Bodo Illgner: "Alle sind begeistert von den Deutschen"

Bodo Illgner hat in seiner Karriere erreicht, wovon viele Spieler träumen. Zweimal (1998 und 2000) hat der heute 46-Jährige die Champions League mit Real Madrid gewonnen, seinen größten Erfolg hatte er zu Beginn seiner Laufbahn, als er 1990 mit der deutschen Nationalmannschaft in Rom Weltmeister wurde. Heute lebt der 46-Jährige in Spanien und in Florida.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke spricht der ehemalige Torhüter über das Finale der Champions League, den Fußball in Deutschland und die Länderspiele der DFB-Auswahl in Boca Raton gegen Ecuador am Mittwoch (ab 20.30 Uhr, live in der ARD) und in Washington gegen Gastgeber USA am Sonntag (ab 20.30 Uhr, live im ZDF).

DFB.de: Herr Illgner, wie hat Ihnen das Finale der Champions League gefallen?

Bodo Illgner: Es war ein tolles Spiel, eine großartige Werbung für den deutschen Fußball. Dortmund war in der Anfangsphase stärker als Bayern. Frischer, williger, unbeschwerter. Und dann war es natürlich fantastisch, wie die Bayern sich ins Spiel gespielt und gearbeitet haben. Sie haben ihre Souveränität wieder gefunden und schließlich ihre Erfahrung und Klasse ausgespielt. Es war ein extrem intensives Spiel, es hat mir großen Spaß gemacht zuzuschauen. Das Echo in den internationalen Medien ist euphorisch. Alle sind begeistert vom Auftreten der Deutschen in England. Was das spielerische Niveau betrifft sowieso, aber auch, wie sich alle Beteiligten als Botschafter für Deutschland präsentiert haben.

DFB.de: Als ehemaliger Torhüter werden Sie einen besonderen Blick für die Leistung der Torhüter haben. Man hat schon schlechtere Auftritte gesehen…

Illgner: Was Manuel Neuer und Roman Weidenfeller gehalten haben, war wirklich bemerkenswert. Ohne die beiden wäre es ein torreiches Finale gewesen. Diese Partie hat einmal mehr gezeigt, dass Deutschland auf der Torhüterposition kein Problem hat. Aber das war ja eigentlich immer der Fall.

DFB.de: Sie sind Teil der deutschen Torhütertradition und müssen es wissen: Warum sind deutsche Torhüter so stark?

Illgner: Dafür gibt es verschiedene Erklärungen, ich erkenne drei Komponenten: Zum einen findet sich ein Grund in dieser Tradition selbst. Wenn im Tor der Nationalmannschaft ein Weltklasse-Torhüter und guter Typ steht, wollen viele Kinder so werden. Vorbilder fördern Nachahmer. Das führt dazu, dass das Reservoir an Talenten groß ist. Und wo viel Quantität ist, entsteht das Potenzial für große Qualität.

DFB.de: Zweitens?

Illgner: Ein weiterer Aspekt ist, dass die Deutschen in der Lage sind, dieses zu fördern und zu nutzen. In der Bundesliga gab es schon Torwarttrainer, als dies international noch völlig unüblich war. In Köln hatten wir Rolf Herings, der als einer der ersten mit Toni Schumacher torhüterspezifisch trainiert hat. Und beim DFB war Sepp Maier ein Vorreiter, erst nach ihm haben andere Verbände damit begonnen, bei ihren Auswahlmannschaften Torwarttrainer arbeiten zu lassen.

DFB.de: Und die dritte Komponente?

Illgner: Ich glaube, dass die Mentalität der Mitteleuropäer für das Torhüterspiel hilfreich ist. Torhüter sollten sehr ausgeglichen und sachlich sein und es verstehen, ihre Emotionen zu kontrollieren. Man muss als Torhüter nicht nur Ruhe ausstrahlen, man muss tatsächlich sehr unaufgeregt sein. Und das trifft auf die Deutschen voll zu.

DFB.de: Sie haben ein Haus in Boca Raton. Sie verbringen aber auch viel Zeit in Spanien. Wie wird dort der Aufstieg des deutschen Fußballs dort wahrgenommen?

Illgner: Die Spanier verfolgen sehr interessiert, was sich in Deutschland getan hat. Die Achtung ist wieder so wie früher. Als ich 1996 nach Madrid gekommen bin, war der Respekt vor dem deutschen Fußball gewaltig. Durch die Erfolge der spanischen Vereine und schließlich der Nationalmannschaft hat sich bei ihnen nach und nach ein großes Selbstvertrauen entwickelt. Der Spruch von Gary Lineker mit den 22 Spielern und dass am Ende immer die Deutschen gewinnen, hatte Mitte der 90er-Jahre noch Gültigkeit. Aber irgendwann hat er seine Berechtigung verloren und sich Richtung Spanien entwickelt. Mittlerweile kann man aber davon sprechen, dass sich das Gewicht wieder zu unseren Gunsten verschoben hat. Und mein Eindruck ist, dass dies auch in Spanien so wahrgenommen wird.

DFB.de: Sie wohnen in den USA, haben deswegen einen Blick auf den Fußball in Amerika. Am Mittwoch spielt dort die deutsche Nationalmannschaft gegen Ecuador. Für wie stark halten Sie dieses Team?

Illgner: Ecuador hat eine richtig gute Mannschaft. Wenn man auf Platz zehn der Weltrangliste liegt, ist das kein Zufall. Wie stark sie ist, zeigt auch, dass die Mannschaft Ecuadors auf Platz zwei der WM-Qualifikation in Südamerika liegt. In einer Gruppe mit Nationen wie Argentinien, Uruguay, Paraguay und Chile. Es wäre ein großer Fehler, diese Mannschaft zu unterschätzen.

DFB.de: Spiel zwei der USA-Reise findet am Sonntag gegen die USA statt, deren Trainer Jürgen Klinsmann ist. Erkennen Sie im Spiel des Teams schon die Handschrift Ihres Kollegen aus dem WM-Team 1990?

Illgner: Ja. Jürgen hat hier viel bewegt. In den letzten Spielen war zu sehen, dass er insbesondere in der Abwehr auf junge Talente setzt. Jürgen geht hier ähnlich konsequent seinen Weg, wie er das in Deutschland getan hat. Durch das Remis in Mexiko und den Heimsieg gegen Costa Rica ist die Mannschaft auch sportlich wieder mehr in der Spur, und Jürgen hat für seinen Weg Rückenwind bekommen. Die USA verfügt jetzt über eine Abwehr, die sich langsam findet, und mit Jermaine Jones und Michael Bradley hat sie ein interessantes Mittelfeld. Auch die Amerikaner darf man auf keinen Fall unterschätzen, insbesondere nicht, wenn sie zu Hause spielen. Für die Spieler ist der Auftritt gegen Deutschland ein Highlight, an Motivation wird es ihnen nicht fehlen.

Das meinen DFB.de-User:

"Super, endlich mal wirklich fachgerechte Aussagen zu den Fragen. Klasse Bodo." (Dieter Moeller)

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Bodo Illgner hat in seiner Karriere erreicht, wovon viele Spieler träumen. Zweimal (1998 und 2000) hat der heute 46-Jährige die Champions League mit Real Madrid gewonnen, seinen größten Erfolg hatte er zu Beginn seiner Laufbahn, als er 1990 mit der deutschen Nationalmannschaft in Rom Weltmeister wurde. Heute lebt der 46-Jährige in Spanien und in Florida.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke spricht der ehemalige Torhüter über das Finale der Champions League, den Fußball in Deutschland und die Länderspiele der DFB-Auswahl in Boca Raton gegen Ecuador am Mittwoch (ab 20.30 Uhr, live in der ARD) und in Washington gegen Gastgeber USA am Sonntag (ab 20.30 Uhr, live im ZDF).

DFB.de: Herr Illgner, wie hat Ihnen das Finale der Champions League gefallen?

Bodo Illgner: Es war ein tolles Spiel, eine großartige Werbung für den deutschen Fußball. Dortmund war in der Anfangsphase stärker als Bayern. Frischer, williger, unbeschwerter. Und dann war es natürlich fantastisch, wie die Bayern sich ins Spiel gespielt und gearbeitet haben. Sie haben ihre Souveränität wieder gefunden und schließlich ihre Erfahrung und Klasse ausgespielt. Es war ein extrem intensives Spiel, es hat mir großen Spaß gemacht zuzuschauen. Das Echo in den internationalen Medien ist euphorisch. Alle sind begeistert vom Auftreten der Deutschen in England. Was das spielerische Niveau betrifft sowieso, aber auch, wie sich alle Beteiligten als Botschafter für Deutschland präsentiert haben.

DFB.de: Als ehemaliger Torhüter werden Sie einen besonderen Blick für die Leistung der Torhüter haben. Man hat schon schlechtere Auftritte gesehen…

Illgner: Was Manuel Neuer und Roman Weidenfeller gehalten haben, war wirklich bemerkenswert. Ohne die beiden wäre es ein torreiches Finale gewesen. Diese Partie hat einmal mehr gezeigt, dass Deutschland auf der Torhüterposition kein Problem hat. Aber das war ja eigentlich immer der Fall.

DFB.de: Sie sind Teil der deutschen Torhütertradition und müssen es wissen: Warum sind deutsche Torhüter so stark?

Illgner: Dafür gibt es verschiedene Erklärungen, ich erkenne drei Komponenten: Zum einen findet sich ein Grund in dieser Tradition selbst. Wenn im Tor der Nationalmannschaft ein Weltklasse-Torhüter und guter Typ steht, wollen viele Kinder so werden. Vorbilder fördern Nachahmer. Das führt dazu, dass das Reservoir an Talenten groß ist. Und wo viel Quantität ist, entsteht das Potenzial für große Qualität.

DFB.de: Zweitens?

Illgner: Ein weiterer Aspekt ist, dass die Deutschen in der Lage sind, dieses zu fördern und zu nutzen. In der Bundesliga gab es schon Torwarttrainer, als dies international noch völlig unüblich war. In Köln hatten wir Rolf Herings, der als einer der ersten mit Toni Schumacher torhüterspezifisch trainiert hat. Und beim DFB war Sepp Maier ein Vorreiter, erst nach ihm haben andere Verbände damit begonnen, bei ihren Auswahlmannschaften Torwarttrainer arbeiten zu lassen.

DFB.de: Und die dritte Komponente?

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Illgner: Ich glaube, dass die Mentalität der Mitteleuropäer für das Torhüterspiel hilfreich ist. Torhüter sollten sehr ausgeglichen und sachlich sein und es verstehen, ihre Emotionen zu kontrollieren. Man muss als Torhüter nicht nur Ruhe ausstrahlen, man muss tatsächlich sehr unaufgeregt sein. Und das trifft auf die Deutschen voll zu.

DFB.de: Sie haben ein Haus in Boca Raton. Sie verbringen aber auch viel Zeit in Spanien. Wie wird dort der Aufstieg des deutschen Fußballs dort wahrgenommen?

Illgner: Die Spanier verfolgen sehr interessiert, was sich in Deutschland getan hat. Die Achtung ist wieder so wie früher. Als ich 1996 nach Madrid gekommen bin, war der Respekt vor dem deutschen Fußball gewaltig. Durch die Erfolge der spanischen Vereine und schließlich der Nationalmannschaft hat sich bei ihnen nach und nach ein großes Selbstvertrauen entwickelt. Der Spruch von Gary Lineker mit den 22 Spielern und dass am Ende immer die Deutschen gewinnen, hatte Mitte der 90er-Jahre noch Gültigkeit. Aber irgendwann hat er seine Berechtigung verloren und sich Richtung Spanien entwickelt. Mittlerweile kann man aber davon sprechen, dass sich das Gewicht wieder zu unseren Gunsten verschoben hat. Und mein Eindruck ist, dass dies auch in Spanien so wahrgenommen wird.

DFB.de: Sie wohnen in den USA, haben deswegen einen Blick auf den Fußball in Amerika. Am Mittwoch spielt dort die deutsche Nationalmannschaft gegen Ecuador. Für wie stark halten Sie dieses Team?

Illgner: Ecuador hat eine richtig gute Mannschaft. Wenn man auf Platz zehn der Weltrangliste liegt, ist das kein Zufall. Wie stark sie ist, zeigt auch, dass die Mannschaft Ecuadors auf Platz zwei der WM-Qualifikation in Südamerika liegt. In einer Gruppe mit Nationen wie Argentinien, Uruguay, Paraguay und Chile. Es wäre ein großer Fehler, diese Mannschaft zu unterschätzen.

DFB.de: Spiel zwei der USA-Reise findet am Sonntag gegen die USA statt, deren Trainer Jürgen Klinsmann ist. Erkennen Sie im Spiel des Teams schon die Handschrift Ihres Kollegen aus dem WM-Team 1990?

Illgner: Ja. Jürgen hat hier viel bewegt. In den letzten Spielen war zu sehen, dass er insbesondere in der Abwehr auf junge Talente setzt. Jürgen geht hier ähnlich konsequent seinen Weg, wie er das in Deutschland getan hat. Durch das Remis in Mexiko und den Heimsieg gegen Costa Rica ist die Mannschaft auch sportlich wieder mehr in der Spur, und Jürgen hat für seinen Weg Rückenwind bekommen. Die USA verfügt jetzt über eine Abwehr, die sich langsam findet, und mit Jermaine Jones und Michael Bradley hat sie ein interessantes Mittelfeld. Auch die Amerikaner darf man auf keinen Fall unterschätzen, insbesondere nicht, wenn sie zu Hause spielen. Für die Spieler ist der Auftritt gegen Deutschland ein Highlight, an Motivation wird es ihnen nicht fehlen.

Das meinen DFB.de-User:

"Super, endlich mal wirklich fachgerechte Aussagen zu den Fragen. Klasse Bodo." (Dieter Moeller)