Auf den Spuren von Julius Hirsch

Chaskel (oder Chaskiel) Schlüsselberg wurde am 27. Oktober 1901 vermutlich in Strzy ż ów (jiddisch: Stri- zev, deutsch: Strezow) im heutigen Polen geboren. Zum Zeitpunkt seiner Geburt gehörte das kleine Ört- chen zum Königreich Galizien und damit zur Doppel- monarchie Österreich-Ungarn, seit 1918 war der Ort polnisch. Schüsselberg galt laut dem Häftlingsper- sonalbogen des Konzentrationslagers Auschwitz als „staatenlos“, eine problematische Situation, die er mit vielen Menschen teilte, die aus dem 1918 entstande- nen Polen nach Deutschland emigriert waren. Chaskel Schlüsselbergs erste Ehefrau hieß Channa, geb. Rubin. Sie stammte aus Rzeszów (deutsch: Reichshof), einer verhältnismäßig großen Stadt, die nicht weit entfernt von seinem Geburtsort lag. Im Häftlingspersonalbogen gab Chaskel Schlüsselberg gar an, ebenfalls aus dieser Stadt zu stammen. Channa Rubin war am 16. August 1902 geboren worden. Chaskel und Channa Schlüsselberg wanderten nach Deutschland aus und ließen sich in Bad Canstatt nie- der, wo er einen Lumpenhandel betrieb. 1938 musste er sein Unternehmen aufgeben. Am 26. April 1942, im Alter von 39 Jahren, wurde Channa Schlüsselberg gemeinsam mit ihrer Tochter Frida ins das Transit- ghetto Izbica deportiert: „Meine Frau undmeine sechs Jahre alte Tochter wurden von mir getrennt, ich habe sie nie mehr gesehen“, berichtete Chaskel Schlüssel- berg im Jahr 1948 im Rahmen einer Zeugenaussage. Channa und Chaskel Schlüsselberg hatten neben Frida noch ein weiteres Kind: Heiner, der mit einem Kinder- transport nach England geschickt werden konnte und dort überlebte. Nach dem Krieg wollte dieser jedoch bei seinen Pflegeeltern bleiben und nicht zu seinem leiblichen Vater zurückkehren. Seine erste Ehefrau und seine Tochter ließ Chaskel Schlüsselberg Mitte 1949 für tot erklären. Ihre Namen sind heute auf dem Denk- mal am Stuttgarter Nordbahnhof verzeichnet, von wo sie deportiert worden sind. DEPORTATION NACH AUSCHWITZ | STUTTGART CHASKEL SCHLÜSSELBERG (1901 – 1976) „ MEINE FRAU UND MEINE SECHS JAHRE ALTE TOCHTER WURDEN VON MIR GETRENNT, ICH HABE SIE NIE MEHR GESEHEN. “ ZEUGENAUSSAGE VON CHASKEL SCHLÜSSELBERG, 1948. Chaskel Schlüsselberg, 1920er Jahre. Privatbesitz Eleanor Reissa

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