Peter Schmetz: Auf dem zweiten Bildungsweg zum Profi – in den USA

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Am Tag nach dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League hat Peter Schmetz mit Ilkay Gündogan telefoniert. Ehrensache für den 22-Jährigen. Real Madrid ausgeschaltet, Finale in der Königsklasse erreicht – es gehört sich einfach, einem Freund zu einem solchen Erfolg zu gratulieren. Auch wenn man gerade am anderen Ende der Welt ist. In Santa Barbara, Kalifornien.

Die beiden kennen sich aus der Nachwuchsabteilung des VfL Bochum. Bis zur B-Jugend haben sie in einem Team gespielt. Danach haben sich ihre Weg getrennt. Der, den Ilkay Gündogan genommen hat, ist bekannt – über den 1. FC Nürnberg zu Borussia Dortmund in die Nationalmannschaft. Der, den Peter Schmetz gewählt hat, ist ungewöhnlich. Es ist so etwas wie der zweite Bildungsweg zum Profi.

Denn Peter Schmetz ist jetzt ein "Gaucho". So lautet der Spitzname der Athleten, die für die University of California in Santa Barbara aktiv sind. Er hat dort ein Stipendium erhalten. Seit 2011 spielt der Verteidiger in der All-Big West Conference, einer Division I-Liga, der höchsten College-Spielklasse. Und das mit großem Erfolg.

Der Traum vom Profi-Vertrag lebt

Zahlreiche individuelle Auszeichnungen hat Peter Schmetz in den USA erhalten. Und gilt deswegen als Kandidat für die Major League Soccer (MLS). Im Dezember wird er seinen Abschluss im Fach "Global Studies" machen. Danach wäre er zu haben. "Natürlich habe ich den Traum vom Profi noch", sagt er.

Das Zeug dazu bringt Peter Schmetz mit, so selbstbewusst ist er. Belege konnte er dafür zuletzt sammeln. Im vergangenen Jahr war er bereits beim MLS-Klub New England Revolution zum Probetraining. Im Juni wird er eine Woche an der Seite von Nationalspieler Arne Friedrich bei Chicago Fire trainieren dürfen. In drei Testspielen blieb er jüngst mit seinem Sichtungsteam gegen die MLS-Klubs L.A. Galaxy, Colorado Rapids und Chicago Fire ungeschlagen. Er erzählt davon mit einer solchen Begeisterung, dass es nicht verwundert, dass er sagt: "Ich will hier bleiben."

Es liegt mitunter daran, dass Peter Schmetz vom Soccer zunächst positiv überrascht und dann überzeugt wurde. Auch er war skeptisch, bevor er den Fußball in den USA selbst erleben durfte. "Ich hatte gedacht, das Niveau sei hier schlecht", gesteht er. Deswegen hatte er einen College-Aufenthalt auch nicht aktiv angestrebt. Der Zufall half ihm.

Schwarzfahrer besorgt das Ticket in die USA

Peter Schmetz lernte einen US-Spieler kennen. Der zum Probetraining bei der Zweiten Mannschaft von Fortuna Düsseldorf eingeladen war. Als dieser beim Schwarzfahren erwischt wurde, war der Verteidiger dessen Rettung. "Ich war einer der wenigen im Team, der Englisch sprach", erzählt er. Aus der Hilfsaktion entstand ein Kontakt. "Wir haben uns häufiger unterhalten und er erzählte mir dann vom College-Fußball. Ich wusste bis dahin gar nichts von Scholarships (Sport-Stipendien, Anm. d. Red.)", so Peter Schmetz.

Richtig darauf einlassen wollte er sich zunächst nicht, aber die Neugier war geweckt. Mal anschauen, dachte er sich. Und pokerte ein wenig. "Wenn ich eine Einladung bekomme und der Flug bezahlt wird, gucke ich mir das mal an", dachte sich Peter Schmetz. Tatsächlich übernahm die Universität die Kosten. Und so saß er bald im Flieger nach Los Angeles.

Wie sich schnell herausstellte, war es sinnvoll investiertes Geld. "Ich war sofort begeistert!", sagt Peter Schmetz. "Alles ist auf Top-Niveau. Die Trainingsmöglichkeiten, die Betreuung, das Management der Mannschaft. Man merkt schnell, welche Ambitionen dahinter stecken."

Vergleich mit dem deutschen Fußball fällt schwer

Die University of California in Santa Barbara gehört allerdings auch zu den besten Adressen im amerikanischen College-Soccer. "Wir sind eins der Top 20 Teams in den USA", erklärt Peter Schmetz. Zum Kader gehören amerikanische U 18- und U 20-Nationalspieler, aber auch andere internationale Talente.

Landesweit sind nach Schätzung von Peter Schmetz rund 40 Colleges konkurrenzfähig, um in der Spitze mitzuspielen. Von der Qualität des Fußballs ist er durchaus angetan. "In Sachen Athletik sowieso aber auch fußballerisch", sagt er. Allerdings tut er sich schwer, den Vergleich zu Deutschland zu ziehen. "Das habe ich schon oft überlegt. Hier wird halt ein anderer Stil gepflegt. Ich vermute, dass die Besten in der 3. Liga spielen könnten. Ich würde gerne mal den direkten Vergleich sehen und tatsächlich mit unserem Team gegen einen Klub aus Deutschland spielen", sagt Peter Schmetz.

Grundsätzlich ist man auch beim amerikanischen Verband US-Soccer mit der Entwicklung an den Colleges zufrieden. "Über die Jahre hat eine Verbesserung auf allen Leveln stattgefunden", sagt Pressesprecher Aaron Heifetz. Allerdings ist man beim Verband nicht unbedingt glücklich, dass der Nachwuchsbereich über die NCAA (National Collegiate Athletic Association) organisiert ist. Denn deren Regeln sind streng und limitieren die Spielzeit der Studenten.

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Kurze Saison, wenig Top-Spiele

Die Kritikpunkte lauten: Die Saison ist zu kurz, sie dauert von Juli bis Dezember, die Teams haben pro Jahr nur rund 20 Spiele. Außerdem gibt es zu wenig Spitzenspiele. Zwar gibt es in der NCAA drei Leistungsklassen (Division I, II und III), aber die Colleges sind in regionale Spielklassen eingeteilt, in denen es große Qualitätsunterschiede geben kann. Erst wenn zum Ende der Saison die Landesmeisterschaft ausgespielt wird, treffen die Top-Teams im K.o.-System aufeinander.

US-Soccer kann auf diese Strukturen keinen Einfluss nehmen. Die NCAA ist eine eigenständige Organisation. Insofern setzen die Fußballer ihre Hoffnungen auf die MLS. "Unsere Fußball-Kultur ist noch im Wachstum", sagt Aaron Heifetz. "Die MLS spielt dabei eine wichtige Rolle." Die Liga bietet nicht nur Vorbilder, denen nachgeeifert werden kann, sondern ein Ziel, das von den größten Talenten angestrebt werden kann.

Außerdem entwickeln die Klubs der MLS eine Art Gegenentwurf zur NCAA. Ähnlich wie die Vereine in Europa bauen sie Nachwuchs-Akademien auf, in denen Jugendmannschaften unterhalten werden. Was in Deutschland absolute Normalität ist, grenzt an eine kleine Revolution in den USA.

„Die beste Entscheidung meines Lebens“

Umso ungewöhnlicher wäre der Weg von Peter Schmetz. Schließlich wird Deutschland derzeit für seine Nachwuchsförderung so hoch gelobt. Zudem würde ein 23-Jähriger hierzulande kaum noch als Talent durchgehen. Das weiß auch Peter Schmetz. Sein Argument geht daher in eine andere Richtung. "Es wird häufig zu schnell ausgesiebt. Es gibt auch Spieler, die sich langsamer entwickeln", sagt er. Zum Beispiel körperlich. "Als ich aus der A-Jugend herausging, war ich spindeldürr", erklärt er weiter.

Das hat sich in den USA geändert. "Hier habe ich 20 Kilogramm zugenommen – alles Muskelmasse", berichtet Peter Schmetz. Dadurch zeigt er nicht nur mehr Selbstbewusstsein in den Zweikämpfen, auch andere Werte haben sich damit verbessert. "Über die 40-Yards-Distanz bin ich in den vergangenen Jahren um 1,2 Sekunden schneller geworden. Außerdem springe ich höher. In solchen Dingen wird man hier von Kopf bis Fuß durchgemessen. Für mich ist das das Puzzle-Teil, das in meiner Ausbildung noch gefehlt hat", sagt er.

Peter Schmetz klingt überzeugend, wenn er über seine Zeit in den USA spricht. Das hat seine Wirkung. Auf seine Vermittlung wechselt jetzt Paul Ehmann von Borussia Dortmund II nach Santa Barbara. Was aber auch nicht verwundert. Schließlich sagt der 22-Jährige: "Nach Amerika zu gehen, war die beste Entscheidung meines Lebens."

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Am Tag nach dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League hat Peter Schmetz mit Ilkay Gündogan telefoniert. Ehrensache für den 22-Jährigen. Real Madrid ausgeschaltet, Finale in der Königsklasse erreicht – es gehört sich einfach, einem Freund zu einem solchen Erfolg zu gratulieren. Auch wenn man gerade am anderen Ende der Welt ist. In Santa Barbara, Kalifornien.

Die beiden kennen sich aus der Nachwuchsabteilung des VfL Bochum. Bis zur B-Jugend haben sie in einem Team gespielt. Danach haben sich ihre Weg getrennt. Der, den Ilkay Gündogan genommen hat, ist bekannt – über den 1. FC Nürnberg zu Borussia Dortmund in die Nationalmannschaft. Der, den Peter Schmetz gewählt hat, ist ungewöhnlich. Es ist so etwas wie der zweite Bildungsweg zum Profi.

Denn Peter Schmetz ist jetzt ein "Gaucho". So lautet der Spitzname der Athleten, die für die University of California in Santa Barbara aktiv sind. Er hat dort ein Stipendium erhalten. Seit 2011 spielt der Verteidiger in der All-Big West Conference, einer Division I-Liga, der höchsten College-Spielklasse. Und das mit großem Erfolg.

Der Traum vom Profi-Vertrag lebt

Zahlreiche individuelle Auszeichnungen hat Peter Schmetz in den USA erhalten. Und gilt deswegen als Kandidat für die Major League Soccer (MLS). Im Dezember wird er seinen Abschluss im Fach "Global Studies" machen. Danach wäre er zu haben. "Natürlich habe ich den Traum vom Profi noch", sagt er.

Das Zeug dazu bringt Peter Schmetz mit, so selbstbewusst ist er. Belege konnte er dafür zuletzt sammeln. Im vergangenen Jahr war er bereits beim MLS-Klub New England Revolution zum Probetraining. Im Juni wird er eine Woche an der Seite von Nationalspieler Arne Friedrich bei Chicago Fire trainieren dürfen. In drei Testspielen blieb er jüngst mit seinem Sichtungsteam gegen die MLS-Klubs L.A. Galaxy, Colorado Rapids und Chicago Fire ungeschlagen. Er erzählt davon mit einer solchen Begeisterung, dass es nicht verwundert, dass er sagt: "Ich will hier bleiben."

Es liegt mitunter daran, dass Peter Schmetz vom Soccer zunächst positiv überrascht und dann überzeugt wurde. Auch er war skeptisch, bevor er den Fußball in den USA selbst erleben durfte. "Ich hatte gedacht, das Niveau sei hier schlecht", gesteht er. Deswegen hatte er einen College-Aufenthalt auch nicht aktiv angestrebt. Der Zufall half ihm.

Schwarzfahrer besorgt das Ticket in die USA

Peter Schmetz lernte einen US-Spieler kennen. Der zum Probetraining bei der Zweiten Mannschaft von Fortuna Düsseldorf eingeladen war. Als dieser beim Schwarzfahren erwischt wurde, war der Verteidiger dessen Rettung. "Ich war einer der wenigen im Team, der Englisch sprach", erzählt er. Aus der Hilfsaktion entstand ein Kontakt. "Wir haben uns häufiger unterhalten und er erzählte mir dann vom College-Fußball. Ich wusste bis dahin gar nichts von Scholarships (Sport-Stipendien, Anm. d. Red.)", so Peter Schmetz.

Richtig darauf einlassen wollte er sich zunächst nicht, aber die Neugier war geweckt. Mal anschauen, dachte er sich. Und pokerte ein wenig. "Wenn ich eine Einladung bekomme und der Flug bezahlt wird, gucke ich mir das mal an", dachte sich Peter Schmetz. Tatsächlich übernahm die Universität die Kosten. Und so saß er bald im Flieger nach Los Angeles.

Wie sich schnell herausstellte, war es sinnvoll investiertes Geld. "Ich war sofort begeistert!", sagt Peter Schmetz. "Alles ist auf Top-Niveau. Die Trainingsmöglichkeiten, die Betreuung, das Management der Mannschaft. Man merkt schnell, welche Ambitionen dahinter stecken."

Vergleich mit dem deutschen Fußball fällt schwer

Die University of California in Santa Barbara gehört allerdings auch zu den besten Adressen im amerikanischen College-Soccer. "Wir sind eins der Top 20 Teams in den USA", erklärt Peter Schmetz. Zum Kader gehören amerikanische U 18- und U 20-Nationalspieler, aber auch andere internationale Talente.

Landesweit sind nach Schätzung von Peter Schmetz rund 40 Colleges konkurrenzfähig, um in der Spitze mitzuspielen. Von der Qualität des Fußballs ist er durchaus angetan. "In Sachen Athletik sowieso aber auch fußballerisch", sagt er. Allerdings tut er sich schwer, den Vergleich zu Deutschland zu ziehen. "Das habe ich schon oft überlegt. Hier wird halt ein anderer Stil gepflegt. Ich vermute, dass die Besten in der 3. Liga spielen könnten. Ich würde gerne mal den direkten Vergleich sehen und tatsächlich mit unserem Team gegen einen Klub aus Deutschland spielen", sagt Peter Schmetz.

Grundsätzlich ist man auch beim amerikanischen Verband US-Soccer mit der Entwicklung an den Colleges zufrieden. "Über die Jahre hat eine Verbesserung auf allen Leveln stattgefunden", sagt Pressesprecher Aaron Heifetz. Allerdings ist man beim Verband nicht unbedingt glücklich, dass der Nachwuchsbereich über die NCAA (National Collegiate Athletic Association) organisiert ist. Denn deren Regeln sind streng und limitieren die Spielzeit der Studenten.

[bild2]

Kurze Saison, wenig Top-Spiele

Die Kritikpunkte lauten: Die Saison ist zu kurz, sie dauert von Juli bis Dezember, die Teams haben pro Jahr nur rund 20 Spiele. Außerdem gibt es zu wenig Spitzenspiele. Zwar gibt es in der NCAA drei Leistungsklassen (Division I, II und III), aber die Colleges sind in regionale Spielklassen eingeteilt, in denen es große Qualitätsunterschiede geben kann. Erst wenn zum Ende der Saison die Landesmeisterschaft ausgespielt wird, treffen die Top-Teams im K.o.-System aufeinander.

US-Soccer kann auf diese Strukturen keinen Einfluss nehmen. Die NCAA ist eine eigenständige Organisation. Insofern setzen die Fußballer ihre Hoffnungen auf die MLS. "Unsere Fußball-Kultur ist noch im Wachstum", sagt Aaron Heifetz. "Die MLS spielt dabei eine wichtige Rolle." Die Liga bietet nicht nur Vorbilder, denen nachgeeifert werden kann, sondern ein Ziel, das von den größten Talenten angestrebt werden kann.

Außerdem entwickeln die Klubs der MLS eine Art Gegenentwurf zur NCAA. Ähnlich wie die Vereine in Europa bauen sie Nachwuchs-Akademien auf, in denen Jugendmannschaften unterhalten werden. Was in Deutschland absolute Normalität ist, grenzt an eine kleine Revolution in den USA.

„Die beste Entscheidung meines Lebens“

Umso ungewöhnlicher wäre der Weg von Peter Schmetz. Schließlich wird Deutschland derzeit für seine Nachwuchsförderung so hoch gelobt. Zudem würde ein 23-Jähriger hierzulande kaum noch als Talent durchgehen. Das weiß auch Peter Schmetz. Sein Argument geht daher in eine andere Richtung. "Es wird häufig zu schnell ausgesiebt. Es gibt auch Spieler, die sich langsamer entwickeln", sagt er. Zum Beispiel körperlich. "Als ich aus der A-Jugend herausging, war ich spindeldürr", erklärt er weiter.

Das hat sich in den USA geändert. "Hier habe ich 20 Kilogramm zugenommen – alles Muskelmasse", berichtet Peter Schmetz. Dadurch zeigt er nicht nur mehr Selbstbewusstsein in den Zweikämpfen, auch andere Werte haben sich damit verbessert. "Über die 40-Yards-Distanz bin ich in den vergangenen Jahren um 1,2 Sekunden schneller geworden. Außerdem springe ich höher. In solchen Dingen wird man hier von Kopf bis Fuß durchgemessen. Für mich ist das das Puzzle-Teil, das in meiner Ausbildung noch gefehlt hat", sagt er.

Peter Schmetz klingt überzeugend, wenn er über seine Zeit in den USA spricht. Das hat seine Wirkung. Auf seine Vermittlung wechselt jetzt Paul Ehmann von Borussia Dortmund II nach Santa Barbara. Was aber auch nicht verwundert. Schließlich sagt der 22-Jährige: "Nach Amerika zu gehen, war die beste Entscheidung meines Lebens."