Kroos: "Ich bin doch kein Eisblock"

DFB.de: Es gibt ein neues Analysetool, das Packing. Es misst die Anzahl der überspielten Gegenspieler. Den Packingraten zufolge ist niemand besser als Sie.

Kroos: Von Stefan Reinartz (Ex-Profi und Mitinitiator der Analyse per Packing; Anm. d. Red.) haben wir dieses System vor der EM erklärt bekommen. Mir gefällt der Ansatz, mit ihm kann die Qualität von Pässen eher bewertet werden. Die reine Passerfolgsquote trifft darüber ja keine Aussage. Wenn ich nur zurück und quer spiele, kann meine Quote bei 100 Prozent liegen. Gute Pässe müssen es dennoch nicht gewesen sein.

DFB.de: In Brasilien wurde der Teamgeist als Schlüssel für den Erfolg ausgemacht. Sehen Sie das auch so?

Kroos: Ja. In meinen Augen ist es anders auch nicht möglich. Gerade ab der K.o.-Phase benötigt man eine Mannschaft, die wirklich geschlossen ist, die als Team funktioniert. Natürlich sind wir alle auf unsere Art Individualisten und haben Eigeninteressen. Aber das größte Interesse ist der gemeinsame Erfolg. Das hatten damals bei uns alle verstanden.

DFB.de: Und wie war es bei der EM in Frankreich?

Kroos: Genauso. Bis zum Halbfinale haben wir ein Gegentor bekommen, nach einem Elfmeter. Das geht nicht, wenn das Team nicht funktioniert. Gerade an der Defensive lässt sich gut ablesen, wie sehr die Spieler bereit sind, für das Team zu arbeiten. Wir haben als Mannschaft verteidigt, zusammen. Auch gegen Frankreich haben wir sehr viel sehr richtig gemacht. Dass wir das Spiel verloren haben, lag ganz sicher nicht daran, dass unser Teamgeist nicht ausgeprägt genug gewesen wäre.

DFB.de: Nach der EM hat es mit den Rücktritten von Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger einen kleinen Umbruch gegeben. Wie schnell wird sich die neue Mannschaft finden?

Kroos: Ich glaube nicht, dass es lange dauern wird. Die Situation ist ja auch nicht neu für uns. Nach jedem Turnier ist es so, dass zwei oder drei Spieler nicht mehr dabei sind. Und wir waren immer in der Lage, das aufzufangen. Diesmal haben Basti und Lukas aufgehört, natürlich hinterlassen sie eine Lücke. Aber es ist nicht so, dass uns damit sportlich extrem viele Spielminuten wegfallen. Beide waren wichtig für die Mannschaft, aber Lukas hat zuletzt immer weniger gespielt, und auch Bastian hatte viel mit Verletzungen zu kämpfen. Auf dem Platz ändert sich für uns als Mannschaft also gar nicht so extrem viel.

DFB.de: Am Sonntag geht es in Oslo gegen Norwegen. Mit dem Spiel beginnt die Qualifikation für die WM 2018 in Russland. Wie wichtig wäre es, mit einem Sieg und drei Punkten in die Qualifikation zu starten? Die Mannschaft ist gleich gefordert.

Kroos: Ja, das sind wir auf jeden Fall. Norwegen ist kein einfaches Auswärtsspiel. Die Qualifikation für die EM 2016 haben wir zwar als Erster letztlich souverän geschafft, aber es lief nicht von Beginn an richtig rund. Diesmal wollen wir von Beginn an vorneweg gehen. Die Qualifikationsrunden kann man nicht einfach so weggspielen, ein guter Auftakt ist also wichtig.

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Weltmeister, Deutscher Meister, DFB-Pokalsieger, Champions-League-Sieger mit Bayern München, Champions-League-Sieger mit Real Madrid - Toni Kroos hat fast alle großen Titel gewonnen. Sport ist ihm wichtig, viel wichtiger ist ihm seine Familie, sehr wichtig ist ihm auch seine Stiftung. Im DFB.de-Interview spricht der 26-Jährige mit Redakteur Steffen Lüdeke über seine Werte, seine Emotionen, seine Stiftung - und über das neue Gefüge der deutschen Nationalmannschaft, mit der er am Sonntag (ab 20.45 Uhr, live auf RTL und im Fan-Club-Radio) in Oslo gegen Norwegen in die WM-Qualifikation startet.

DFB.de: Herr Kroos, zu den Neuerungen nach der EM gehört, dass Sie in den Mannschaftsrat berufen wurden. Heißt das auch, dass Sie künftig noch mehr Verantwortung für die Mannschaft übernehmen wollen?

Toni Kroos: Ich habe auch vorher schon Verantwortung übernommen, nicht nur auf dem Platz. Besonders was das Fußballerische betrifft, habe ich mich auch in der Vergangenheit bemüht, vorweg zu gehen und vor allem in schwierigen Situationen für die Mannschaft da zu sein. Die Spieler um mich herum wissen, dass sie mich immer anspielen können. Und wenn man auf dem Platz Leistung bringt, wächst man automatisch mehr in so eine Rolle hinein. Die Berufung in den Mannschaftsrat ist für mich Ausdruck einer Entwicklung, aber ich war auch vorher schon involviert, wenn es darum ging, intern im Mannschaftskreis wichtige Dinge zu besprechen.

DFB.de: Wir wollen noch kurz über die EM sprechen.

Kroos: Gern.

DFB.de: Während des Turniers war Ihre Coolness Thema, Ihre Unaufgeregtheit. Sie strahlen auf dem Platz eine unglaubliche Ruhe aus.

Kroos: Ich weiß, dass dies gern als Arroganz ausgelegt wird, aber: Ich weiß, was ich kann. Ich habe Vertrauen in meine Fähigkeiten. Ich bin aber grundsätzlich kein Typ, der sich leicht aus der Ruhe bringen lässt. Auf dem Platz kenne ich schon alle Situationen, da gibt es keinen Grund für Hektik und eine erhöhte Herzfrequenz.

DFB.de: Ihr Puls geht kein Stück nach oben, wenn Sie in einem EM-Viertelfinale im Elfmeterschießen gegen Italien antreten?

Kroos: Mir ist natürlich bewusst, dass es eine besondere Situation ist. Es ist ja auch nicht so, dass es mir egal ist, was dabei passiert. Mir ist nicht gleichgültig, ob der Ball ins Tor geht oder nicht. Natürlich bin auch ich bei einem solchen Elfmeter angespannt. Aber bei mir ist es so, dass ich fest davon überzeugt bin, dass ich den Ball ins Tor befördern werde. Und mit dieser Überzeugung laufe ich zum Punkt. Wenn ich diese Überzeugung nicht habe, dann schieße ich nicht. Grundsätzlich gelingt es mir fast immer, relativ entspannt zu bleiben. Vor dem Spiel, im Spiel, vor einem Elfmeter - Aufregung bewirkt eher Negatives, insofern ist es positiv, nicht aufgeregt zu sein.

DFB.de: Das klingt so, als könnten sie Aufregung bewusst steuern. Ist also alles eine Frage des Kopfes?

Kroos: Nein, das glaube ich nicht. Nicht nur und auch nicht hauptsächlich. Entscheidend ist das Naturell, die Frage, wie man vom Typ her ist. Man kann sich selbst ja nicht überlisten und sich erfolgreich einreden, nicht aufgeregt zu sein, obwohl man aufgeregt ist. Ich bin dankbar, dass es bei mir ist, wie es ist. Mir erspart das ein paar Nerven, ich bin dadurch viel weniger gestresst und gehe relativ entspannt durchs Leben.

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DFB.de: Diese Selbstsicherheit und die damit verbundene Ruhe - ist das mit den Jahren parallel zur Steigerung ihrer sportlichen Fähigkeiten gewachsen?

Kroos: Ja, das kann schon sein. Aber auch früher war ich nie der Typ, der sich große Gedanken gemacht hat. Ich kann mich auf dem Fußballplatz auch in meiner Jugend an keine Situation erinnern, in der ich krass nervös gewesen wäre. Natürlich war ich damals als Fußballer viel weniger komplett als ich das heute bin. Aber altersentsprechend war ich immer relativ weit - und daher hatte ich auch immer ziemlich viel Selbstvertrauen. Ich wusste immer, was ich leisten kann. Aber natürlich gibt mir das Standing, das ich heute habe, die gewonnenen Titel und die Anerkennung, die ich erfahre, noch einmal zusätzlich einen Schub, eine zusätzliche Sicherheit.

DFB.de: Schlaflose Nächte vor dem ersten Bundesliga-Spiel, dem ersten Spiel in der Champions League, dem ersten Länderspiel - das alles hatten Sie nicht?

Kroos: Nein. Definitiv nicht.

DFB.de: Gibt es überhaupt Situationen, in denen Sie nervös sind? Privat? In denen Sie Empfindungen zulassen?

Kroos: Ja, klar. Ich bin doch kein Eisblock. Mir ist der Fußball unheimlich wichtig, aber im Vergleich zu allem Privaten ist er unwichtig. Meine Familie ist mit Abstand das Wertvollste in meinem Leben. Und in diesem Bereich gibt es viele Situationen, in denen ich emotional sein kann und viele Momente, in denen mein Herz rast und ich aufgeregt bin. Das betrifft meist Situationen, die ich nicht selbst beeinflussen kann. Im Fußball kann ich eingreifen, da kann ich lenken. Bei einer Geburt beispielsweise ist man als Mann völlig machtlos und kann nicht das Geringste steuern. Man kann nur dabei sein und hoffen, dass alles funktioniert. Genauso ist es bei Krankheiten...

DFB.de: Ihre Stiftung hilft unter anderen Familien mit behinderten und schwer kranken Kindern. Warum haben Sie sich für diese Zielgruppe entschieden?

Kroos: Ich hatte einen starken inneren Antrieb, ein Gefühl, dass ich das machen muss und möchte. Ich glaube, dass es aus dem Bewusstsein entstanden ist, dass es meiner Familie und mir extrem gut geht. Nicht nur materiell. Wir sind alle gesund, wir haben in vielerlei Hinsicht großes Glück. Und ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Dieses Glück haben viele andere nicht, viele andere haben im Gegenteil sehr viel Pech. Für mich ist es auch ein großes Glück, dass ich durch meinen Beruf und meine Prominenz in der Lage bin, vielen Menschen zu helfen, die Hilfe benötigen.

DFB.de: Wie viel Toni Kroos steckt in Ihrer Stiftung? Wie sehr sind Sie in die Auswahl und Begleitung der geförderten Projekte involviert?

Kroos: Es wird nichts über meinen Kopf hinweg entschieden. Ich informiere mich über alle Anfragen, aber natürlich habe ich auch viel Hilfe. Das geht logistisch auch gar nicht anders. Ich habe eine Mitarbeiterin ständig vor Ort in Deutschland. Sie ist Ansprechpartnerin für die Familie und sämtliche Stiftungsangelegenheiten. Meine Frau engagiert sich daneben auf bewundernswerte Art und Weise für die Stiftung, sie ist da wirklich mit ganzem Herzen dabei und investiert viel Zeit und Energie in diese Arbeit. Aber was die Grundsatzentscheidung betrifft, die Frage, welcher Familie wir helfen und wie wir helfen, da geht nichts ohne mich. Ich informiere mich über die Schicksale der Familien und darüber, welche Ansätze der Hilfe es gibt und was dafür erforderlich ist. Und dann beraten und entscheiden wir gemeinsam - das Team der Stiftung und ich.

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DFB.de: Wie sehr berühren Sie die Schicksale der betroffenen Kinder und Familien?

Kroos: Manchmal ist es extrem. Diese Einblicke helfen mir aber auch, die Dinge ins Verhältnis zu setzen. Beim Fußball geht es um Fußball, um 1:0, um mehr nicht. Durch meine Stiftung erfahre ich von Schicksalen aus dem wahren Leben. Und die sind leider oft schrecklich. Da geht es um ganz andere Dinge als sportlichen Erfolg - sich über ein verlorenes Fußballspiel zu beklagen, ist dagegen ja fast lachhaft.

DFB.de: Über Ihre Stiftung sind Sie auch in Kinderhospizen engagiert. Sie haben solche Einrichtungen auch schon besucht. Ist das für Sie als Familienvater nicht unerträglich?

Kroos: Was genau?

DFB.de: Das Wissen, dass diese Kinder sterben werden?

Kroos: Ich glaube, dass man dafür ein bisschen gemacht sein muss. Wir unterstützen ein Hospiz in Düsseldorf, bislang war ich aber nur einmal vor Ort. Ich habe mich vorher auch gefragt, wie die Eindrücke auf mich wirken werden. Aber das war zweitrangig. Wichtiger war, wie ich auf die Kinder dort wirken würde. Es bringt niemanden etwas, wenn man dort hingeht und die ganze Zeit Trauer und Hoffnungslosigkeit ausstrahlt, auch wenn einem manchmal nach Weinen zumute ist. Das ist ja das Gegenteil von dem, was wir bewirken wollen.

DFB.de: Wie haben Sie Ihren Besuch im Hospiz denn erlebt?

Kroos: Angesichts der Umstände war die Stimmung total angenehm. Mein Sohn Leon geht mittlerweile in den Kindergarten, und irgendwie war es vergleichbar damit, wie es dort ist. Es ist alles bunt und laut und fröhlich. Die Pfleger kümmern sich rührend, mich hat das sehr beeindruckt. Auch wie die Kinder ihre Situation angenommen haben. Für mich war der Besuch also ein großer Erfolg, vor allem weil ich gespürt habe, wie sehr sich die Kinder über mich gefreut haben.

DFB.de: Sie haben über ihr Glück gesprochen, über ihre gesunde Familie. Auch der Fußballer Kroos hat viel Glück. Sie spielen seit Jahren im Grunde durch, hatten wenn, dann nur kleinere Blessuren. Ist diese Verletzungsfreiheit Glück, Cleverness, haben Sie eine Erklärung?

Kroos: Es ist ein Mix. Es stimmt, dass ich jetzt sehr lange so gut wie gar nicht verletzt war. Toi-toi-toi, meistens passiert ja etwas, wenn man darüber redet. Meine letzte Verletzung hatte ich Anfang 2013 mit einem Muskelbündelriss. Ich habe seit mehr als drei Jahren kein einziges Spiel wegen einer Verletzung verpasst, das ist schon außergewöhnlich. Das an einem einzigen Grund festzumachen, ist ganz schwer. Sicherlich versuche ich, mich möglichst professionell zu verhalten und professionell zu leben. Aber da gibt es Spieler, die in dieser Hinsicht noch eine Stufe über mir stehen. Der professionellste Spieler aller Zeiten bin ich nicht - und will ich auch gar nicht sein. Aber es gibt ein paar Dinge, die ganz einfach wichtig sind für den Körper. Und das ist auch ganz individuell.

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DFB.de: Was ist es bei Ihnen?

Kroos: Zum Beispiel ausreichend Schlaf. Das klingt vielleicht blöd, aber das ist einfach so. Mir sagt mein Körper, dass ich das benötige. Zur Vorbeugung von Verletzungen und für mein allgemeines Wohlbefinden, und das ist ja wiederum auch vorbeugend.

DFB.de: Viel Schlaf kann ja nicht die einzige Erklärung sein.

Kroos: Nein, das war nur ein Beispiel. Ich versuche natürlich, mich nach dem Training gut behandeln zu lassen und bestimmte Muskeln gezielt zu pflegen und zu trainieren. Und im Spiel ist es so, dass ich versuche, das Risiko zu dosieren. Wenn wir in der Liga 3:0 führen, dann muss ich nicht mit aller Gewalt zu 100 Prozent am Mittelkreis einen gefährlichen Zweikampf führen. Ich glaube, dass ich Risiko und Nutzen ganz gut abwägen kann und auf dem Platz selten Dinge mache, die nicht clever sind. Aber es ist nicht so, dass ich Zweikämpfen aus dem Weg gehe, das weiß auch jeder. Ich denke, dass ich über die Jahre ein gutes Gespür dafür entwickelt habe, wann ich hingehen muss und wann nicht. Außerdem habe ich ein gutes Timing, ich komme selten zu spät, daher ist es unwahrscheinlich, dass ich mich aus einer eigenen Aktion heraus verletze. Und ich bin auch keiner, der den Ball lange am Fuß führt, meistens ist es bei mir so, dass der Ball schon wieder weg ist, wenn der Gegenspieler mich erreicht hat. Aber eine Garantie ist das alles nicht, natürlich hatte ich manchmal auch ein wenig Glück. Und das kann irgendwann aufgebraucht sein. Aber das müssen wir ja nicht beschreien.

DFB.de: Achten Sie auf Ihre Statistiken?

Kroos: Nicht sonderlich.

DFB.de: Das heißt?

Kroos: Es gibt ja verschiedene Statistiken, und die meisten sagen nicht viel aus. Die Laufleistung beispielsweise ist in meinen Augen überbewertet, im Grunde ist sie uninteressant. Ab wann ist eine Laufleistung gut? Bemisst sich das nur nach den abgespulten Kilometern? Das ist doch Quatsch. Die Laufleistung ist dann hoch, aber gut ist sie deswegen noch lange nicht. Teams, die dem Ball hinterherlaufen, haben fast immer die höhere Laufleistung, aber das Spiel habe sie verloren. Doch natürlich gibt es auch Werte, die interessant sind und die Hilfen für mein Spiel sein können.

DFB.de: An welchem Wert können Sie am ehesten ablesen, ob Sie ein gutes Spiel gemacht haben? An der Passquote?

Kroos: Auf der Position, auf der ich spiele, und so wie mein Spiel angelegt ist, ist es normal, dass ich viele Pässe spiele. Und da wäre es ein schlechtes Zeichen, wenn weniger als 50 Prozent meiner Pässe ankommen würden. Dann wäre es sehr unwahrscheinlich, dass ich ein gutes Spiel gemacht habe. Aber es muss nichts aussagen, ob die Passquote jetzt bei 90 oder 95 Prozent liegt. Manchmal ist es ja nur ein einziger guter Pass, der mit über den Ausgang eines Spiels entscheidet.

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DFB.de: Es gibt ein neues Analysetool, das Packing. Es misst die Anzahl der überspielten Gegenspieler. Den Packingraten zufolge ist niemand besser als Sie.

Kroos: Von Stefan Reinartz (Ex-Profi und Mitinitiator der Analyse per Packing; Anm. d. Red.) haben wir dieses System vor der EM erklärt bekommen. Mir gefällt der Ansatz, mit ihm kann die Qualität von Pässen eher bewertet werden. Die reine Passerfolgsquote trifft darüber ja keine Aussage. Wenn ich nur zurück und quer spiele, kann meine Quote bei 100 Prozent liegen. Gute Pässe müssen es dennoch nicht gewesen sein.

DFB.de: In Brasilien wurde der Teamgeist als Schlüssel für den Erfolg ausgemacht. Sehen Sie das auch so?

Kroos: Ja. In meinen Augen ist es anders auch nicht möglich. Gerade ab der K.o.-Phase benötigt man eine Mannschaft, die wirklich geschlossen ist, die als Team funktioniert. Natürlich sind wir alle auf unsere Art Individualisten und haben Eigeninteressen. Aber das größte Interesse ist der gemeinsame Erfolg. Das hatten damals bei uns alle verstanden.

DFB.de: Und wie war es bei der EM in Frankreich?

Kroos: Genauso. Bis zum Halbfinale haben wir ein Gegentor bekommen, nach einem Elfmeter. Das geht nicht, wenn das Team nicht funktioniert. Gerade an der Defensive lässt sich gut ablesen, wie sehr die Spieler bereit sind, für das Team zu arbeiten. Wir haben als Mannschaft verteidigt, zusammen. Auch gegen Frankreich haben wir sehr viel sehr richtig gemacht. Dass wir das Spiel verloren haben, lag ganz sicher nicht daran, dass unser Teamgeist nicht ausgeprägt genug gewesen wäre.

DFB.de: Nach der EM hat es mit den Rücktritten von Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger einen kleinen Umbruch gegeben. Wie schnell wird sich die neue Mannschaft finden?

Kroos: Ich glaube nicht, dass es lange dauern wird. Die Situation ist ja auch nicht neu für uns. Nach jedem Turnier ist es so, dass zwei oder drei Spieler nicht mehr dabei sind. Und wir waren immer in der Lage, das aufzufangen. Diesmal haben Basti und Lukas aufgehört, natürlich hinterlassen sie eine Lücke. Aber es ist nicht so, dass uns damit sportlich extrem viele Spielminuten wegfallen. Beide waren wichtig für die Mannschaft, aber Lukas hat zuletzt immer weniger gespielt, und auch Bastian hatte viel mit Verletzungen zu kämpfen. Auf dem Platz ändert sich für uns als Mannschaft also gar nicht so extrem viel.

DFB.de: Am Sonntag geht es in Oslo gegen Norwegen. Mit dem Spiel beginnt die Qualifikation für die WM 2018 in Russland. Wie wichtig wäre es, mit einem Sieg und drei Punkten in die Qualifikation zu starten? Die Mannschaft ist gleich gefordert.

Kroos: Ja, das sind wir auf jeden Fall. Norwegen ist kein einfaches Auswärtsspiel. Die Qualifikation für die EM 2016 haben wir zwar als Erster letztlich souverän geschafft, aber es lief nicht von Beginn an richtig rund. Diesmal wollen wir von Beginn an vorneweg gehen. Die Qualifikationsrunden kann man nicht einfach so weggspielen, ein guter Auftakt ist also wichtig.

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