Klose per Kopf und ein großer Debütantenball

Vier Jahre später sah man sich wieder – erstmals in einem Qualifikati- onsspiel. Im September 2006 waren die Erinnerungen an das WM-Sommermärchen noch frisch. Und als die Nationalmannschaft zum ersten Pflichtspiel der Ära Joachim Löw nach Stuttgart kam, da war wieder WM-Stimmung. Als die erste Partie der EM-Qualifikation an jenem 2. September 2006 abgepfiffen wurde, schwenkten fast alle der 53.198 Zuschauer ihre Fahnen und sangen. Die Spieler gingen auf eine Ehrenrunde und applaudierten dem Anhang. Lukas Podolski hatte als Einziger getroffen, per Freistoß. Nach torlosem Rückspiel in Dublin wurde die EM-Teilnahme gesichert.

Weniger ausgelassen wurde der bisher höchste Sieg gefeiert. Es war halt nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur WM 2014. Im Hinspiel kam ein glänzend aufgelegtes deutsches Team zu einem 6:1 – was etwas heißen will gegen eine Trapattoni-Mannschaft. Marco Reus und Toni Kroos trafen doppelt, Mesut Özil per Elfmeter und Miro Klose machten das halbe Dutzend voll. Die zweite Begegnung lief nicht ganz so deutlich, aber nicht weniger souverän: 3:0 in Köln durch Tore von Khedira, Schürrle und Özil. Deutliche Siege gegen Irland – in der Bilanz sind das bislang immer noch Ausnahmen.

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In 18 Spielen zwischen Deutschland und Irland ging es bislang erst viermal um Punkte. Doch langweilig war es nie, und eindeutig auch nur selten. Deutsch-irische Geschichten aus fast 80 Jahren.

Länderspiel Nummer 111 markiert den Anfang der deutsch-irischen Beziehungen. Und einen Rekord dazu. Im Stadion Rote Erde zu Dortmund sahen 35.000 Zuschauer am 8. Mai 1935 nicht nur ein 3:1 gegen Irland, sondern auch den achten Sieg in Serie ihrer Nationalmannschaft. So etwas hatte es noch nicht gegeben in der 1908 begonnenen Länderspiel-Historie. Vor dem Krieg gab es noch zwei Spiele, die erste Irland-Reise 1936 endete mit einer 2:5-Packung. Vom 1:1 in Bremen im Mai 1939 ist eine lustige Geschichte überliefert, die sich erst nach Abpfiff ereignete. Der damalige "Reichssportführer" von Tschammer und Osten merkte nicht, dass ihn Ernst Lehner und Paul Janes auf dem Klo einsperrten. Die "Täter" wurden nie gefasst, nur Sepp Herberger kannte und deckte sie.

Im Oktober 1951 flog die deutsche Nationalmannschaft wieder nach Dublin, wo bisher alle Gastspiele stattfanden. In den Chroniken stand danach eine weitere Niederlage, aber nicht nur Bundestrainer Her- berger sprach von "einem moralischen Sieg". "Das Sport-Magazin" titelte: "Tragik von Dublin", denn der deutschen Mannschaft wurde in der Nachspielzeit von Schiedsrichter Ling der Ausgleich ver- wehrt. Begründung: Er habe bereits vor dem Torschuss abgepfiffen. Hatte nur fast keiner gehört.

Fritz Walter schrieb in seinem Buch "Spiele, die ich nie vergesse": "Wir zogen bedeppert in unsere Kabine ab. Herberger hatte es nicht leicht, uns wieder aufzumöbeln." Der englische Schiedsrichter Ling, dem Spaßvögel auf dem Bankett eine Stoppuhr schenken wollten – es blieb bei der Idee –, entschied drei Jahre später im Finale von Bern bei Puskas’ Schuss kurz vor Schluss auf Abseits, was die Ungarn bis heute anders sehen.

Im Mai 1952 kamen die Iren erstmals nach Köln, die DFB-Auswahl nahm vor 75.000 Zuschauern Revanche (3:0). Dabei sagte Fritz Walter noch am Spieltag ab, aber ein Walter traf trotzdem: Das 2:0 von Bruder Ottmar aus 25 Metern war der Höhepunkt des Tages. Als amtierende Weltmeister gewannen die Deutschen 1955 in Hamburg 2:1. Mit dem Stuttgarter Robert Schlienz debütierte der erste Einarmige im DFB-Dress. Der 31-Jährige dankte es mit einer starken Leistung und sagte gerührt: "Es war meine schönste Stunde." Es folgte eine weitere Schlappe in Dublin (1956/0:3) und die erste Heimniederlage in Düsseldorf (1960/0:1), als Herberger wegen der Meisterschaftsendrunde experimentieren musste.

Vor der WM 1966 glückte endlich der erste Sieg in Irland – bei jenem 4:0 debütierte Sepp Maier im Tor, Wolfgang Overath erzielte zwei Tore. Am 9. Mai 1970 kamen die Iren erstmals nach Berlin. Uwe Seeler und Hannes Löhr trafen beim 2:1-Sieg. Im Mai 1979 gab es dagegen einen großen Ideengeber. Größter Gewinner des Debütantenballs von Dublin war der 19-jährige Kölner Bernd Schuster, der sich gegen den großen Star der Iren, Liam Brady, prächtig schlug und offensive Akzente setzte. Bundestrainer Jupp Derwall setzte in Dublin gleich fünf Debütanten ein und gewann 3:1. Dieter Hoeneß schoss sogar ein Tor bei der Premiere.

Das einzige Tor des Münchners Hans Dorfner verhinderte 1989 in Dublin eine Niederlage (1:1), die es dafür 19 Tage vor Beginn der WM 1994 in den USA gab. Bundestrainer Berti Vogts hatte in Hannover noch mal einen echten Härtetest auf dem Programm. 50.000 Zuschauer kamen in der Erwartung, dass das deutsche Team die Vorfreude auf die WM schüren würde. Doch Tony Cascarino und Gary Kelly sorgten für eine missglückte deutsche Generalprobe. Ehrenspielführer Uwe Seeler bekämpfte die schnell aufkommende Besorgtheit: "Ich rechne trotzdem mit einem Finale Deutschland gegen Brasilien. Unsere Mann- schaft besitzt einfach ein zu gutes spielerisches Material." Er sollte sich irren.

Nach 67 Jahren kam es dann bei der WM 2002 erstmals zu einem Spiel, in dem es nicht nur ums Prestige ging. Das Los hatte Deutsche und Iren in eine Gruppe geführt. Austragungsort war die ostjapanische Stadt Ibaraki. Drückende Schwüle herrschte an jenem 5. Juni 2002. Klose traf per Kopf zum 1:0 (19.). Danach machten die Iren Druck. Mit spätem Erfolg. Das 1:1 von Robbie Keane fiel in der Nachspielzeit. Der Traum vom vorzeitigen Achtelfinal-Einzug war zerplatzt, die Euphorie um die Mannschaft verflog. Und doch hatte dieses Spiel heilsame Wirkung. Jeder Anflug von Leichtsinn und Überheblichkeit war ver- schwunden. Die deutsche Mannschaft schaffte es bis ins WM-Finale von Yokohama, wo sie erst gegen Brasilien (0:2) wieder ein Tor kassierte.

Vier Jahre später sah man sich wieder – erstmals in einem Qualifikati- onsspiel. Im September 2006 waren die Erinnerungen an das WM-Sommermärchen noch frisch. Und als die Nationalmannschaft zum ersten Pflichtspiel der Ära Joachim Löw nach Stuttgart kam, da war wieder WM-Stimmung. Als die erste Partie der EM-Qualifikation an jenem 2. September 2006 abgepfiffen wurde, schwenkten fast alle der 53.198 Zuschauer ihre Fahnen und sangen. Die Spieler gingen auf eine Ehrenrunde und applaudierten dem Anhang. Lukas Podolski hatte als Einziger getroffen, per Freistoß. Nach torlosem Rückspiel in Dublin wurde die EM-Teilnahme gesichert.

Weniger ausgelassen wurde der bisher höchste Sieg gefeiert. Es war halt nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zur WM 2014. Im Hinspiel kam ein glänzend aufgelegtes deutsches Team zu einem 6:1 – was etwas heißen will gegen eine Trapattoni-Mannschaft. Marco Reus und Toni Kroos trafen doppelt, Mesut Özil per Elfmeter und Miro Klose machten das halbe Dutzend voll. Die zweite Begegnung lief nicht ganz so deutlich, aber nicht weniger souverän: 3:0 in Köln durch Tore von Khedira, Schürrle und Özil. Deutliche Siege gegen Irland – in der Bilanz sind das bislang immer noch Ausnahmen.