Auf den Spuren von Julius Hirsch

DEPORTATION IM MÄRZ 1943 | 31 land inhaftiert worden, darunter nachweislich 56 Zwangsarbeiter aus Essen (Zwangsarbeit bei RWE) sowie eine Jüdin aus Düsseldorf, die von der Gestapo verhaftet worden war. Am Morgen des 2. März 1943 wurden die Menschen aus bei- den Sammellagern zum Dortmunder Südbahnhof getrieben. Der Deportationszug, bestehend aus Viehwaggons, hielt wenig später in Bielefeld. Dort wurden Jüdinnen und Juden aus Bielefeld, Pader- born und Osnabrück in den Transport gezwungen, die zum Teil zuvor im Bielefelder Arbeitslager „Am Schloßhof“ und im Paderborner Arbeitslager „Am Grünen Weg“ Zwangsarbeit geleistet hatten, häu- fig für die jeweilige Stadtverwaltung. Mit dem wei- teren Verlauf des Zuges wurden vermutlich auch 38 jüdische Zwangsarbeiter*innen aus Hannover und Braunschweig deportiert. Es ist nicht aus- geschlossen, dass in Hannover zudem Waggons mit mehreren Dutzend Sinti und Roma, deren Deportation ebenfalls über den Bahnhof Fischerhof organisiert wurde, an den Zug gekoppelt wurden (siehe zusätzlicher Text im Abschnitt „Hannover“). In Dresden mussten jüdische Zwangsarbeiter*in- nen aus dem aufgelösten Arbeitslager Hellerberg (Zeiss-Ikon) den Zug besteigen. Zudem waren weitere Menschen aus Chemnitz zum Bahnhof gebracht worden. Am Ende aus mehr als 1.500 Menschen bestehend, erreichte der Sammeltransport in der Nacht zum4.März 1943 das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Eine genaue Zahl der Depor- tierten lässt sich aufgrund fehlender Deportations- listen nicht vollständig rekonstruieren. Mindestens 535 Männer und 145 Frauen sind als Gefangene an diesem Tag zur Zwangsarbeit regis­ triert worden. Sie kamen mit derselben Deportation wie Julius Hirsch nach Auschwitz sowie mit einem weiteren Transport, der das Lager fast zeitgleich mit 1.756 Menschen aus Berlin erreichte. Es ist davon auszugehen, dass alle anderen direkt in den Gas- kammern ermordet wurden oder schon während des Transports starben. 14 1 Akim Jah: Die Deportationen derJuden aus Berlin. Die nationalsozialistische Vernichtungspo- litik und das Sammellager Große Hamburger Straße, Berlin 2013, S. 340. 2 Vgl. für diesen Absatz als Überblick: Werner Bergmann: Was ist Antisemitismus? Online unter: http://www.bpb.de/izpb/9714/antisemitismus?p=all. 3 Frank Bajohr/Michael Wildt: Einleitung, in: Dies.: Volksgemeinschaft. Neue Forschungen zur Gesellschaft des Nationalsozialismus, Frankfurt/Main 2012, S. 7-23, hier S. 12. 4 Punkt 4 im 25-Punkte-Programm der NSDAP vom 24. Februar 1920. 5 Bajohr/Wildt,Volksgemeinschaft, S. 12. 6 Ebd. 7 Vgl. für den gesamten Abschnitt grundlegend: Wolf Gruner: Widerstand in der Rosenstraße. Die Fabrikaktion und die Verfolgung von „Mischehen“ 1943, Frankfurt/Main 2005, S. 34-47; Akim Jah, Deportationen aus Berlin; Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik und das Sammellager Große Hamburger Straße, Berlin 2013; Saul Friedländer/Orna Kenan: Das Deutsche Reich und die Juden 1933-1945. Bonn 2010, S. 23-308. 8 Peter Longerich: Wannseekonferenz. Der Weg zur„Endlösung“, München 2016. 9 Als Überblick zur„Aktion Reinhardt“: Stephan Lehnstaedt: Der Kern des Holocaust: Belzec, Sobibór,Treblinka und die Aktion Reinhardt, München 2017. 10 Vgl.Jah, Deportation aus Berlin, S. 340-457; Gruner, Fabrikaktion, S.47-84. 2. März 1943, S. 244-263. 11 Jah, Deportation aus Berlin, S. 340 ff. 12 Ebd., S. 345. 13 Von den ursprünglich 11.000 für die Deportation vorgesehenen jüdischen Zwangsarbei- ter*innen aus Berlin konnte mehr als ein Drittel untertauchen oder fliehen. Es sei an dieser Stelle auch auf die tagelangen Proteste von Familienangehörigen der Inhaftierten in der Berliner Rosenstraße verwiesen. Siehe dazu: Wolf Gruner: Gedenkort Rosenstraße 2-4. Internierung und Protest im NS-Staat, Berlin 2013. 14 Vgl.Jah, Deportation aus Berlin, S. 648.

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