Ratzeburg: "Die Menschen sind begeistert vom Frauenfußball"

DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg verfolgte in ihrer Funktion als Delegationsleiterin die Niederlage der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gegen Japan (0:1 nach Verlängerung). Für die DFB-Auswahl war das Turnier damit im Viertelfinale beendet. Das sei hart, sagt Ratzeburg im DFB.de-Gespräch der Woche mit den Redakteuren Annette Seitz und Gereon Tönnihsen, aber man müsse auch das Positive sehen: Der Frauenfußball sei bei den Menschen angekommen und habe sie begeistert.

DFB.de: Frau Ratzeburg, haben Sie das Aus im WM-Viertelfinale schon verdaut?

Hannelore Ratzeburg: Das fällt schwer. Ich habe jetzt erst einmal versucht, etwas Abstand zu gewinnen, habe meinen Koffer ausgepackt, Wäsche gewaschen – was man halt so macht, wenn man nach Hause kommt. Verdaut habe ich die Niederlage gegen Japan noch nicht, weil sie ja auch gleichbedeutend mit dem Olympia-Aus ist. Das tut schon weh. Aber das ging anderen Nationen auch schon so. Vielleicht haben wir es verlernt, wie es ist, so eine Niederlage hinnehmen zu müssen, mit der man nicht gerechnet hat.

DFB.de: Was glauben Sie, wie lange wird es dauern, bis Sie diese Niederlage verarbeitet haben?

Ratzeburg: Vielleicht kurz nach der WM. Wenn sich die Berichterstattung nicht mehr so auf unsere Mannschaft bezieht. Im Moment mag ich mich noch nicht damit auseinandersetzen. Wir dürfen aber auch das Positive nicht übersehen: Es ist eingetreten, was wir uns erhofft haben. Wir haben erreicht, dass die Menschen begeistert sind vom Frauenfußball, dass sie mit uns gefiebert und gefeiert haben. Es war noch nichts passiert bei unseren Spielen, da liefen schon La Ola-Wellen durch das Stadion. Aber entsprechend sind jetzt auch viele enttäuscht, da sind wir nicht alleine.

DFB.de: Als Sie beim Eröffnungsspiel auf der Tribüne des Olympiastadions saßen, gingen Ihnen da manchmal Bilder durch den Kopf aus der Zeit, in der Frauenfußball noch um Anerkennung ringen musste?

Ratzeburg: Ich kannte das volle Olympiastadion ja schon von den Endspielen um den DFB-Pokal. Aber diesmal waren alle wegen der Frauen gekommen, da hatte ich schon Gänsehaut. Das war etwas Besonderes. Ich hatte Ähnliches nur 1999 in den USA erlebt, da waren 93.000 Menschen im Stadion gewesen. Aber in Deutschland gab es das eben noch nicht. Das war eine Bestätigung für unsere Entscheidung, mit dem Eröffnungsspiel nach Berlin in dieses große Stadion zu gehen.

DFB.de: Also keine Gedanken an früher?



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DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg verfolgte in ihrer Funktion als Delegationsleiterin die Niederlage der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gegen Japan (0:1 nach Verlängerung). Für die DFB-Auswahl war das Turnier damit im Viertelfinale beendet. Das sei hart, sagt Ratzeburg im DFB.de-Gespräch der Woche mit den Redakteuren Annette Seitz und Gereon Tönnihsen, aber man müsse auch das Positive sehen: Der Frauenfußball sei bei den Menschen angekommen und habe sie begeistert.

DFB.de: Frau Ratzeburg, haben Sie das Aus im WM-Viertelfinale schon verdaut?

Hannelore Ratzeburg: Das fällt schwer. Ich habe jetzt erst einmal versucht, etwas Abstand zu gewinnen, habe meinen Koffer ausgepackt, Wäsche gewaschen – was man halt so macht, wenn man nach Hause kommt. Verdaut habe ich die Niederlage gegen Japan noch nicht, weil sie ja auch gleichbedeutend mit dem Olympia-Aus ist. Das tut schon weh. Aber das ging anderen Nationen auch schon so. Vielleicht haben wir es verlernt, wie es ist, so eine Niederlage hinnehmen zu müssen, mit der man nicht gerechnet hat.

DFB.de: Was glauben Sie, wie lange wird es dauern, bis Sie diese Niederlage verarbeitet haben?

Ratzeburg: Vielleicht kurz nach der WM. Wenn sich die Berichterstattung nicht mehr so auf unsere Mannschaft bezieht. Im Moment mag ich mich noch nicht damit auseinandersetzen. Wir dürfen aber auch das Positive nicht übersehen: Es ist eingetreten, was wir uns erhofft haben. Wir haben erreicht, dass die Menschen begeistert sind vom Frauenfußball, dass sie mit uns gefiebert und gefeiert haben. Es war noch nichts passiert bei unseren Spielen, da liefen schon La Ola-Wellen durch das Stadion. Aber entsprechend sind jetzt auch viele enttäuscht, da sind wir nicht alleine.

DFB.de: Als Sie beim Eröffnungsspiel auf der Tribüne des Olympiastadions saßen, gingen Ihnen da manchmal Bilder durch den Kopf aus der Zeit, in der Frauenfußball noch um Anerkennung ringen musste?

Ratzeburg: Ich kannte das volle Olympiastadion ja schon von den Endspielen um den DFB-Pokal. Aber diesmal waren alle wegen der Frauen gekommen, da hatte ich schon Gänsehaut. Das war etwas Besonderes. Ich hatte Ähnliches nur 1999 in den USA erlebt, da waren 93.000 Menschen im Stadion gewesen. Aber in Deutschland gab es das eben noch nicht. Das war eine Bestätigung für unsere Entscheidung, mit dem Eröffnungsspiel nach Berlin in dieses große Stadion zu gehen.

DFB.de: Also keine Gedanken an früher?

Ratzeburg: Ach, nicht so oft. Ich habe natürlich viele Interviews gegeben, in denen ich nach der Vergangenheit gefragt wurde. Dann habe ich auch davon erzählt, und dann war einiges von früher präsent. Aber weniger an die Anfänge des Frauenfußballs, sondern zum Beispiel an die große Freude, die wir bei der EM 1989 hatten, als 23.000 Menschen ins Stadion in Osnabrück kamen. Und jetzt waren es noch mal 50.000 mehr. Das war schon gigantisch. Aber so viele Gedanken habe ich nicht an frühere Zeiten verschwendet. Mit meiner Ankunft in Berlin war ich voll und ganz bei dieser WM, im Hier und Jetzt.

DFB.de: Wie haben Sie das große Interesse der Medien an der Mannschaft wahrgenommen?

Ratzeburg: Das hat mich nicht ganz so überrascht, weil ich ja wusste, wie viele Anfragen wir schon im Vorfeld der WM hatten. Aber zu erleben, wie viele Fotografen vor den Spielen vor der Trainerbank standen und wie voll es auf den Pressekonferenzen war, das war dann doch beeindruckend. Egal, wo die Mannschaft hinkam – immer stand jemand da mit einer Kamera oder einem Fotoapparat. Immer gab es Interviewanfragen. Und ich finde, unsere Spielerinnen sind ganz hervorragend damit umgegangen und haben ihren Sport sehr, sehr gut vertreten.

DFB.de: Stichwort Nachhaltigkeit: Lässt sich diese WM-Begeisterung in die Vereine transportieren?

Ratzeburg: Wir haben ja schon im Vorfeld einiges in dieser Richtung auf den Weg gebracht. 20.000plus etwa, die Fortbildungskampagne für Grundschullehrerinnen, oder Team 2011, die Schul- und Vereinskampagne. Es hat sich etwas bewegt, nicht nur durch diese WM. Generell ist die Entwicklung im Frauen- und Mädchenfußball absolut positiv. Das Interesse, selbst zu spielen oder zumindest sich die Spiele anzuschauen, ist gestiegen. Darum glaube ich auch, dass die Menschen auch nach unserem Ausscheiden sich noch die anderen Spiele bei dieser WM anschauen werden. Die Menschen sind neugierig auf Frauenfußball. Solche Veranstaltungen reißen doch immer mit. Ich glaube, dass wir so sowohl Mädchen als auch Jungen für den Fußball begeistern können.

DFB.de: Werden Sie beim Halbfinale in Frankfurt mit dabei sein?

Ratzeburg: Ja, selbstverständlich. Meine Wäsche wird bis dahin getrocknet sein. Ich werde meine Post und meine Mails abarbeiten. Und dann werde ich wieder meinen Koffer packen und nach Frankfurt reisen, wo ich mir dann auch das Endspiel anschauen werde. Wir sind schließlich Gastgeber und werden bis zum Schluss für einen guten Rahmen der WM sorgen. Das haben sich die Mannschaften auch verdient. Wir haben Respekt vor ihren Leistungen.

DFB.de: Aber leicht fallen wird Ihnen das angesichts des Ausscheidens des deutschen Teams vermutlich nicht.

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Ratzeburg: Ich kann es ja nicht ändern. Unsere Mannschaft ist ausgeschieden, das war hart. Wir hatten uns alle gewünscht, bis zum Schluss dabei zu sein. Und natürlich hätte ich unsere Mannschaft am liebsten im Halbfinale gesehen, das ist doch ganz klar. Aber es ist, wie es ist. Und mir deshalb nicht die anderen Spiele anzuschauen, das kommt für mich nicht in Frage.

DFB.de: Wie beurteilen Sie denn die Zusammensetzung des Halbfinales?

Ratzeburg: Das wird sehr spannend, weil die Mannschaften sehr ausgeglichen sind. Schweden, die USA, Frankreich, Japan, das sind alles gute Teams. Die Viertelfinals waren schon fast alle sehr eng, nicht umsonst gingen drei Spiele in die Verlängerung, zwei davon sogar ins Elfmeterschießen. Das wird sicher sehr spannend. Mit den USA ist immer zu rechnen, sie haben eine starke Kondition und einen enormen Willen. Schweden hat mich bisher sehr überzeugt. Und wie schwer es ist, gegen Japan zu spielen, das haben wir ja selbst zu spüren bekommen. Auch Frankreich hat eine spielstarke Mannschaft.

DFB.de: Sie waren schon bei vielen großen Turnieren mit dabei. Offenbart dieses Turnier eine weitere Entwicklung des Frauenfußballs?

Ratzeburg: Ja, natürlich. Bei der vorigen WM brachte das erste Spiel unserer Mannschaft ein zweistelliges Ergebnis (11:0 gegen Argentinien, Anm. d. Red.). So etwas ist nicht gut, das darf es bei einer Weltmeisterschaft nicht geben. Natürlich gibt es weiteres Potenzial zur Verbesserung, aber die Tatsache, dass die Spiele enger werden, spricht eindeutig für eine positive Entwicklung des Frauenfußballs weltweit.

DFB.de: In Birgit Prinz und Ariane Hingst haben zwei sehr verdiente Spielerinnen ihre Karriere in der Nationalmannschaft beendet. Gibt es schon Pläne, ob und wie sie verabschiedet werden sollen?

Ratzeburg: Den beiden hätte ich natürlich einen dritten WM-Titel sehr gegönnt, weil sie unheimlich viel für den Frauenfußball in unserem Land getan haben. Mit ein bisschen Abstand werden wir uns in aller Ruhe überlegen, wie wir Birgit und Ariane einen würdigen Abschied geben können. Wir werden uns etwas Angemessenes einfallen lassen.