U 20-WM: Nigeria ohne Angst vor Endspielgegner Deutschland

Irgendwann wird es laut. Anspannung, Vorfreude und Nervosität entladen sich in einem vielstimmigen Gesang. Vielleicht ist es auch nur die Musikalität, die sich Bahn bricht. Durch die Straßen Montreals fährt ein Bus mit hohen Stimmen, hohen Erwartungen und hoher Phonzahl. Jedenfalls, wenn es auch vor dem Finale so sein wird, wie es bei den Spielen zuvor gewesen ist.

Am Sonntag trifft die U 20 Nigerias auf die U 20 Deutschlands. Und Nigerias Spielführerin Patience Okaeme hat verraten, wie es in den Minuten vor dem Spiel im Bus der "Falconets" zugehen könnte. "Vor einem Spiel hören wir für gewöhnlich weder im Bus noch in der Umkleidekabine Musik", sagt sie, "stattdessen singen wir selbst." Dabei hat sich eine Starsängerin etabliert, erklingt deren Stimme, reduziert sich der Chor auf ein Solo. "Sarah Nnodim ist unsere beste Sängerin", sagt Patience Okaeme, "alle anderen hören ihr zu, applaudieren, tanzen... das ist äußerst unterhaltsam."

Vorschusslorbeeren vollends gerechtfertigt

Die Kontrahentinnen der deutschen U20-Nationalmannschaft pflegen also eine für europäische Verhältnisse eher ungewöhnliche Art der Spielvorbereitung - ihren Leistungen hat es nicht geschadet. Bei der U20-Weltmeisterschaft in Kanada wurde die Mannschaft von Trainer Peter Dedevbo den Lorbeeren - und auch den eigene Erwartung - bislang vollauf gerecht. Im Bereich des weiblichen Nachwuchses gehören die Westafrikanerinnen seit Jahren zu den besten der Welt, insbesondere im Jahrgang U20 hat Nigeria schon mehrfach gezeigt, dass mit seinen Auswahlmannschaften zu rechnen ist.

Neben Deutschland, Brasilien und den USA ist Nigeria eine von vier Nationen, deren U20 es gelungen ist, sich für sämtliche FIFA-Weltmeisterschaften zu qualifizieren. Anfangs mit überschaubarem Erfolg, später mit immer besseren Resultaten. Bei den Turnieren 2006 und 2008 erreichte die nigerianische U20 das Viertelfinale, Brasilien und Frankreich hießen die Endstationen. Den größten Erfolg gab es im Jahr 2010. Bei der U20-WM in Deutschland kassierte Nigeria lediglich eine Niederlage – im Finale – gegen Deutschland.

"Das aktuelle U 20-Team ist das Lieblingskind des Verbands"

Entsprechend groß waren die Erwartungen vor der WM 2014. Geschürt wurden diese noch durch eine blitzsaubere Qualifikation. Nigeria erzielte in den sechs Partien des Qualifikationswettbewerbs erstaunliche 31 Tore und kassierte dabei keinen einzigen Gegentreffer. Trainer Dedevbo kennt einen Grund für die Erfolge des nigerianischen Nachwuchses. "Wir sind auf Juniorinnenebene sehr stark, weil wir über ein gutes Basisprogramm verfügen", sagt er.

Und präzisiert: "Wir haben Wettbewerbe, die diesen Spielerinnen Spielpraxis bieten und durch die sie sich verbessern können. Das aktuelle U 20-Team ist das Lieblingskind des Verbands, das Team ist dort sehr beliebt. Die Verantwortlichen wissen, dass die Mannschaft etwas erreichen kann, und sie unterstützen uns sehr."

Bei der WM in Kanada gehörte seine Mannschaft außerdem zu den Teams mit der größten internationalen Erfahrung. Viele Spielerinnen seines Kaders haben schon U-Weltmeisterschaften erlebt, mit Uchechi Sunday eine sogar schon eine WM im A-Team.

Nach Halbfinalaus 2012 soll nun der Titel her

Ein Plus ist daneben die Geschlossenheit, die aus vielen gemeinsamen Erlebnissen resultiert. Im Kader von Trainer Dedevbo stehen zahlreiche Spielerinnen, mit denen der Trainer schon vor zwei Jahren bei der U-17-WM in Aserbaidschan teilgenommen hat. Damals war im Viertelfinale Endstation, nach einer Niederlage nach Elfmeterschießen gegen Frankreich. Die Erinnerungen daran sind ungut, ein Effekt aber positiv. "Das Team ist schon lange zusammen. Die Spielerinnen verstehen sich", sagt Dedevbo.

Und sie verstehen gut damit umzugehen, was die Kehrseite der guten Leistungen ist. "Einerseits ist es gut zu wissen, dass Nigeria in dieser Altersklasse eine Fußballmacht ist, denn das gibt uns sehr viel Selbstvertrauen", sagt Patience Okaeme. Und andererseits? "Haben wir bei der WM vor zwei Jahren das Halbfinale erreicht. Diesmal wollen wir noch mehr erreichen und den Titel holen, und das setzt uns natürlich unter Druck – ob wir wollen oder nicht."

Leistungssteigerung in den K.o.-Spielen

Während der WM in Kanada hat sich das Team immer mehr gesteigert. Zu Beginn des Turniers gab es ein 1:1 gegen Mexiko, es folgten zwei knappe Siege: 2:1 gegen Südkorea und 2:1 gegen England. Die Qualifikation für das Viertelfinale war damit zwar souverän, aber wenig glanzvoll geschafft.

Richtig aufgedreht haben die Nigerianerinnen dann in den K.o.-Spielen. Erst das 4:1 in der Runde der letzten Acht gegen Neuseeland mit den Doppeltorschützinnen Asisat Oshoala und Uchechi Sunday, die das Kunststück vollbrachte, nach ihrer Einwechslung in der 83. Minute noch zwei Mal erfolgreich zu sein.

Das Halbfinale gegen Nordkorea wurde dann zur großen Show der Asisat Oshoala. Nigeria erzielte ein halbes Dutzend Tore, bei allen sechs Toren hatte Asisat Oshoala ihre Füße im Spiel. Beim 6:2-Sieg traf sie vier Mal selbst, zwei Mal legte sie einer Mitspielerin auf. So wie beim 1:0. Das erste Tor Nigerias erzielte Courtney Dike nach einem starken Pass in die Lücke.

Keine Angst vor Deutschland

Nach dem Spiel gab es dafür ein Lob für Asisat Oshoala und private Einblicke durch ihrer Zimmergenossin. "Sie macht mir meine Arbeit sehr viel leichter", sagte Courtney Dike. Auf dem Platz und daneben. "Sie hat mir sehr dabei geholfen, mich in die Mannschaft zu integrieren, und sie ist toll. Außerdem schnarcht sie nicht! Dafür wacht sie manchmal mitten in der Nacht auf und macht Musik."

Der Trainer hatte einen erheblich analytischeren Blick auf das Spiel. "Das frühe Tor hat uns Selbstvertrauen gegeben und das des Gegners gebrochen", sagte Dedevbo nach dem Abpfiff. "Ich war mir sicher, dass wir gewinnen werden. Jetzt stehen wir im Finale und wer auch immer unser Gegner sein wird, ich habe keine Angst."

[sl]

Irgendwann wird es laut. Anspannung, Vorfreude und Nervosität entladen sich in einem vielstimmigen Gesang. Vielleicht ist es auch nur die Musikalität, die sich Bahn bricht. Durch die Straßen Montreals fährt ein Bus mit hohen Stimmen, hohen Erwartungen und hoher Phonzahl. Jedenfalls, wenn es auch vor dem Finale so sein wird, wie es bei den Spielen zuvor gewesen ist.

Am Sonntag trifft die U 20 Nigerias auf die U 20 Deutschlands. Und Nigerias Spielführerin Patience Okaeme hat verraten, wie es in den Minuten vor dem Spiel im Bus der "Falconets" zugehen könnte. "Vor einem Spiel hören wir für gewöhnlich weder im Bus noch in der Umkleidekabine Musik", sagt sie, "stattdessen singen wir selbst." Dabei hat sich eine Starsängerin etabliert, erklingt deren Stimme, reduziert sich der Chor auf ein Solo. "Sarah Nnodim ist unsere beste Sängerin", sagt Patience Okaeme, "alle anderen hören ihr zu, applaudieren, tanzen... das ist äußerst unterhaltsam."

Vorschusslorbeeren vollends gerechtfertigt

Die Kontrahentinnen der deutschen U20-Nationalmannschaft pflegen also eine für europäische Verhältnisse eher ungewöhnliche Art der Spielvorbereitung - ihren Leistungen hat es nicht geschadet. Bei der U20-Weltmeisterschaft in Kanada wurde die Mannschaft von Trainer Peter Dedevbo den Lorbeeren - und auch den eigene Erwartung - bislang vollauf gerecht. Im Bereich des weiblichen Nachwuchses gehören die Westafrikanerinnen seit Jahren zu den besten der Welt, insbesondere im Jahrgang U20 hat Nigeria schon mehrfach gezeigt, dass mit seinen Auswahlmannschaften zu rechnen ist.

Neben Deutschland, Brasilien und den USA ist Nigeria eine von vier Nationen, deren U20 es gelungen ist, sich für sämtliche FIFA-Weltmeisterschaften zu qualifizieren. Anfangs mit überschaubarem Erfolg, später mit immer besseren Resultaten. Bei den Turnieren 2006 und 2008 erreichte die nigerianische U20 das Viertelfinale, Brasilien und Frankreich hießen die Endstationen. Den größten Erfolg gab es im Jahr 2010. Bei der U20-WM in Deutschland kassierte Nigeria lediglich eine Niederlage – im Finale – gegen Deutschland.

"Das aktuelle U 20-Team ist das Lieblingskind des Verbands"

Entsprechend groß waren die Erwartungen vor der WM 2014. Geschürt wurden diese noch durch eine blitzsaubere Qualifikation. Nigeria erzielte in den sechs Partien des Qualifikationswettbewerbs erstaunliche 31 Tore und kassierte dabei keinen einzigen Gegentreffer. Trainer Dedevbo kennt einen Grund für die Erfolge des nigerianischen Nachwuchses. "Wir sind auf Juniorinnenebene sehr stark, weil wir über ein gutes Basisprogramm verfügen", sagt er.

Und präzisiert: "Wir haben Wettbewerbe, die diesen Spielerinnen Spielpraxis bieten und durch die sie sich verbessern können. Das aktuelle U 20-Team ist das Lieblingskind des Verbands, das Team ist dort sehr beliebt. Die Verantwortlichen wissen, dass die Mannschaft etwas erreichen kann, und sie unterstützen uns sehr."

Bei der WM in Kanada gehörte seine Mannschaft außerdem zu den Teams mit der größten internationalen Erfahrung. Viele Spielerinnen seines Kaders haben schon U-Weltmeisterschaften erlebt, mit Uchechi Sunday eine sogar schon eine WM im A-Team.

Nach Halbfinalaus 2012 soll nun der Titel her

Ein Plus ist daneben die Geschlossenheit, die aus vielen gemeinsamen Erlebnissen resultiert. Im Kader von Trainer Dedevbo stehen zahlreiche Spielerinnen, mit denen der Trainer schon vor zwei Jahren bei der U-17-WM in Aserbaidschan teilgenommen hat. Damals war im Viertelfinale Endstation, nach einer Niederlage nach Elfmeterschießen gegen Frankreich. Die Erinnerungen daran sind ungut, ein Effekt aber positiv. "Das Team ist schon lange zusammen. Die Spielerinnen verstehen sich", sagt Dedevbo.

Und sie verstehen gut damit umzugehen, was die Kehrseite der guten Leistungen ist. "Einerseits ist es gut zu wissen, dass Nigeria in dieser Altersklasse eine Fußballmacht ist, denn das gibt uns sehr viel Selbstvertrauen", sagt Patience Okaeme. Und andererseits? "Haben wir bei der WM vor zwei Jahren das Halbfinale erreicht. Diesmal wollen wir noch mehr erreichen und den Titel holen, und das setzt uns natürlich unter Druck – ob wir wollen oder nicht."

Leistungssteigerung in den K.o.-Spielen

Während der WM in Kanada hat sich das Team immer mehr gesteigert. Zu Beginn des Turniers gab es ein 1:1 gegen Mexiko, es folgten zwei knappe Siege: 2:1 gegen Südkorea und 2:1 gegen England. Die Qualifikation für das Viertelfinale war damit zwar souverän, aber wenig glanzvoll geschafft.

Richtig aufgedreht haben die Nigerianerinnen dann in den K.o.-Spielen. Erst das 4:1 in der Runde der letzten Acht gegen Neuseeland mit den Doppeltorschützinnen Asisat Oshoala und Uchechi Sunday, die das Kunststück vollbrachte, nach ihrer Einwechslung in der 83. Minute noch zwei Mal erfolgreich zu sein.

Das Halbfinale gegen Nordkorea wurde dann zur großen Show der Asisat Oshoala. Nigeria erzielte ein halbes Dutzend Tore, bei allen sechs Toren hatte Asisat Oshoala ihre Füße im Spiel. Beim 6:2-Sieg traf sie vier Mal selbst, zwei Mal legte sie einer Mitspielerin auf. So wie beim 1:0. Das erste Tor Nigerias erzielte Courtney Dike nach einem starken Pass in die Lücke.

Keine Angst vor Deutschland

Nach dem Spiel gab es dafür ein Lob für Asisat Oshoala und private Einblicke durch ihrer Zimmergenossin. "Sie macht mir meine Arbeit sehr viel leichter", sagte Courtney Dike. Auf dem Platz und daneben. "Sie hat mir sehr dabei geholfen, mich in die Mannschaft zu integrieren, und sie ist toll. Außerdem schnarcht sie nicht! Dafür wacht sie manchmal mitten in der Nacht auf und macht Musik."

Der Trainer hatte einen erheblich analytischeren Blick auf das Spiel. "Das frühe Tor hat uns Selbstvertrauen gegeben und das des Gegners gebrochen", sagte Dedevbo nach dem Abpfiff. "Ich war mir sicher, dass wir gewinnen werden. Jetzt stehen wir im Finale und wer auch immer unser Gegner sein wird, ich habe keine Angst."