Nadine Angerer: Mit dem Fußball die Welt erkunden

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Nadine Angerer liegt mit der Frauen-Nationalmannschaft in der Qualifikation zur WM 2015 in Kanada auf Kurs. In sechs Spielen feierte das Team von Bundestrainerin Silvia Neid sechs Siege, zuletzt am Samstag beim allerdings glücklichen 3:2 in Irland. Am Donnerstag (ab 18 Uhr, live in der ARD) soll in Mannheim gegen Slowenien der siebte Dreier folgen.

Danach legt die Weltfußballerin im DFB-Team erst mal eine Pause ein. Die neue Torhüterin des US-Klubs Portland Thorns wird zum WM-Qualifikationsspiel am 8. Mai in Osnabrück gegen die Slowakei nicht aus den Staaten anreisen, das hat sie mit Bundestrainerin Silvia Neid abgesprochen. "Es wäre Blödsinn, für den viertägigen Lehrgang zu kommen", sagt die 35-Jährige. "Das macht keinen Sinn."

Die Zeit in Australien: "Eine meiner schönsten Erfahrungen"

Ein wesentlicher Grund sind die Reisestrapazen, die Angerer zuletzt regelmäßig hatte. Eben noch in Australien bei Brisbane Roar, nun in den USA vor der nächsten großen Herausforderung. Das eine Auge hat beim Abschied geweint, das andere hat gelacht. Das eine Abenteuer hat sie beendet, das nächste wartet bereits. Australien ist Vergangenheit, Amerika ist Gegenwart und Zukunft zugleich.

Aber bevor Nadine Angerer den Blick nach vorne wirft, muss sie natürlich auch noch einmal zurückschauen. Zu schön war die Zeit am anderen Ende der Welt. Brisbane Roar, Fußball auf dem fünften Kontinent. Sie wollte es unbedingt. Sie wollte diesen Schritt machen. Sie wollte diese Erfahrung. Weg aus Deutschland. Weg von all dem, was sie bereits in- und auswendig kennt. Weg aus der Gewohnheit. Hinein in die Fremde. Hinein in eine völlig neue Kultur. Hinein in ein anderes Leben.

"Es war eine sehr, sehr positive Zeit", sagt Angerer. "Ich habe diesen Schritt zu keinem einzigen Augenblick bereut." Ein gutes halbes Jahr war sie dort, seit September des vergangenen Jahres. Mit Brisbane Roar hat die deutsche Nationaltorhüterin das "Grand Final" der australischen W-League erreicht. Gegen Melbourne Victory FC gab es dann zum Abschluss allerdings ein 0:2. Dennoch überwiegen die positiven Aspekte: "Es war eine der schönsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe."

Noch nie der stromlinienförmige Typ

Nadine Angerer war noch nie der stromlinienförmige Typ. Sie war schon immer etwas anders, speziell, außergewöhnlich, interessant. Deshalb kehrt die 35-Jährige auch vorerst nicht nach Deutschland zurück. Dort kennt die Weltfußballerin und Europas Fußballerin des Jahres 2013 ja bereits alles. Sie hat unter anderem für Bayern München, Turbine Potsdam und den 1. FFC Frankfurt gespielt. Sie hat den DFB-Pokal gewonnen, die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Hallenpokal, den UEFA-Cup. Vieles davon nicht nur einmal. Mehr kann sie hier kaum erreichen.

Aber sie ist noch nicht satt, noch lange nicht. Deshalb hat das neue Abenteuer bereits begonnen. Die USA. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Der NWSL-Teilnehmer Portland Thorns FC ist ihr neuer Verein. "Die Verhältnisse sind sehr professionell", sagt sie. "Im vergangenen Jahr hat der Verein die Liga gewonnen. Wir gehen also als Titelverteidiger in die Saison. Der Druck ist entsprechend hoch. Ich freue mich tierisch auf die Aufgabe, weil es wieder ganz anders werden wird als in Australien."

In Portland Teamkollegin von Alex Morgan und Christine Sinclair

Genau deshalb ist dieser Schritt aus ihrer Sicht auch so logisch. Solange es geht, will sie mit dem Fußball die Welt erkunden - Stagnation ist Rückschritt. In Portland trifft sie auf große Namen des Weltfußballs. US-Topstar Alex Morgan und Kanadas Fußball-Legende Christine Sinclair beispielsweise stehen dort auch unter Vertrag: "Ich freue mich darauf, dass ich mich mit so hervorragenden Spielerinnen in jedem Training messen kann. Da habe ich wirklich Bock drauf. Außerdem war es immer mein Traum, in Amerika zu spielen."

Es war ein stressiges Programm, das sie zuletzt zu absolvieren hatte. Ausruhen war da nicht angesagt. Aber das ist im Moment gar nicht nötig, der Akku ist voll. Nach dem Gewinn des Algarve Cups mit der DFB-Auswahl ist sie beinahe umgehend in die USA geflogen. Am 24. März war ihr erster Tag in Portland. Keine 24 Stunden später ging es mit der gesamten Mannschaft weiter nach Arizona ins Höhentrainingslager.

Und von dort ging es frühzeitig über Los Angeles zurück nach Frankfurt. Schließlich begannen am 1. April bereits die Vorbereitungen auf die beiden WM-Qualifikationsspiele in Irland und am Donnerstag (ab 18 Uhr, live in der ARD) in Mannheim gegen Slowenien. Und sehr zeitnah nach dem Abpfiff geht es zurück in die USA, das erste Ligaspiel steht auf dem Programm.

"Schritt für Schritt unseren Weg gehen"

"Ich weiß noch nicht genau, wie mein Körper den Jetlag verkraftet", sagt Angerer. "Aber ich bekomme das sicher irgendwie hin." So wie sie bis jetzt eigentlich fast immer alles hinbekommen hat. Weil sie genau weiß, dass sie sich immer nur auf die anstehende Aufgabe fokussieren muss. Und das ist nun das Duell mit Slowenien.

Es geht um das Erreichen des nächsten ganz großen Ziels - die Weltmeisterschaft 2015 in Kanada. "Ab jetzt gilt die gesamte Konzentration dem Qualifikationsspiel", sagt Angerer. Alles andere muss noch etwas warten. "Egal wie der Gegner heißt, wir müssen Schritt für Schritt unseren Weg gehen." Deutschland ist klarer Favorit, daran gibt es keinen Zweifel.

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Angerer will ihrer beeindruckenden Karriere im DFB-Trikot noch ein weiteres Sahnehäubchen aufsetzen. Fünfmal hat sie die Europameisterschaft gewonnen, zweimal den WM-Titel geholt - zuletzt 2007. Nachdem 2011 im eigenen Land bereits im Viertelfinale das Aus gegen den späteren Champion Japan kam, will Angerer nun wieder ein gewichtiges Wörtchen um den Titel mitreden, auch wenn sie meint: "Es gibt mindestens acht Nationen, die Weltmeister werden können."

130 Länderspiele seit dem Debüt 1996

Nadine Angerer kann inzwischen auf eine große Karriere in der Nationalmannschaft schauen. Seit fast 18 Jahren ist sie dabei. Im August 1996 feierte sie ihr Debüt bei einem 3:0 gegen die Niederlande. Inzwischen hat sie 130 Begegnungen bestritten, sie ist damit in der Top Ten der Rekordnationalspielerinnen angekommen. Und es hätten noch mehr sein können, wenn sie zu Beginn ihrer Zeit beim DFB mit Silke Rottenberg nicht eine starke Konkurrentin gehabt hätte. Kurios: Bei ihren ersten vier gewonnenen Titeln mit der Nationalmannschaft hat sie keine einzige Minute gespielt.

Sie musste also lange warten, bis sie bei einem großen Turnier auch endlich mal im Mittelpunkt stehen konnte. Es war nicht immer einfach, denn das Warten zählt ja nicht zu ihren größten Stärken. Aber Angerer wusste, dass ihre Zeit noch kommen würde. Und als sie dann da war, ist sie auch nicht mehr weggegangen. Bis heute hat sie ihren Platz gegen die aufstrebenden Konkurrentinnen verteidigt.

Ein Ende dieser Dominanz ist nicht in Sicht. Stichwort Karriereende: "Ich mache mir natürlich Gedanken, aber ich bin noch nicht zu einem Ergebnis gekommen", sagt Angerer. "Ich fühle mich gut, ich fühle mich jung. Warum sollte ich aufhören? So lange ich Spaß habe, gibt es keinen Grund aufzuhören. Und ich habe Spaß." Trotz aller Weltreisen, trotz aller Abenteuer - oder gerade deswegen.

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Nadine Angerer liegt mit der Frauen-Nationalmannschaft in der Qualifikation zur WM 2015 in Kanada auf Kurs. In sechs Spielen feierte das Team von Bundestrainerin Silvia Neid sechs Siege, zuletzt am Samstag beim allerdings glücklichen 3:2 in Irland. Am Donnerstag (ab 18 Uhr, live in der ARD) soll in Mannheim gegen Slowenien der siebte Dreier folgen.

Danach legt die Weltfußballerin im DFB-Team erst mal eine Pause ein. Die neue Torhüterin des US-Klubs Portland Thorns wird zum WM-Qualifikationsspiel am 8. Mai in Osnabrück gegen die Slowakei nicht aus den Staaten anreisen, das hat sie mit Bundestrainerin Silvia Neid abgesprochen. "Es wäre Blödsinn, für den viertägigen Lehrgang zu kommen", sagt die 35-Jährige. "Das macht keinen Sinn."

Die Zeit in Australien: "Eine meiner schönsten Erfahrungen"

Ein wesentlicher Grund sind die Reisestrapazen, die Angerer zuletzt regelmäßig hatte. Eben noch in Australien bei Brisbane Roar, nun in den USA vor der nächsten großen Herausforderung. Das eine Auge hat beim Abschied geweint, das andere hat gelacht. Das eine Abenteuer hat sie beendet, das nächste wartet bereits. Australien ist Vergangenheit, Amerika ist Gegenwart und Zukunft zugleich.

Aber bevor Nadine Angerer den Blick nach vorne wirft, muss sie natürlich auch noch einmal zurückschauen. Zu schön war die Zeit am anderen Ende der Welt. Brisbane Roar, Fußball auf dem fünften Kontinent. Sie wollte es unbedingt. Sie wollte diesen Schritt machen. Sie wollte diese Erfahrung. Weg aus Deutschland. Weg von all dem, was sie bereits in- und auswendig kennt. Weg aus der Gewohnheit. Hinein in die Fremde. Hinein in eine völlig neue Kultur. Hinein in ein anderes Leben.

"Es war eine sehr, sehr positive Zeit", sagt Angerer. "Ich habe diesen Schritt zu keinem einzigen Augenblick bereut." Ein gutes halbes Jahr war sie dort, seit September des vergangenen Jahres. Mit Brisbane Roar hat die deutsche Nationaltorhüterin das "Grand Final" der australischen W-League erreicht. Gegen Melbourne Victory FC gab es dann zum Abschluss allerdings ein 0:2. Dennoch überwiegen die positiven Aspekte: "Es war eine der schönsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe."

Noch nie der stromlinienförmige Typ

Nadine Angerer war noch nie der stromlinienförmige Typ. Sie war schon immer etwas anders, speziell, außergewöhnlich, interessant. Deshalb kehrt die 35-Jährige auch vorerst nicht nach Deutschland zurück. Dort kennt die Weltfußballerin und Europas Fußballerin des Jahres 2013 ja bereits alles. Sie hat unter anderem für Bayern München, Turbine Potsdam und den 1. FFC Frankfurt gespielt. Sie hat den DFB-Pokal gewonnen, die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Hallenpokal, den UEFA-Cup. Vieles davon nicht nur einmal. Mehr kann sie hier kaum erreichen.

Aber sie ist noch nicht satt, noch lange nicht. Deshalb hat das neue Abenteuer bereits begonnen. Die USA. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Der NWSL-Teilnehmer Portland Thorns FC ist ihr neuer Verein. "Die Verhältnisse sind sehr professionell", sagt sie. "Im vergangenen Jahr hat der Verein die Liga gewonnen. Wir gehen also als Titelverteidiger in die Saison. Der Druck ist entsprechend hoch. Ich freue mich tierisch auf die Aufgabe, weil es wieder ganz anders werden wird als in Australien."

In Portland Teamkollegin von Alex Morgan und Christine Sinclair

Genau deshalb ist dieser Schritt aus ihrer Sicht auch so logisch. Solange es geht, will sie mit dem Fußball die Welt erkunden - Stagnation ist Rückschritt. In Portland trifft sie auf große Namen des Weltfußballs. US-Topstar Alex Morgan und Kanadas Fußball-Legende Christine Sinclair beispielsweise stehen dort auch unter Vertrag: "Ich freue mich darauf, dass ich mich mit so hervorragenden Spielerinnen in jedem Training messen kann. Da habe ich wirklich Bock drauf. Außerdem war es immer mein Traum, in Amerika zu spielen."

Es war ein stressiges Programm, das sie zuletzt zu absolvieren hatte. Ausruhen war da nicht angesagt. Aber das ist im Moment gar nicht nötig, der Akku ist voll. Nach dem Gewinn des Algarve Cups mit der DFB-Auswahl ist sie beinahe umgehend in die USA geflogen. Am 24. März war ihr erster Tag in Portland. Keine 24 Stunden später ging es mit der gesamten Mannschaft weiter nach Arizona ins Höhentrainingslager.

Und von dort ging es frühzeitig über Los Angeles zurück nach Frankfurt. Schließlich begannen am 1. April bereits die Vorbereitungen auf die beiden WM-Qualifikationsspiele in Irland und am Donnerstag (ab 18 Uhr, live in der ARD) in Mannheim gegen Slowenien. Und sehr zeitnah nach dem Abpfiff geht es zurück in die USA, das erste Ligaspiel steht auf dem Programm.

"Schritt für Schritt unseren Weg gehen"

"Ich weiß noch nicht genau, wie mein Körper den Jetlag verkraftet", sagt Angerer. "Aber ich bekomme das sicher irgendwie hin." So wie sie bis jetzt eigentlich fast immer alles hinbekommen hat. Weil sie genau weiß, dass sie sich immer nur auf die anstehende Aufgabe fokussieren muss. Und das ist nun das Duell mit Slowenien.

Es geht um das Erreichen des nächsten ganz großen Ziels - die Weltmeisterschaft 2015 in Kanada. "Ab jetzt gilt die gesamte Konzentration dem Qualifikationsspiel", sagt Angerer. Alles andere muss noch etwas warten. "Egal wie der Gegner heißt, wir müssen Schritt für Schritt unseren Weg gehen." Deutschland ist klarer Favorit, daran gibt es keinen Zweifel.

[bild2]

Angerer will ihrer beeindruckenden Karriere im DFB-Trikot noch ein weiteres Sahnehäubchen aufsetzen. Fünfmal hat sie die Europameisterschaft gewonnen, zweimal den WM-Titel geholt - zuletzt 2007. Nachdem 2011 im eigenen Land bereits im Viertelfinale das Aus gegen den späteren Champion Japan kam, will Angerer nun wieder ein gewichtiges Wörtchen um den Titel mitreden, auch wenn sie meint: "Es gibt mindestens acht Nationen, die Weltmeister werden können."

130 Länderspiele seit dem Debüt 1996

Nadine Angerer kann inzwischen auf eine große Karriere in der Nationalmannschaft schauen. Seit fast 18 Jahren ist sie dabei. Im August 1996 feierte sie ihr Debüt bei einem 3:0 gegen die Niederlande. Inzwischen hat sie 130 Begegnungen bestritten, sie ist damit in der Top Ten der Rekordnationalspielerinnen angekommen. Und es hätten noch mehr sein können, wenn sie zu Beginn ihrer Zeit beim DFB mit Silke Rottenberg nicht eine starke Konkurrentin gehabt hätte. Kurios: Bei ihren ersten vier gewonnenen Titeln mit der Nationalmannschaft hat sie keine einzige Minute gespielt.

Sie musste also lange warten, bis sie bei einem großen Turnier auch endlich mal im Mittelpunkt stehen konnte. Es war nicht immer einfach, denn das Warten zählt ja nicht zu ihren größten Stärken. Aber Angerer wusste, dass ihre Zeit noch kommen würde. Und als sie dann da war, ist sie auch nicht mehr weggegangen. Bis heute hat sie ihren Platz gegen die aufstrebenden Konkurrentinnen verteidigt.

Ein Ende dieser Dominanz ist nicht in Sicht. Stichwort Karriereende: "Ich mache mir natürlich Gedanken, aber ich bin noch nicht zu einem Ergebnis gekommen", sagt Angerer. "Ich fühle mich gut, ich fühle mich jung. Warum sollte ich aufhören? So lange ich Spaß habe, gibt es keinen Grund aufzuhören. Und ich habe Spaß." Trotz aller Weltreisen, trotz aller Abenteuer - oder gerade deswegen.