Turnierspiele vs. Dänemark: Alles oder nichts

Viermal trafen Deutschland und Dänemark bei großen Turnieren aufeinander. Es ist eine Bilanz ohne Kompromisse und mit eigenen Gesetzen. Jeder gewann zweimal, und der Sieger schoss immer zwei Tore. Bei Europameisterschaften führt das DFB-Team mit 2:1, aber das wichtigste Spiel wurde verloren. Vor dem fünften Turnierduell beider Nationen im EM-Achtelfinale heute (ab 21 Uhr, live im ZDF und bei MagentaTV) in Dortmund lässt DFB.de die bisherigen Revue passieren.

Es begann in Mexiko. Nach 14 freundschaftlichen Länderspielen trafen sich Deutsche und Dänen am 10. Juni 1986 mit 74 Jahren Anlauf zum ersten Pflichtspiel um Punkte. Die ganz große Brisanz war zwar raus damals in der Hitze von Querétaro, weil sich die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer und die des deutschen Ex-Nationalspielers Sepp Piontek schon fürs Achtelfinale qualifiziert hatten. Aber verlieren wollte trotzdem keiner: Der Gruppensieg war nicht nur mit Prestige verbunden, sondern hätte auch die Abreise in ein neues Quartier erspart. Im deutschen Lager war trotz des 2:1 gegen Schottland dicke Luft, weil Kapitän Karl-Heinz Rummenigge, über seine geringen Einsatzzeiten heftig verstimmt, sich öffentlich darüber beklagte und unter anderem Toni Schumacher die Schuld an seiner Reservistenrolle gab. Es kam zur großen Aussprache. Als sich Delegationsleiter Egidius Braun einschaltete, gab Rummenigge nach und der DFB eine öffentliche Entschuldigung ab. Den Bankplatz behielt er trotzdem.

Dagegen erhielten die noch unerprobten Reservisten Matthias Herget und Wolfgang Rolff ihre erste Bewährungschance bei dieser WM. Die Dänen hatten beide Spiele gewonnen und nach dem 6:1 über Uruguay auch Beckenbauer beeindruckt: "Sie haben bisher den besten Fußball bei dieser WM gespielt. Aber trotzdem können wir sie am Freitag schlagen." Der rasant wachsende Fußballzwerg hatte bei der EM 1984 überrascht und das Halbfinale erreicht. Unter Piontek erlebten sie einen furiosen Aufschwung, ihre Stars waren international begehrt. Gegen Deutschland liefen zehn Legionäre auf, darunter Bayern Münchens Spielmacher Sören Lerby. Ob es von Vorteil war, zu gewinnen, wurde in beiden Lagern diskutiert. Denn der Zweite der Gruppe würde auf Außenseiter Marokko treffen, der seine Gruppe schon als Erster abgeschlossen hatte. Auch im dänischen Lager gab es entsprechende Stimmen, was Piontek verstimmte: "Diesen Gedanken werde ich ihnen austreiben, man kann sich dabei doch ganz gewaltig täuschen. Wir wollen den Zuschauern in Mexiko und der ganzen Welt guten Fußball bieten."

WM 1986: Brehme trifft die Latte, Dänemark siegt

Der letzte dänische Sieg gegen Deutschland lag 56 Jahre zurück, 1986 kam ein neuer hinzu. Vor 36.000 Zuschauern legten beide munter los. Es entwickelte sich ein gutes Spiel: Andreas Brehmes 25-Meter-Schuss an die Latte war der erste Höhepunkt. In der 44. Minute setzte dann der 36 Jahre alte Dänen-Libero Morten Olsen zu einem Lauf von der Mittellinie an, Wolfgang Rolff stoppte ihn unfair leider erst im Strafraum – Elfmeter. Jesper Olsen verlud Schumacher mit einem flachen Linksschuss. Beckenbauer wechselte Rolff aus und erhoffte sich von Pierre Littbarski mehr Offensivkraft, aber das zweite und letzte Tor fiel wieder auf der anderen Seite. Weil Lothar Matthäus nach Hergets Zuspiel völlig frei vor Lars Högh die Nerven verlor und Joker John Eriksen im Gegenzug zum 2:0 eindrückte, als Karl-Heinz Förster gerade an der Seitenlinie behandelt wurde. Unschöner Höhepunkt: Der spätere HSV-Sportdirektor Frank Arnesen flog wegen Nachtretens im Liegen gegen Matthäus vom Platz.

Es änderte nichts am Ausgang, an der ersten deutschen Niederlage im Jahr 1986 und am dänischen Gruppensieg. Deutschland musste laut Bild "zur Strafe in die Hölle". Monterrey war die heißeste WM-Stadt Mexikos. Aber der Kaiser war nach der ersten Niederlage guter Dinge: "Wir haben gut gespielt und verloren, aber ich war nach wie vor davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Er führte bis ins Finale.

EM 1988: "Wir haben das wichtigste Spiel gewonnen"

Danach sah man sich dreimal nur noch bei EM-Endrunden, 1988 in identischer Besetzung zumindest auf den Trainerbänken. Hatte Piontek in Mexiko über sein Heimatland noch lästern dürfen "wenn das alles ist, was der deutsche Fußball zu bieten hat", musste er diesmal leisere Töne anschlagen. In Gelsenkirchen bei der ersten EM in Deutschland gab es am 14. Juni 1988 wieder ein 2:0 – nun aber für die Gastgeber. Mit den Kölnern Morten Olsen und Fleming Povlsen standen zwei Bundesliga-Legionäre im Team von "Danish Dynamite". Piontek heizte die Stimmung vor dem zweiten Gruppenspiel an: "Gegen Deutschland geht es für uns um alles oder nichts, aber unser Gegner steht noch unter größerem Erfolgszwang."

Davon aber war wenig zu spüren, die Deutschen verkrampften nicht und boten eine passable Leistung. Nach einem frühen Tor von Jürgen Klinsmann (10.), der einen Abpraller mühelos in den Kasten von Peter Schmeichel einschob, lief das deutsche Spiel. Nicht glanzvoll, aber souverän wurde der Nachbar beherrscht. Bezwungen war er aber erst nach dem Kopfballtor von Olaf Thon (87.), als er seinen Gegenspieler Iwan Nielsen "um mehr als einen Kopf" übersprang, wie Thon noch Jahrzehnte später stolz in 11 Freunde erzählte.

Für den Schalker war es sein vorläufiges Abschiedsspiel im Parkstadion – er wechselte zum FC Bayern – und "ein unvergesslicher Moment meiner Karriere". Teamchef Franz Beckenbauer sagte: "Wir haben das wichtigste Spiel dieser EM gewonnen." Das zeugte vom Respekt vor den Dänen, die nach der Vorrunde heimfuhren. Deutschland kam ins Halbfinale, wie bei jedem Turnier, in dem es auf die Dänen traf.

EM 1992: Die Legende der dänischen Partytruppe

Der Respekt war 1992 zwar auch groß, doch im Finale von Göteborg war der Weltmeister an jenem 26. Juni natürlich Favorit. Bei einer kicker-Umfrage unter allen 18 Bundesligisten (Trainer und Manager) kam ein sattes 18:0 für Deutschland als kommender Europameister heraus. Die Dänen waren schließlich ohne angemessene Vorbereitung – nur neun Tage – als Nachrücker für Jugoslawien nach Schweden gekommen und hatten nichts zu verlieren. Aber sie waren fit genug, um Europameister zu werden. So waren die Deutschen nur Nebendarsteller in einer der wundersamsten Geschichten, die der Fußball je geschrieben hat. "Mit dem Sieg Dänemarks wird die Frage nach der Verwissenschaftlichung des Fußballs wieder aufgeworfen", schrieb kicker-Chefredakteur Rainer Holzschuh. Fleming Povlsen, mittlerweile bei Borussia Dortmund, erzählte über den Teamgeist: "Wir waren mit 20 Mann beim Minigolfen, nicht mit elf." Und Brian Laudrups Geständnis ("Wir waren auch alle mal bei McDonalds") verfestigte das Bild von der lockeren Freizeittruppe, die auf Ernährungs- und sonstige Wissenschaften pfiff.

Dass es im Gegensatz zum gerne überzeichneten Bild nur ein Ausflug in den Burgerladen war, änderte nichts daran, dass Dänemarks Triumph eine der größten Sensationen des Fußballs war. Deutschland hätte sie gerne verhindert, war in diesem Turnier aber zu instabil. Nach wackliger Vorrunde mit 3:3 Punkten gab es nur ein überzeugendes Spiel, das 3:2 im Halbfinale gegen die Schweden. Mit der siegreichen Elf starteten sie folgerichtig auch an jenem sportlich schwarzen Freitag – aus deutscher Sicht. Wieder gab es ein 2:0, nun waren wieder die Dänen dran. Sie dominierten die 90 Minuten nicht, aber sie wollten es womöglich mehr.

Dänemarks einziger Titel

Im Finale, gab Schmeichel zu, "hatten wir auch einfach Glück gehabt". In der Tat wurde Andreas Brehme durchaus strafwürdig von Kim Vilfort vor dem 0:1 durch John Jensen attackiert. Was er Schiedsrichter Bruno Galler auf dem Weg in die Kabinen auch noch mal sehr deutlich mitteilte. Aber nach dem Rückstand waren noch 70 Minuten Zeit, auszugleichen. Doch die Deutschen hatten kaum Chancen und enttäuschten spielerisch. Der kicker führte die Niederlage auf das Fehlen der verletzten Leitwölfe – "ohne Matthäus, ohne Völler fehlt die innere Stabilität" - zurück.

Nach Vilforts Distanzschuss an den Innenpfosten stand der dänischen Party nichts mehr im Wege. Heute wäre es annulliert worden, weil er zuvor den Ball leicht mit der Hand touchiert hatte. So aber durften die Außenseiter ihren noch immer einzigen Fußballtitel feiern. Nun sogar unter einem Trainer aus dem eigenen Land: Richard Möller-Nielsen veredelte Pionteks Werk. In Kopenhagen soll keiner der 1,3 Millionen Einwohner den Empfang der Helden versäumt haben, allein 150.000 warteten auf dem Rathausplatz. Die Deutschen wurden nur von 300 Fans am Flughafen Frankfurt begrüßt, ein zweiter Platz war eben nichts Besonderes mehr im Land des Weltmeisters. Bundestrainer Berti Vogts sah es gelassener als ein Teil der Öffentlichkeit: "Wir sind Vizeeuropameister, deshalb bin ich nicht enttäuscht. Wir müssen zufrieden sein mit dem, was wir hier erreicht haben."

EM 2012: Lars Benders großer Auftritt

20 Jahre später kam es zur Revanche beim Turnier in der Ukraine und Polen. Unter Joachim Löw hatte Deutschland die ersten beiden Gruppenspiele der EURO 2012 zwar gewonnen und sechs Punkte eingefahren, aber darauf konnten Dänen und Portugiesen auch noch kommen. Zur Sicherheit brauchte es am 17. Juni 2012 also noch einen Punkt gegen Dänemark. Den hielten sie lange in der Hand, spielten aber mit "zu wenig Risiko", wie Mats Hummels bemängelte. Für 59 Prozent Ballbesitz gab es keinen Zusatzpunkt. Als dann die Portugiesen in der 74. Minute gegen ausgeschiedene Niederländer in Führung gingen, stand es in Lwiw immer noch 1:1, und ein weiteres Dänen-Tor hätte das Aus bedeuten können.

Das erste deutsche Tor hatte Jubilar Lukas Podolski (100. Länderspiel) erzielt, aber nach Krohn-Dehlis Ausgleich (24.) brauchte es noch einen Helden. Da schlug die Stunde des Boateng-Vertreters Lars Bender. Der Leverkusener Verteidiger war als Torschütze noch nicht sehr auffällig geworden in seiner Karriere. Nach Pass von Mesut Özil tauchte er dennoch im Strafraum auf und schoss aus acht Metern das erlösende 2:1. "Ein Freudentag für mich", kommentierte der Mann, der in der Siegerelf die wenigsten Länderspiele hatte (neun), seinen großen Moment im ZDF. Bundestrainer Löw lobte: "Dieses Tor war so wichtig. Das Spiel stand auf Messers Schneide." Es schickte die Deutschen ins Viertelfinale und die Dänen nach Hause. Genau diesen Ausgang wünschen sich die deutschen Fans auch diesmal.

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Viermal trafen Deutschland und Dänemark bei großen Turnieren aufeinander. Es ist eine Bilanz ohne Kompromisse und mit eigenen Gesetzen. Jeder gewann zweimal, und der Sieger schoss immer zwei Tore. Bei Europameisterschaften führt das DFB-Team mit 2:1, aber das wichtigste Spiel wurde verloren. Vor dem fünften Turnierduell beider Nationen im EM-Achtelfinale heute (ab 21 Uhr, live im ZDF und bei MagentaTV) in Dortmund lässt DFB.de die bisherigen Revue passieren.

Es begann in Mexiko. Nach 14 freundschaftlichen Länderspielen trafen sich Deutsche und Dänen am 10. Juni 1986 mit 74 Jahren Anlauf zum ersten Pflichtspiel um Punkte. Die ganz große Brisanz war zwar raus damals in der Hitze von Querétaro, weil sich die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer und die des deutschen Ex-Nationalspielers Sepp Piontek schon fürs Achtelfinale qualifiziert hatten. Aber verlieren wollte trotzdem keiner: Der Gruppensieg war nicht nur mit Prestige verbunden, sondern hätte auch die Abreise in ein neues Quartier erspart. Im deutschen Lager war trotz des 2:1 gegen Schottland dicke Luft, weil Kapitän Karl-Heinz Rummenigge, über seine geringen Einsatzzeiten heftig verstimmt, sich öffentlich darüber beklagte und unter anderem Toni Schumacher die Schuld an seiner Reservistenrolle gab. Es kam zur großen Aussprache. Als sich Delegationsleiter Egidius Braun einschaltete, gab Rummenigge nach und der DFB eine öffentliche Entschuldigung ab. Den Bankplatz behielt er trotzdem.

Dagegen erhielten die noch unerprobten Reservisten Matthias Herget und Wolfgang Rolff ihre erste Bewährungschance bei dieser WM. Die Dänen hatten beide Spiele gewonnen und nach dem 6:1 über Uruguay auch Beckenbauer beeindruckt: "Sie haben bisher den besten Fußball bei dieser WM gespielt. Aber trotzdem können wir sie am Freitag schlagen." Der rasant wachsende Fußballzwerg hatte bei der EM 1984 überrascht und das Halbfinale erreicht. Unter Piontek erlebten sie einen furiosen Aufschwung, ihre Stars waren international begehrt. Gegen Deutschland liefen zehn Legionäre auf, darunter Bayern Münchens Spielmacher Sören Lerby. Ob es von Vorteil war, zu gewinnen, wurde in beiden Lagern diskutiert. Denn der Zweite der Gruppe würde auf Außenseiter Marokko treffen, der seine Gruppe schon als Erster abgeschlossen hatte. Auch im dänischen Lager gab es entsprechende Stimmen, was Piontek verstimmte: "Diesen Gedanken werde ich ihnen austreiben, man kann sich dabei doch ganz gewaltig täuschen. Wir wollen den Zuschauern in Mexiko und der ganzen Welt guten Fußball bieten."

WM 1986: Brehme trifft die Latte, Dänemark siegt

Der letzte dänische Sieg gegen Deutschland lag 56 Jahre zurück, 1986 kam ein neuer hinzu. Vor 36.000 Zuschauern legten beide munter los. Es entwickelte sich ein gutes Spiel: Andreas Brehmes 25-Meter-Schuss an die Latte war der erste Höhepunkt. In der 44. Minute setzte dann der 36 Jahre alte Dänen-Libero Morten Olsen zu einem Lauf von der Mittellinie an, Wolfgang Rolff stoppte ihn unfair leider erst im Strafraum – Elfmeter. Jesper Olsen verlud Schumacher mit einem flachen Linksschuss. Beckenbauer wechselte Rolff aus und erhoffte sich von Pierre Littbarski mehr Offensivkraft, aber das zweite und letzte Tor fiel wieder auf der anderen Seite. Weil Lothar Matthäus nach Hergets Zuspiel völlig frei vor Lars Högh die Nerven verlor und Joker John Eriksen im Gegenzug zum 2:0 eindrückte, als Karl-Heinz Förster gerade an der Seitenlinie behandelt wurde. Unschöner Höhepunkt: Der spätere HSV-Sportdirektor Frank Arnesen flog wegen Nachtretens im Liegen gegen Matthäus vom Platz.

Es änderte nichts am Ausgang, an der ersten deutschen Niederlage im Jahr 1986 und am dänischen Gruppensieg. Deutschland musste laut Bild "zur Strafe in die Hölle". Monterrey war die heißeste WM-Stadt Mexikos. Aber der Kaiser war nach der ersten Niederlage guter Dinge: "Wir haben gut gespielt und verloren, aber ich war nach wie vor davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Er führte bis ins Finale.

EM 1988: "Wir haben das wichtigste Spiel gewonnen"

Danach sah man sich dreimal nur noch bei EM-Endrunden, 1988 in identischer Besetzung zumindest auf den Trainerbänken. Hatte Piontek in Mexiko über sein Heimatland noch lästern dürfen "wenn das alles ist, was der deutsche Fußball zu bieten hat", musste er diesmal leisere Töne anschlagen. In Gelsenkirchen bei der ersten EM in Deutschland gab es am 14. Juni 1988 wieder ein 2:0 – nun aber für die Gastgeber. Mit den Kölnern Morten Olsen und Fleming Povlsen standen zwei Bundesliga-Legionäre im Team von "Danish Dynamite". Piontek heizte die Stimmung vor dem zweiten Gruppenspiel an: "Gegen Deutschland geht es für uns um alles oder nichts, aber unser Gegner steht noch unter größerem Erfolgszwang."

Davon aber war wenig zu spüren, die Deutschen verkrampften nicht und boten eine passable Leistung. Nach einem frühen Tor von Jürgen Klinsmann (10.), der einen Abpraller mühelos in den Kasten von Peter Schmeichel einschob, lief das deutsche Spiel. Nicht glanzvoll, aber souverän wurde der Nachbar beherrscht. Bezwungen war er aber erst nach dem Kopfballtor von Olaf Thon (87.), als er seinen Gegenspieler Iwan Nielsen "um mehr als einen Kopf" übersprang, wie Thon noch Jahrzehnte später stolz in 11 Freunde erzählte.

Für den Schalker war es sein vorläufiges Abschiedsspiel im Parkstadion – er wechselte zum FC Bayern – und "ein unvergesslicher Moment meiner Karriere". Teamchef Franz Beckenbauer sagte: "Wir haben das wichtigste Spiel dieser EM gewonnen." Das zeugte vom Respekt vor den Dänen, die nach der Vorrunde heimfuhren. Deutschland kam ins Halbfinale, wie bei jedem Turnier, in dem es auf die Dänen traf.

EM 1992: Die Legende der dänischen Partytruppe

Der Respekt war 1992 zwar auch groß, doch im Finale von Göteborg war der Weltmeister an jenem 26. Juni natürlich Favorit. Bei einer kicker-Umfrage unter allen 18 Bundesligisten (Trainer und Manager) kam ein sattes 18:0 für Deutschland als kommender Europameister heraus. Die Dänen waren schließlich ohne angemessene Vorbereitung – nur neun Tage – als Nachrücker für Jugoslawien nach Schweden gekommen und hatten nichts zu verlieren. Aber sie waren fit genug, um Europameister zu werden. So waren die Deutschen nur Nebendarsteller in einer der wundersamsten Geschichten, die der Fußball je geschrieben hat. "Mit dem Sieg Dänemarks wird die Frage nach der Verwissenschaftlichung des Fußballs wieder aufgeworfen", schrieb kicker-Chefredakteur Rainer Holzschuh. Fleming Povlsen, mittlerweile bei Borussia Dortmund, erzählte über den Teamgeist: "Wir waren mit 20 Mann beim Minigolfen, nicht mit elf." Und Brian Laudrups Geständnis ("Wir waren auch alle mal bei McDonalds") verfestigte das Bild von der lockeren Freizeittruppe, die auf Ernährungs- und sonstige Wissenschaften pfiff.

Dass es im Gegensatz zum gerne überzeichneten Bild nur ein Ausflug in den Burgerladen war, änderte nichts daran, dass Dänemarks Triumph eine der größten Sensationen des Fußballs war. Deutschland hätte sie gerne verhindert, war in diesem Turnier aber zu instabil. Nach wackliger Vorrunde mit 3:3 Punkten gab es nur ein überzeugendes Spiel, das 3:2 im Halbfinale gegen die Schweden. Mit der siegreichen Elf starteten sie folgerichtig auch an jenem sportlich schwarzen Freitag – aus deutscher Sicht. Wieder gab es ein 2:0, nun waren wieder die Dänen dran. Sie dominierten die 90 Minuten nicht, aber sie wollten es womöglich mehr.

Dänemarks einziger Titel

Im Finale, gab Schmeichel zu, "hatten wir auch einfach Glück gehabt". In der Tat wurde Andreas Brehme durchaus strafwürdig von Kim Vilfort vor dem 0:1 durch John Jensen attackiert. Was er Schiedsrichter Bruno Galler auf dem Weg in die Kabinen auch noch mal sehr deutlich mitteilte. Aber nach dem Rückstand waren noch 70 Minuten Zeit, auszugleichen. Doch die Deutschen hatten kaum Chancen und enttäuschten spielerisch. Der kicker führte die Niederlage auf das Fehlen der verletzten Leitwölfe – "ohne Matthäus, ohne Völler fehlt die innere Stabilität" - zurück.

Nach Vilforts Distanzschuss an den Innenpfosten stand der dänischen Party nichts mehr im Wege. Heute wäre es annulliert worden, weil er zuvor den Ball leicht mit der Hand touchiert hatte. So aber durften die Außenseiter ihren noch immer einzigen Fußballtitel feiern. Nun sogar unter einem Trainer aus dem eigenen Land: Richard Möller-Nielsen veredelte Pionteks Werk. In Kopenhagen soll keiner der 1,3 Millionen Einwohner den Empfang der Helden versäumt haben, allein 150.000 warteten auf dem Rathausplatz. Die Deutschen wurden nur von 300 Fans am Flughafen Frankfurt begrüßt, ein zweiter Platz war eben nichts Besonderes mehr im Land des Weltmeisters. Bundestrainer Berti Vogts sah es gelassener als ein Teil der Öffentlichkeit: "Wir sind Vizeeuropameister, deshalb bin ich nicht enttäuscht. Wir müssen zufrieden sein mit dem, was wir hier erreicht haben."

EM 2012: Lars Benders großer Auftritt

20 Jahre später kam es zur Revanche beim Turnier in der Ukraine und Polen. Unter Joachim Löw hatte Deutschland die ersten beiden Gruppenspiele der EURO 2012 zwar gewonnen und sechs Punkte eingefahren, aber darauf konnten Dänen und Portugiesen auch noch kommen. Zur Sicherheit brauchte es am 17. Juni 2012 also noch einen Punkt gegen Dänemark. Den hielten sie lange in der Hand, spielten aber mit "zu wenig Risiko", wie Mats Hummels bemängelte. Für 59 Prozent Ballbesitz gab es keinen Zusatzpunkt. Als dann die Portugiesen in der 74. Minute gegen ausgeschiedene Niederländer in Führung gingen, stand es in Lwiw immer noch 1:1, und ein weiteres Dänen-Tor hätte das Aus bedeuten können.

Das erste deutsche Tor hatte Jubilar Lukas Podolski (100. Länderspiel) erzielt, aber nach Krohn-Dehlis Ausgleich (24.) brauchte es noch einen Helden. Da schlug die Stunde des Boateng-Vertreters Lars Bender. Der Leverkusener Verteidiger war als Torschütze noch nicht sehr auffällig geworden in seiner Karriere. Nach Pass von Mesut Özil tauchte er dennoch im Strafraum auf und schoss aus acht Metern das erlösende 2:1. "Ein Freudentag für mich", kommentierte der Mann, der in der Siegerelf die wenigsten Länderspiele hatte (neun), seinen großen Moment im ZDF. Bundestrainer Löw lobte: "Dieses Tor war so wichtig. Das Spiel stand auf Messers Schneide." Es schickte die Deutschen ins Viertelfinale und die Dänen nach Hause. Genau diesen Ausgang wünschen sich die deutschen Fans auch diesmal.

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