WM 2015: USA im Halbfinale zu stark

Am 20. Juli begann in Australien und Neuseeland die neunte Frauen-WMDeutschland war bisher immer dabei. Ein Rückblick auf die bisherigen WM-Turniere mit besonderem Fokus auf das DFB-Team. Heute: die WM 2015 in Kanada.

Vor dem Turnier:

Die starke Resonanz bei den vorherigen Turnieren bewog die FIFA im März 2009 zu einer Erweiterung der WM auf 24 Mannschaften und 52 Spiele. Dies mag Simbabwe bewogen haben, am 1. März 2011 seine Bewerbung zurückzuziehen (offiziell "infrastrukturelle Faktoren") und Kanada das Feld zu überlassen. Das Land war ohnehin der Favorit, war es doch schon für 2011 in der Endausscheidung gewesen. Kanada verteilte die WM auf sechs Spielorte und überraschte mit einer Besonderheit: in fünf Stadien lag Kunstrasen, nur in Montcon war das Grün echt. Wegen der hohen Verletzungsgefahr klagten 61 Spielerinnen, angeführt von Nadine Angerer und US-Star Abby Wambach, im Oktober 2014 Klage gegen die Fifa und den kanadischen Verband. "Männer würden nie auf Kunstrasen spielen!", war das Argument der Frauen, die ihre Klage letztlich zurückzogen. Ebenfalls speziell: die Orte in dem riesigen nordamerikanischen Land verteilten sich auf fünf verschiedene Zeitzonen! Wieder kamen alle Spiele live im deutschen Fernsehen und die Fifa erhöhte die Prämien erneut, den Weltmeisterinnen winkten allein 2 Millionen US-Dollar.

Teilnehmer:

Das um 50 Prozent aufgestockte Teilnehmerfeld ermöglichte die Anwesenheit von acht Debütanten:

Die Niederlande, Schweiz, Spanien, Ecuador, Costa Rica, Elfenbeinküste, Kamerun, Thailand spielten ihre erste WM. Wie immer dabei: USA, Deutschland, Norwegen, Schweden, Brasilien, Japan und Nigeria. Europa stellte ein Drittel der Teilnehmer (acht),  Asien/ Australien fünf, Nord- und Mittelamerika/Karibik vierSüdamerika und Afrika drei. Ozeanien wurde einmal mehr von Neuseeland vertreten. Erstmals gab es sechs Viergruppen, die vier besten Dritten durften die beiden Bestplatzierten der sechs Gruppen ins Achtelfinale begleiten.

Turnierverlauf:

Die Gastgeberinnen eröffneten das Turnier in Edmonton, wo sich der Kunstrasen auf 49 Grad erhitzte, mit einer Überraschung und schlugen China 1:0. Am Ende kamen beide weiter in einer Gruppe, in der pro Spiel nur 1,5 Tore fielen und der Gruppensieger (Kanada) ein Torverhältnis von 2:1 aufwies. Dramatisch das Aus für Neuling Niederlande, der mit 2:2 Toren gegenüber China (3:3) bei Punktgleichheit das Nachsehen hatte. Neuseeland schied auch bei seiner vierten WM in der Vorrunde aus, immerhin mit einem neuen Punkterekord (zwei).

In Gruppe B setzten sich die Europäerinnen durch, Deutschland und Norwegen trennten sich friedlich 1:1 und schlugen die Mitbewerber Thailand und Elfenbeinküste. Das 10:0 der DFB-Frauen im Auftaktspiel gegen die Afrikanerinnen wurde das höchste Ergebnis des Turniers und bekräftigte die Skeptiker der Ausweitung auf 24 Teams.

Denen gab auch die Performance von Ecuador in Gruppe C Nahrung: nach einem 0:6 gegen Kamerun und einem 1:10 gegen die Schweiz waren sie vorzeitig raus, umso erstaunlicher das achtbare 0:1 gegen Weltmeister Japan, der mit nur 4:1 Toren auch ein Weltmeister der Effizienz war und alle Spiele gewann. Platz zwei ging an Neuling Kamerun, der auch die Schweiz schlug. Diese durfte dank ihrer Tordifferenz auch als Dritte ins Viertelfinale.

Gruppe D ging an die USA, die aber nie weniger Vorrundentore erzielte (vier) und gegen Schweden (0:0) Federn lassen musste, weshalb das letzte Spiel gegen Schlusslicht Nigeria zum Zitterspiel wurde (1:0). Platz zwei ging an Australien, auch Schweden reichte der dritte Platz fürs Achtelfinale.

Gruppe E bot ein weiteres Beispiel dafür, dass den Favoriten in Kanada der Torhunger abhanden gekommen war. Brasilien gewann alle Spiele mit einer Gesamtbilanz von 4:0 Toren – vor Südkorea, das im letzten Spiel Spanien aus dem Turnier schoss (2:1). Auch Costa Rica, das in jeder Partie mithielt, reiste mit zwei Punkten ab.

Gruppe F sah die Europäer jubeln: Frankreich und England holten jeweils sechs Punkte, mit dem 5:0 zum Abschluss über Mexiko verschafften sich die Französinnen die beste Tordifferenz. England verwies Kolumbien auf Platz drei, der aber auch zum Weiterkommen reichte.

In den Achtelfinals waren noch sieben von ursprünglich acht Europäern dabei (außer Spanien), doch wurden sie durch den Turnierbaum zwangsläufig reduziert. Europameister Deutschland sorgte für das torreichste Spiel dieser Runde und schickte Lieblingsgegner Schweden nach Hause (4:1). England kam überraschend zu einem 2:1 über Norwegen, das sein zweites enttäuschendes Turnier in Folge spielte. Frankreich gewann souverän gegen Südkorea (3:0), für Debütant Niederlande war die Reise nach einem ehrenhaften 1:2 gegen Japan zu Ende. Gleiches galt für die Schweiz, die Kanada 0:1 unterlag. Mit dem knappsten aller Ergebnisse qualifizierten sich auch China (gegen Kamerun) und Australien (gegen Brasilien!). Keine Partie musste in die Verlängerung. Das änderte sich im Viertelfinale, als sich Deutschland und Frankreich trotzdem nicht auf einen Sieger einigen konnten. Den ermittelten sie vom Kreidepunkt und die deutsche Spezialität erfuhr eine Fortsetzung. Auch sonst gab es nur knappe Siege. Die USA schlug China ebenso 1:0 wie Japan Australien und Außenseiter England warf die Gastgeberinnen raus (2:1). Im Halbfinale setzten sich die US-Girls gegen die Deutschen durch (2:0) und nahmen Revanche für 2003, als die DFB-Girls sie mit 3:0 abfertigten. Japan bewies, dass sein Titelgewinn von 2011 kein Zufall war und zog erneut ins Finale ein (2:1 gegen England). Im Spiel um Platz 3 holten sich die Britinnen die Bronzemedaille gegen Deutschland in der Verlängerung (1:0). Das Finale entschädigte für manche karge Fußballkost, wenn es auch jeglicher Spannung entbehrte. Die USA gewann mit 5:2 und führte nach 16 Minuten bereits 4:0, Spielführerin Carli Lloyd erzielte allein drei Treffer und zog mit der Deutschen Celia Sasic gleich (beide sechs), der letztlich der Goldene Schuh verliehen wurde, weil sie dafür weniger Einsatzminuten benötigte.

Das Finale in Vancouver sahen 53.341 Zuschauer, was den absoluten Zuschauerrekord für eine Frauen-WM noch ein Stückchen in die Höhe trieb. Relativ indes war es nur die am viertbesten besuchte WM, nach der sich die USA mit nunmehr drei Titeln als alleinige Rekordweltmeister bezeichnen durfte.

Das Abschneiden der Deutschen:

Zum dritten Mal führte Silvia Neid das DFB-Team zu einer WM, der siebte EM-Titel in 2013 hatte ihre Position wieder gestärkt. Erstmals durfte sie 23 Spielerinnen nominieren, zehn von ihnen hatten die Enttäuschung der Heim-WM 2011 miterlebt. Leonie Maier gehörte nicht dazu und konnte entsprechend unbefangen verkünden: "Wir wollen den dritten Stern und werden alles dafür tun." Zunächst waren die Anforderungen dafür denkbar niedrig, gegen die Elfenbeinküste machten es die Deutschen zweistellig (10:0). Celia Sasic, frühere Okoyino da Mbabi, fand auch bei ihrer zweiten WM schnell den Weg zum Tor und erzielte im steten Wechsel mit Anja Mittag drei Treffer. Ab dem 7:0 waren auch andere mal dran: Simone Laudehr, Sara Däbritz, Melanie Behringer und Alexandra Popp machten es zweistellig in Ottawa. Einziger Wermutstropfen des WM-Auftakts mit Testspielcharakter war die Verletzung von Melanie Leupolz, die nach einer Viertelstunde ausschied. Sie fehlte prompt beim 1:1 gegen Norwegen, als die Deutschen es versäumten, vor der Pause eine mögliche höhere Führung herauszuschießen. So wurde das 1:0, es war schon der vierte Turniertreffer von Mittag (6.) nach einer Stunde noch ausgeglichen. So musste im letzten Gruppenspiel, für das man nach Winnipeg umzog, ein Pflichtsieg über Thailand her. Der wurde eingefahren (4:0), die ersten drei Tore fielen per Kopf. Die genesene Leupolz machte den Anfang, die zur Pause eingewechselte Freiburgerin Lena Petermann wurde mit einem Doppelschlag (56., 58.) zur Matchwinnerin. Den Schlusspunkt setzte Däbritz nach einem weiteren absurd einseitigen Spiel, zu dem der Kicker ein Chancenverhältnis von 13:0 notierte. Alexandra Popp forderte nach der Vorrunde: "Wir sind Gruppenerster, trotzdem muss noch eine enorme Leistungssteigerung her. Wir müssen wieder unsere Konstanz finden und konzentrierter im Abschluss sein."

Nach dem Achtelfinale, das wieder in Ottawa stattfand, gab es kaum Grund zum Klagen. Silvia Neid hatte zwar "eine Partie auf Augenhöhe" gegen den alten Rivalen Schweden prophezeit, aber schon früh schauten die Skandinavierinnen zu den Deutschen auf. Mittag und Sasic, die torreichen Zwei, sorgten für eine 2:0-Pausenführung, Sasic‘-Kopfball zum 3:0 (78.) machte den Sack zu. Nach dem schwedischen Ehrentor stellte Joker Dzsenifer Maroszan den 4:1-Endstand her – gerechter Lohn für das bis dahin beste deutsche Spiel in Kanada. "Riesenkompliment an meine Mannschaft", sagte Neid, die von ihren Schützlingen selbst überrascht war. Im Viertelfinale warteten erneut Europäer, das im Frauenfußball aufstrebende Frankreich ((Weltranglistenplatz 3) stellte sich in Montreal zum Kampf. Der ging über 120 Minuten und hatte keinen Sieger –

1:1 hieß es nach Treffern Necib (64.) und Sasic (84., Handelfmeter). Im Elfmeterschießen saßen die ersten neun Schüsse, dann packte sich "Natze" Angerer den von Lavogez und Deutschland stand im Halbfinale. Verteidigerin Babett Peter sagte: "Es hat gestern vielleicht nicht die beste Mannschaft gewonnen, aber das beste Team."

Nun durften sie in Montreal bleiben, wo es am 1. Juli gegen die Weltmeisterinnen ging. Angerer ahnte schon: "Auf uns kommt ein ICE zu gerast" und so war es auch. Sie selbst rettete noch ein 0:0 in die Pause und nach 60 Minuten hätte Sasic gar das 1:0 erzielen können, doch setzte sie nach zuvor vier Treffern ihren fünften Elfmeter bei dieser WM knapp neben das Tor. Danach fühlte sie sich "beschissen" und musste von den Kolleginnen aufgebaut werden. "Als der Elfmeter daneben ging, wusste ich dass wir gewinnen werden", sagte US-Verteidigerin Alli Krieger. Neun Minuten später erzielte Carli Lloyd das 1:0 für die USA, O’Hara entschied die Partie dann (84.). Der deutsche Traum war aus, aber sie gingen erhobenen Hauptes ins Spiel um Platz drei. Neid: "Wir gehören zu den besten vier Mannschaften der Welt. Ich bin zufrieden und stolz."

Mehr als Platz vier wurde es dann nicht, weil auch im letzten Spiel die Torflaute anhielt, die nach dem 4:1 über Schweden einsetzte. Zum dritten Mal in Folge fiel kein Treffer aus dem Spiel und zum zweiten Mal in Folge fiel überhaupt keiner. So reichte den Engländerinnen ein von Tabea Kemme in der 108. Minute verschuldeter Foulelfmeter, um die Bronzemedaille zu gewinnen. Williams verlud Angerer, die nach dieser Partie zurücktrat und wohl auch deswegen ein paar Tränen vergoss. Es passte zur Stimmung im deutschen Lager, weil das eigentlich gute Turnier mit zwei Niederlagen endete. Popp gab zu: "Es war gegen Ende nicht mehr unsere WM."

Fakten:

Tore: 146 (2,81)

Torschützenkönigin: Celia Sasic (Deutschland/6)

Beste Spielerin: Carli Lloyd (USA)

Goldener Handschuh: Hope Solo (USA)

Zuschauer: 1.353.506 (26.029)

Stimmen:

Barack Obama (US-Präsident): "Welch ein Sieg für das Team USA! Große Leistung, Carli Lloyd! Ihr Land ist so stolz auf Sie. Kommen Sie bald mit dem Weltpokal ins Weiße Haus."

Lena Goeßling: "Ich möchte nicht noch mal eine WM auf Kunstrasen spielen – es ist einfach ein anderer Fußball. Die Leistungsdichte im Frauenfußball ist größer geworden. Es waren viele ausgeglichene Spiele dabei."

Silvia Neid: "Je schwerer die Gegner wurden, desto schwerer haben auch wir uns getan."

[um]

Am 20. Juli begann in Australien und Neuseeland die neunte Frauen-WMDeutschland war bisher immer dabei. Ein Rückblick auf die bisherigen WM-Turniere mit besonderem Fokus auf das DFB-Team. Heute: die WM 2015 in Kanada.

Vor dem Turnier:

Die starke Resonanz bei den vorherigen Turnieren bewog die FIFA im März 2009 zu einer Erweiterung der WM auf 24 Mannschaften und 52 Spiele. Dies mag Simbabwe bewogen haben, am 1. März 2011 seine Bewerbung zurückzuziehen (offiziell "infrastrukturelle Faktoren") und Kanada das Feld zu überlassen. Das Land war ohnehin der Favorit, war es doch schon für 2011 in der Endausscheidung gewesen. Kanada verteilte die WM auf sechs Spielorte und überraschte mit einer Besonderheit: in fünf Stadien lag Kunstrasen, nur in Montcon war das Grün echt. Wegen der hohen Verletzungsgefahr klagten 61 Spielerinnen, angeführt von Nadine Angerer und US-Star Abby Wambach, im Oktober 2014 Klage gegen die Fifa und den kanadischen Verband. "Männer würden nie auf Kunstrasen spielen!", war das Argument der Frauen, die ihre Klage letztlich zurückzogen. Ebenfalls speziell: die Orte in dem riesigen nordamerikanischen Land verteilten sich auf fünf verschiedene Zeitzonen! Wieder kamen alle Spiele live im deutschen Fernsehen und die Fifa erhöhte die Prämien erneut, den Weltmeisterinnen winkten allein 2 Millionen US-Dollar.

Teilnehmer:

Das um 50 Prozent aufgestockte Teilnehmerfeld ermöglichte die Anwesenheit von acht Debütanten:

Die Niederlande, Schweiz, Spanien, Ecuador, Costa Rica, Elfenbeinküste, Kamerun, Thailand spielten ihre erste WM. Wie immer dabei: USA, Deutschland, Norwegen, Schweden, Brasilien, Japan und Nigeria. Europa stellte ein Drittel der Teilnehmer (acht),  Asien/ Australien fünf, Nord- und Mittelamerika/Karibik vierSüdamerika und Afrika drei. Ozeanien wurde einmal mehr von Neuseeland vertreten. Erstmals gab es sechs Viergruppen, die vier besten Dritten durften die beiden Bestplatzierten der sechs Gruppen ins Achtelfinale begleiten.

Turnierverlauf:

Die Gastgeberinnen eröffneten das Turnier in Edmonton, wo sich der Kunstrasen auf 49 Grad erhitzte, mit einer Überraschung und schlugen China 1:0. Am Ende kamen beide weiter in einer Gruppe, in der pro Spiel nur 1,5 Tore fielen und der Gruppensieger (Kanada) ein Torverhältnis von 2:1 aufwies. Dramatisch das Aus für Neuling Niederlande, der mit 2:2 Toren gegenüber China (3:3) bei Punktgleichheit das Nachsehen hatte. Neuseeland schied auch bei seiner vierten WM in der Vorrunde aus, immerhin mit einem neuen Punkterekord (zwei).

In Gruppe B setzten sich die Europäerinnen durch, Deutschland und Norwegen trennten sich friedlich 1:1 und schlugen die Mitbewerber Thailand und Elfenbeinküste. Das 10:0 der DFB-Frauen im Auftaktspiel gegen die Afrikanerinnen wurde das höchste Ergebnis des Turniers und bekräftigte die Skeptiker der Ausweitung auf 24 Teams.

Denen gab auch die Performance von Ecuador in Gruppe C Nahrung: nach einem 0:6 gegen Kamerun und einem 1:10 gegen die Schweiz waren sie vorzeitig raus, umso erstaunlicher das achtbare 0:1 gegen Weltmeister Japan, der mit nur 4:1 Toren auch ein Weltmeister der Effizienz war und alle Spiele gewann. Platz zwei ging an Neuling Kamerun, der auch die Schweiz schlug. Diese durfte dank ihrer Tordifferenz auch als Dritte ins Viertelfinale.

Gruppe D ging an die USA, die aber nie weniger Vorrundentore erzielte (vier) und gegen Schweden (0:0) Federn lassen musste, weshalb das letzte Spiel gegen Schlusslicht Nigeria zum Zitterspiel wurde (1:0). Platz zwei ging an Australien, auch Schweden reichte der dritte Platz fürs Achtelfinale.

Gruppe E bot ein weiteres Beispiel dafür, dass den Favoriten in Kanada der Torhunger abhanden gekommen war. Brasilien gewann alle Spiele mit einer Gesamtbilanz von 4:0 Toren – vor Südkorea, das im letzten Spiel Spanien aus dem Turnier schoss (2:1). Auch Costa Rica, das in jeder Partie mithielt, reiste mit zwei Punkten ab.

Gruppe F sah die Europäer jubeln: Frankreich und England holten jeweils sechs Punkte, mit dem 5:0 zum Abschluss über Mexiko verschafften sich die Französinnen die beste Tordifferenz. England verwies Kolumbien auf Platz drei, der aber auch zum Weiterkommen reichte.

In den Achtelfinals waren noch sieben von ursprünglich acht Europäern dabei (außer Spanien), doch wurden sie durch den Turnierbaum zwangsläufig reduziert. Europameister Deutschland sorgte für das torreichste Spiel dieser Runde und schickte Lieblingsgegner Schweden nach Hause (4:1). England kam überraschend zu einem 2:1 über Norwegen, das sein zweites enttäuschendes Turnier in Folge spielte. Frankreich gewann souverän gegen Südkorea (3:0), für Debütant Niederlande war die Reise nach einem ehrenhaften 1:2 gegen Japan zu Ende. Gleiches galt für die Schweiz, die Kanada 0:1 unterlag. Mit dem knappsten aller Ergebnisse qualifizierten sich auch China (gegen Kamerun) und Australien (gegen Brasilien!). Keine Partie musste in die Verlängerung. Das änderte sich im Viertelfinale, als sich Deutschland und Frankreich trotzdem nicht auf einen Sieger einigen konnten. Den ermittelten sie vom Kreidepunkt und die deutsche Spezialität erfuhr eine Fortsetzung. Auch sonst gab es nur knappe Siege. Die USA schlug China ebenso 1:0 wie Japan Australien und Außenseiter England warf die Gastgeberinnen raus (2:1). Im Halbfinale setzten sich die US-Girls gegen die Deutschen durch (2:0) und nahmen Revanche für 2003, als die DFB-Girls sie mit 3:0 abfertigten. Japan bewies, dass sein Titelgewinn von 2011 kein Zufall war und zog erneut ins Finale ein (2:1 gegen England). Im Spiel um Platz 3 holten sich die Britinnen die Bronzemedaille gegen Deutschland in der Verlängerung (1:0). Das Finale entschädigte für manche karge Fußballkost, wenn es auch jeglicher Spannung entbehrte. Die USA gewann mit 5:2 und führte nach 16 Minuten bereits 4:0, Spielführerin Carli Lloyd erzielte allein drei Treffer und zog mit der Deutschen Celia Sasic gleich (beide sechs), der letztlich der Goldene Schuh verliehen wurde, weil sie dafür weniger Einsatzminuten benötigte.

Das Finale in Vancouver sahen 53.341 Zuschauer, was den absoluten Zuschauerrekord für eine Frauen-WM noch ein Stückchen in die Höhe trieb. Relativ indes war es nur die am viertbesten besuchte WM, nach der sich die USA mit nunmehr drei Titeln als alleinige Rekordweltmeister bezeichnen durfte.

Das Abschneiden der Deutschen:

Zum dritten Mal führte Silvia Neid das DFB-Team zu einer WM, der siebte EM-Titel in 2013 hatte ihre Position wieder gestärkt. Erstmals durfte sie 23 Spielerinnen nominieren, zehn von ihnen hatten die Enttäuschung der Heim-WM 2011 miterlebt. Leonie Maier gehörte nicht dazu und konnte entsprechend unbefangen verkünden: "Wir wollen den dritten Stern und werden alles dafür tun." Zunächst waren die Anforderungen dafür denkbar niedrig, gegen die Elfenbeinküste machten es die Deutschen zweistellig (10:0). Celia Sasic, frühere Okoyino da Mbabi, fand auch bei ihrer zweiten WM schnell den Weg zum Tor und erzielte im steten Wechsel mit Anja Mittag drei Treffer. Ab dem 7:0 waren auch andere mal dran: Simone Laudehr, Sara Däbritz, Melanie Behringer und Alexandra Popp machten es zweistellig in Ottawa. Einziger Wermutstropfen des WM-Auftakts mit Testspielcharakter war die Verletzung von Melanie Leupolz, die nach einer Viertelstunde ausschied. Sie fehlte prompt beim 1:1 gegen Norwegen, als die Deutschen es versäumten, vor der Pause eine mögliche höhere Führung herauszuschießen. So wurde das 1:0, es war schon der vierte Turniertreffer von Mittag (6.) nach einer Stunde noch ausgeglichen. So musste im letzten Gruppenspiel, für das man nach Winnipeg umzog, ein Pflichtsieg über Thailand her. Der wurde eingefahren (4:0), die ersten drei Tore fielen per Kopf. Die genesene Leupolz machte den Anfang, die zur Pause eingewechselte Freiburgerin Lena Petermann wurde mit einem Doppelschlag (56., 58.) zur Matchwinnerin. Den Schlusspunkt setzte Däbritz nach einem weiteren absurd einseitigen Spiel, zu dem der Kicker ein Chancenverhältnis von 13:0 notierte. Alexandra Popp forderte nach der Vorrunde: "Wir sind Gruppenerster, trotzdem muss noch eine enorme Leistungssteigerung her. Wir müssen wieder unsere Konstanz finden und konzentrierter im Abschluss sein."

Nach dem Achtelfinale, das wieder in Ottawa stattfand, gab es kaum Grund zum Klagen. Silvia Neid hatte zwar "eine Partie auf Augenhöhe" gegen den alten Rivalen Schweden prophezeit, aber schon früh schauten die Skandinavierinnen zu den Deutschen auf. Mittag und Sasic, die torreichen Zwei, sorgten für eine 2:0-Pausenführung, Sasic‘-Kopfball zum 3:0 (78.) machte den Sack zu. Nach dem schwedischen Ehrentor stellte Joker Dzsenifer Maroszan den 4:1-Endstand her – gerechter Lohn für das bis dahin beste deutsche Spiel in Kanada. "Riesenkompliment an meine Mannschaft", sagte Neid, die von ihren Schützlingen selbst überrascht war. Im Viertelfinale warteten erneut Europäer, das im Frauenfußball aufstrebende Frankreich ((Weltranglistenplatz 3) stellte sich in Montreal zum Kampf. Der ging über 120 Minuten und hatte keinen Sieger –

1:1 hieß es nach Treffern Necib (64.) und Sasic (84., Handelfmeter). Im Elfmeterschießen saßen die ersten neun Schüsse, dann packte sich "Natze" Angerer den von Lavogez und Deutschland stand im Halbfinale. Verteidigerin Babett Peter sagte: "Es hat gestern vielleicht nicht die beste Mannschaft gewonnen, aber das beste Team."

Nun durften sie in Montreal bleiben, wo es am 1. Juli gegen die Weltmeisterinnen ging. Angerer ahnte schon: "Auf uns kommt ein ICE zu gerast" und so war es auch. Sie selbst rettete noch ein 0:0 in die Pause und nach 60 Minuten hätte Sasic gar das 1:0 erzielen können, doch setzte sie nach zuvor vier Treffern ihren fünften Elfmeter bei dieser WM knapp neben das Tor. Danach fühlte sie sich "beschissen" und musste von den Kolleginnen aufgebaut werden. "Als der Elfmeter daneben ging, wusste ich dass wir gewinnen werden", sagte US-Verteidigerin Alli Krieger. Neun Minuten später erzielte Carli Lloyd das 1:0 für die USA, O’Hara entschied die Partie dann (84.). Der deutsche Traum war aus, aber sie gingen erhobenen Hauptes ins Spiel um Platz drei. Neid: "Wir gehören zu den besten vier Mannschaften der Welt. Ich bin zufrieden und stolz."

Mehr als Platz vier wurde es dann nicht, weil auch im letzten Spiel die Torflaute anhielt, die nach dem 4:1 über Schweden einsetzte. Zum dritten Mal in Folge fiel kein Treffer aus dem Spiel und zum zweiten Mal in Folge fiel überhaupt keiner. So reichte den Engländerinnen ein von Tabea Kemme in der 108. Minute verschuldeter Foulelfmeter, um die Bronzemedaille zu gewinnen. Williams verlud Angerer, die nach dieser Partie zurücktrat und wohl auch deswegen ein paar Tränen vergoss. Es passte zur Stimmung im deutschen Lager, weil das eigentlich gute Turnier mit zwei Niederlagen endete. Popp gab zu: "Es war gegen Ende nicht mehr unsere WM."

Fakten:

Tore: 146 (2,81)

Torschützenkönigin: Celia Sasic (Deutschland/6)

Beste Spielerin: Carli Lloyd (USA)

Goldener Handschuh: Hope Solo (USA)

Zuschauer: 1.353.506 (26.029)

Stimmen:

Barack Obama (US-Präsident): "Welch ein Sieg für das Team USA! Große Leistung, Carli Lloyd! Ihr Land ist so stolz auf Sie. Kommen Sie bald mit dem Weltpokal ins Weiße Haus."

Lena Goeßling: "Ich möchte nicht noch mal eine WM auf Kunstrasen spielen – es ist einfach ein anderer Fußball. Die Leistungsdichte im Frauenfußball ist größer geworden. Es waren viele ausgeglichene Spiele dabei."

Silvia Neid: "Je schwerer die Gegner wurden, desto schwerer haben auch wir uns getan."

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