Silvia Neid: "Der dritte Stern ist unser Traum und unsere Vision"

Nach dem erfolgreichen Jahr 2014 liegt die Konzentration der Frauen-Nationalmannschaft auf der WM 2015 in Kanada, die vom 6. Juni bis 5. Juli in Ottawa, Winnipeg, Montreal, Moncton, Edmonton und Vancouver ausgetragen wird. Die Planungen für den Weg zum Endturnier, bei dem die DFB-Frauen in der Gruppenphase auf die Elfenbeinküste, Norwegen und Thailand treffen, stehen: Am 14. und 15. Januar finden die Marketing-Tage statt, bei denen Werbeaufnahmen und Fotoshootings gemacht werden.

Vom 7. bis 12. Februar absolviert das Team im spanischen Marbella ein Trainingslager. Vom 4. bis 11. März findet der hochkarätig besetzte Algarve Cup in Portugal statt, ab dem 2. April ein weiterer achttägiger Lehrgang mit Länderspiel. Ab dem 18. Mai beginnt dann die direkte Vorbereitung auf die WM mit einem letzten Länderspiel vor der Abreise nach Kanada, wo die Auftaktbegegnung mit der Elfenbeinküste am 7. Juni, ab 22 Uhr MESZ stattfindet.

Für Silvia Neid ist das Turnier in Kanada die insgesamt siebte WM, an der sie als Spielerin, Co- oder Cheftrainerin teilnimmt. Im DFB.de-Gespräch der Woche spricht die Bundestrainerin mit Redakteurin Annette Seitz über die Herausforderungen des Turniers, das Favoritenfeld, die Erwartungshaltung und den Traum vom dritten Stern.

DFB.de: Wie fällt Ihre Bilanz des Jahres 2014 aus?

Silvia Neid: Insgesamt kann ich ein sehr positives Fazit ziehen. Wir haben ein sehr erfolgreiches Jahr hinter uns gebracht, von 13 Spielen nur eines verloren, den Algarve Cup gewonnen und uns souverän für die WM 2015 qualifiziert.

DFB.de: Wo lag die Herausforderung des abgelaufenen Jahres?

Neid: Auch für eine Mannschaft, die als Favorit bei einer WM-Qualifikation antritt, ist es nicht immer einfach, drei Punkte zu holen. Was auf dem Papier klar ist, muss es nicht auf dem Feld sein. Denn das ist reine Kopfsache. Wenn man nicht immer mit höchster Konzentration in diese Begegnungen geht, kann man auch schnell mal Unentschieden spielen oder verlieren. Das hat meine Mannschaft hervorragend gemacht. Eine weitere Herausforderung war sicherlich, dass wir aufgrund von Verletzungen jedes Mal eine andere Startformation aufstellen mussten. Damit muss man auch erst einmal klar kommen.

DFB.de: Eine erfreuliche Nachricht gab es zum Ende des Jahres 2014. Die DFB-Frauen kehrten wieder an die Spitze der FIFA-Weltrangliste zurück. Was bedeutet Ihnen das?

Neid: Darüber freuen wir uns sehr und sehen das auch als Bestätigung unserer guten Leistung in den vergangenen zwölf Monaten. Es gibt uns weitere Motivation für die WM 2015 in Kanada.

DFB.de: Bedeutet das jetzt auch, dass die Erwartungshaltung für die WM noch höher wird?

Neid: Nein, denn die Erwartungshaltung ist doch immer hoch, wenn wir bei einem Turnier antreten. Diese Erwartungshaltung haben wir uns ja durch unsere Erfolge erarbeitet, deshalb sehe ich das eher als Ansporn und Anerkennung unserer guten Arbeit. Aber es ist auch klar: Bei einem Turnier beginnst du wieder bei Null. Was im Vorfeld gewesen ist, ist Schnee von gestern. Jedes Turnier ist eine neue Herausforderung.

DFB.de: Was ist die besondere Herausforderung dieser WM?

Neid: Die Austragungsorte der WM liegen in fünf verschiedenen Zeitzonen von der Ost- bis zur Westküste. Das wird zum einen eine logistische Herausforderung, zum anderen muss man sich auch auf die Zeitumstellung zwischen den Spielen und die Beanspruchungen durch die häufigen Flugreisen einstellen. Hinzu kommt, dass die Spiele auf Kunstrasen ausgetragen werden, was ein anderes Spiel und eine andere Belastung mit sich bringt. Zudem ist unsere Vorbereitung extrem kurz: Am 10. Mai ist der letzte Spieltag in der Allianz Frauen-Bundesliga, am 14. Mai das Champions League-Finale, am 18. Mai der Start unserer direkten WM-Vorbereitung, unser Auftaktspiel gegen die Elfenbeinküste ist am 7. Juni.

DFB.de: Was bedeutet vor allem die kurze Vorbereitungszeit konkret?

Neid: Die Spielerinnen müssen Eigenverantwortung zeigen, zudem benötigen wir die Unterstützung der Vereinstrainer. Denn wenn wir uns am 18. Mai treffen, ist klar, dass uns keine Zeit bleibt, noch etwas für die Fitness zu tun. Diese Problematik haben wir aber mit den Vereinstrainern intensiv besprochen. Unser Athletiktrainer Falk Schade und ich haben die Vereine besucht und uns ausgetauscht, wie wir es schaffen, dass die Spielerinnen zum Ende der Bundesliga-Saison in einem Top-Zustand sind. Das ist ja ganz im Sinne der Vereine, denn am Saisonende stehen ja auch für sie die entscheidenden Spiele an. Wir hatten gute Gespräche in einem guten Klima.

DFB.de: Stehen Sie angesichts dieser Problematik einem möglichen deutschen Finale zwischen Wolfsburg und Frankfurt in der Champions League zwiespältig gegenüber?

Neid: Nein. Ich wünsche es beiden Teams, dass sie dieses Ziel erreichen. Ein Erfolgserlebnis kann die Spielerinnen auch beflügeln und Selbstbewusstsein geben. Ob drei Tage mehr oder weniger Vorbereitung – darauf kommt es dann auch nicht mehr an.

DFB.de: In der WM-Gruppenphase treffen Sie auf die Elfenbeinküste, Thailand und Vize-Europameister Norwegen. Ihre Einschätzung?

Neid: Es gibt zwei Favoriten in der Gruppe, das sind Norwegen und wir, sowie die zwei Newcomer Elfenbeinküste und Thailand. Aber auch diese beiden Mannschaften werden uns die drei Punkte nicht schenken und wir werden nicht den Fehler machen, zu denken, wir schaffen das mit links, sondern uns intensiv und voller Respekt vorbereiten.

DFB.de: Nach der Aufstockung von 16 auf 24 Mannschaften wird es erstmals auch ein Achtelfinale geben. Wie bewerten Sie die Erweiterung des Teilnehmerfeldes?

Neid: Grundsätzlich begrüße ich die Aufstockung, weil das auch die positive Entwicklung im internationalen Frauenfußball widerspiegelt. Den Teams, die zum ersten Mal dabei sind, wird es bei ihrer Entwicklung helfen. Ich glaube auch, dass diese WM auf einem hohen Niveau gespielt wird. Es wird viele Mannschaften geben, die sich auf Augenhöhe begegnen. Schon im Achtelfinale kann auf uns ein Kracher warten. Wenn wir Erster in unserer Gruppe B werden, spielen wir gegen einen Dritten, aber das könnten Nigeria, die USA oder Schweden sein. Auf Frankreich oder England könnten wir treffen, wenn wir Zweiter werden. Und im Viertelfinale kommt wohl auf jeden Fall ein Kaliber wie Frankreich. Wenn man diese Konstellation sieht, weiß man, wie schwer es werden wird.

DFB.de: Wer sind die Favoriten auf den Titel?

Neid: Es gibt aus meiner Sicht acht Mannschaften, die die Qualität haben, den WM-Titel zu gewinnen. Dazu zählen Norwegen, Frankreich, Schweden, die USA, Kanada, Japan, Brasilien und auch wir. Und dann gibt es auch die Mannschaften, die den Favoriten ein Bein stellen können, wie Nigeria, Australien, Spanien. Auch England sehe ich in dieser Reihe. Deshalb glaube ich auch, dass es bei dieser WM unter anderem auf die Tagesform ankommen wird.

DFB.de: Mit welchen Zielen treten Sie an?

Neid: Es ist unser Traum und unsere Vision, den dritten Stern zu holen. Ein Erfolg wäre, wenn wir unter die besten vier Mannschaften kommen, also das Halbfinale erreichen würden. Aber bis dahin ist es ein weiter Weg, wir müssen von Spiel zu Spiel denken.

[as]

Nach dem erfolgreichen Jahr 2014 liegt die Konzentration der Frauen-Nationalmannschaft auf der WM 2015 in Kanada, die vom 6. Juni bis 5. Juli in Ottawa, Winnipeg, Montreal, Moncton, Edmonton und Vancouver ausgetragen wird. Die Planungen für den Weg zum Endturnier, bei dem die DFB-Frauen in der Gruppenphase auf die Elfenbeinküste, Norwegen und Thailand treffen, stehen: Am 14. und 15. Januar finden die Marketing-Tage statt, bei denen Werbeaufnahmen und Fotoshootings gemacht werden.

Vom 7. bis 12. Februar absolviert das Team im spanischen Marbella ein Trainingslager. Vom 4. bis 11. März findet der hochkarätig besetzte Algarve Cup in Portugal statt, ab dem 2. April ein weiterer achttägiger Lehrgang mit Länderspiel. Ab dem 18. Mai beginnt dann die direkte Vorbereitung auf die WM mit einem letzten Länderspiel vor der Abreise nach Kanada, wo die Auftaktbegegnung mit der Elfenbeinküste am 7. Juni, ab 22 Uhr MESZ stattfindet.

Für Silvia Neid ist das Turnier in Kanada die insgesamt siebte WM, an der sie als Spielerin, Co- oder Cheftrainerin teilnimmt. Im DFB.de-Gespräch der Woche spricht die Bundestrainerin mit Redakteurin Annette Seitz über die Herausforderungen des Turniers, das Favoritenfeld, die Erwartungshaltung und den Traum vom dritten Stern.

DFB.de: Wie fällt Ihre Bilanz des Jahres 2014 aus?

Silvia Neid: Insgesamt kann ich ein sehr positives Fazit ziehen. Wir haben ein sehr erfolgreiches Jahr hinter uns gebracht, von 13 Spielen nur eines verloren, den Algarve Cup gewonnen und uns souverän für die WM 2015 qualifiziert.

DFB.de: Wo lag die Herausforderung des abgelaufenen Jahres?

Neid: Auch für eine Mannschaft, die als Favorit bei einer WM-Qualifikation antritt, ist es nicht immer einfach, drei Punkte zu holen. Was auf dem Papier klar ist, muss es nicht auf dem Feld sein. Denn das ist reine Kopfsache. Wenn man nicht immer mit höchster Konzentration in diese Begegnungen geht, kann man auch schnell mal Unentschieden spielen oder verlieren. Das hat meine Mannschaft hervorragend gemacht. Eine weitere Herausforderung war sicherlich, dass wir aufgrund von Verletzungen jedes Mal eine andere Startformation aufstellen mussten. Damit muss man auch erst einmal klar kommen.

DFB.de: Eine erfreuliche Nachricht gab es zum Ende des Jahres 2014. Die DFB-Frauen kehrten wieder an die Spitze der FIFA-Weltrangliste zurück. Was bedeutet Ihnen das?

Neid: Darüber freuen wir uns sehr und sehen das auch als Bestätigung unserer guten Leistung in den vergangenen zwölf Monaten. Es gibt uns weitere Motivation für die WM 2015 in Kanada.

DFB.de: Bedeutet das jetzt auch, dass die Erwartungshaltung für die WM noch höher wird?

Neid: Nein, denn die Erwartungshaltung ist doch immer hoch, wenn wir bei einem Turnier antreten. Diese Erwartungshaltung haben wir uns ja durch unsere Erfolge erarbeitet, deshalb sehe ich das eher als Ansporn und Anerkennung unserer guten Arbeit. Aber es ist auch klar: Bei einem Turnier beginnst du wieder bei Null. Was im Vorfeld gewesen ist, ist Schnee von gestern. Jedes Turnier ist eine neue Herausforderung.

DFB.de: Was ist die besondere Herausforderung dieser WM?

Neid: Die Austragungsorte der WM liegen in fünf verschiedenen Zeitzonen von der Ost- bis zur Westküste. Das wird zum einen eine logistische Herausforderung, zum anderen muss man sich auch auf die Zeitumstellung zwischen den Spielen und die Beanspruchungen durch die häufigen Flugreisen einstellen. Hinzu kommt, dass die Spiele auf Kunstrasen ausgetragen werden, was ein anderes Spiel und eine andere Belastung mit sich bringt. Zudem ist unsere Vorbereitung extrem kurz: Am 10. Mai ist der letzte Spieltag in der Allianz Frauen-Bundesliga, am 14. Mai das Champions League-Finale, am 18. Mai der Start unserer direkten WM-Vorbereitung, unser Auftaktspiel gegen die Elfenbeinküste ist am 7. Juni.

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DFB.de: Was bedeutet vor allem die kurze Vorbereitungszeit konkret?

Neid: Die Spielerinnen müssen Eigenverantwortung zeigen, zudem benötigen wir die Unterstützung der Vereinstrainer. Denn wenn wir uns am 18. Mai treffen, ist klar, dass uns keine Zeit bleibt, noch etwas für die Fitness zu tun. Diese Problematik haben wir aber mit den Vereinstrainern intensiv besprochen. Unser Athletiktrainer Falk Schade und ich haben die Vereine besucht und uns ausgetauscht, wie wir es schaffen, dass die Spielerinnen zum Ende der Bundesliga-Saison in einem Top-Zustand sind. Das ist ja ganz im Sinne der Vereine, denn am Saisonende stehen ja auch für sie die entscheidenden Spiele an. Wir hatten gute Gespräche in einem guten Klima.

DFB.de: Stehen Sie angesichts dieser Problematik einem möglichen deutschen Finale zwischen Wolfsburg und Frankfurt in der Champions League zwiespältig gegenüber?

Neid: Nein. Ich wünsche es beiden Teams, dass sie dieses Ziel erreichen. Ein Erfolgserlebnis kann die Spielerinnen auch beflügeln und Selbstbewusstsein geben. Ob drei Tage mehr oder weniger Vorbereitung – darauf kommt es dann auch nicht mehr an.

DFB.de: In der WM-Gruppenphase treffen Sie auf die Elfenbeinküste, Thailand und Vize-Europameister Norwegen. Ihre Einschätzung?

Neid: Es gibt zwei Favoriten in der Gruppe, das sind Norwegen und wir, sowie die zwei Newcomer Elfenbeinküste und Thailand. Aber auch diese beiden Mannschaften werden uns die drei Punkte nicht schenken und wir werden nicht den Fehler machen, zu denken, wir schaffen das mit links, sondern uns intensiv und voller Respekt vorbereiten.

DFB.de: Nach der Aufstockung von 16 auf 24 Mannschaften wird es erstmals auch ein Achtelfinale geben. Wie bewerten Sie die Erweiterung des Teilnehmerfeldes?

Neid: Grundsätzlich begrüße ich die Aufstockung, weil das auch die positive Entwicklung im internationalen Frauenfußball widerspiegelt. Den Teams, die zum ersten Mal dabei sind, wird es bei ihrer Entwicklung helfen. Ich glaube auch, dass diese WM auf einem hohen Niveau gespielt wird. Es wird viele Mannschaften geben, die sich auf Augenhöhe begegnen. Schon im Achtelfinale kann auf uns ein Kracher warten. Wenn wir Erster in unserer Gruppe B werden, spielen wir gegen einen Dritten, aber das könnten Nigeria, die USA oder Schweden sein. Auf Frankreich oder England könnten wir treffen, wenn wir Zweiter werden. Und im Viertelfinale kommt wohl auf jeden Fall ein Kaliber wie Frankreich. Wenn man diese Konstellation sieht, weiß man, wie schwer es werden wird.

DFB.de: Wer sind die Favoriten auf den Titel?

Neid: Es gibt aus meiner Sicht acht Mannschaften, die die Qualität haben, den WM-Titel zu gewinnen. Dazu zählen Norwegen, Frankreich, Schweden, die USA, Kanada, Japan, Brasilien und auch wir. Und dann gibt es auch die Mannschaften, die den Favoriten ein Bein stellen können, wie Nigeria, Australien, Spanien. Auch England sehe ich in dieser Reihe. Deshalb glaube ich auch, dass es bei dieser WM unter anderem auf die Tagesform ankommen wird.

DFB.de: Mit welchen Zielen treten Sie an?

Neid: Es ist unser Traum und unsere Vision, den dritten Stern zu holen. Ein Erfolg wäre, wenn wir unter die besten vier Mannschaften kommen, also das Halbfinale erreichen würden. Aber bis dahin ist es ein weiter Weg, wir müssen von Spiel zu Spiel denken.