Mertesacker: "Der deutsche Fußball hat großes Potenzial"

Hannover ist immer noch Heimat. Per Mertesacker kommt noch häufig hier her, wenn er die Familie oder Freunde besucht. Hier ist er aufgewachsen und als Fußballprofi groß geworden. Bis 2006 hat er für Hannover 96 gespielt und den Sprung in die deutsche Nationalmannschaft geschafft.

Mittlerweile hat der Innenverteidiger 56 Mal das Nationaltrikot getragen. Mertesacker ist bei seinem jetzigen Verein Werder Bremen und in der Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw ein Leistungsträger. Mittwoch kehrt er mit der Nationalmannschaft nach Hannover zurück. Im DFB.de-Gespräch der Woche spricht der 24-Jährige mit Chefredakteur Ralf Köttker über Abwehrsorgen, Özils Spielmacherqualitäten und das "Finale" der WM-Qualifikation in Moskau.

Frage: Herr Mertesacker, wie ist es als Nationalspieler in seiner Heimatstadt zu spielen? Immer noch etwas Besonderes oder Teil der Routine?

Per Mertesacker: Moment, ich war schon einmal mit der Nationalmannschaft in Hannover, es muss so ungefähr vor zwei Jahren gewesen sein.

Frage: Richtig, im November 2007, ein 4:0-Sieg gegen Zypern.

Mertesacker: Ja, ich erinnere mich. Aber es ist trotzdem für mich noch etwas Besonderes. Ich kenne dort sehr viele Leute, von denen sich schon einige bei mir gemeldet haben, weil sie gern zum Spiel kommen möchten. Die Familie kommt auch und bringt dann Hinz und Kunz mit. Das ist eine richtig schöne Sache.

Frage: Klingt nach Heimatgefühlen.

Mertesacker: Ja, das ist auch so. Meine Eltern wohnen noch in der Gegend. Und ich bin ja erst vor drei Jahren bei ihnen ausgezogen, als ich nach Bremen gewechselt bin. Es ist immer noch so etwas wie zuhause. Allerdings werde ich davon wohl nicht viel mitbekommen, weil wir uns in der Sportschule Barsinghausen vorbereiten. Von daher beschränkt sich das Gefühl, mal wieder in der Heimat zu sein, eigentlich auf die 90 Minuten gegen Aserbaidschan.

Frage: Gefühl ist ein gutes Stichwort: Wie hat es sich angefühlt, beim Test gegen Südafrika von der Seite zuzuschauen? Bundestrainer Joachim Löw hatte ihnen eine Verschnaufpause gegeben.

Mertesacker: Für mich war es sehr interessant, mal von außen zuschauen zu können. Es ist eine ganz andere Perspektive und ich habe einige interessante Dinge gesehen.

Frage: Welche?

Mertesacker: Wie die Betreuer an der Seite mitfiebern oder was die Zuschauer so reinrufen zum Beispiel. Ich habe mir auch mal in Ruhe die Laola-Welle angeschaut, so etwas nimmt man auf dem Platz sonst immer nur aus dem Augenwinkel wahr. Und dann ist mir aufgefallen, wie viel sich Joachim Löw bewegt, wie oft er aufsteht und Anweisungen gibt. Ich habe viele Kleinigkeiten beobachtet und dabei wieder einmal gesehen, dass so ein Länderspiel einfach ein ganz besonderes Ereignis ist.

Frage: Und was haben Sie auf dem Platz gesehen?

Mertesacker: Eine deutsche Abwehr, die sehr wenig zugelassen und gut gegen den Ball gearbeitet hat. Ich habe mich darüber gefreut, weil es zuletzt immer mal wieder Diskussionen gegeben hat, wenn es nicht optimal lief.

Frage: Fanden Sie die Kritik unbegründet?

Mertesacker: Wenn wir nicht gut spielen wie in Baku gegen Aserbaidschan, dann sind wir selbst nicht zufrieden und hinterfragen uns. Dabei geht es nicht um einzelne Spieler, sondern um die Suche nach den Gründen für Fehler und die Möglichkeiten, wie wir sie in Zukunft vermeiden können. Mich persönlich haben die letzten Jahre geprägt. Das Fell ist schon sehr dick geworden.

Frage: Macht es ihnen Sorgen, dass noch kein Partner für sie in der Innenverteidigung gefunden ist?

Mertesacker: Ich kann mich noch gut erinnern, wie es war, als ich angefangen habe. Damals haben einige gesagt: Es kann doch nicht sein, dass so ein junger Spieler bei einer Heim-WM in der Innenverteidigung steht. Mir ist damals die Chance gegeben worden und jetzt haben eben andere die Chance, sich zu empfehlen. Es geht nicht um Personen, sondern um die beste Besetzung der Position. Unsere Mannschaft braucht Zeit, nicht nur in der Abwehr, weil wir eine große Chance haben.

Frage: Was meinen Sie damit?

Mertesacker: Die U 21 hat gezeigt, was für ein großes Potenzial der deutsche Fußball hat. Es gibt viele talentierte Jungs, die an die Nationalmannschaft herangeführt und langsam integriert werden müssen. So etwas ist nicht immer ganz leicht, aber eigentlich ein Luxusproblem. Diese Talente einzubinden und optimal zu nutzen muss doch das gemeinsame Ziel von uns allen sein.

Frage: Das beste Beispiel für diese Ausnahmetalente ist Mesut Özil, der gegen Südafrika auf der Position des Spielmachers begeisterte. Hat Sie überrascht, wie er nach der gewonnen U 21-EM in der Nationalmannschaft aufgetreten ist?

Mertesacker: Eigentlich nicht. Wir sehen uns in Bremen ja täglich, deshalb weiß ich, was er kann. Er kam damals ein kleiner, schüchterner Junge von Schalke zu Werder. Wir waren in der Zeit mit Diego gut auf der Position besetzt. Mesut hatte ein bisschen Ruhe, sich einzugewöhnen und vielleicht auch ein paar Dinge abzuschauen. Mit seinen überragenden Stärken hat er sich dann schnell durchgesetzt. Er entwickelt eine unheimliche Geschwindigkeit am Ball, ist technisch stark.

Frage: Für einige ist er bereits der neue, deutsche Spielmacher.

Mertesacker: Es wäre, glaube ich, falsch und noch zu früh, ihn in die ganz große Führungsrolle zu drängen. Er ist gerade erst dabei und braucht seine Freiheiten. Er muss sich unbedingt seine Unbekümmertheit bewahren.

Frage: Kümmern Sie sich bei der Nationalmannschaft um ihn und ihren anderen Vereinskollegen Marko Marin?

Mertesacker: Wenn man sich aus der täglichen Trainingsarbeit kennt, hat man natürlich einen besonderen Draht zueinander. Es freut mich, dass sie dabei sind. Und ich versuche sie auch zu motivieren. Vor dem Spiel gegen Südafrika habe ich zu Mesut und Marko gesagt, dass sie zeigen sollen, was für gute Bremer Spieler sie sind.

Frage: Özil soll auch Mittwoch gegen Aserbaidschan spielen. Ganz ehrlich: Denken Sie im Hinterkopf schon an das richtungweisende Gruppenspiel in Moskau.

Mertesacker: Ich weiß, dass das Spiel gegen Russland im Oktober auf uns zukommt, aber ich denke wirklich nicht dran. Ich habe mir als Profi angewöhnt, mich immer nur die nächsten Aufgaben zu fokussieren. Erst müssen wir gegen Aserbaidschan gewinnen, dann kommt Moskau.

Frage: Wo sie auf Kunstrasen spielen werden.

Mertesacker: In der Jugend habe ich mal auf einem Kunstrasenplatz gespielt. Der war so hart, da hätte man auch gleich auf Beton spielen können. Aber ich gehe mal davon aus, dass er in Moskau deutlich weicher sein wird. Und bevor Sie es fragen: Ich glaube auch, dass wir uns direkt für die WM in Südafrika qualifizieren.

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Hannover ist immer noch Heimat. Per Mertesacker kommt noch häufig hier her, wenn er die Familie oder Freunde besucht. Hier ist er aufgewachsen und als Fußballprofi groß geworden. Bis 2006 hat er für Hannover 96 gespielt und den Sprung in die deutsche Nationalmannschaft geschafft.

Mittlerweile hat der Innenverteidiger 56 Mal das Nationaltrikot getragen. Mertesacker ist bei seinem jetzigen Verein Werder Bremen und in der Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw ein Leistungsträger. Mittwoch kehrt er mit der Nationalmannschaft nach Hannover zurück. Im DFB.de-Gespräch der Woche spricht der 24-Jährige mit Chefredakteur Ralf Köttker über Abwehrsorgen, Özils Spielmacherqualitäten und das "Finale" der WM-Qualifikation in Moskau.

Frage: Herr Mertesacker, wie ist es als Nationalspieler in seiner Heimatstadt zu spielen? Immer noch etwas Besonderes oder Teil der Routine?

Per Mertesacker: Moment, ich war schon einmal mit der Nationalmannschaft in Hannover, es muss so ungefähr vor zwei Jahren gewesen sein.

Frage: Richtig, im November 2007, ein 4:0-Sieg gegen Zypern.

Mertesacker: Ja, ich erinnere mich. Aber es ist trotzdem für mich noch etwas Besonderes. Ich kenne dort sehr viele Leute, von denen sich schon einige bei mir gemeldet haben, weil sie gern zum Spiel kommen möchten. Die Familie kommt auch und bringt dann Hinz und Kunz mit. Das ist eine richtig schöne Sache.

Frage: Klingt nach Heimatgefühlen.

Mertesacker: Ja, das ist auch so. Meine Eltern wohnen noch in der Gegend. Und ich bin ja erst vor drei Jahren bei ihnen ausgezogen, als ich nach Bremen gewechselt bin. Es ist immer noch so etwas wie zuhause. Allerdings werde ich davon wohl nicht viel mitbekommen, weil wir uns in der Sportschule Barsinghausen vorbereiten. Von daher beschränkt sich das Gefühl, mal wieder in der Heimat zu sein, eigentlich auf die 90 Minuten gegen Aserbaidschan.

Frage: Gefühl ist ein gutes Stichwort: Wie hat es sich angefühlt, beim Test gegen Südafrika von der Seite zuzuschauen? Bundestrainer Joachim Löw hatte ihnen eine Verschnaufpause gegeben.

Mertesacker: Für mich war es sehr interessant, mal von außen zuschauen zu können. Es ist eine ganz andere Perspektive und ich habe einige interessante Dinge gesehen.

Frage: Welche?

Mertesacker: Wie die Betreuer an der Seite mitfiebern oder was die Zuschauer so reinrufen zum Beispiel. Ich habe mir auch mal in Ruhe die Laola-Welle angeschaut, so etwas nimmt man auf dem Platz sonst immer nur aus dem Augenwinkel wahr. Und dann ist mir aufgefallen, wie viel sich Joachim Löw bewegt, wie oft er aufsteht und Anweisungen gibt. Ich habe viele Kleinigkeiten beobachtet und dabei wieder einmal gesehen, dass so ein Länderspiel einfach ein ganz besonderes Ereignis ist.

Frage: Und was haben Sie auf dem Platz gesehen?

Mertesacker: Eine deutsche Abwehr, die sehr wenig zugelassen und gut gegen den Ball gearbeitet hat. Ich habe mich darüber gefreut, weil es zuletzt immer mal wieder Diskussionen gegeben hat, wenn es nicht optimal lief.

Frage: Fanden Sie die Kritik unbegründet?

Mertesacker: Wenn wir nicht gut spielen wie in Baku gegen Aserbaidschan, dann sind wir selbst nicht zufrieden und hinterfragen uns. Dabei geht es nicht um einzelne Spieler, sondern um die Suche nach den Gründen für Fehler und die Möglichkeiten, wie wir sie in Zukunft vermeiden können. Mich persönlich haben die letzten Jahre geprägt. Das Fell ist schon sehr dick geworden.

Frage: Macht es ihnen Sorgen, dass noch kein Partner für sie in der Innenverteidigung gefunden ist?

Mertesacker: Ich kann mich noch gut erinnern, wie es war, als ich angefangen habe. Damals haben einige gesagt: Es kann doch nicht sein, dass so ein junger Spieler bei einer Heim-WM in der Innenverteidigung steht. Mir ist damals die Chance gegeben worden und jetzt haben eben andere die Chance, sich zu empfehlen. Es geht nicht um Personen, sondern um die beste Besetzung der Position. Unsere Mannschaft braucht Zeit, nicht nur in der Abwehr, weil wir eine große Chance haben.

Frage: Was meinen Sie damit?

Mertesacker: Die U 21 hat gezeigt, was für ein großes Potenzial der deutsche Fußball hat. Es gibt viele talentierte Jungs, die an die Nationalmannschaft herangeführt und langsam integriert werden müssen. So etwas ist nicht immer ganz leicht, aber eigentlich ein Luxusproblem. Diese Talente einzubinden und optimal zu nutzen muss doch das gemeinsame Ziel von uns allen sein.

Frage: Das beste Beispiel für diese Ausnahmetalente ist Mesut Özil, der gegen Südafrika auf der Position des Spielmachers begeisterte. Hat Sie überrascht, wie er nach der gewonnen U 21-EM in der Nationalmannschaft aufgetreten ist?

Mertesacker: Eigentlich nicht. Wir sehen uns in Bremen ja täglich, deshalb weiß ich, was er kann. Er kam damals ein kleiner, schüchterner Junge von Schalke zu Werder. Wir waren in der Zeit mit Diego gut auf der Position besetzt. Mesut hatte ein bisschen Ruhe, sich einzugewöhnen und vielleicht auch ein paar Dinge abzuschauen. Mit seinen überragenden Stärken hat er sich dann schnell durchgesetzt. Er entwickelt eine unheimliche Geschwindigkeit am Ball, ist technisch stark.

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Frage: Für einige ist er bereits der neue, deutsche Spielmacher.

Mertesacker: Es wäre, glaube ich, falsch und noch zu früh, ihn in die ganz große Führungsrolle zu drängen. Er ist gerade erst dabei und braucht seine Freiheiten. Er muss sich unbedingt seine Unbekümmertheit bewahren.

Frage: Kümmern Sie sich bei der Nationalmannschaft um ihn und ihren anderen Vereinskollegen Marko Marin?

Mertesacker: Wenn man sich aus der täglichen Trainingsarbeit kennt, hat man natürlich einen besonderen Draht zueinander. Es freut mich, dass sie dabei sind. Und ich versuche sie auch zu motivieren. Vor dem Spiel gegen Südafrika habe ich zu Mesut und Marko gesagt, dass sie zeigen sollen, was für gute Bremer Spieler sie sind.

Frage: Özil soll auch Mittwoch gegen Aserbaidschan spielen. Ganz ehrlich: Denken Sie im Hinterkopf schon an das richtungweisende Gruppenspiel in Moskau.

Mertesacker: Ich weiß, dass das Spiel gegen Russland im Oktober auf uns zukommt, aber ich denke wirklich nicht dran. Ich habe mir als Profi angewöhnt, mich immer nur die nächsten Aufgaben zu fokussieren. Erst müssen wir gegen Aserbaidschan gewinnen, dann kommt Moskau.

Frage: Wo sie auf Kunstrasen spielen werden.

Mertesacker: In der Jugend habe ich mal auf einem Kunstrasenplatz gespielt. Der war so hart, da hätte man auch gleich auf Beton spielen können. Aber ich gehe mal davon aus, dass er in Moskau deutlich weicher sein wird. Und bevor Sie es fragen: Ich glaube auch, dass wir uns direkt für die WM in Südafrika qualifizieren.