Frank Wormuth: "Unsere Spielidee beibehalten"

Wie stoppt man Lionel Messi? Diese Frage beschäftigt momentan eine ganze Fußballnation. "Ständig präsent sein und in Manndeckung nehmen", sagen die Einen. "Das eigene Spielkonzept beibehalten und genau so spielen wie bisher", sagen die Anderen.

Fragen wir doch einen Experten! Frank Wormuth ist U 20-Trainer des DFB und Chefausbilder des Verbandes. Jahr für Jahr schult er die kommenden Fußball-Lehrer in der Hennes-Weisweiler-Akademie. Der weltweit anerkannte Fachmann ist Teil einer Beobachtergruppe, die für den DFB die WM-Spiele in Brasilien analysiert. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Peter Scheffler spricht er über das Spiel der Argentinier, ob ein zusätzlicher Tag Regeneration entscheidend ist und natürlich darüber, wie man Lionel Messi am besten stoppt.

DFB.de: Herr Wormuth, Sie waren beim Halbfinale Argentinien gegen Niederlande im Stadion. Harte Kost nach dem Feuerwerk des Vortages, oder?

Frank Wormuth: Das Spiel selbst hat niemanden so richtig von den Stühlen gerissen. Es war sehr ausgeglichen, da beide Mannschaften vor allem auf Sicherheit bedacht waren. Gegen Ende wurde es - wie immer - dann ein bisschen spannender. Taktisch war es interessant zu sehen, wie die Niederländer erneut mit einer Dreierkette und zum großen Teil mit starker Mannorientierung agiert haben. Apropos Niederlande: Ich saß zwischen den niederländischen Fans und wurde als Deutscher gut aufgenommen. Leider hat es geregnet und da das Stadion in São Paulo kein Dach hat, war es eine nasse Angelegenheit.

DFB.de: War Argentinien für Sie der verdiente Sieger?

Wormuth: "Verdient" ist vielleicht das falsche Wort, aber am Ende ist es egal. Sie sind im Finale. Zumindest hatten ihre Tormöglichkeiten einen Schuss mehr Qualität. Im Elfmeterschießen kann es natürlich auch andersherum ausgehen.

DFB.de: Sie haben die Argentinier über das gesamte Turnier beobachtet. Welche Entwicklung konnten Sie erkennen?

Wormuth: Die Ergebnisse sprechen für sich. Sie haben immer nur mit einem Tor Unterschied gewonnen. So gesehen haben sie ihr Konzept durch das ganze Turnier konstant durchgezogen: Defensiv sehr gut stehen, vorne auf Messi und di Maria hoffen.



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Wie stoppt man Lionel Messi? Diese Frage beschäftigt momentan eine ganze Fußballnation. "Ständig präsent sein und in Manndeckung nehmen", sagen die Einen. "Das eigene Spielkonzept beibehalten und genau so spielen wie bisher", sagen die Anderen.

Fragen wir doch einen Experten! Frank Wormuth ist U 20-Trainer des DFB und Chefausbilder des Verbandes. Jahr für Jahr schult er die kommenden Fußball-Lehrer in der Hennes-Weisweiler-Akademie. Der weltweit anerkannte Fachmann ist Teil einer Beobachtergruppe, die für den DFB die WM-Spiele in Brasilien analysiert. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Peter Scheffler spricht er über das Spiel der Argentinier, ob ein zusätzlicher Tag Regeneration entscheidend ist und natürlich darüber, wie man Lionel Messi am besten stoppt.

DFB.de: Herr Wormuth, Sie waren beim Halbfinale Argentinien gegen Niederlande im Stadion. Harte Kost nach dem Feuerwerk des Vortages, oder?

Frank Wormuth: Das Spiel selbst hat niemanden so richtig von den Stühlen gerissen. Es war sehr ausgeglichen, da beide Mannschaften vor allem auf Sicherheit bedacht waren. Gegen Ende wurde es - wie immer - dann ein bisschen spannender. Taktisch war es interessant zu sehen, wie die Niederländer erneut mit einer Dreierkette und zum großen Teil mit starker Mannorientierung agiert haben. Apropos Niederlande: Ich saß zwischen den niederländischen Fans und wurde als Deutscher gut aufgenommen. Leider hat es geregnet und da das Stadion in São Paulo kein Dach hat, war es eine nasse Angelegenheit.

DFB.de: War Argentinien für Sie der verdiente Sieger?

Wormuth: "Verdient" ist vielleicht das falsche Wort, aber am Ende ist es egal. Sie sind im Finale. Zumindest hatten ihre Tormöglichkeiten einen Schuss mehr Qualität. Im Elfmeterschießen kann es natürlich auch andersherum ausgehen.

DFB.de: Sie haben die Argentinier über das gesamte Turnier beobachtet. Welche Entwicklung konnten Sie erkennen?

Wormuth: Die Ergebnisse sprechen für sich. Sie haben immer nur mit einem Tor Unterschied gewonnen. So gesehen haben sie ihr Konzept durch das ganze Turnier konstant durchgezogen: Defensiv sehr gut stehen, vorne auf Messi und di Maria hoffen.

DFB.de: Dann müssen wir ja keine Überraschungen erwarten. Wie spielt man gegen diese Mannschaft?

Wormuth: Unser Team wird auf ein starkes Defensivkonzept treffen. Da heißt es, geduldig den Ball laufen lassen und auf die wenigen Lücken warten, in die unsere Spieler wie Pfeile aus der Tiefe in die Tiefe starten müssen. Das bedeutet für die Spieler: immer wieder bereit sein, in Läufe zu investieren und Eins-gegen-eins-Situationen zu suchen. Werden diese gewonnen, kann die Kompaktheit der Argentinier kurz aufgehoben werden. Dann müssen wir die wenigen Chancen nutzen, die sie uns bieten.

DFB.de: Was haben unsere Defensivspieler zu bedenken?

Wormuth: Sie müssen vor allen Dingen auf Konteraktionen eingestellt sein. Das bedeutet: gut nachschieben und insbesondere auch in Argentiniens Hälfte zustellen. Die Mittellinie darf nicht das Ende für unsere Innenverteidiger bedeuten, weil sich Messi sehr gerne ins Mittelfeld fallen lässt, um von dort dann seine Dribblings anzusetzen. Dagegen wird es wohl schwer, eigene Konteraktionen zu fahren, da Argentinien auch im Angriff immer mit vielen Spielern hinter dem Ball steht.

DFB.de: Wenn wir über Argentiniens Offensive sprechen, sprechen wir insbesondere über Messi. Kommt es vor allem darauf an, den viermaligen Weltfußballer zu stoppen?

Wormuth: Absolut. Messi macht den Unterschied mit seinen Dribblings aus. Und er hat viel Kraft für diese Einzelaktionen, weil er nach hinten nichts investiert. Wenn er vorne mal anläuft, macht er das nur, um den Gegner zu erschrecken, nicht um den Ball zu erobern. Es sei denn man fällt darauf rein, erschrickt und gibt ihm den Ball (lacht).

DFB.de: Wie kann man diesen Ausnahmefußballer stoppen?

Wormuth: Die Niederländer haben ihn durch de Jong in Manndeckung genommen. Dadurch kam er sicherlich nicht optimal ins Spiel. Aber die van-Gaal-Truppe hatte ihren Schwerpunkt ja auch auf Defensive gelegt. Unser Team sollte ihre Spielidee beibehalten und nicht wegen Messi Veränderungen vornehmen. Natürlich sollte der Spieler, der Messi am nächsten ist, ein besonderes Auge auf ihn werfen, aber ihn in den Mittelpunkt der eigenen Spielauffassung zu nehmen, wäre weniger gut.

DFB.de: Wer sind weitere Schlüsselspieler bei Argentinien?

Wormuth: Di Maria und Mascherano. Di Maria, weil er genau wie Messi ein Solist ist, den man schwer unter Kontrolle bekommt. Vor allem seine Dribblings nach innen mit abschließendem Torschuss sind gefährlich. Mascherano ist der Kopf dieser Mannschaft. Er steuert seine Mitspieler verbal und mit Gesten von der Zentrale aus, räumt vor der Abwehr ab und bringt den Ball selbst immer passsicher an Messi und di Maria. Die anderen Spieler sind selbstlos und stellen sich komplett in den Dienst der Mannschaft.

DFB.de: Di Maria fehlte verletzt im Halbfinale. Hat man das dem argentinischen Spiel angemerkt?

Wormuth: Ja, weil die Einzelaktionen von di Maria gefehlt haben und Messi seinen Spielpartner – beide suchen sich auch immer wieder – nicht hatte. Die ganze Last der Dribblings lag gegen die Niederländer auf Messis Schultern. Ich bin gespannt, ob di Maria zum Finale wieder spielen kann.

DFB.de: Die Argentinier haben eine Verlängerung und das Elfmeterschießen in den Knochen, dazu einen Tag weniger zur Regeneration. Ein Vorteil für uns?

Wormuth: Nein, das glaube ich nicht. Zum einen sind die Spieler alle fit, zum anderen zieht man aus einer Finalteilnahme nochmals Energie, die man sonst nicht hätte.

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DFB.de: Wie ist die Stimmung der Gastgeber den Deutschen gegenüber nach dem Halbfinale?

Wormuth: Mir kam es so vor, dass sie uns mit viel Respekt gegenübertraten, nachdem sie aus der Schockstarre aufwachten. Ich hatte Anfang des Jahres in Rio schon einmal einen Vortrag über unseren Weg der letzten Jahre gehalten. Nach diesem historischen Sieg hat man mich von verschiedenen Seiten mit dem Hinweis angesprochen, dass man nun das Ergebnis gesehen hat. Das System im deutschen Fußball funktioniert.

DFB.de: Können wir also auf brasilianische Unterstützung im Finale hoffen?

Wormuth: Davon bin ich überzeugt, denn die Brasilianer verbindet nicht unbedingt die größte Freundschaft mit den Argentiniern. Zumindest konnte ich dies im Spiel Argentinien gegen Niederlande sehen und vor allen Dingen hören. Warum soll es im Finale anders sein? Wenn man schon im Turnier ausscheidet, dann aber bitte gegen den Sieger.