Jürgen Röber: "Die Serben nicht abschreiben"

Auf die Nationalmannschaft Serbiens hat Jürgen Röber immer noch ein Auge. Von 2005 bis 2006 hat der ehemalige Bundesliga-Trainer (Stuttgart, Hertha BSC, Wolfsburg, Dortmund) den serbischen Spitzenklub Partizan Belgrad trainiert. „Es war eine gute Erfahrung, nicht nur sportlich“, sagt der 56-Jährige. Von den Serben war er enttäuscht nach dem Auftakt, dem 0:1 gegen Ghana, aber er ist sich sicher, dass sie sich „im zweiten Spiel anders präsentieren werden“.

DFB.de: Herr Röber, was können wir nach dem 0:1 der Serben gegen Ghana von ihnen erwarten?

Jürgen Röber: Was sie gezeigt haben, war für mich ein bisschen enttäuschend. Grundsätzlich haben sie richtig gute Fußballer, das habe ich in meiner Zeit bei Partizan Belgrad gemerkt, auch bei Roter Stern und ein paar anderen Klubs. Aber gegen Ghana war kaum Kombinationsfußball vorhanden. Immer nur lange Bälle auf Zigic zu spielen, ist ein bisschen einfallslos. Es wirkte regelrecht statisch. Das hat mich überrascht.

DFB.de: In der WM-Qualifikation haben sich die Serben noch vor Frankreich direkt qualifiziert…

Röber: …umso mehr hat es mich verwundert, wie sie gegen Ghana aufgetreten sind. Denn eigentlich haben sie großes spielerisches Potenzial. Sie sahen auch körperlich für mich nicht hundertprozentig fit aus. Aber in einem Turnier steht man eben auch unter Druck. Vieles ist Kopfsache, da kann so ein Auftritt auch mal träge wirken, weil einem die Beine schwer werden. Ich bin mir sicher, dass sich die Serben im zweiten Spiel anders präsentieren werden.

DFB.de: Auf wen sollten die Deutschen achten?

Röber: Ich hatte bislang erwartet, dass sie gerade in der Offensive einiges reißen können. Nikola Zigic, den ich aus meiner Zeit in Serbien noch kenne, ist zwar 2,02 Meter groß, aber er ist fußballerisch auch sehr gut. Marko Pantelic kennt man ja aus der Bundesliga. Er ist ein gefährlicher Stürmer, wenngleich er diese Torgefahr in der Nationalmannschaft nicht unbedingt ausstrahlt. Aber gegen Deutschland wird er sicher doppelt motiviert sein.

DFB.de: Wäre es eventuell für Deutschland einfacher gewesen, wenn Serbien im ersten Spiel immerhin einen Punkt geholt hätte?

Röber: Da ist hypothetisch. Die Serben müssen jetzt alles geben, weil ihnen dieser eine Punkt aus dem Ghana-Spiel schon fehlt. Wenn sie verlieren, müssen sie nach Hause fahren. Aber Deutschland sollte sich nicht zu sehr nach Serbien richten: Die Mannschaft hat gegen Australien gut gespielt und ist mit Sicherheit im Vorteil. Auch von der spielerischen Klasse ist Deutschland besser.

DFB.de: Das war mal anders, oder?

Röber: Ja, aber diese deutsche Mannschaft ist schon sehr spielstark. Und die Serben haben nicht an das anknüpfen können, was sie in der WM-Qualifikation gezeigt haben. Angst haben müssen die Deutschen nicht. Doch trotz der schwachen Leistung gegen Ghana sollte man die Serben nicht abschreiben. Leute wie Stankovic oder Vidic werden sich bestimmt nicht ohne Weiteres geschlagen geben.

DFB.de: Wie kam es damals zu Ihrem Wechsel nach Serbien?

Röber: Über einen Bekannten. Mich hat das Jugendleistungszentrum des Vereins begeistert, auch das Internat. Dann habe ich unterschrieben. Partizan Belgrad ist ja auch nicht irgendein Verein. Das war eine gute Truppe. Obwohl wir sechs Punkte hinter Roter Stern gelandet sind, waren wir spielerisch besser. Aber wir haben zum Teil auf sehr schlechten Plätzen gespielt, und Roter Stern, das vor allem lange Bälle auf Zigic geschlagen hat, kam das eher entgegen.

DFB.de: War die Zeit in Serbien eine sportliche Herausforderung für Sie?

Röber: Ja, schon. Ich hatte zum Beispiel Stevan Jovetic bei mir in der Mannschaft, ein toller Fußballer. Ich habe ihn als 16-Jährigen trainiert. Mit 17 war er schon bei mir im Kader. Da habe ich schon gedacht: „Das wird ein Riese.“ Heute spielt er beim AC Florenz und in der Nationalmannschaft Montenegros. Auch Miralem Sulejmani war in meiner Mannschaft und ist später nach Holland gewechselt. Es waren schon talentierte Jungs dabei, und es hat Spaß gemacht, mit ihnen zu arbeiten.

DFB.de: Wie ist das Niveau der Liga?

Röber: Zwei Vereine gehen vorneweg: Partizan und Roter Stern Belgrad. Immer mal wieder kommt eine Mannschaft dazu. Aber im Grunde spielt sich die Meisterschaft praktisch jedes Jahr zwischen den beiden großen Vereinen aus der Hauptstadt ab. Die „SuperLiga“ ist eine Bewerbungsliga. Die Spieler möchten sich mit guten Leistungen für einen Platz in einer der Top-Ligen Europas empfehlen, wo man deutlich mehr Geld verdienen kann. Deshalb haben sie von mir erwartet, dass ich sie weiterbringe. Sie wussten, dass ich aus Deutschland kam, und sie wollten, dass ich sie dorthin bringe. Im Grunde sind die meisten Spieler immer auf dem Sprung. Das sieht man ja auch, wenn man sich den WM-Kader anschaut. Kaum einer spielt noch in Serbien.

DFB.de: Welche Rolle spielt der Fußball in Serbien?

Röber: Es ist nicht so, dass man immer vor vollen Rängen spielt. Beim Belgrader Stadtderby war es aber immer voll. Die Rivalität ist dann manchmal regelrecht brutal. Aber wenn die Nationalmannschaft spielt, fiebern alle Leute zusammen mit. Fußball ist neben Basketball die Sportart in Serbien, die am meisten Aufmerksamkeit bekommt.

DFB.de: Wie sind die Erinnerungen, wenn Sie an die Zeit in Belgrad zurückdenken?

Röber: Es war schön dort und eine gute Erfahrung, nicht nur sportlich. Belgrad ist eine nette Stadt. Man kann dort wunderbar essen, sich in die schönen Cafés an der Donau setzen. Die Leute sind locker und freundlich. Die Lebensqualität ist sehr hoch.

DFB.de: Wird Deutschland gegen Serbien gewinnen?

Röber: Ja, ich glaube schon. Ich gehe davon aus, dass es am Ende 2:0 für Deutschland heißt. Die deutsche Mannschaft hat insgesamt eine höhere Qualität.

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Auf die Nationalmannschaft Serbiens hat Jürgen Röber immer noch ein Auge. Von 2005 bis 2006 hat der ehemalige Bundesliga-Trainer (Stuttgart, Hertha BSC, Wolfsburg, Dortmund) den serbischen Spitzenklub Partizan Belgrad trainiert. „Es war eine gute Erfahrung, nicht nur sportlich“, sagt der 56-Jährige. Von den Serben war er enttäuscht nach dem Auftakt, dem 0:1 gegen Ghana, aber er ist sich sicher, dass sie sich „im zweiten Spiel anders präsentieren werden“.

DFB.de: Herr Röber, was können wir nach dem 0:1 der Serben gegen Ghana von ihnen erwarten?

Jürgen Röber: Was sie gezeigt haben, war für mich ein bisschen enttäuschend. Grundsätzlich haben sie richtig gute Fußballer, das habe ich in meiner Zeit bei Partizan Belgrad gemerkt, auch bei Roter Stern und ein paar anderen Klubs. Aber gegen Ghana war kaum Kombinationsfußball vorhanden. Immer nur lange Bälle auf Zigic zu spielen, ist ein bisschen einfallslos. Es wirkte regelrecht statisch. Das hat mich überrascht.

DFB.de: In der WM-Qualifikation haben sich die Serben noch vor Frankreich direkt qualifiziert…

Röber: …umso mehr hat es mich verwundert, wie sie gegen Ghana aufgetreten sind. Denn eigentlich haben sie großes spielerisches Potenzial. Sie sahen auch körperlich für mich nicht hundertprozentig fit aus. Aber in einem Turnier steht man eben auch unter Druck. Vieles ist Kopfsache, da kann so ein Auftritt auch mal träge wirken, weil einem die Beine schwer werden. Ich bin mir sicher, dass sich die Serben im zweiten Spiel anders präsentieren werden.

DFB.de: Auf wen sollten die Deutschen achten?

Röber: Ich hatte bislang erwartet, dass sie gerade in der Offensive einiges reißen können. Nikola Zigic, den ich aus meiner Zeit in Serbien noch kenne, ist zwar 2,02 Meter groß, aber er ist fußballerisch auch sehr gut. Marko Pantelic kennt man ja aus der Bundesliga. Er ist ein gefährlicher Stürmer, wenngleich er diese Torgefahr in der Nationalmannschaft nicht unbedingt ausstrahlt. Aber gegen Deutschland wird er sicher doppelt motiviert sein.

DFB.de: Wäre es eventuell für Deutschland einfacher gewesen, wenn Serbien im ersten Spiel immerhin einen Punkt geholt hätte?

Röber: Da ist hypothetisch. Die Serben müssen jetzt alles geben, weil ihnen dieser eine Punkt aus dem Ghana-Spiel schon fehlt. Wenn sie verlieren, müssen sie nach Hause fahren. Aber Deutschland sollte sich nicht zu sehr nach Serbien richten: Die Mannschaft hat gegen Australien gut gespielt und ist mit Sicherheit im Vorteil. Auch von der spielerischen Klasse ist Deutschland besser.

DFB.de: Das war mal anders, oder?

Röber: Ja, aber diese deutsche Mannschaft ist schon sehr spielstark. Und die Serben haben nicht an das anknüpfen können, was sie in der WM-Qualifikation gezeigt haben. Angst haben müssen die Deutschen nicht. Doch trotz der schwachen Leistung gegen Ghana sollte man die Serben nicht abschreiben. Leute wie Stankovic oder Vidic werden sich bestimmt nicht ohne Weiteres geschlagen geben.

DFB.de: Wie kam es damals zu Ihrem Wechsel nach Serbien?

Röber: Über einen Bekannten. Mich hat das Jugendleistungszentrum des Vereins begeistert, auch das Internat. Dann habe ich unterschrieben. Partizan Belgrad ist ja auch nicht irgendein Verein. Das war eine gute Truppe. Obwohl wir sechs Punkte hinter Roter Stern gelandet sind, waren wir spielerisch besser. Aber wir haben zum Teil auf sehr schlechten Plätzen gespielt, und Roter Stern, das vor allem lange Bälle auf Zigic geschlagen hat, kam das eher entgegen.

DFB.de: War die Zeit in Serbien eine sportliche Herausforderung für Sie?

Röber: Ja, schon. Ich hatte zum Beispiel Stevan Jovetic bei mir in der Mannschaft, ein toller Fußballer. Ich habe ihn als 16-Jährigen trainiert. Mit 17 war er schon bei mir im Kader. Da habe ich schon gedacht: „Das wird ein Riese.“ Heute spielt er beim AC Florenz und in der Nationalmannschaft Montenegros. Auch Miralem Sulejmani war in meiner Mannschaft und ist später nach Holland gewechselt. Es waren schon talentierte Jungs dabei, und es hat Spaß gemacht, mit ihnen zu arbeiten.

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DFB.de: Wie ist das Niveau der Liga?

Röber: Zwei Vereine gehen vorneweg: Partizan und Roter Stern Belgrad. Immer mal wieder kommt eine Mannschaft dazu. Aber im Grunde spielt sich die Meisterschaft praktisch jedes Jahr zwischen den beiden großen Vereinen aus der Hauptstadt ab. Die „SuperLiga“ ist eine Bewerbungsliga. Die Spieler möchten sich mit guten Leistungen für einen Platz in einer der Top-Ligen Europas empfehlen, wo man deutlich mehr Geld verdienen kann. Deshalb haben sie von mir erwartet, dass ich sie weiterbringe. Sie wussten, dass ich aus Deutschland kam, und sie wollten, dass ich sie dorthin bringe. Im Grunde sind die meisten Spieler immer auf dem Sprung. Das sieht man ja auch, wenn man sich den WM-Kader anschaut. Kaum einer spielt noch in Serbien.

DFB.de: Welche Rolle spielt der Fußball in Serbien?

Röber: Es ist nicht so, dass man immer vor vollen Rängen spielt. Beim Belgrader Stadtderby war es aber immer voll. Die Rivalität ist dann manchmal regelrecht brutal. Aber wenn die Nationalmannschaft spielt, fiebern alle Leute zusammen mit. Fußball ist neben Basketball die Sportart in Serbien, die am meisten Aufmerksamkeit bekommt.

DFB.de: Wie sind die Erinnerungen, wenn Sie an die Zeit in Belgrad zurückdenken?

Röber: Es war schön dort und eine gute Erfahrung, nicht nur sportlich. Belgrad ist eine nette Stadt. Man kann dort wunderbar essen, sich in die schönen Cafés an der Donau setzen. Die Leute sind locker und freundlich. Die Lebensqualität ist sehr hoch.

DFB.de: Wird Deutschland gegen Serbien gewinnen?

Röber: Ja, ich glaube schon. Ich gehe davon aus, dass es am Ende 2:0 für Deutschland heißt. Die deutsche Mannschaft hat insgesamt eine höhere Qualität.