Lahm: "Wir werden bereit sein"

Die Marke von 500 Tagen bis zur UEFA EURO 2024 in Deutschland wurde erreicht. Die Vorfreude steigt, die Intensität der Arbeit der Organisatoren wächst. Im DFB.de-Interview spricht Philipp Lahm, Turnierdirektor der UEFA EURO 2024, über den Status quo der Planungen und erklärt, worauf sich die Menschen in Deutschland im Sommer nächsten Jahres freuen dürfen.

DFB.de: Weniger als 500 Tage bis zur UEFA EURO 2024 in Deutschland. Wie sieht der Turnierdirektor die Vorbereitung seit der Vergabe im September 2018?

Philipp Lahm: Positiv. Nach den Weltmeisterschaften in Russland und Katar ist es äußerst reizvoll und attraktiv, ein sportliches Großereignis in einem demokratischen Land mitten in Europa auszutragen. Das ist ein wichtiger Schritt für den Fußball weg von der politischen Instrumentalisierung.

DFB.de: Der Qualifying Draw im vergangenen Jahr in Frankfurt war ein Meilenstein auf dem Weg zur EURO. Welche Eindrücke haben Sie von dieser Veranstaltung mitgenommen?

Lahm: Eine Auslosung ist immer spannend. Man bekommt, wenn die Namen der Gruppengegner fallen, eine erste Vorstellung davon, wie attraktiv die UEFA EURO 2024 wird.

DFB.de: Was wünscht sich der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft aus Spielersicht für das Turnier?

Lahm: Tolle Spiele. Große Auftritte der traditionellen Fußballnationen. Aber auch Überraschungen durch Mannschaften aus Ländern, mit denen man nicht rechnet. Und eine deutsche Nationalmannschaft, die ihre Qualität wieder auf den Platz bringt, die als Team auftritt, mit dem sich die Deutschen identifizieren.

DFB.de: Was muss in diesem Jahr besonders vorangetrieben werden?

Lahm: Die Vorfreude auf das drittgrößte Sportereignis der Welt. Es geht darum, Begeisterung in Deutschland dafür zu wecken, ganz Europa ein guter Gastgeber zu sein.

DFB.de: Wo liegen die größten Chancen für Deutschland als Gastgeberland?

Lahm: Deutschland liegt in der Mitte Europas und ist für alle leicht zu erreichen. Wir wollen hier zusammenkommen, um die europäische Kultur, den europäischen Lebensstil und auch das europäische Spiel Fußball zu feiern.

DFB.de: Worin liegen die Chancen für den DFB als ausrichtenden Verband und für die EURO 2024 GmbH als Organisator?

Lahm: Der DFB kann wieder als Organisator von Fußball wahrgenommen werden, und damit als Stabilisator des Gemeinwohls in unserem Land. Die EURO 2024 GmbH ist das gemeinsame Organ von UEFA und DFB. Beide wollen ein weltweit beachtetes Event organisieren, das einen demokratischen Kontinent in seiner Mitte zusammenkommen und feiern lässt.

DFB.de: Welche Highlights stehen in diesem Jahr an?

Lahm: Für uns als Organisatoren ist die Veranstaltung "One Year to Go" am 14. Juni eine große Sache, aber das größte Ereignis in diesem Jahr wird der "Final Draw" Anfang Dezember in der Elbphilharmonie in Hamburg sein.

DFB.de: Wo spüren Sie mehr Vorfreude: Bei sich selbst oder bei denen, mit denen Sie über die EURO sprechen?

Lahm: Da ich täglich mit den Vorbereitungen beschäftigt bin, ist das für mich wie die Zeit vor Weihnachten, als ich ein kleiner Bub mit acht oder neun Jahren war.

DFB.de: Wie sieht die tägliche Arbeit eines Turnierdirektors aus?

Lahm: Ich stehe im regelmäßigen Austausch mit der UEFA, dem DFB, der Bundesregierung, den Volunteers, den Host Cities und den Partnern der UEFA EURO 2024, um selbst zu begreifen, was es heißt, Deutschlands Repräsentant eines solch riesigen Turniers zu sein. Je mehr ich die Sichtweisen und Bemühungen aller Beteiligten erfasse, desto deutlicher merke ich, wie wichtig es in Europa ist, Großereignisse zu feiern. Desto leichter fällt es mir zudem, andere zu motivieren, Projekte anzustoßen, überhaupt die Initiative zu ergreifen.

DFB.de: Sehnt man sich in langen Sitzungen manchmal nach dem Spiel auf dem Platz zurück?

Lahm: Nein, damit habe ich abgeschlossen. Sport ist für mich heute Bewegung und Gesundheit. Tennis, Golf und Radfahren machen mir großen Spaß, Sport liegt mir einfach. Ich bin allerdings froh, nun andere Erfahrungen mit dem Fußball zu machen. Als Turnierdirektor, aber auch als Vater. Es bereitet mir Freude zu beobachten, wie mein Sohn in seiner Fußballmannschaft aufgeht, wie seine Betreuer und Trainer ein Umfeld für seine Mitspieler und ihn basteln. Er hat eine sportliche Heimat gefunden.

DFB.de: Wie bewerten Sie das Zusammenspiel zwischen der UEFA und dem DFB?

Lahm: Die UEFA ist eine hochprofessionelle Organisation, die das Format EM hervorragend und professionell entwickelt hat. In manchen Dingen fast zu professionell. Und der DFB kann dank der Infrastruktur Deutschlands und des deutschen Fußballs sowie dessen großer Tradition seiner Rolle als guter Gastgeber gerecht werden. Der starken Bundesliga kommt dabei auch eine Bedeutung zu. Für solche Aufgaben braucht man Institutionen wie den DFB.

DFB.de: Welche Rolle spielt die Bundesregierung für Ihre Planungen?

Lahm: Eine herausragende. Die Politik muss helfen, dass das Narrativ verbreitet und verstärkt wird, dass es aufgeht. Das Narrativ heißt: Wir wollen Begeisterung für die europäische Kultur und die Errungenschaften des freiheitlich-demokratischen Zusammenlebens wecken. Die UEFA EURO 2024 braucht die Initiativen und Ideen der deutschen Politik, sie muss den Fußball Huckepack nehmen. Aus Treffen mit Nancy Faeser und Claudia Roth weiß ich, dass die Bereitschaft dazu und auch die Begeisterung vorhanden sind. Nun müssen wir unsere Pläne umsetzen.

DFB.de: Die Zeiten haben sich geändert, aber: Was möchten Sie von der WM 2006 auch im Jahr 2024 in Deutschland sehen?

Lahm: 2024 soll sich Europa in Bewegung setzen, in Deutschland zusammentreffen, um unsere gemeinsamen Werte vorbehaltlos zu feiern. Es geht darum, den Stolz auf unser Zusammenleben in den Fokus zu rücken. Das Genießen gehört zu unserer Freiheit. Es ist das Pendant zum Protest, zum Auf-der-Straße-Festkleben sozusagen. Beides sind Elemente, die Demokratie ausmachen.

DFB.de: In welchem Bereich haben Sie in Ihrem Amt als Turnierdirektor Ihren Erfahrungsschatz am meisten erweitert?

Lahm: Im präzisen Zuhören. Das ist die beste Grundlage, neue Schlüsse zu ziehen, Maßnahmen einzuleiten und sie im Team umzusetzen.

DFB.de: Welche anderen Bereiche machen Ihnen besonderen Spaß?

Lahm: Seitdem mein Augenmerk auf der Organisation des Fußballs liegt, schaue ich mir die Spiele der Nationalmannschaft oder der Bundesliga mit einem anderen, intensiveren Interesse an.

DFB.de: Gibt es Aspekte der Sicherheit von Spielern und Fans, auf die Sie ein besonderes Augenmerk legen?

Lahm: Sicherheit ist bei einem Turnier immer wesentlich, insbesondere die im Stadion. In den Vorbereitungen auf die EURO bekomme ich ein immer besseres Gespür dafür, wie wichtig Institutionen sind. Unser Land braucht eine starke Polizei, es profitiert von der Feuerwehr, dem THW, dem Roten Kreuz, der Ambulanz.

DFB.de: Nachhaltigkeit ist ein großes Thema: Worauf legen Sie in diesem Bereich den Fokus?

Lahm: Ein zeitgemäßes ökologisches Konzept ist Pflicht, das steht außer Frage. Priorität hat für mich jedoch die soziale Nachhaltigkeit. Europa muss in diesen Zeiten seine kulturellen, politischen und sozialen Errungenschaften verteidigen. Diskussionen darüber anzuregen – dazu kann der Fußball einen Beitrag leisten.

DFB.de: Können Sie hier konkrete Aktivitäten benennen?

Lahm: "Treffpunkt Fußball" ist eine neue digitale Beteiligungsplattform für den Amateurfußball. Dies war der Wunsch der Basis, wie wir in unserem Beteiligungsprozess #2024undDu festgestellt haben. An dem haben sich viele Menschen beteiligt, mehr als 60.000 Antworten haben wir erhalten. Es handelt sich um eine Initiative für das Ehrenamt, für das Gemeinwohl. Das verstehe ich konkret unter sozialer Nachhaltigkeit.

DFB.de: Erstmals wird es 2024 ein gemeinsames Volunteer-Programm von Ausrichter und Host Cities geben. Was ist Ihnen in diesem Zusammenhang besonders wichtig?

Lahm: Wir haben schon sehr viele Anfragen für das Volunteer-Programm erhalten, die Leute wollen dabei sein. Das belegt, dass sich viele Menschen aus freien Stücken für das Gemeinwohl einsetzen. Das ist Kitt für unsere Demokratie.

DFB.de: Woran, glauben Sie, wird 2024 eine erfolgreiche Turnierorganisation gemessen?

Lahm: Es gibt viele Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat: das Wetter, das Geschehen auf dem Platz, die Leistungen der deutschen Mannschaft. Das muss man nehmen, wie es kommt. Die entscheidenden Maßstäbe für uns sind: Wie präsentiert sich Deutschland? Wie nahbar geben sich die Verantwortlichen, die die EURO austragen? Was hinterlässt dieses Turnier für die Gesellschaft, für Deutschland, für Europa?

DFB.de: Erinnern Sie sich manchmal daran, wie Sie ein Jahr vor der WM 2006 über das Turnier gedacht haben?

Lahm: 2005 war mein Seuchenjahr. Ich hatte einen Mittelfußbruch und einen Kreuzbandriss. Die Sorge, ich könnte die Heim-WM, diese einmalige Chance im Leben, verpassen, beherrschte meine Gedanken und Gefühle. Am Ende habe ich bei der WM 2006 aber jedes Spiel gemacht und das Turnier mit einem Tor eröffnet. Ich war vorbereitet. Und auch Deutschland wird 2024 wieder vorbereitet sein. Es wird ein toller Gastgeber und Organisator sein, gerade weil wir eine schwierige Situation durchleben. Die EURO wird uns resilienter machen für die Zukunft.

DFB.de: Wie sehen Sie die Nationalmannschaft mit Hansi Flick und Rudi Völler aufgestellt?

Lahm: Wer bei zwei WM-Turnieren hintereinander in der Vorrunde sowie bei der EM im Achtelfinale ausscheidet, steht natürlich unter Druck. Insbesondere vor einem Heimturnier. Rudi Völler sagt es ja: Wir haben genug gute Spieler. Nun ist es die Aufgabe von Rudi und Hansi, der Mannschaft ein Gesicht zu geben.

DFB.de: Was ist für das deutsche Team möglich?

Lahm: Sein Ziel sollte sich das Team selbst ausgeben und es auch aussprechen.

DFB.de: Wie notwendig ist eine erfolgreiche Nationalmannschaft für ein erfolgreiches Turnier?

Lahm: Es ist immer hilfreich, wenn der Gastgeber lange im Turnier ist. Als junger Spieler bin ich bei der EM 2004 in der Vorrunde ausgeschieden. 2006 haben wir aber bis zum letzten Wochenende im Turnier die Fahne des Gastgeberlandes geschwenkt. Das macht einfach Spaß. Überhaupt war ich anschließend fast bei jedem Turnier bis zum Schluss dabei.

DFB.de: Woran sollen sich die Menschen erinnern, wenn Sie nach der EURO im Sommer 2024 aus Deutschland abreisen?

Lahm: Sie sollten ein Turnier in Erinnerung behalten, das Optimismus vermittelt, deren Gastgeber Zuversicht und Wärme ausgestrahlt und das den Glauben an die Stärken Europas bekräftigt hat.

[mg]

Die Marke von 500 Tagen bis zur UEFA EURO 2024 in Deutschland wurde erreicht. Die Vorfreude steigt, die Intensität der Arbeit der Organisatoren wächst. Im DFB.de-Interview spricht Philipp Lahm, Turnierdirektor der UEFA EURO 2024, über den Status quo der Planungen und erklärt, worauf sich die Menschen in Deutschland im Sommer nächsten Jahres freuen dürfen.

DFB.de: Weniger als 500 Tage bis zur UEFA EURO 2024 in Deutschland. Wie sieht der Turnierdirektor die Vorbereitung seit der Vergabe im September 2018?

Philipp Lahm: Positiv. Nach den Weltmeisterschaften in Russland und Katar ist es äußerst reizvoll und attraktiv, ein sportliches Großereignis in einem demokratischen Land mitten in Europa auszutragen. Das ist ein wichtiger Schritt für den Fußball weg von der politischen Instrumentalisierung.

DFB.de: Der Qualifying Draw im vergangenen Jahr in Frankfurt war ein Meilenstein auf dem Weg zur EURO. Welche Eindrücke haben Sie von dieser Veranstaltung mitgenommen?

Lahm: Eine Auslosung ist immer spannend. Man bekommt, wenn die Namen der Gruppengegner fallen, eine erste Vorstellung davon, wie attraktiv die UEFA EURO 2024 wird.

DFB.de: Was wünscht sich der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft aus Spielersicht für das Turnier?

Lahm: Tolle Spiele. Große Auftritte der traditionellen Fußballnationen. Aber auch Überraschungen durch Mannschaften aus Ländern, mit denen man nicht rechnet. Und eine deutsche Nationalmannschaft, die ihre Qualität wieder auf den Platz bringt, die als Team auftritt, mit dem sich die Deutschen identifizieren.

DFB.de: Was muss in diesem Jahr besonders vorangetrieben werden?

Lahm: Die Vorfreude auf das drittgrößte Sportereignis der Welt. Es geht darum, Begeisterung in Deutschland dafür zu wecken, ganz Europa ein guter Gastgeber zu sein.

DFB.de: Wo liegen die größten Chancen für Deutschland als Gastgeberland?

Lahm: Deutschland liegt in der Mitte Europas und ist für alle leicht zu erreichen. Wir wollen hier zusammenkommen, um die europäische Kultur, den europäischen Lebensstil und auch das europäische Spiel Fußball zu feiern.

DFB.de: Worin liegen die Chancen für den DFB als ausrichtenden Verband und für die EURO 2024 GmbH als Organisator?

Lahm: Der DFB kann wieder als Organisator von Fußball wahrgenommen werden, und damit als Stabilisator des Gemeinwohls in unserem Land. Die EURO 2024 GmbH ist das gemeinsame Organ von UEFA und DFB. Beide wollen ein weltweit beachtetes Event organisieren, das einen demokratischen Kontinent in seiner Mitte zusammenkommen und feiern lässt.

DFB.de: Welche Highlights stehen in diesem Jahr an?

Lahm: Für uns als Organisatoren ist die Veranstaltung "One Year to Go" am 14. Juni eine große Sache, aber das größte Ereignis in diesem Jahr wird der "Final Draw" Anfang Dezember in der Elbphilharmonie in Hamburg sein.

DFB.de: Wo spüren Sie mehr Vorfreude: Bei sich selbst oder bei denen, mit denen Sie über die EURO sprechen?

Lahm: Da ich täglich mit den Vorbereitungen beschäftigt bin, ist das für mich wie die Zeit vor Weihnachten, als ich ein kleiner Bub mit acht oder neun Jahren war.

DFB.de: Wie sieht die tägliche Arbeit eines Turnierdirektors aus?

Lahm: Ich stehe im regelmäßigen Austausch mit der UEFA, dem DFB, der Bundesregierung, den Volunteers, den Host Cities und den Partnern der UEFA EURO 2024, um selbst zu begreifen, was es heißt, Deutschlands Repräsentant eines solch riesigen Turniers zu sein. Je mehr ich die Sichtweisen und Bemühungen aller Beteiligten erfasse, desto deutlicher merke ich, wie wichtig es in Europa ist, Großereignisse zu feiern. Desto leichter fällt es mir zudem, andere zu motivieren, Projekte anzustoßen, überhaupt die Initiative zu ergreifen.

DFB.de: Sehnt man sich in langen Sitzungen manchmal nach dem Spiel auf dem Platz zurück?

Lahm: Nein, damit habe ich abgeschlossen. Sport ist für mich heute Bewegung und Gesundheit. Tennis, Golf und Radfahren machen mir großen Spaß, Sport liegt mir einfach. Ich bin allerdings froh, nun andere Erfahrungen mit dem Fußball zu machen. Als Turnierdirektor, aber auch als Vater. Es bereitet mir Freude zu beobachten, wie mein Sohn in seiner Fußballmannschaft aufgeht, wie seine Betreuer und Trainer ein Umfeld für seine Mitspieler und ihn basteln. Er hat eine sportliche Heimat gefunden.

DFB.de: Wie bewerten Sie das Zusammenspiel zwischen der UEFA und dem DFB?

Lahm: Die UEFA ist eine hochprofessionelle Organisation, die das Format EM hervorragend und professionell entwickelt hat. In manchen Dingen fast zu professionell. Und der DFB kann dank der Infrastruktur Deutschlands und des deutschen Fußballs sowie dessen großer Tradition seiner Rolle als guter Gastgeber gerecht werden. Der starken Bundesliga kommt dabei auch eine Bedeutung zu. Für solche Aufgaben braucht man Institutionen wie den DFB.

DFB.de: Welche Rolle spielt die Bundesregierung für Ihre Planungen?

Lahm: Eine herausragende. Die Politik muss helfen, dass das Narrativ verbreitet und verstärkt wird, dass es aufgeht. Das Narrativ heißt: Wir wollen Begeisterung für die europäische Kultur und die Errungenschaften des freiheitlich-demokratischen Zusammenlebens wecken. Die UEFA EURO 2024 braucht die Initiativen und Ideen der deutschen Politik, sie muss den Fußball Huckepack nehmen. Aus Treffen mit Nancy Faeser und Claudia Roth weiß ich, dass die Bereitschaft dazu und auch die Begeisterung vorhanden sind. Nun müssen wir unsere Pläne umsetzen.

DFB.de: Die Zeiten haben sich geändert, aber: Was möchten Sie von der WM 2006 auch im Jahr 2024 in Deutschland sehen?

Lahm: 2024 soll sich Europa in Bewegung setzen, in Deutschland zusammentreffen, um unsere gemeinsamen Werte vorbehaltlos zu feiern. Es geht darum, den Stolz auf unser Zusammenleben in den Fokus zu rücken. Das Genießen gehört zu unserer Freiheit. Es ist das Pendant zum Protest, zum Auf-der-Straße-Festkleben sozusagen. Beides sind Elemente, die Demokratie ausmachen.

DFB.de: In welchem Bereich haben Sie in Ihrem Amt als Turnierdirektor Ihren Erfahrungsschatz am meisten erweitert?

Lahm: Im präzisen Zuhören. Das ist die beste Grundlage, neue Schlüsse zu ziehen, Maßnahmen einzuleiten und sie im Team umzusetzen.

DFB.de: Welche anderen Bereiche machen Ihnen besonderen Spaß?

Lahm: Seitdem mein Augenmerk auf der Organisation des Fußballs liegt, schaue ich mir die Spiele der Nationalmannschaft oder der Bundesliga mit einem anderen, intensiveren Interesse an.

DFB.de: Gibt es Aspekte der Sicherheit von Spielern und Fans, auf die Sie ein besonderes Augenmerk legen?

Lahm: Sicherheit ist bei einem Turnier immer wesentlich, insbesondere die im Stadion. In den Vorbereitungen auf die EURO bekomme ich ein immer besseres Gespür dafür, wie wichtig Institutionen sind. Unser Land braucht eine starke Polizei, es profitiert von der Feuerwehr, dem THW, dem Roten Kreuz, der Ambulanz.

DFB.de: Nachhaltigkeit ist ein großes Thema: Worauf legen Sie in diesem Bereich den Fokus?

Lahm: Ein zeitgemäßes ökologisches Konzept ist Pflicht, das steht außer Frage. Priorität hat für mich jedoch die soziale Nachhaltigkeit. Europa muss in diesen Zeiten seine kulturellen, politischen und sozialen Errungenschaften verteidigen. Diskussionen darüber anzuregen – dazu kann der Fußball einen Beitrag leisten.

DFB.de: Können Sie hier konkrete Aktivitäten benennen?

Lahm: "Treffpunkt Fußball" ist eine neue digitale Beteiligungsplattform für den Amateurfußball. Dies war der Wunsch der Basis, wie wir in unserem Beteiligungsprozess #2024undDu festgestellt haben. An dem haben sich viele Menschen beteiligt, mehr als 60.000 Antworten haben wir erhalten. Es handelt sich um eine Initiative für das Ehrenamt, für das Gemeinwohl. Das verstehe ich konkret unter sozialer Nachhaltigkeit.

DFB.de: Erstmals wird es 2024 ein gemeinsames Volunteer-Programm von Ausrichter und Host Cities geben. Was ist Ihnen in diesem Zusammenhang besonders wichtig?

Lahm: Wir haben schon sehr viele Anfragen für das Volunteer-Programm erhalten, die Leute wollen dabei sein. Das belegt, dass sich viele Menschen aus freien Stücken für das Gemeinwohl einsetzen. Das ist Kitt für unsere Demokratie.

DFB.de: Woran, glauben Sie, wird 2024 eine erfolgreiche Turnierorganisation gemessen?

Lahm: Es gibt viele Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat: das Wetter, das Geschehen auf dem Platz, die Leistungen der deutschen Mannschaft. Das muss man nehmen, wie es kommt. Die entscheidenden Maßstäbe für uns sind: Wie präsentiert sich Deutschland? Wie nahbar geben sich die Verantwortlichen, die die EURO austragen? Was hinterlässt dieses Turnier für die Gesellschaft, für Deutschland, für Europa?

DFB.de: Erinnern Sie sich manchmal daran, wie Sie ein Jahr vor der WM 2006 über das Turnier gedacht haben?

Lahm: 2005 war mein Seuchenjahr. Ich hatte einen Mittelfußbruch und einen Kreuzbandriss. Die Sorge, ich könnte die Heim-WM, diese einmalige Chance im Leben, verpassen, beherrschte meine Gedanken und Gefühle. Am Ende habe ich bei der WM 2006 aber jedes Spiel gemacht und das Turnier mit einem Tor eröffnet. Ich war vorbereitet. Und auch Deutschland wird 2024 wieder vorbereitet sein. Es wird ein toller Gastgeber und Organisator sein, gerade weil wir eine schwierige Situation durchleben. Die EURO wird uns resilienter machen für die Zukunft.

DFB.de: Wie sehen Sie die Nationalmannschaft mit Hansi Flick und Rudi Völler aufgestellt?

Lahm: Wer bei zwei WM-Turnieren hintereinander in der Vorrunde sowie bei der EM im Achtelfinale ausscheidet, steht natürlich unter Druck. Insbesondere vor einem Heimturnier. Rudi Völler sagt es ja: Wir haben genug gute Spieler. Nun ist es die Aufgabe von Rudi und Hansi, der Mannschaft ein Gesicht zu geben.

DFB.de: Was ist für das deutsche Team möglich?

Lahm: Sein Ziel sollte sich das Team selbst ausgeben und es auch aussprechen.

DFB.de: Wie notwendig ist eine erfolgreiche Nationalmannschaft für ein erfolgreiches Turnier?

Lahm: Es ist immer hilfreich, wenn der Gastgeber lange im Turnier ist. Als junger Spieler bin ich bei der EM 2004 in der Vorrunde ausgeschieden. 2006 haben wir aber bis zum letzten Wochenende im Turnier die Fahne des Gastgeberlandes geschwenkt. Das macht einfach Spaß. Überhaupt war ich anschließend fast bei jedem Turnier bis zum Schluss dabei.

DFB.de: Woran sollen sich die Menschen erinnern, wenn Sie nach der EURO im Sommer 2024 aus Deutschland abreisen?

Lahm: Sie sollten ein Turnier in Erinnerung behalten, das Optimismus vermittelt, deren Gastgeber Zuversicht und Wärme ausgestrahlt und das den Glauben an die Stärken Europas bekräftigt hat.

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