WM 2019: USA verteidigt den Titel

Am 20. Juli beginnt in Australien und Neuseeland die neunte Frauen-WMDeutschland war bisher immer dabei. Ein Rückblick auf die bisherigen WM-Turniere mit besonderem Fokus auf das DFB-Team. Heute: die WM 2019 in Frankreich

Vor dem Turnier:

Um die achte Frauen-WM bewarben sich fünf Länder, von denen drei im Laufe des Jahres 2014 zurückzogen. Übrig blieben Frankreich und Südafrika. Am 19. März 2015 erhielt Frankreich das Placet, vom 7. Juni bis 7. Juli 2019 die WM auszurichten. Es war bereits die dritte in Europa, Afrika ging weiterhin leer aus. Frankreich stellte neun Stadien in neun Spielorten zur Verfügung, womit der Rekord von 2011 (Deutschland) eingestellt wurde. Kunstrasenplätze, die 2015 in Kanada heftige Debatten ausgelöst hatten, waren nicht mehr dabei. Dafür gab es eine andere Herausforderung: alle Mannschaften mussten schon in der Vorrunde durchs Land reisen, fast alle hatten Spiele an drei verschiedenen Orten, keine alle am selben. Die Privilegien der Gruppenköpfe wurden abgeschafft.

Erstmals wurde der Videobeweis bei einer Frauen-WM eingesetzt, während die Schiedsrichter weiblich waren, kamen die Kommandos aus dem Off ausschließlich von Männern.

Teilnehmer:

Wieder gab es 24 Plätze, auch der Modus mit sechs Vierergruppen wurde beibehalten. Die Fifa verzeichnete die Rekordzahl von 148 Meldungen, 75 Prozent ihrer Mitglieder hatten nun auch Frauenmannschaften am Start. Europa bekam einen Platz mehr als 2015, nun waren es neun Teilnehmer. Asien startete mit fünf Mannschaften, die drei nächstgrößeren Kontinentalverbände bekamen je drei und Ozeanien einen.

Schottland, Chile, Jamaika und Südafrika waren erstmals dabei und die sieben "Dinos", die seit 1991 kein Turnier verpasst hatten, waren auch wieder vollständig versammelt: USA, Deutschland, Norwegen, Schweden, Brasilien, Japan und Nigeria. Favoriten war die USA, Deutschland, Frankreich und England.

Turnierverlauf:

Frankreich eröffnete seine eigene WM mit einem glatten 4:0 gegen Südkorea und hielt sich auch gegen Norwegen, das Zweiter wurde, und Nigeria schadlos. Die Afrikanerinnen kamen diesmal über die Platz-Drei-Wertung weiter, zum zweiten Mal im achten Turnier. Südkorea beendete Gruppe A und die WM punktlos.

In Gruppe B löste Deutschland das Achtelfinalticket mit zwei 1:0-Siegen über China und Spanien, um dann erleichtert gegen Südafrika aufzuspielen. Spanien und China folgten dem DFB-Team ins Achtelfinale, Südafrika zahlte Lehrgeld bei der Premiere.

Gruppe C sah ein seltenes Kopfrennen, nach dem drei Mannschaften mit je sechs Punkten im Ziel ankamen: Italien, Australien und Brasilien. Weiter kamen sie alle, Jamaika freute sich über sein erstes WM-Tor beim 1:4 gegen Australien.

Gruppe D führte England und Schottland zusammen, die Tabelle trennte sie wieder. England gewann alle Spiele und wurde Erster, Schottland holte nur einen Punkt und wurde Letzter. Mit den Highlandern fuhren die Argentinierinnen heim, Japan zitterte sich mit 2:3-Toren, aber vier Punkten, ins Achtelfinale. In Gruppe E, die ohne Unentschieden auskam, liefen die Niederlande souverän vor Kanada ein. Kamerun gehörte zu den besten Dritten, damit überstanden erstmals zwei Afrikaner die Vorrunde. Wovon Neuseeland einmal mehr vergeblich träumte. Gruppe F sah die besten Fußballerinnen der Welt auftrumpfen, mit dem Rekord von 18:0 Toren marschierten die USA ins Achtelfinale. 13 fielen allein gegen Thailand in Reims. Es war ein neues WM-Rekordergebnis, zu dem der nächste Stern am US-Himmel, Alex Morgan, fünf Tore beisteuerte. Schweden verlor gegen die US-Girls nur 0:2 und durfte mit ins Achtelfinale, das für die Debütanten aus Chile und Thailand eine Illusion blieb.

Das halbe Achtelfinale bestand aus Europäern und keiner hätte ausscheiden müssen, denn es kam zu keinem direkten Duell. Sieben nutzen diese Chance und machten aus der WM eine EM unter freundlicher Begleitung der USA, die Spanien mit Mühe eliminierte (2:1). Deutschland aber schlug Nigeria ebenso mit 3:0 wie England die Kamerunerinnen, die mit zwei VAR-Entscheidungen des Deutschen Bastian Dankert so unzufrieden waren dass sie kurzfristig in Streik traten.

Italien schickte China heim (2:0), die Niederlande Japan (2:1). Schweden reichte ein Tor gegen Kanada. Die Gastgeberinnen mussten gegen Brasilien in die Verlängerung (2:1) und blieben auf ihrer eigenen Party und Norwegen verhinderte die nächste Enttäuschung erst im Elfmeterschießen gegen Australien, das am Kreidepunkt Nerven zeigte und nur einen Ball verwandeln konnte.

Seltsamerweise verliefen die Viertelfinals glatter, es gab keine Verlängerung. England schlug Norwegen gar mit 3:0, das Überraschungsteam aus den Niederlanden Italien 2:0. Die USA schoss Frankreich mit 2:1 auf die Zuschauerränge, wofür Kapitänin Negan Rapinoe mit einem Doppelschlag wesentlich verantwortlich zeichnete, und auch Deutschland verlor mit diesem Ergebnis – gegen Schweden!

Im Halbfinale hatten die Amerikanerinnen gegen England einiges Glück. Beim 2:1-Sieg vergab Englands Kapitän Steph Houghton in bester Männertradition kurz vor Schluss einen Elfmeter und ein Treffer wurde vom VAR einkassiert. In Lyon kämpften die Niederlande und Schweden um den zweiten Finalplatz, der durch einen Treffer von Jackie Groenen in der Verlängerung (99.) an "Oranje" ging. Es war ein Finale, das niemand auf dem Zettel hatte. Zuvor holten sich die Schwedinnen gegen England (2:1) Platz drei, wieder wurde den Britinnen durch den VAR ein Tor aberkannt.

Das Finale von Lyon sahen zwischenzeitlich 263 Millionen Menschen weltweit, 82 blieben von Anfang bis Ende dabei. Sie sahen einen 2:0-Sieg des Favoriten, der binnen acht Minuten zu seinen Treffern kam. Magin Rapinoe, der Superstar des Turniers, die auch mit klaren Aussagen gegen US-Präsident Donald Trump bestach, stellte per Strafstoß die Weichen, Rose Lavelle sorgte für die Entscheidung. Die USA wurde zum vierten Mal Weltmeister und baute ihren Rekord aus – und nicht nur den. Sie blieben seit 2011 in  19 WM-Spiele ungeschlagen.

Die WM war ein voller Erfolg und weiterer Meilenstein auf dem Weg des Frauenfußballs ins Rampenlicht. Erstmals hatte sie ein Milliardenpublikum. 1,120.000  TV-Zuschauer sahen die 52 Spiele. Gemessen am Stadionbesuch landete diese WM allerdings auf dem fünften Platz. Kurios: es fielen genauso viele Tore wie 2015.

Das Abschneiden der Deutschen:

Hinter der deutschen Mannschaft lagen turbulente Tage. Nach dem planmäßigen Ausscheiden von Silvia Neid 2016 hatte Steffi Jones den Trainerjob übernommen. In Folge einer enttäuschenden EM (Aus im Viertelfinale) wurde sie während der WM-Qualifikation im Frühjahr 2018 entlassen und Horst Hrubesch, zuvor erfolgreich im Juniorenbereich der Männer und bei Olympia, brachte die Frauen über die Ziellinie. Zur WM führte sie dann aber Martina Voss-Tecklenburg, die von 1991 bis 1999 als Spielerin schon WM-Erfahrung gesammelt hatte. "Wir wollen mutig sein", gab sie als Parole aus und lebte das vor, in dem sie bei der Nominierung auf erfahrene Spielerinnen wie Babett Peter und Simone Laudehr verzichtete. Stattdessen waren mit Giulia Gwinn, Klara Bühl und Lena Oberdorf drei Teenager im Kader, der von der neuen Kapitänin Alexandra Popp angeführt wurde. Sie dämpfte die Erwartungen etwas: "Es ist keine Selbstverständlichkeit mehr, dass die deutsche Mannschaft immer ganz oben steht." Aber versuchen wollten sie es doch. In ihrer logistisch anspruchsvollen Gruppe, in der sie im nördlichsten und südlichsten Austragungsort spielen mussten, setzten sie sich durch. Wenn auch weniger souverän, als es neun Punkte auszusagen schienen. Gegen China gab es in Rennes einen glücklichen Sieg (1:0), den die 19jährige Gwinn herausschoss, die Verletzung der in Frankreich spielenden Maroszan trübte die Siegesfreude etwas. Kathrin Hendrich sah es professionell: "Es wäre schon komisch gewesen, wenn im ersten Spiel alles rund gelaufen wäre." Im zweiten war es umso wünschenswerter, gegen Spanien ging es in Valenciennes ganz im Norden Frankreichs schon um den Gruppensieg.

Wieder schossen die Deutschen nur ein Tor und wieder sollte es reichen, da Almuth Schult nach zwei Turnieren auf der Ersatzbank in ihrem dritten unbezwingbar zu sein schien. Das Tor des Tages glückte Sara Däbritz (42.) per Abstauber, wieder war von einem "glücklichen, aber nicht unverdienten Sieg" (Kicker) zu lesen. An dem mit Lena Oberdorf sogar eine 17jährige ihren Anteil hatte, sie rückte für Leupolz in die Startelf und überzeugte. Die Zahlen stimmten, doch Voss-Tecklenburg ließ sich nicht täuschen und erzählte vor dem Spiel gegen Südafrika: "Die Spielerinnen haben sehr viel reflektiert in den letzten Tagen  und sind sehr selbstkritisch. Wir führen viele Gespräche." In Montpellier an der Südspitze Frankreichs ließen sie Taten sprechen. Gegen Südafrika stand es schon zur Pause 3:0, am Ende 4:0. Mit Leupolz, Popp und Lina Magull kamen drei neue Torschützinnen hinzu, Däbritz stockte auf zwei Tore auf. Und bei Schult stand immer noch die Null. Eitel Sonnenschein? Nein. Däbritz: "Das war ein Schritt nach vorne. Aber wir sind alle noch nicht zufrieden mit dem, was wir über 90 Minuten bringen. Wir wissen, dass wir es besser können." Im Achtelfinale fehlte weiterhin Spielmacherin Maroszan, gegen Nigeria machte sich das noch nicht weiter bemerkbar. Ein glattes 3:0 stand nach den 90 Minuten von Grenoble, dem vierten Spielort im vierten Spiel, auf der Anzeigetafel.

Jubilarin Popp hatte im 100. Länderspiel die Weichen per Kopfballtor gestellt und ein weiterer Däbritz-Treffer sorgte frühzeitig für Beruhigung auf der deutschen Bank. Als Lea Schüller nach 62 Minuten zum 3:0 einschoss, war Nigeria geschlagen. Schult hatte wieder niemand überwunden, Parallelen zur WM 2007 kamen so manchem in den Sinn. Damals hatte Nadine Angerer sechs Spiele lang dicht gehalten. Doch Geschichte wiederholt sich nur allzu selten. Vor dem Spiel gegen Schweden, als man zum zweiten Mal nach Rennes durfte, sagte die Trainerin noch: "Die Mannschaft hat einen unglaublichen Charakter. Auch wenn wir noch nicht so glanzvoll spielen, wie wir uns das alle vielleicht wünschen würden. Aber wir freuen uns. Es ist doch keine Selbstverständlichkeit, dass wir bei einer WM ins Viertelfinale einziehen." Mag sein, aber bisher war es so und Niederlagen gegen Schweden gab es bei großen Turnieren auch nicht. Die Öffentlichkeit nahm an dieser Mannschaft Anteil, die Kanzlerin gratulierte per SMS. In einer Kicker-Umfrage erwarteten 25,1 % der Teilnehmer den Titel, 32,6 % den zweiten Platz. Mit einem Aus im Viertelfinale rechneten nur 11,1 % – aber die sollten recht bekommen.

Zunächst ohne Maroszan gingen die Deutschen ins Spiel und es begann gut: Lina Magull gelang das 1:0 (16.), über das sie sich aber nicht lange freuen konnten. Sofia Jakobssons Ausgleich fiel sechs Minuten später und beendete Schults Unverwundbarkeit nach 382 WM-Minuten. Es war der Bruch im deutschen Spiel und der Genickbruch für den Turnierverlauf. "Wir haben uns nach dem Gegentor aus der Ruhe bringen lassen. Das war völlig unnötig. Vielleicht hapert es noch an der Erfahrung", mutmaßte Magull. Zur Pause hieß es 1:1, nun kam Maroszan – aber keine Besserung. Schwedens Stina Blackstenius erwischte die Deutschen kalt und der Spielstand nach 48 Minuten war auch der nach 90. Deutschland war draußen und verpasste auch die Olympia-Qualifikation. Die Bundestrainerin fand noch etwas Positive im Schlechten: "Wir müssen in der Niederlage auch eine Chance sehen, dass sie uns Zeit und einen Rahmen gibt, Entwicklungen anzuschieben." Impulsiver kommentierte Alexandra Popp das Aus. "Ich bin natürlich sehr enttäuscht. Es ist einfach ärgerlich, weil viel mehr drin war. Schweden war nicht so stark", fand die Kapitänin. Dass ihre WM-Karriere erfreulicher enden kann, ist aber weiterhin möglich. Ab Montag in Australien und Neuseeland.

Fakten:

Tore: 146 (2,81) wie Vorjahr

Torschützenkönigin: Megan Rapinoe (USA/6)

Beste Spielerin: Megan Rapinoe

Goldener Handschuh: Sari van Veenendaal (Niederlande)

Beste junge Spielern: Julia Gwinn

Zuschauer: 1.131.312 (21.756)

Stimmen:

Sarai Bareman (Frauenfußballbeauftragte der Fifa): "Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft in Frankreich war natürlich der absolute Höhepunkt des Jahres 2019! Ich erinnere mich noch gut an das Finale in Lyon. Ich stand im Stadion und mir liefen Freudentränen übers Gesicht. Ich war sehr ergriffen von den Fortschritten, die wir im Frauenfußball erreicht haben und den positiven Auswirkungen, die das auf Jahre hinaus für unzählige Mädchen und Frauen rund um die Welt haben wird."

Gianni Infantino (Fifa-Präsident): "Die  Weltmeisterschaft in Frankreich war nicht nur ein sportliches Großereignis sondern ebenso sehr ein kulturelles Phänomen. Dass wir die Marke von einer Milliarde Zuschauern geknackt haben, beweist eindrucksvoll die Zugkraft des Frauenfußballs. Wenn wir Weltklassefußball entsprechend fördern und übertragen, egal ob bei den Männern oder bei den Frauen, wollen die Fans das auch sehen."

Alexandra Popp: "Man hat gemerkt und während der WM gesehen, was im Frauenfußball möglich ist. Es wäre natürlich schön, wenn wir trotz unseres Ausscheidens weiterhin viel Aufmerksamkeit bekommen können."

Nadine Angerer: "Kopf hoch, DFB-Frauen! Ihr seid eine goldene Generation, habt tollen Charakter und ihr versprüht positive Energie."

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Am 20. Juli beginnt in Australien und Neuseeland die neunte Frauen-WMDeutschland war bisher immer dabei. Ein Rückblick auf die bisherigen WM-Turniere mit besonderem Fokus auf das DFB-Team. Heute: die WM 2019 in Frankreich

Vor dem Turnier:

Um die achte Frauen-WM bewarben sich fünf Länder, von denen drei im Laufe des Jahres 2014 zurückzogen. Übrig blieben Frankreich und Südafrika. Am 19. März 2015 erhielt Frankreich das Placet, vom 7. Juni bis 7. Juli 2019 die WM auszurichten. Es war bereits die dritte in Europa, Afrika ging weiterhin leer aus. Frankreich stellte neun Stadien in neun Spielorten zur Verfügung, womit der Rekord von 2011 (Deutschland) eingestellt wurde. Kunstrasenplätze, die 2015 in Kanada heftige Debatten ausgelöst hatten, waren nicht mehr dabei. Dafür gab es eine andere Herausforderung: alle Mannschaften mussten schon in der Vorrunde durchs Land reisen, fast alle hatten Spiele an drei verschiedenen Orten, keine alle am selben. Die Privilegien der Gruppenköpfe wurden abgeschafft.

Erstmals wurde der Videobeweis bei einer Frauen-WM eingesetzt, während die Schiedsrichter weiblich waren, kamen die Kommandos aus dem Off ausschließlich von Männern.

Teilnehmer:

Wieder gab es 24 Plätze, auch der Modus mit sechs Vierergruppen wurde beibehalten. Die Fifa verzeichnete die Rekordzahl von 148 Meldungen, 75 Prozent ihrer Mitglieder hatten nun auch Frauenmannschaften am Start. Europa bekam einen Platz mehr als 2015, nun waren es neun Teilnehmer. Asien startete mit fünf Mannschaften, die drei nächstgrößeren Kontinentalverbände bekamen je drei und Ozeanien einen.

Schottland, Chile, Jamaika und Südafrika waren erstmals dabei und die sieben "Dinos", die seit 1991 kein Turnier verpasst hatten, waren auch wieder vollständig versammelt: USA, Deutschland, Norwegen, Schweden, Brasilien, Japan und Nigeria. Favoriten war die USA, Deutschland, Frankreich und England.

Turnierverlauf:

Frankreich eröffnete seine eigene WM mit einem glatten 4:0 gegen Südkorea und hielt sich auch gegen Norwegen, das Zweiter wurde, und Nigeria schadlos. Die Afrikanerinnen kamen diesmal über die Platz-Drei-Wertung weiter, zum zweiten Mal im achten Turnier. Südkorea beendete Gruppe A und die WM punktlos.

In Gruppe B löste Deutschland das Achtelfinalticket mit zwei 1:0-Siegen über China und Spanien, um dann erleichtert gegen Südafrika aufzuspielen. Spanien und China folgten dem DFB-Team ins Achtelfinale, Südafrika zahlte Lehrgeld bei der Premiere.

Gruppe C sah ein seltenes Kopfrennen, nach dem drei Mannschaften mit je sechs Punkten im Ziel ankamen: Italien, Australien und Brasilien. Weiter kamen sie alle, Jamaika freute sich über sein erstes WM-Tor beim 1:4 gegen Australien.

Gruppe D führte England und Schottland zusammen, die Tabelle trennte sie wieder. England gewann alle Spiele und wurde Erster, Schottland holte nur einen Punkt und wurde Letzter. Mit den Highlandern fuhren die Argentinierinnen heim, Japan zitterte sich mit 2:3-Toren, aber vier Punkten, ins Achtelfinale. In Gruppe E, die ohne Unentschieden auskam, liefen die Niederlande souverän vor Kanada ein. Kamerun gehörte zu den besten Dritten, damit überstanden erstmals zwei Afrikaner die Vorrunde. Wovon Neuseeland einmal mehr vergeblich träumte. Gruppe F sah die besten Fußballerinnen der Welt auftrumpfen, mit dem Rekord von 18:0 Toren marschierten die USA ins Achtelfinale. 13 fielen allein gegen Thailand in Reims. Es war ein neues WM-Rekordergebnis, zu dem der nächste Stern am US-Himmel, Alex Morgan, fünf Tore beisteuerte. Schweden verlor gegen die US-Girls nur 0:2 und durfte mit ins Achtelfinale, das für die Debütanten aus Chile und Thailand eine Illusion blieb.

Das halbe Achtelfinale bestand aus Europäern und keiner hätte ausscheiden müssen, denn es kam zu keinem direkten Duell. Sieben nutzen diese Chance und machten aus der WM eine EM unter freundlicher Begleitung der USA, die Spanien mit Mühe eliminierte (2:1). Deutschland aber schlug Nigeria ebenso mit 3:0 wie England die Kamerunerinnen, die mit zwei VAR-Entscheidungen des Deutschen Bastian Dankert so unzufrieden waren dass sie kurzfristig in Streik traten.

Italien schickte China heim (2:0), die Niederlande Japan (2:1). Schweden reichte ein Tor gegen Kanada. Die Gastgeberinnen mussten gegen Brasilien in die Verlängerung (2:1) und blieben auf ihrer eigenen Party und Norwegen verhinderte die nächste Enttäuschung erst im Elfmeterschießen gegen Australien, das am Kreidepunkt Nerven zeigte und nur einen Ball verwandeln konnte.

Seltsamerweise verliefen die Viertelfinals glatter, es gab keine Verlängerung. England schlug Norwegen gar mit 3:0, das Überraschungsteam aus den Niederlanden Italien 2:0. Die USA schoss Frankreich mit 2:1 auf die Zuschauerränge, wofür Kapitänin Negan Rapinoe mit einem Doppelschlag wesentlich verantwortlich zeichnete, und auch Deutschland verlor mit diesem Ergebnis – gegen Schweden!

Im Halbfinale hatten die Amerikanerinnen gegen England einiges Glück. Beim 2:1-Sieg vergab Englands Kapitän Steph Houghton in bester Männertradition kurz vor Schluss einen Elfmeter und ein Treffer wurde vom VAR einkassiert. In Lyon kämpften die Niederlande und Schweden um den zweiten Finalplatz, der durch einen Treffer von Jackie Groenen in der Verlängerung (99.) an "Oranje" ging. Es war ein Finale, das niemand auf dem Zettel hatte. Zuvor holten sich die Schwedinnen gegen England (2:1) Platz drei, wieder wurde den Britinnen durch den VAR ein Tor aberkannt.

Das Finale von Lyon sahen zwischenzeitlich 263 Millionen Menschen weltweit, 82 blieben von Anfang bis Ende dabei. Sie sahen einen 2:0-Sieg des Favoriten, der binnen acht Minuten zu seinen Treffern kam. Magin Rapinoe, der Superstar des Turniers, die auch mit klaren Aussagen gegen US-Präsident Donald Trump bestach, stellte per Strafstoß die Weichen, Rose Lavelle sorgte für die Entscheidung. Die USA wurde zum vierten Mal Weltmeister und baute ihren Rekord aus – und nicht nur den. Sie blieben seit 2011 in  19 WM-Spiele ungeschlagen.

Die WM war ein voller Erfolg und weiterer Meilenstein auf dem Weg des Frauenfußballs ins Rampenlicht. Erstmals hatte sie ein Milliardenpublikum. 1,120.000  TV-Zuschauer sahen die 52 Spiele. Gemessen am Stadionbesuch landete diese WM allerdings auf dem fünften Platz. Kurios: es fielen genauso viele Tore wie 2015.

Das Abschneiden der Deutschen:

Hinter der deutschen Mannschaft lagen turbulente Tage. Nach dem planmäßigen Ausscheiden von Silvia Neid 2016 hatte Steffi Jones den Trainerjob übernommen. In Folge einer enttäuschenden EM (Aus im Viertelfinale) wurde sie während der WM-Qualifikation im Frühjahr 2018 entlassen und Horst Hrubesch, zuvor erfolgreich im Juniorenbereich der Männer und bei Olympia, brachte die Frauen über die Ziellinie. Zur WM führte sie dann aber Martina Voss-Tecklenburg, die von 1991 bis 1999 als Spielerin schon WM-Erfahrung gesammelt hatte. "Wir wollen mutig sein", gab sie als Parole aus und lebte das vor, in dem sie bei der Nominierung auf erfahrene Spielerinnen wie Babett Peter und Simone Laudehr verzichtete. Stattdessen waren mit Giulia Gwinn, Klara Bühl und Lena Oberdorf drei Teenager im Kader, der von der neuen Kapitänin Alexandra Popp angeführt wurde. Sie dämpfte die Erwartungen etwas: "Es ist keine Selbstverständlichkeit mehr, dass die deutsche Mannschaft immer ganz oben steht." Aber versuchen wollten sie es doch. In ihrer logistisch anspruchsvollen Gruppe, in der sie im nördlichsten und südlichsten Austragungsort spielen mussten, setzten sie sich durch. Wenn auch weniger souverän, als es neun Punkte auszusagen schienen. Gegen China gab es in Rennes einen glücklichen Sieg (1:0), den die 19jährige Gwinn herausschoss, die Verletzung der in Frankreich spielenden Maroszan trübte die Siegesfreude etwas. Kathrin Hendrich sah es professionell: "Es wäre schon komisch gewesen, wenn im ersten Spiel alles rund gelaufen wäre." Im zweiten war es umso wünschenswerter, gegen Spanien ging es in Valenciennes ganz im Norden Frankreichs schon um den Gruppensieg.

Wieder schossen die Deutschen nur ein Tor und wieder sollte es reichen, da Almuth Schult nach zwei Turnieren auf der Ersatzbank in ihrem dritten unbezwingbar zu sein schien. Das Tor des Tages glückte Sara Däbritz (42.) per Abstauber, wieder war von einem "glücklichen, aber nicht unverdienten Sieg" (Kicker) zu lesen. An dem mit Lena Oberdorf sogar eine 17jährige ihren Anteil hatte, sie rückte für Leupolz in die Startelf und überzeugte. Die Zahlen stimmten, doch Voss-Tecklenburg ließ sich nicht täuschen und erzählte vor dem Spiel gegen Südafrika: "Die Spielerinnen haben sehr viel reflektiert in den letzten Tagen  und sind sehr selbstkritisch. Wir führen viele Gespräche." In Montpellier an der Südspitze Frankreichs ließen sie Taten sprechen. Gegen Südafrika stand es schon zur Pause 3:0, am Ende 4:0. Mit Leupolz, Popp und Lina Magull kamen drei neue Torschützinnen hinzu, Däbritz stockte auf zwei Tore auf. Und bei Schult stand immer noch die Null. Eitel Sonnenschein? Nein. Däbritz: "Das war ein Schritt nach vorne. Aber wir sind alle noch nicht zufrieden mit dem, was wir über 90 Minuten bringen. Wir wissen, dass wir es besser können." Im Achtelfinale fehlte weiterhin Spielmacherin Maroszan, gegen Nigeria machte sich das noch nicht weiter bemerkbar. Ein glattes 3:0 stand nach den 90 Minuten von Grenoble, dem vierten Spielort im vierten Spiel, auf der Anzeigetafel.

Jubilarin Popp hatte im 100. Länderspiel die Weichen per Kopfballtor gestellt und ein weiterer Däbritz-Treffer sorgte frühzeitig für Beruhigung auf der deutschen Bank. Als Lea Schüller nach 62 Minuten zum 3:0 einschoss, war Nigeria geschlagen. Schult hatte wieder niemand überwunden, Parallelen zur WM 2007 kamen so manchem in den Sinn. Damals hatte Nadine Angerer sechs Spiele lang dicht gehalten. Doch Geschichte wiederholt sich nur allzu selten. Vor dem Spiel gegen Schweden, als man zum zweiten Mal nach Rennes durfte, sagte die Trainerin noch: "Die Mannschaft hat einen unglaublichen Charakter. Auch wenn wir noch nicht so glanzvoll spielen, wie wir uns das alle vielleicht wünschen würden. Aber wir freuen uns. Es ist doch keine Selbstverständlichkeit, dass wir bei einer WM ins Viertelfinale einziehen." Mag sein, aber bisher war es so und Niederlagen gegen Schweden gab es bei großen Turnieren auch nicht. Die Öffentlichkeit nahm an dieser Mannschaft Anteil, die Kanzlerin gratulierte per SMS. In einer Kicker-Umfrage erwarteten 25,1 % der Teilnehmer den Titel, 32,6 % den zweiten Platz. Mit einem Aus im Viertelfinale rechneten nur 11,1 % – aber die sollten recht bekommen.

Zunächst ohne Maroszan gingen die Deutschen ins Spiel und es begann gut: Lina Magull gelang das 1:0 (16.), über das sie sich aber nicht lange freuen konnten. Sofia Jakobssons Ausgleich fiel sechs Minuten später und beendete Schults Unverwundbarkeit nach 382 WM-Minuten. Es war der Bruch im deutschen Spiel und der Genickbruch für den Turnierverlauf. "Wir haben uns nach dem Gegentor aus der Ruhe bringen lassen. Das war völlig unnötig. Vielleicht hapert es noch an der Erfahrung", mutmaßte Magull. Zur Pause hieß es 1:1, nun kam Maroszan – aber keine Besserung. Schwedens Stina Blackstenius erwischte die Deutschen kalt und der Spielstand nach 48 Minuten war auch der nach 90. Deutschland war draußen und verpasste auch die Olympia-Qualifikation. Die Bundestrainerin fand noch etwas Positive im Schlechten: "Wir müssen in der Niederlage auch eine Chance sehen, dass sie uns Zeit und einen Rahmen gibt, Entwicklungen anzuschieben." Impulsiver kommentierte Alexandra Popp das Aus. "Ich bin natürlich sehr enttäuscht. Es ist einfach ärgerlich, weil viel mehr drin war. Schweden war nicht so stark", fand die Kapitänin. Dass ihre WM-Karriere erfreulicher enden kann, ist aber weiterhin möglich. Ab Montag in Australien und Neuseeland.

Fakten:

Tore: 146 (2,81) wie Vorjahr

Torschützenkönigin: Megan Rapinoe (USA/6)

Beste Spielerin: Megan Rapinoe

Goldener Handschuh: Sari van Veenendaal (Niederlande)

Beste junge Spielern: Julia Gwinn

Zuschauer: 1.131.312 (21.756)

Stimmen:

Sarai Bareman (Frauenfußballbeauftragte der Fifa): "Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft in Frankreich war natürlich der absolute Höhepunkt des Jahres 2019! Ich erinnere mich noch gut an das Finale in Lyon. Ich stand im Stadion und mir liefen Freudentränen übers Gesicht. Ich war sehr ergriffen von den Fortschritten, die wir im Frauenfußball erreicht haben und den positiven Auswirkungen, die das auf Jahre hinaus für unzählige Mädchen und Frauen rund um die Welt haben wird."

Gianni Infantino (Fifa-Präsident): "Die  Weltmeisterschaft in Frankreich war nicht nur ein sportliches Großereignis sondern ebenso sehr ein kulturelles Phänomen. Dass wir die Marke von einer Milliarde Zuschauern geknackt haben, beweist eindrucksvoll die Zugkraft des Frauenfußballs. Wenn wir Weltklassefußball entsprechend fördern und übertragen, egal ob bei den Männern oder bei den Frauen, wollen die Fans das auch sehen."

Alexandra Popp: "Man hat gemerkt und während der WM gesehen, was im Frauenfußball möglich ist. Es wäre natürlich schön, wenn wir trotz unseres Ausscheidens weiterhin viel Aufmerksamkeit bekommen können."

Nadine Angerer: "Kopf hoch, DFB-Frauen! Ihr seid eine goldene Generation, habt tollen Charakter und ihr versprüht positive Energie."

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