Meyer zum Medizincheck: Potenzielle "Problemfälle" ausschließen

"Fußball-Weltmeister Khedira absolviert Medizincheck in Turin." "Zuvor hatte Schweinsteiger den Medizin-Check bei den 'Red Devils' bestanden." "Vorbehaltlich des Medizintests wird der Transfer stattfinden." Gerade in der Sommer-Transferperiode zwischen Juli und August häufen sich Nachrichten wie diese. Potenzielle Neuzugänge müssen vor Vertragsabschluss beim Vereinsarzt antreten und den obligatorischen Medizincheck bestehen.

Aber was heißt schon "obligatorisch"? Wer weiß schon genau, was bei der medizinischen Untersuchung wirklich gecheckt wird. DFB.de ist der Frage auf den Grund gegangen. Im Interview mit Redakteur Peter Scheffler spricht Prof. Dr. Tim Meyer, Arzt der Nationalmannschaft, über Inhalte, Organisation und Gründe für einen Medizincheck.

DFB.de: Herr Meyer, wie läuft ein typischer Medizincheck ab?

Prof. Dr. Tim Meyer: Wir müssen zwischen zwei Szenarien unterscheiden. Bezieht man sich auf die Tauglichkeitsuntersuchung, die alle Spieler im Profibereich (Herren- und Frauenbundesliga, 2. Herren- und Frauenbundesliga, 3. Liga, Regionalliga sowie Spieler der A-/B-Junioren-Bundesliga, Anm. d. Red.) einmal im Jahr durchführen müssen, um am Spielbetrieb teilzunehmen? Oder sprechen wir von einem Check, den Vereine individuell durchführen, bevor sie einen Spieler verpflichten?

DFB.de: Gibt es denn Unterschiede bei den Inhalten?

Meyer: Medizinchecks vor einem Transfer werden zum größten Teil so gehandhabt, wie es der Verein oder Mannschaftsarzt für richtig halten. Daneben müssen alle Spieler, die in Deutschland am Profispielbetrieb teilnehmen, einen jährlichen Nachweis ihrer Leistungsssporttauglichkeit im Rahmen des DFB-Untersuchungssystems erbringen. Dafür organisiert der jeweilige Vereinsarzt vor der Saison mit allen Spielern eine Untersuchung, deren Inhalte von unserer Kommission Sportmedizin vorgegeben sind. Die Bescheinigungen zur Tauglichkeit werden dann DFB beziehungsweise DFL – je nach Spielklasse – vorgelegt.

DFB.de: Welche Inhalte sind Teil der Untersuchung?

Meyer: Die Untersuchung zur Sporttauglichkeit sollte mit einer gründlichen körperlichen Untersuchung und Befragung des Spielers beginnen. Gibt es Zeichen für Infektionen, andere Entzündungen oder chronische Erkrankungen? Kann man beim Abhören bereits Auffälligkeiten an Herz oder Lunge feststellen? Jeder Spieler sollte natürlich im Gespräch die Wahrheit über seine Krankengeschichte erzählen, auch wenn das vordergründig in Einzelfällen nicht in seinem Sinne sein könnte. Falls es irgendwann beispielsweise zu einer Verletzung mit Versicherungsfragen im Bereich einer verschwiegenen Vorverletzung kommt, kann das nachteilig für den Spieler sein.

DFB.de: Was folgt nach der körperlichen Untersuchung und Befragung?

Meyer: Die Reihenfolge ist nicht strikt vorgegeben. Eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens gehört für Spieler der Bundesliga und 2. Liga dazu. Hier wird das Herz im Ruhezustand untersucht, das heißt, die Herzkammern und -wände vermessen und geschaut, ob die Herzklappen vernünftig öffnen und schließen. Dazu werden noch einige Laborwerte im Blut gemessen, um Erkrankungsrisiken zu erkennen oder beispielsweise Diabetes auszuschließen.



"Fußball-Weltmeister Khedira absolviert Medizincheck in Turin." "Zuvor hatte Schweinsteiger den Medizin-Check bei den 'Red Devils' bestanden." "Vorbehaltlich des Medizintests wird der Transfer stattfinden." Gerade in der Sommer-Transferperiode zwischen Juli und August häufen sich Nachrichten wie diese. Potenzielle Neuzugänge müssen vor Vertragsabschluss beim Vereinsarzt antreten und den obligatorischen Medizincheck bestehen.

Aber was heißt schon "obligatorisch"? Wer weiß schon genau, was bei der medizinischen Untersuchung wirklich gecheckt wird. DFB.de ist der Frage auf den Grund gegangen. Im Interview mit Redakteur Peter Scheffler spricht Prof. Dr. Tim Meyer, Arzt der Nationalmannschaft, über Inhalte, Organisation und Gründe für einen Medizincheck.

DFB.de: Herr Meyer, wie läuft ein typischer Medizincheck ab?

Prof. Dr. Tim Meyer: Wir müssen zwischen zwei Szenarien unterscheiden. Bezieht man sich auf die Tauglichkeitsuntersuchung, die alle Spieler im Profibereich (Herren- und Frauenbundesliga, 2. Herren- und Frauenbundesliga, 3. Liga, Regionalliga sowie Spieler der A-/B-Junioren-Bundesliga, Anm. d. Red.) einmal im Jahr durchführen müssen, um am Spielbetrieb teilzunehmen? Oder sprechen wir von einem Check, den Vereine individuell durchführen, bevor sie einen Spieler verpflichten?

DFB.de: Gibt es denn Unterschiede bei den Inhalten?

Meyer: Medizinchecks vor einem Transfer werden zum größten Teil so gehandhabt, wie es der Verein oder Mannschaftsarzt für richtig halten. Daneben müssen alle Spieler, die in Deutschland am Profispielbetrieb teilnehmen, einen jährlichen Nachweis ihrer Leistungsssporttauglichkeit im Rahmen des DFB-Untersuchungssystems erbringen. Dafür organisiert der jeweilige Vereinsarzt vor der Saison mit allen Spielern eine Untersuchung, deren Inhalte von unserer Kommission Sportmedizin vorgegeben sind. Die Bescheinigungen zur Tauglichkeit werden dann DFB beziehungsweise DFL – je nach Spielklasse – vorgelegt.

DFB.de: Welche Inhalte sind Teil der Untersuchung?

Meyer: Die Untersuchung zur Sporttauglichkeit sollte mit einer gründlichen körperlichen Untersuchung und Befragung des Spielers beginnen. Gibt es Zeichen für Infektionen, andere Entzündungen oder chronische Erkrankungen? Kann man beim Abhören bereits Auffälligkeiten an Herz oder Lunge feststellen? Jeder Spieler sollte natürlich im Gespräch die Wahrheit über seine Krankengeschichte erzählen, auch wenn das vordergründig in Einzelfällen nicht in seinem Sinne sein könnte. Falls es irgendwann beispielsweise zu einer Verletzung mit Versicherungsfragen im Bereich einer verschwiegenen Vorverletzung kommt, kann das nachteilig für den Spieler sein.

DFB.de: Was folgt nach der körperlichen Untersuchung und Befragung?

Meyer: Die Reihenfolge ist nicht strikt vorgegeben. Eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens gehört für Spieler der Bundesliga und 2. Liga dazu. Hier wird das Herz im Ruhezustand untersucht, das heißt, die Herzkammern und -wände vermessen und geschaut, ob die Herzklappen vernünftig öffnen und schließen. Dazu werden noch einige Laborwerte im Blut gemessen, um Erkrankungsrisiken zu erkennen oder beispielsweise Diabetes auszuschließen.

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DFB.de: Wie sieht es mit einem EKG aus?

Meyer: Das wird in diesen Klassen als Ruhe- und als Belastungs-EKG durchgeführt. Das Ruhe-EKG ist wichtig, um nach Herzerkrankungen zu fahnden. Verschiedene angeborene Herzerkrankungen, die nicht zwangsläufig Beschwerden machen, sind am einfachsten über das Ruhe-EKG zu finden. Beim Belastungs-EKG wird, wie der Name schon andeutet, eine körperliche Höchstbelastung simuliert. Herz und Kreislauf werden unter Stress gesetzt, dann wird geschaut, wie sie reagieren. Seit wenigen Jahren ist eine Durchführung des Belastungs-EKG auch auf dem Laufband möglich. Das kommt der Belastung im Fußball näher als die Fahrradergometrie und ermöglicht auch eine simultane Leistungsdiagnostik. Aber das ist keine Vorgabe von uns, dann Laufbänder sind in kardiologischen Praxen noch ziemlich selten. Außerdem ist die Qualität des EKG auf dem Fahrrad durch geringere Bewegungen des Oberkörpers oft besser, so dass man bei schwierigeren Fragestellungen gern auf Fahrradbelastungen zurückgreift.

DFB.de: Wäre solch ein Belastungs-EKG auch für einen Amateurfußballer zu bewältigen?

Meyer: Vom Prinzip her schon, nur das Belastungsprotokoll wäre möglicherweise etwas anders. Man beginnt bei allen Personen mit einer geringen Belastung und steigert dann kontinuierlich. Die Untersuchung eines Profifußballers fängt wahrscheinlich bei einer höheren Grundbelastung an und erreicht eine höhere maximale Leistung, aber das liegt ja nur an der höheren Leistungsfähigkeit des Profis.

DFB.de: Und diesen Check muss nun jeder Fußballer von der Bundesliga bis zur Regionalliga bestehen, um am Spielbetrieb teilzunehmen?

Meyer: Hierzu muss ich noch einmal ausholen. Unsere Kommission hat 2011 das Untersuchungssystem reformiert. Seitdem haben wir drei unterschiedliche Stufen, was den Umfang eines Medizinchecks betrifft. Das gibt es so differenziert auch im internationalen Vergleich nur beim DFB. Für diese Abstufung gibt es zwei Gründe. Erstens unterscheiden wir zwischen männlichen und weiblichen Fußballern, da Frauen seltener an vielen Herzerkrankungen leiden als Männer. Zweitens gibt es eine Abstufung, was den finanziellen Rahmen betrifft, weil die Vereine in den unterschiedlichen Ligen auch finanziell ganz unterschiedlich aufgestellt sind. Eines ist aber ganz entscheidend: Selbst mit unserer niedrigsten Untersuchungskategorie liegen wir noch mindestens bei den Richtlinien der medizinischen Fachgesellschaften von Europa und den USA, was den Medizincheck betrifft. FIFA, UEFA und IOC sind ähnlich wie wir in den Bundesligen aufgestellt, beziehen ihre Regelungen aber natürlich fast ausschließlich auf professionelle Athleten.

DFB.de: Können Sie uns mehr zu den Abstufungen sagen!

Meyer: Stufe A ist unser Maximum. Dieser Check, der eben beschrieben wurde, wird in vollem Umfang in der Herren-Bundesliga und 2. Liga durchgeführt. Für Spieler der 3. Liga, der Regionalligen sowie der Allianz Frauen-Bundesliga und 2. Frauen-Bundesliga ist Stufe B vorgesehen. Hier entfallen die Ultraschalluntersuchung des Herzens und einige Laborwerte. Außerdem wird das Belastungs-EKG nur alle zwei Jahre verlangt, sofern es beim letzten Mal unauffällig war. Natürlich werden die nicht verpflichtenden Untersuchungen trotzdem durchgeführt, wenn sich eine medizinische Notwendigkeit ergibt.

DFB.de: Fehlt noch Stufe C!

Meyer: Genau. In der dritten und untersten Stufe werden die körperliche Untersuchung und Befragung sowie das Ruhe-EKG und eine Ruhe-Blutdruckmessung vorgegeben. Stufe C gilt für alle Spieler der Leistungszentren und Spieler der A- und B-Juniorenbundesliga. Diese größte Zielgruppe erhält damit jenen Check, den die europäische Kardiologen-Gesellschaft ganz allgemein empfiehlt. Unser Minimum entspricht damit deren Standard.

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DFB.de: Kommen wir zu den Medizinchecks, die viel seltener sind, aber von denen man in den Medien sehr viel mehr hört. Ein Verein möchte einen Spieler verpflichten. Halten die Klubs sich dann auch an die Vorgaben des DFB?

Meyer: Das liegt dann ganz im Ermessen der Vereine. Viele Checks werden bestimmt ähnlich ausfallen, je nachdem, was man von dem Spieler weiß und wonach im Einzelfall gesucht wird. Kommt ein Spieler aus dem Ausland und ich möchte typische Infektionskrankheiten des Landes ausschließen, lege ich vielleicht mehr Wert auf die Blutanalyse. Suche ich nach Herzerkrankungen, dann sind Ultraschall und EKG entscheidend. Weiß ich, dass der Spieler bereits zwei Kreuzbandrisse hatte, schaue ich mir sein Knie in der Kernspintomographie an. Kommt ein Spieler, der lange in einem Verein war, nach einem Jahr zurück, kann ich mir das ein oder andere sparen. Die Medizinchecks, die vor Vereinswechseln vorgenommen werden, sind also im Gegensatz zu den Tauglichkeitsuntersuchungen viel individueller.

DFB.de: Der aufnehmende Verein möchte doch sicher die gesamte Krankenakte des Spielers sehen, bevor er ihn verpflichtet. Wie ist das mit der ärztlichen Schweigepflicht vereinbar?

Meyer: Das ist eine rechtlich durchaus interessante Situation. Wichtig ist, dass der Spieler die Ärzte beider Vereine gegenüber dem aufnehmenden Verein von ihrer Schweigepflicht entbindet, bevor der abgebende Verein seine Daten weiterleiten kann. Solche Dinge lassen sich aber vertraglich regeln. Je nach Krankengeschichte hat der Spieler natürlich Interesse daran oder auch nicht. Allerdings macht es keinen guten Eindruck, wenn er es verbietet oder die Entbindung von der Schweigepflicht zurücknimmt, denn der aufnehmende Verein will natürlich so gut wie möglich im Bilde sein und könnte sonst seine Konsequenzen ziehen.

DFB.de: Nur ganz selten hört man davon, dass Spieler aufgrund des Medizinchecks abgelehnt wurden. Passiert das wirklich nur vereinzelt?

Meyer: Genau weiß ich das nicht. Ich denke, dass es selten passiert, aber trotzdem öfter als wir es mitbekommen, da die Ergebnisse dann nicht publik werden. Bei prominenten Spielern ist es ja kaum noch möglich, den Medizincheck zu verbergen, da die Journalisten die bekannten Arztpraxen gut im Blick haben. Trotzdem scheitern ab und zu Wechsel und man weiß nicht so recht warum. Eine Ablehnung muss nicht zwingend heißen, dass derjenige keinen Leistungssport treiben kann. Aber man überlegt sich bei einem Neuzugang vielleicht zweimal, ob man sich einen potenziellen „Problemfall“ in den Kader holen möchte.

DFB.de: Wo liegen diese "Probleme" ihrer Erfahrung her am ehesten?

Meyer: Da handelt es sich mehrheitlich um orthopädische Gründe. Dass Spieler aufgrund von Herzerkrankungen oder Infektionen abgelehnt werden, ist äußerst selten.

DFB.de: Würden Sie auch Amateurfußballern dazu raten, einen Medizincheck vor der Saison zu machen?

Meyer: Raten kann man ihnen das schon, aber die Kosten übernehmen bislang nur wenige Krankenkassen. Insbesondere den AH-Spielern sollte man dazu raten - selbst angesichts dieser Finanzierungsproblematik.