Coach Gert Engels in Mosambik: "Eine völlig andere Welt"

DFB.de: Also haben Sie Ihren Vertrag im Zug ausgehandelt?

Engels: Nein, so war es dann doch nicht. Ich musste nach Frankfurt, und auf dem Weg dorthin gibt es immer wieder Funklöcher. Ich habe also darum gebeten, eine Stunde später zurückrufen zu können. Und das habe ich dann gemacht. Aber erst, als ich auch noch die Sicherheitskontrollen in Frankfurt passiert hatte. Da hatte ich dann endlich Zeit.

DFB.de: Waren die Gespräche sofort interessant?

Engels: Ja, natürlich. Bis dahin hatte ich ausschließlich Vereinsmannschaften betreut. Ein Nationalteam ist noch mal eine ganz andere Hausnummer. Wir haben uns auf ein Treffen in Mosambik geeinigt. Später bin ich also dorthin geflogen. Es war das erste Mal überhaupt, dass ich in Afrika war. Ein beeindruckender Kontinent. Wir haben Gespräche geführt, uns kennengelernt. Aber es war schnell klar, dass wir es zusammen probieren wollen.

DFB.de: Wie ist das Leben in Mosambik?

Engels: Das beste Beispiel dafür ist eigentlich unser erstes Treffen. Ich war fünf Tage dort. Abends bin ich angekommen und vom Flughafen ins Hotel gefahren worden. Das war alles super. Aber dann ging es darum, wann wir uns denn am nächsten Tag zu den Gesprächen treffen sollen. Mir war es im Grunde egal, ich hatte keine anderen Verpflichtungen. Die Verantwortlichen schlugen also vor, sich um 17 Uhr zu treffen. Also nicht direkt morgens oder vormittags, es war schon fast Abend. Das ist irgendwie symptomatisch. Da ist alles etwas entspannter, Pünktlichkeit ist nicht das oberste Gebot. Damit muss man sich abfinden, ich habe mich inzwischen daran gewöhnt. Die Lebensweise ist eben nicht vergleichbar mit Deutschland. Insgesamt war der Austausch aber total nett.

DFB.de: Wie lange haben Sie gebraucht, um sich in dieser völlig fremden Kultur einzuleben?

Engels: Das ging sicher nicht von heute auf morgen. Zumal meine Familie in Düren lebt, da fällt die Trennung schon schwer. Das ist die Schattenseite dieser tollen Aufgabe. Aber Mosambik ist einfach total spannend und aufregend. Es ist großartig, so etwas erleben zu dürfen. Maputo ist die Hauptstadt, das ist auf den ersten Blick sicher keine Schönheit. Man merkt an jeder Ecke, dass es ein sehr armes Land ist. Wenn etwas mehr Geld vorhanden wäre, könnte man daraus sicher ein Schmuckstück machen. Es gibt viele schöne ältere Gebäude, viele Mangobäume zum Schattenspenden, das Wetter ist toll, es gibt einen Strand und einen Hafen.



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SG Düren 99, Borussia Mönchengladbach, SV Baesweiler 09 - als Spieler ist Gert Engels nicht gerade weit in der Welt herum gekommen. Als Trainer ist das ganz anders. Seit eineinhalb Jahren betreut der 55-Jährige auf Empfehlung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Afrika die Nationalmannschaft von Mosambik. Vorher war Engels über 20 Jahre in Japan tätig.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Sven Winterschladen verrät Engels, wie schwer es ist, sich auf Gegner wie die Komoren oder Simbabwe vorzubereiten. Aber der Rheinländer spricht auch über das Leben in Südostafrika und das Talent der Fußballer dort. Mosambik ist derzeit nur 112. der FIFA-Weltrangliste. Trotzdem treibt Engels ein Traum an: die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Brasilien in kommenden Jahr. "Das", sagt er, "wäre das Größte für das Land."

DFB.de: Herr Engels, Ihr erstes Spiel als Nationaltrainer Mosambiks war gegen die Komoren. Wie bereitet man sich auf so einen Gegner vor?

Gert Engels: Das ist schwierig und meist nicht sehr effektiv. Von den Komoren hatte ich mir eine DVD von einem vorherigen Spiel angesehen. Aber in der Zwischenzeit war der Trainer gewechselt worden, und nur noch zwei Spieler aus dem ursprünglichen Kader waren übrig geblieben. Da ist es kompliziert, an brauchbare Fakten zu kommen, das habe ich schnell feststellen müssen. Diese Zeit investiert man besser in die eigene Mannschaft. Wir waren kürzlich zu einer Begegnung auf den Seychellen, da war die Situation ähnlich. Es gibt im Internet ein paar Aufstellungen, mehr aber auch nicht. In Afrika ändert sich in dieser Hinsicht oft sehr viel sehr schnell. Viele Informationen erhält man nur über Gespräche und Kontakte. Das ist eine völlig andere Welt.

DFB.de: Wie wird ein Deutscher überhaupt Nationaltrainer von Mosambik?

Engels: Es gibt eine Kooperation zwischen dem Deutschen Fußball-Bund, dem Bayerischen Fußball-Verband und dem Mosambikanischen Fußball-Verband - eine ganz tolle Sache für alle Seiten. Als die Verantwortlichen in Südostafrika im Oktober 2011 einen neuen Nationaltrainer gesucht haben, haben sie beim DFB angefragt. So bin ich ins Spiel gekommen.

DFB.de: Und dann wird man vom Präsidenten des Mosambikanischen Fußball-Verbandes angerufen?

Engels: Ja, so war es tatsächlich. Man hatte mich schon vorgewarnt, dass da ein Anruf folgen könnte. Einige Tage später klingelte dann wirklich mein Handy, da hatte ich das Thema aber schon längst wieder vergessen. Ich wusste erst gar nicht, wer dran war. Irgendjemand sprach auf Englisch zu mir. Ich habe ihn kaum verstanden, denn ich stand gerade am Kölner Hauptbahnhof und habe auf meine Bahn gewartet. Zunächst wollte ich nach Frankfurt und dann weiter mit dem Flugzeug nach Japan. Sie können sich den Geräuschpegel am Gleis sicher vorstellen: Lautsprecherdurchsagen, quietschende Züge, allgemeines Gemurmel. Es hat ein paar Momente gedauert, bis ich wusste, worum es bei dem Anruf geht.

DFB.de: Also haben Sie Ihren Vertrag im Zug ausgehandelt?

Engels: Nein, so war es dann doch nicht. Ich musste nach Frankfurt, und auf dem Weg dorthin gibt es immer wieder Funklöcher. Ich habe also darum gebeten, eine Stunde später zurückrufen zu können. Und das habe ich dann gemacht. Aber erst, als ich auch noch die Sicherheitskontrollen in Frankfurt passiert hatte. Da hatte ich dann endlich Zeit.

DFB.de: Waren die Gespräche sofort interessant?

Engels: Ja, natürlich. Bis dahin hatte ich ausschließlich Vereinsmannschaften betreut. Ein Nationalteam ist noch mal eine ganz andere Hausnummer. Wir haben uns auf ein Treffen in Mosambik geeinigt. Später bin ich also dorthin geflogen. Es war das erste Mal überhaupt, dass ich in Afrika war. Ein beeindruckender Kontinent. Wir haben Gespräche geführt, uns kennengelernt. Aber es war schnell klar, dass wir es zusammen probieren wollen.

DFB.de: Wie ist das Leben in Mosambik?

Engels: Das beste Beispiel dafür ist eigentlich unser erstes Treffen. Ich war fünf Tage dort. Abends bin ich angekommen und vom Flughafen ins Hotel gefahren worden. Das war alles super. Aber dann ging es darum, wann wir uns denn am nächsten Tag zu den Gesprächen treffen sollen. Mir war es im Grunde egal, ich hatte keine anderen Verpflichtungen. Die Verantwortlichen schlugen also vor, sich um 17 Uhr zu treffen. Also nicht direkt morgens oder vormittags, es war schon fast Abend. Das ist irgendwie symptomatisch. Da ist alles etwas entspannter, Pünktlichkeit ist nicht das oberste Gebot. Damit muss man sich abfinden, ich habe mich inzwischen daran gewöhnt. Die Lebensweise ist eben nicht vergleichbar mit Deutschland. Insgesamt war der Austausch aber total nett.

DFB.de: Wie lange haben Sie gebraucht, um sich in dieser völlig fremden Kultur einzuleben?

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Engels: Das ging sicher nicht von heute auf morgen. Zumal meine Familie in Düren lebt, da fällt die Trennung schon schwer. Das ist die Schattenseite dieser tollen Aufgabe. Aber Mosambik ist einfach total spannend und aufregend. Es ist großartig, so etwas erleben zu dürfen. Maputo ist die Hauptstadt, das ist auf den ersten Blick sicher keine Schönheit. Man merkt an jeder Ecke, dass es ein sehr armes Land ist. Wenn etwas mehr Geld vorhanden wäre, könnte man daraus sicher ein Schmuckstück machen. Es gibt viele schöne ältere Gebäude, viele Mangobäume zum Schattenspenden, das Wetter ist toll, es gibt einen Strand und einen Hafen.

DFB.de: Und die Menschen in Mosambik?

Engels: Die Leute sind sehr freundlich. Ich unterhalte mich oft und gerne mit den Jungs, die dort auf der Straße ihre Sachen verkaufen. Es ist wahnsinnig interessant, eine ganz neue Perspektive. Man hört immer von Sicherheitsproblemen dort, aber das kann ich so nicht bestätigen. Ich fühle mich relativ sicher dort. Bei mir ist zwar auch schon einmal eingebrochen worden, aber das kann auch in Düren passieren.

DFB.de: Werden Sie dort erkannt als Nationaltrainer?

Engels: Ja, natürlich. Fußball ist in Mosambik absolute Sportart Nummer eins. Die Leute haben viele Probleme, aber beim Fußball halten sie alle zusammen. Viele treffen sich auf der Straße, kicken dort gemeinsam zum Beispiel mit alten Dosen oder platten Bällen. Wenn man dort irgendwo mit einem Ball hinkommt, hat man direkt Leute um sich herum. Das ist schon eine feine Sache.

DFB.de: Wie ist das sportliche Niveau in Mosambik?

Engels: Das muss man etwas differenziert sehen. Talent ist reichlich da. Aber es fehlt an Geld und Organisation. Ich habe die Mannschaft zuletzt sehr verjüngt. Ich sehe große Möglichkeiten. Allerdings haben die besten Spieler das Problem, dass sie sich in der heimischen Liga nicht verbessern können. Der Schritt nach Europa ist für viele sportlich sicher der sinnvollere. Mosambik ist ein Land, das aufholen muss.

DFB.de: Und welches Niveau hat ein mosambikanischer Nationalspieler?

Engels: Das ist sehr unterschiedlich. Einige Spieler sind schon in Europa unterwegs. Meine größte Hoffnung ist derzeit Clesio Bauque. Als 17-Jähriger hat er unter mir das erste Länderspiel gemacht und direkt getroffen. Inzwischen steht er bei Benfica Lissabon unter Vertrag und kommt da in den Nachwuchsmannschaften regelmäßig zum Einsatz. Das ist perfekt. Ich bin davon überzeugt, dass er den nächsten Schritt machen wird. Und genau das ist natürlich der optimale Weg. Davon profitiert dann auch die Nationalmannschaft. Insgesamt bin ich schon zuversichtlich. Im Nachwuchsbereich sind einige interessante Spieler, das ist unser Potenzial.

DFB.de: Sehen wir also bald auch einen Spieler aus Mosambik in der Bundesliga?

Engels: Ja, davon bin ich fest überzeugt - das ist nur noch eine Frage der Zeit. Über einen deutschen Nationaltrainer ist der Weg in die Bundesliga deutlich kürzer. Auch Clesio Bauque war bei einigen deutschen Vereinen ein Thema. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal.

DFB.de: Was ist neben der Ausbildung junger Spieler Ihr Ziel mit Mosambik?

Engels: Ich muss die organisatorischen Probleme vor Ort lösen, es muss professioneller gearbeitet werden, sonst werden wir unsere Ziele nicht erreichen können. Das ist mein kurzfristigstes Vorhaben. Wenn Sie mich nach meinem Traum fragen, kann ich Ihnen das ganz klar beantworten: die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Brasilien im kommenden Jahr. Das wäre das Größte für die Menschen in diesem Land.

DFB.de: Ist das überhaupt realistisch?

Engels: Ja, ich sehe diese Chance. Wir haben in Ägypten verloren und zu Hause gegen Simbabwe Unentschieden gespielt. Im März treffen wir im eigenen Stadion auf Guinea. Dann müssen wir gewinnen, das ist durchaus möglich. Wir haben neulich Marokko besiegt. Es ist noch alles machbar.

DFB.de: Können Sie sich auch eine Rückkehr nach Deutschland vorstellen?

Engels: Ja, sicher. Aber das ist nicht so einfach. Ich bin jetzt fast 25 Jahre unterwegs. Sehr lange in Japan, jetzt in Mosambik.

DFB.de: Eine lange Zeit in fernen Ländern…

Engels: … und genau das ist das Problem. Es gibt einfach dieses Vorurteil, dass ich den deutschen Fußball nicht mehr kenne. Aber das ist Quatsch. Ich informiere mich regelmäßig und bin auf dem Laufenden. Ich bräuchte maximal einen Monat, um hier wieder den totalen Einblick zu haben. Ich traue es mir zu und würde es sehr gerne machen. Ich bin sicher, dass ich mich nicht zu verstecken brauche und meine Auslandserfahrung durchaus positiv für einen deutschen Verein sein kann.

DFB.de: Warum genau?

Engels: Andere Blickwinkel können nicht schaden. Ich habe in Japan bis auf ein Jahr immer erste Liga trainiert. Makoto Hasebe vom VfL Wolfsburg und Hajime Hosogai von Bayer 04 Leverkusen habe ich auf ihren ersten Schritten im Profifußball begleitet. Auch Park Ji-sung, der bei Manchester United für Aufsehen gesorgt hat. Diese Jungs standen sehr lange bei mir auf dem Trainingsplatz. Das aktuellste Beispiel ist ja Clesio bei Benfica. Also kann ich nicht so viel falsch gemacht habe.