Ulrike Ballweg: "Wissen um die Erwartungen"

Ulrike Ballweg: Zunächst einmal freue ich mich über das damit ausgedrückte Vertrauen. Ich denke aber auch, dass es Ausdruck der Anerkennung meiner bisherigen Arbeit ist. Strategisch gesehen ist es ein weiteres Zeichen im Bemühen des DFB, den Frauenfußball zu fördern, schließlich betreue ich unter anderem auch noch die U 23-Nationalmannschaft. Außerdem ist es wegweisend, was die Bündelung der Kräfte im Blick auf die Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land angeht. Auch wenn wir Titelverteidiger sind – eine Spitzenposition im internationalen Frauenfußball zu behaupten, wird immer schwieriger, die Entwicklung des internationalen Frauenfußballs ist sehr gut.

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Ulrike Ballweg und Silvia Neid sind ein Erfolgsteam. Die beiden arbeiten schon viele Jahre als Trainerinnen-Gespann zusammen. Gemeinsam haben sie die Frauen-Nationalmannschaft zum WM-Sieg 2007 geführt, mit den U 19-Frauen holten sie unter anderem 2004 den interkontinentalen Titel. Seit Anfang dieses Jahres ist die 42-Jährige hauptamtlich beim DFB angestellt. Im "DFB.de-Gespräch der Woche" sprach DFB-Mitarbeiter Niels Barnhofer mit Ulrike Ballweg über das Länderspiel gegen China am Donnerstag (16 Uhr, live im ZDF), an dem sie leider kurzfristig wegen einer Grippe nicht teilnehmen kann, über den Algarve Cup, die Olympischen Spiele, Belastung, Vorbereitung und die Fitness-Box.

Frage: Frau Ballweg, wie hoch wird der Sieg gegen China am Donnerstag ausfallen?

Ulrike Ballweg: Ich habe leider keine prophetische Gabe, insofern müssen wir am Donnerstagabend noch mal reden. Aber eins ist gewiss: Wir wollen gewinnen, erst recht vor heimischen Publikum. Natürlich ist es unser Ziel, gut ins Olympia-Jahr zu starten, aber das erste Länderspiel im Jahr ist immer problematisch. Unsere Spielerinnen sind nach der Winterpause noch nicht im Rhythmus. Dagegen haben die Chinesinnen in den vergangenen Wochen einige Spiele bestritten. Sie werden auf jeden Fall besser eingespielt sein, als wir.

Frage: Dennoch wird die deutsche Mannschaft als amtierender Weltmeister mit einer hohen Erwartungshaltung konfrontiert werden. Wie gehen Sie damit um?

Ulrike Ballweg: Wir wissen um die Erwartungen, aber auch im Frauenfußball kann man keine Erfolge programmieren. Insofern kann man nur an den Realitätssinn der Menschen appellieren und darauf verweisen, dass Spiele gegen China keine Selbstläufer sind. China ist eine Nation mit großer Tradition im Frauenfußball und ich denke, dass sie mit der neuen Trainerin Elisabeth Loisel wieder an vergangene Erfolge anknüpfen können.

Frage: Wie schätzen Sie die Chinesinnen derzeit ein?

Ulrike Ballweg: Wir wissen, dass sie von jeher sehr diszipliniert und sehr gut organisiert sind. Zuletzt haben sie gute Ergebnisse erzielt. Und ich bin mir sicher, dass Elisabeth Loisel intensiv an ihren Schwächen im Spielaufbau und der Chancenverwertung arbeitet.

Frage: Welche Erwartung haben Sie für das erste Länderspiel im Olympia-Jahr?

Ulrike Ballweg: Ich bin mir sicher, dass wir besser als ins WM-Jahr starten werden. Wir haben Anfang Februar einen Leistungstest gemacht, bei dem die Werte der Spielerinnen besser waren als zum gleichen Zeitpunkt vor zwölf Monaten.

Frage: Wie ist das zu erklären?

Ulrike Ballweg: Ich bin überzeugt, dass das daran liegt, dass unsere Maßnahmen greifen, die wir langfristig angelegt haben. Im Vorfeld der WM haben wir mit Dr. Norbert Stein einen Konditionstrainer in unseren Stab aufgenommen. Seitdem arbeiten die Spielerinnen durchgehend an ihrer Athletik. Sie erhalten dafür individuell erarbeitete Trainingspläne. Die sind im Trainer-Team und mit den Spielerinnen abgestimmt. Um dieses Programm bestmöglich umzusetzen, haben alle Spielerinnen eine so genannte Fitness-Box erhalten, in der alle möglich Fitness-Geräte sind. Außerdem haben wir zusätzliche Angebote für die Nationalspielerinnen auf diesem Sektor geschaffen. Norbert Stein bietet zum Beispiel ein dezentrales Stützpunkttraining an. Oder für die Mitglieder der Sportfördergruppe der Bundeswehr organisieren wir spezielle Trainingseinheiten.

Frage: Sind die Nationalspielerinnen seit der WM mal zur Ruhe gekommen?

Ulrike Ballweg: Ja, die Winterpause war sehr wichtig für sie. Gerade vor dem Hintergrund, dass nach dem Ende der WM die Bundesliga sofort weiter ging. Jetzt hatten sie mal zwei, drei Wochen Zeit, um komplett abzuschalten, sich zu erholen und zu regenerieren.

Frage: Hat die hohe Belastung einen Einfluss auf die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele?

Ulrike Ballweg: Die direkte Vorbereitung auf Olympia wird kürzer sein als die auf die WM. Das liegt daran, dass die Olympischen Spiele im August, also einen Monat früher stattfinden als die WM, die im September gespielt wurde. Der Ablauf sieht von daher wie folgt aus: Die Bundesliga-Saison endet Mitte Juni, danach gönnen wir den Spielerinnen zehn Tage Urlaub und dann steigen wir in die direkte Vorbereitung ein. Ende Juli fliegen wir schon nach China. Das sind einige Wochen weniger als vergangenes Jahr. Deswegen ist es umso wichtiger, das jetzt im Vorfeld die Grundlagen gelegt werden.

Frage: Wie ist die Vorbereitung inhaltlich aufgebaut?

Ulrike Ballweg: Wir haben eine ähnliche Ausrichtung wie im vergangenen Jahr. Allerdings müssen wir eine wesentlich gestraffteres Programm fahren. Wir werden in der unmittelbaren Vorbereitung vier Lehrgänge machen, die so strukturiert sein werden, dass wir die Schwerpunkte Grundlagen/Ausdauer, Spielfähigkeit und Schnelligkeit/Spritzigkeit haben werden. Dazu kommen noch zwei Länderspiele als Test, um zu sehen, wo wir stehen.

Frage: Erhalten das Spiel gegen China und der Algarve Cup dadurch eine besondere Bedeutung?

Ulrike Ballweg: Die beiden Maßnahmen sind ganz wichtig. Sie sind richtungweisend. Das hat man ja auch im vergangenen Jahr gesehen. Da hatten wir viele Erkenntnisse gesammelt. Wir hatten gemerkt, dass wir noch viel tun müssen. Von daher ist es uns auch wichtig, zum jetzigen Zeitpunkt gegen starke Gegner wie China zu spielen.

Frage: Worauf liegt also Ihr Hauptaugenmerk für die anstehenden Begegnungen?

Ulrike Ballweg: Die Frauen-Nationalmannschaft hatte seit vier Monaten kein Spiel mehr. Das heißt, das Team muss sich wieder finden, es muss sich wieder an das hohe Tempo gewöhnen. Wir wollen versuchen, wieder in einen Spielrhythmus zu kommen.

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Frage: Seit Anfang des Jahres arbeiten Sie hauptamtlich für den DFB. Was ändert sich dadurch inhaltlich an Ihrer Arbeit?

Ulrike Ballweg: Meine Arbeit bei der Nationalmannschaft während der Länderspiel-Reisen hat sich nicht geändert, die Zusammenarbeit in unserem Trainer-Stab funktioniert gut und hat sich auch so bewährt. Was sich hingegen geändert hat, ist die Arbeit zwischen den Länderspielen. Ich kann mich nun wesentlich intensiver den DFB-Themen widmen. Die Vorbereitung auf die Länderspiele kann ich detaillierter vorantreiben. Aber auch solche Dinge wie um die Einführung und Betreuung der Fördergruppen kümmere ich mich. Immerhin haben wir mittlerweile neun Spielerinnen in der Sportfördergruppe der Bundeswehr, mit denen wir intensiv arbeiten.

Frage: Wie bewerten Sie Ihre Einstellung als hauptamtliche DFB-Trainerin?

Ulrike Ballweg: Zunächst einmal freue ich mich über das damit ausgedrückte Vertrauen. Ich denke aber auch, dass es Ausdruck der Anerkennung meiner bisherigen Arbeit ist. Strategisch gesehen ist es ein weiteres Zeichen im Bemühen des DFB, den Frauenfußball zu fördern, schließlich betreue ich unter anderem auch noch die U 23-Nationalmannschaft. Außerdem ist es wegweisend, was die Bündelung der Kräfte im Blick auf die Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land angeht. Auch wenn wir Titelverteidiger sind – eine Spitzenposition im internationalen Frauenfußball zu behaupten, wird immer schwieriger, die Entwicklung des internationalen Frauenfußballs ist sehr gut.