nicht nur den eigenen Ballbesitz" gut beschrieben ist. Wir wollen Stress erzeugen beim Gegner. Es muss weh tun, gegen uns zu spielen. Das weckt die nötigen Emotionen, die wir brauchen. Wir haben eine Idee entwickelt, die wir im Laufe der Zeit aber auch anpassen werden - und auch auf die Spieler anpassen werden. Es ist noch ein langer Weg bis hin zur EM. Die Spieler müssen eine sehr, sehr gute Form haben bis zur EM. Selbstvertrauen und Atmosphäre ist nicht nur im Fußball wichtig. Um einen guten Geist zu entwickeln, bedarf es Ideen, die die Spieler umsetzen können. Es wird Phasen geben, die schwierig sein werden. Da ist es wichtig, dass die Spieler etwas greifen können. Die Ideen werden nicht zu komplex sein, sondern wir wollen attraktiven Fußball spielen. Denn darin liegt die große Chance, uns zu pushen. Es wird nicht so komplex wie im Vereinsfußball sein. Es geht darum, den Spielern Halt zu geben. Das sieht man hoffentlich schon bei den nächsten beiden Länderspielen. Einfachheit ist ein gutes Stichwort. Aber im Hinblick auf das Turnier: Dort werden wir auf Umstände reagieren können. Wir müssen die Fähigkeit haben, das notwendige Ergebnis zu erbringen. Wir haben unsere Vorstellung davon, wie wir das Vertrauen in der Mannschaft wieder wecken können. 

... die USA-Reise im Oktober: Es gibt immer ein Für und ein Wider. Für mich in dem Fall ein großes Für, weil wir längere Zeit am Stück zusammen sind. Ich kenne zwar alle Spieler, aber nicht jeden persönlich. Ich möchte die neuen Protagonisten und meine neue Mannschaft besser kennenlernen. Wir müssen jede Einheit, jedes Spiel dazu nutzen, unsere Spielidee kennenzulernen, eine Atmosphäre entstehen zu lassen. Natürlich müssen wir gucken, dass die Spieler gesund bleiben, damit wir möglichst alle immer mit an Bord haben. Natürlich ist so eine Reise auch eine körperliche Belastung, aber alle Spieler stehen gut im Saft, sind jung. Ich mache mir keine großen Sorgen, sondern freue mich auf die gemeinsame Zeit.

... das Kapitänsamt im DFB-Team: Ich belasse es dabei: Ich bin von Ilkay Gündogan als Spieler und Mensch absolut überzeugt. Ich habe Ilkay auch schon darüber informiert, dass er unser Kapitän ist und unser Kapitän bleibt.

... Manuel Neuer: Wir müssen Manu die nötige Zeit geben, gesund und wieder 100-prozentig leistungsfähig zu werden. Wenn wir das mit "ja" beantworten können, dann haben wir noch das sehr große Glück, nicht nur die beiden (Neuer und Marc-André ter Stegen; Anm. d. Red.), sondern ja noch ein paar mehr herausragende Weltklasse-Torhüter zu haben.

... die Bayern-Spieler im Nationalteam: Ich freue mich extrem auf sie, weil ich unglaublich gerne mit den Spielern zusammengearbeitet habe. Aber ich freue mich genauso auf die Spieler meiner vorherigen Stationen und auf die, die ich bisher noch nicht trainiert habe.

... sein Trainerteam: Ich sehe Rudi Völler als Teil des Trainerteams. Ein sehr enger Austausch ist sehr wichtig. Er hat einen positiven Einfluss auf die Mannschaft, das ist sehr befruchtend für uns. Ich bin sehr froh, dass wir Rudi an unserer Seite haben. Wir wollen den Glauben, der aus dem Frankreich-Spiel entstanden ist, weitertragen. Sandro Wagner ist ein extrem intelligenter Mann. Er hat in Unterhaching und jetzt einen sehr guten Job gemacht. Daher war es naheliegend für mich, ihn zu fragen, ob er Teil des neuen Trainerteams werden will. Als ich mit ihm gesprochen habe, wurde das Telefon am Ohr warm, weil er sofort gebrannt hat. Ich bin sehr, sehr froh, ihn dabei zu haben. Am Wochenende ist er auch schon in den Stadien unterwegs. Mit Benjamin Glück arbeite ich seit mehreren Jahren erfolgreich zusammen. Er weiß, wie ich ticke. Das trägt er auch in andere Bereiche des Teams herein, damit ich das nicht machen muss. Es ist wertvoll, einen so engen Vertrauten dabei zu haben. Er ist ein ganz wichtiger Teil meines Teams seit zehn Jahren, und ich freue mich, dass dieser Weg weitergeht.

... seinen Respekt vor dem Bundestrainer-Posten: Ich lasse mich gerne von meinem Bauchgefühl tragen, auch wenn die Gefahr besteht, dass man dann auch mal eine zu große Hose kauft. Das ist nicht immer gut, aber generell habe ich nicht gezweifelt. Es gab keinen Moment des Zweifelns! Ich habe mich von meinen Emotionen leiten lassen - und die waren: Machen wir es! Lass es uns wuppen!

... mögliche Ratgeber: Meine Hauptansprechpartner sind die Spieler. Deren Eindrücke sind das Wichtigste für uns - wie sie sich fühlen, wie sie die Idee umsetzen. Daher wird es die Hauptaufgabe sein, wenn wir nicht zusammen sind, Kontakt mit den Spielern zu halten. Der persönliche Austausch ist das Allerwichtigste. Wir haben ja auch ein großes Team um das Team herum - auch da möchte ich einen engen Draht pflegen.

... die Vertragslaufzeit: Für mich ist ganz, ganz wichtig: Die EM steht im Fokus. Es steht über allem, ein gutes Turnier, eine gute Heim-EM zu spielen. Der zweite Punkt: Ich möchte durch Arbeit das gegenseitige Vertrauen wecken. Wichtig ist, dass die Arbeit funktioniert, befruchtend und erfolgreich ist. Wenn die Freude, der Erfolg bei der EM da sein sollte, die Arbeit befruchtend, ist aus meiner Sicht nichts ausgeschlossen, dann steht einem Weitermachen nichts im Wege. Aber ich verschwende jetzt keinen Gedanken ans Danach. Ich möchte das Vertrauen durch gute Arbeit zurückzahlen, und nicht das Vertrauen spüren, weil ich einen Fünfjahresvertrag habe. Es geht darum, die Arbeit gemeinschaftlich erfolgreich zu gestalten. Ich habe große Lust, gegenseitiges Vertrauen zu spüren. So fühlt es sich gut an.

... die ersten Gespräche mit dem DFB: Ich fand die Gespräche herausragend gut. Es gab keinen Anlass dazu, mich überzeugen zu müssen.

... die Zeit nach seiner Freistellung in München: Ich habe Urlaube gemacht, Zeit mit meiner Familie verbracht. Die ersten Wochen waren etwas ungewohnt. Ich bin jemand mit Tatendrang, der gerne arbeitet. Aber ich habe die Zeit genutzt, um auch private Dinge zu machen, für die ich sonst keine Zeit hatte. Zudem habe ich meine Zeit bei Bayern München reflektiert. Ich bin froh, dass ich die Chance habe, die Fehler, die ich bei Bayern gemacht habe, nicht noch mal zu machen, Dinge besser zu machen. 

Bernd Neuendorf über...

... den neuen Bundestrainer: Wir freuen uns, dass wir Julian Nagelsmann gewinnen konnten. Wir haben eine starke und überzeugende Lösung für die Spitze unserer A-Nationalmannschaft gefunden. Jetzt schauen wir nach vorne - die ganze Konzentration liegt auf der EM. Ich bin voller Zuversicht und habe absolutes Vertrauen in Julian Nagelsmann. An seiner hohen Motivation bestand schon nach den ersten Gesprächen kein Zweifel.

... den Prozess bis zur Vertragsunterschrift: Es ging alles los mit der Niederlage gegen Japan. Rudi Völler, Aki Watzke und ich haben uns danach Gedanken gemacht: Wie reagieren wir? Nach der Trennung von Hansi Flick wollten wir nicht direkt über Namen sprechen. Wie sieht der finanzielle Rahmen aus, wie die Vertragslaufzeit, wer ist verfügbar? Dann haben wir überlegt, ob wir auf mehrere Kandidaten gleichzeitig zugehen oder wir ein Ranking machen, wen wir zuerst ansprechen. Wir waren uns einig und haben festgelegt, dass unser erster Ansprechpartner Julian sein soll. Nach der ersten Kontaktaufnahme mit seinem Umfeld haben wir uns vergangenen Dienstag in Köln persönlich getroffen. Es war ein sehr, sehr gutes Gespräch. Es ging um Fußball, um atmosphärische Dinge, das Menschliche. Wir haben sehr schnell gemerkt, dass da jemand ist, der hochmotiviert ist und eine intrinsische Motivation besitzt - einer, den wir nicht überzeugen müssen. Als wir aus dem Treffen herausgegangen sind, haben Rudi und ich gemerkt und gespürt, dass wir eine gemeinsame Mission haben. Es ist eine wunderbare Kombination, die wir eingehen können. Im Vordergrund steht der Erfolg beim Turnier. Ich glaube, dass mit Julian etwas sehr, sehr Positives entstehen kann, was die Atmosphäre betrifft. Es kann und wird ihm gelingen. Zudem ist es überragend, dass er seinen ersten offiziellen Termin heute beim Amateurfußball-Kongress hat - bei den Amateuren. Das ist ein wichtiges Zeichen für Gemeinsamkeit.

Rudi Völler über...

... Nagelsmann als Wunschkandidat: Es ist ein Glücksfall, dass wir nach der Trennung von Hansi mit Julian einen Trainer auf dem freien Markt hatten, der bereit war einzuspringen. Das ist nicht alltäglich. Weil Julian im Sommer Anfragen von internationalen Topklubs gehabt hat und im Winter sicherlich auch gehabt hätte. Wir mussten ihn gar nicht überzeugen, er hat sofort gebrannt für die Position. Es ist wichtig, dass wir nach dem Spiel gegen die Franzosen eine gewisse Begeisterung entfachen. Julian ist mit der Art, wie er mit den Spielern umgeht, und seiner Erfahrung - trotz seines jungen Alters - genau der Richtige. Ich habe mit vielen telefoniert, die ihn als Spieler hatten: Ich habe nur Positives gehört. Er hat eine wunderbare Arbeit gemacht, er wird das top hinkriegen. Ich bin total überzeugt von Julian, und er weiß, dass ich ihn 100-prozentig unterstütze, um die deutschen Landsleute glücklich zu machen bei der EM. Die Art und Weise, wie Julian es angeschoben hat, wie er versucht, die ersten Einflüsse reinzubringen: Ich bin da sehr, sehr optimistisch. Er brennt darauf, seine Ideen einzubringen.

... seine eigene Rolle im Trainerteam: Ich werde nah dran sein, aber Julian ist der Bundestrainer. Er wird die Entscheidungen treffen. Ich werde nicht auf die Bank gehen, sondern mit Bernd Neuendorf und Aki Watzke auf der Tribüne sitzen. Natürlich werde ich nah dran sein, das war ich aber auch schon unter Hansi. 

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