Bierhoffs WM-Blog: "Alle wissen, dass der letzte Schritt noch fehlt"

Die Weltmeisterschaft in Brasilien läuft - und damit auch die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über das Halbfinale gegen Brasilien, das Team hinter dem Team und das Endspiel gegen Argentinien.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

unser Spiel gegen Brasilien bedarf weniger Worte. Ich freue mich, dass wir euch einen solchen Moment schenken konnten, ein historisches Spiel. Bei allem Stolz und bei aller Freude über das Auftreten des Teams – es war nur ein Spiel, "nur" das Halbfinale. Das wichtigste Spiel steht uns noch bevor. Ich kann jedem garantieren, dass es uns die Argentinier weitaus schwerer machen werden. Trainer und Spieler können das Ergebnis gegen Brasilien gut einschätzen, wir sind schon wieder voll auf das nächste Spiel konzentriert.

Wir alle, auch ihr Fans, dürfen jetzt nicht den Fehler machen und glauben, dass ein Sieg im Finale ein Selbstläufer ist. Wir wissen: das schwerste Spiel steht noch an. Nach diesem Gedanken haben sich die Spieler im Nachgang der Partie gegen Brasilien verhalten. Sie haben sich kurz gefreut, mehr nicht. Es gab keine lange Feier, es gab keine große Euphorie. Weil alle wissen, dass der letzte Schritt noch fehlt.

In den kommenden Tagen werdet ihr Fans vor und nach dem Finale über alle möglichen Kanäle und Quellen alles Mögliche über das Spiel und unsere Mannschaft erfahren. Im medialen Hype wird fast jeder Aspekt unter der Lupe beleuchtet- ein Aspekt wird dabei wahrscheinlich zu kurz kommen. Um diesen soll es an dieser Stelle gehen. Als Abschluss meiner Erzählungen aus Brasilien möchte ich von etwas berichten, das weniger offensichtlich ist.

Wir alle halten viele Dinge im Betrieb der Nationalmannschaft für selbstverständlich. Dass gesunde und fitte Spieler auf dem Platz stehen. Dass wir die Gegner richtig analysiert haben und dass die Spieler auch mental optimal auf das Spiel eingestellt sind. Auch dass sie gut gegessen haben und dass sie sicher zu den Spielorten angereist sind. Oder dass sie immer das richtige Outfit anhaben.

Und natürlich möchten wir alle durch die Medien über die Mannschaft informiert werden und so viel wie möglich via Interviews mit den Spielern von unseren Stars wissen. Kaum einer aber macht sich Gedanken darüber, wie das alles sichergestellt wird? Wie schaffen wir es, alles so perfekt wie möglich zu organisieren und für optimale Bedingungen für Spieler, Trainer, Fans, Medien und weitere Gruppen zu sorgen?

Das Lob gebührt einem großen Stab von DFB-Mitarbeitern und Honorarkräften, die in ihren Zuständigkeiten ausgewiesene Experten sind. Wir haben im inneren Kreis der Nationalmannschaft 32 Personen aus den verschiedenen Bereichen, die im Campo Bahia gewohnt und gearbeitet haben und die Mannschaft von Anfang an begleiten.



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Die Weltmeisterschaft in Brasilien läuft - und damit auch die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über das Halbfinale gegen Brasilien, das Team hinter dem Team und das Endspiel gegen Argentinien.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

unser Spiel gegen Brasilien bedarf weniger Worte. Ich freue mich, dass wir euch einen solchen Moment schenken konnten, ein historisches Spiel. Bei allem Stolz und bei aller Freude über das Auftreten des Teams – es war nur ein Spiel, "nur" das Halbfinale. Das wichtigste Spiel steht uns noch bevor. Ich kann jedem garantieren, dass es uns die Argentinier weitaus schwerer machen werden. Trainer und Spieler können das Ergebnis gegen Brasilien gut einschätzen, wir sind schon wieder voll auf das nächste Spiel konzentriert.

Wir alle, auch ihr Fans, dürfen jetzt nicht den Fehler machen und glauben, dass ein Sieg im Finale ein Selbstläufer ist. Wir wissen: das schwerste Spiel steht noch an. Nach diesem Gedanken haben sich die Spieler im Nachgang der Partie gegen Brasilien verhalten. Sie haben sich kurz gefreut, mehr nicht. Es gab keine lange Feier, es gab keine große Euphorie. Weil alle wissen, dass der letzte Schritt noch fehlt.

In den kommenden Tagen werdet ihr Fans vor und nach dem Finale über alle möglichen Kanäle und Quellen alles Mögliche über das Spiel und unsere Mannschaft erfahren. Im medialen Hype wird fast jeder Aspekt unter der Lupe beleuchtet- ein Aspekt wird dabei wahrscheinlich zu kurz kommen. Um diesen soll es an dieser Stelle gehen. Als Abschluss meiner Erzählungen aus Brasilien möchte ich von etwas berichten, das weniger offensichtlich ist.

Wir alle halten viele Dinge im Betrieb der Nationalmannschaft für selbstverständlich. Dass gesunde und fitte Spieler auf dem Platz stehen. Dass wir die Gegner richtig analysiert haben und dass die Spieler auch mental optimal auf das Spiel eingestellt sind. Auch dass sie gut gegessen haben und dass sie sicher zu den Spielorten angereist sind. Oder dass sie immer das richtige Outfit anhaben.

Und natürlich möchten wir alle durch die Medien über die Mannschaft informiert werden und so viel wie möglich via Interviews mit den Spielern von unseren Stars wissen. Kaum einer aber macht sich Gedanken darüber, wie das alles sichergestellt wird? Wie schaffen wir es, alles so perfekt wie möglich zu organisieren und für optimale Bedingungen für Spieler, Trainer, Fans, Medien und weitere Gruppen zu sorgen?

Das Lob gebührt einem großen Stab von DFB-Mitarbeitern und Honorarkräften, die in ihren Zuständigkeiten ausgewiesene Experten sind. Wir haben im inneren Kreis der Nationalmannschaft 32 Personen aus den verschiedenen Bereichen, die im Campo Bahia gewohnt und gearbeitet haben und die Mannschaft von Anfang an begleiten.

Im direkten Umfeld der Mannschaft arbeiten drei Scouts, vier Fitnesstrainer, vier Physios, drei Ärzte, ein Sportpsychologe, vier Mitarbeiter im Bereich Organisation, sechs im Bereich Medien, ein Koch, drei Zeugwarte und einige Sicherheitskräfte, die für den reibungslosen Ablauf sorgen und damit gewährleisten, dass alle Anforderungen erfüllt werden. Das ist das "Team hinter dem Team". Alle haben nur ein Ziel: Spieler und Trainer so optimal wie möglich zu unterstützen.

Seit dem 12.Mai sind wir nun zusammen. Und arbeiten. Jeden Tag. Ohne Pause. Ohne Wochenende. Ohne Feiertage. 24 Stunden. Insgesamt 60 Personen. Auf engsten Raum. Außenstehenden ist schwer vermittelbar, wie der gesamte Tross diese intensive und emotionale Zeit erlebt. Wir alle leben hier in einer Glocke. Fokussiert auf die Arbeit, mit dem Ziel, jeden Tag das Maximum aus uns und damit aus der Mannschaft rauszuholen. Als Manager dieses Teams und Verantwortlicher für diese Gruppe ist es für mich immer wieder beeindruckend, mit welcher Professionalität und Leidenschaft diese Aufgaben von "meinen Jungs" erfüllt werden.

Ein paar Beispiele: Wenn ich morgens beim Medienbüro vorbeigehe, sitzen dort schon die Mitarbeiter und bearbeiten die ersten Medienanfragen oder bereiten die Pressekonferenz vor. Und abends um 22 Uhr, wenn ich dort wieder vorbeischaue, sitzen dieselben Leute immer noch dort und redigieren Interviews oder verfassen Texte. Als ob sie sich den ganzen Tag dort nicht wegbewegt hätten.

Gehe ich den Weg rüber in die medizinische Abteilung, ändert sich das Bild nicht. Morgens schon wird der erste Spieler behandelt, abends liegen die Spieler bis spät auf der Massagebank. Wir kommen nachts um 1 Uhr ins Hotel zurück, die Zeugwarte laden die Koffer aus, bringen die Wäsche weg - und am nächsten Morgen liegen schon wieder die Trainingssachen vor den Zimmern. Nach den Spielen wird unser Spiel noch in der Nacht von den Scouts auseinandergenommen und die kommenden Gegner analysiert.

Ich könnte noch für jeden Bereich, für jeden Mitarbeiter viele solcher Beispiele nennen. Für alle ist es eine Ehre hier dabei zu sein, alle wissen es zu schätzen, Teil dieses Teams zu sein. Das ist ein Privileg, es sind aber auch viele Entbehrungen damit verbunden. Unsere Mitarbeiter verzichten in dieser Zeit auf jedwede freie Zeit, auf privaten Raum, auf Frau und Kinder. Sie sehen nicht die Spiele auf den Fanmeilen, sie grillen nicht im Garten mit Freunden. Die meisten Mitglieder des Teams hinter dem Team haben Familie, viele haben eigene Unternehmen, die in diesen sieben, acht Wochen auf sie verzichten müssen. Sie alle arbeiten aus Überzeugung und Liebe für die Nationalmannschaft, für unsere Mannschaft.

Daher tut es mir leid, wenn die Bewertung auch ihrer Arbeit so stark vom sportlichen Erfolg abhängig gemacht wird. Vor dem Viertelfinale gegen Frankreich stand ich mit einem Mitarbeiter im Aufzug, er sagte mir: "Auf den Sieg und die kommenden zwei Wochen bis zum Finale haben wir vier Jahre hingearbeitet". Da habe ich mir gedacht: 'Was für ein Wahnsinn. Von einem Spiel hängt es nun ab, ob wir alles für wertlos halten, wofür wir vier Jahre intensiv gearbeitet haben.'

Und ich habe mich gefragt: 'Können wir unser Schaffen alleine danach bewerten, ob die Mannschaft wieder unter den letzten Vier kommt?' Glücklicherweise musste ich diesen Gedanken nicht weiter verfolgen. Wir haben es wieder einmal geschafft. Und ich behaupte, dass die Arbeit des Teams hinter dem Team einen bedeutenden Anteil daran hat. Auch an dieser Stelle ein großes Dankeschön dafür.

Alleine dieser Kreis um die Mannschaft reicht nicht, um an allen Stellen reibungslose Abläufe zu garantieren. Neben dem Team hinter dem Team haben wir im DFB glücklicherweise viele weitere leidenschaftliche und tolle Fachkräfte. In Bereichen wie Eventmanagement, Organisation, Medien und Ticketing kümmern sie sich mit nicht weniger Hingabe um die Mannschaft aber auch um die vielen miteisenden Fans und Freunde der Nationalmannschaft. Auch ihnen gilt an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön.

Zu guter Letzt will ich unserer Delegation unter Führung unseres Präsidenten ein großes Kompliment aussprechen. Vor dem Turnier gab ein Treffen zwischen DFB-Delegation und Sportlicher Leitung, dabei hat uns die Delegation ihr vollstes Vertrauen zugesichert. Und diese Unterstützung haben wir die gesamte Zeit gespürt. Wir sind froh, mit Wolfgang Niersbach einen Präsidenten zu haben, der aus eigener Erfahrungen als Mediendirektor und seiner Nähe zu den Bundestrainern die Bedürfnisse der Mannschaft versteht und weiß, was notwendig ist, damit wir konzentriert arbeiten können.

Die Delegation war uns nah, hat uns unterstützt, uns nach außen hervorragend vertreten und von Anfang an das versprochene Vertrauen entgegengebracht. Für alle war es immer wieder ein Highlight, wenn der Präsident auf dem Rückflug von den Spielen ins Campo zum Bordtelefon gegriffen und eine Ansprache an die Mannschaft gehalten hat. Ein letztes Mal noch wünsche ich mir eine solche Ansprache. Auf dem Weg nach Berlin - nach einem Triumph in Maracana.

So, und nun genug der Worte! Jetzt fiebern wir alle auf das Finale hin. Es wird Zeit, dass der Ball rollt, es wird Zeit, den vierten Stern für Deutschland zu holen!

Herzlichst,
Oliver Bierhoff