Sandrock: "Gewaltige Anerkennung für deutschen Fußball"

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Frankfurt, London, Miami, Boca Raton, Washington. Hinter Helmut Sandrock liegen viele Kilometer, viel Fußball und viele Meetings. Im Wembleystadion hat er den Triumph des FC Bayern in der Champions League erlebt, in den USA zwei Länderspiele der Nationalmannschaft. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke zieht der DFB-Generalsekretär eine Bilanz der USA-Reise.

DFB.de: Herr Sandrock, zum Abschluss der USA-Reise setzte es ein 3:4. Wie viel Positives haben Sie dennoch im Spiel der deutschen Mannschaft gesehen?

Helmut Sandrock: Wir müssen nicht drumherum reden, dass die erste Habzeit nicht zufriedenstellend war. Wir hatten zwar die erste große Chance des Spiels, sind dann aber durch individuelle Fehler in Rückstand geraten. In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft bewiesen, dass sie trotz der schwierigen äußeren Umstände den Willen hatte, das Spiel noch zu drehen. Das Team wollte auf keinen Fall verlieren, leider hat es nicht ganz gereicht.

DFB.de: Ihren Urlaub haben Sich die Spieler dennoch redlich verdient, oder?

Sandrock: Unbedingt, das hat außerdem mit dem Ausgang dieses einen Spiels überhaupt nichts zu tun. Es ist in unserem Interesse, dass die Spieler sich erholen, um möglichst ausgeruht in die kommende Saison zu gehen. Eine Saison, an deren Ende eine Weltmeisterschaft steht. Ich will noch einmal unterstreichen, dass es eine der wesentlichen Zielsetzungen der Reise war, unseren Spielern eine lange Erholungsphase zu ermöglichen. Deswegen haben wir auf die FIFA-Termine im Juni verzichtet und ganz bewusst schon früher gespielt. Das wurde bei der Kritik an der Reise manchmal übersehen.

DFB.de: Die Niederlage der Deutschen ist das Glück der USA. Deren Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Verbandes wurden mit einem Sieg gegen die DFB-Auswahl gekrönt. Können Sie sich ein bisschen mit Jürgen Klinsmann und den Amerikanern freuen?

Sandrock: Für die Amerikaner ist der Sieg gegen uns ein wichtiger Erfolg, vor allem im Hinblick auf die drei jetzt anstehenden WM-Qualifikationsspiele. Aber wenn ich ehrlich bin - mit ihnen freuen kann ich mich nicht. Dafür bin ich zu ehrgeizig, mich ärgert jede Niederlage. Wir waren beim Bankett anlässlich des Jubiläums, wir waren beim Bundestag von US Soccer, wir waren auf vielen anderen Terminen. Dort haben wir genug Geschenke verteilt - es wäre also nicht nötig gewesen, auf dem Spielfeld weitere zu machen.

DFB.de: Unabhängig von den 90 Minuten auf dem Platz - wie haben Sie das Verhältnis zwischen DFB und US Soccer empfunden?

Sandrock: Die Atmosphäre war von großer Sympathie geprägt. Wir sind von den Amerikanern mit großer Freundschaft empfangen, begleitet und ein Stück weit getragen worden. Die gewaltige Anerkennung für den deutschen Fußball war überall spürbar. Bei den Kollegen vom US Soccer möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Sie haben gezeigt, wie sehr sie es geschätzt haben, dass wir sie zum 100-jährigen Jubiläum besucht haben. Zwischen dem DFB und dem amerikanischen Verband gibt es ein lange, eine historische Verbindung. Der erste Präsident des Amerikanischen Fußball-Verbandes war ein Deutscher, der aus Deutschland in die USA emigriert ist. Es hätte für die Amerikaner aus vielen Gründen keinen besseren Gast für die Jubiläumsfeier geben können als den DFB und die deutsche Nationalmannschaft. Und wir sind dieser Einladung sehr gerne nachgekommen.

DFB.de: In Deutschland gab es Kritik an der Reise, insbesondere wegen der Konstellation durch das Champions-League-Finale und der dadurch bedingten Abwesenheit vieler Nationalspieler. Gab es deswegen die Überlegung, die Reise abzusagen?

Sandrock: Das war nie eine Option. Die Vereinbarung mit dem amerikanischen Verband wurde vor eineinhalb Jahren getroffen. Sowohl die DFB-Führung als auch die Sportliche Leitung der Nationalmannschaft haben nicht eine Sekunde über eine Absage nachgedacht.

DFB.de: Die Bilanz nach zwei Spielen lautet 1:1. Wie bewerten Sie die Reise aus sportlicher Sicht?

Sandrock: Absolut positiv. Wobei die konkrete Bewertung durch das Trainerteam zu erfolgen hat. Aber es war beispielsweise zu sehen, dass wir vier Neulinge dabei hatten, die sich nicht nur wunderbar in die Mannschaft integriert, sondern auch auf dem Platz gezeigt haben, zu welchen Leistungen sie fähig sind. Joachim Löw hat einige Optionen hinzugewonnen, schon deswegen hat es sich gelohnt. Wenn uns gegen die USA noch das 4:4 gelungen wäre, hätte dies die sportliche Bilanz abgerundet, aber auch so können wir zufrieden sein.

DFB.de: Dann wurde der deutsche Fußball bei der USA-Reise würdig vertreten?

Sandrock: Ohne Zweifel. Durch das Champions-League-Finale bin ich zwar ein bisschen später gekommen, aber für mich war sofort sichtbar, wie toll sich das Team im Innenverhältnis und auch nach außen präsentiert hat. Das betrifft das Team und den ganzen Stab. Wir hatten Treffen mit den Freunden der Nationalmannschaft, Zusammenkünfte mit unseren Wirtschaftspartnern, in Washington hatten wir die Ehre, beim Botschafter zu einem großen Empfang eingeladen zu sein. Und immer war auch ein Teil der Sportlichen Leitung dabei. Der Austausch hat wunderbar funktioniert. Für die Spieler gilt dies genauso. Wir hatten hier einige Termine außerhalb des Fußballs. Die Spieler waren bei der NBA, mit Björn Werner haben Sie einen deutschen Spieler der NFL kennen gelernt. Mir hat imponiert, wie sich die Mannschaft bei diesen Terminen gegeben hat.

DFB.de: Für die Nationalspieler ist die Saison jetzt beendet, für den DFB nicht. Am Donnerstag beginnt die U 21-EM in Israel. Was trauen Sie Trainer Rainer Adrion und seiner Mannschaft zu?

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Sandrock: Wir gehen mit der Zielsetzung in das Turnier, möglichst gut abzuschneiden. 2009 haben wir den Titel gewonnen, Spieler aus dieser Mannschaft sind heute tragende Figuren im A-Team. Schon das zeigt die Wichtigkeit dieser Veranstaltung. Und entsprechend hoch sind unsere Ambitionen. Die Mannschaft, die sich qualifiziert hat, verfügt über großartige Spieler und über großartige Qualitäten als Team. Für den ganz großen Wurf benötigt man immer auch ein bisschen Glück. Und ich bin mir bewusst, dass wir mit den Niederlanden, Spanien und Russland eine schwierige Gruppe haben. Ich habe aber Vertrauen in Rainer Adrion und seine Spieler und bin optimistisch, dass wir die Qualität und das Selbstbewusstsein haben, um mit dem Anspruch in das Turnier gehen zu können, uns auch in dieser Gruppe durchzusetzen. Und wenn wir es schaffen, die Gruppe zu überstehen, ist alles möglich - natürlich auch der Titel.

DFB.de: Sie kommen am Dienstag zurück nach Deutschland und in den Alltag. Was steht ganz oben auf der Liste: die Suche nach einem neuen Sportdirektor? Gibt es in dieser Angelegenheit schon Neuigkeiten zu vermelden?

Sandrock: Wir haben keine Eile. Wir werden uns in aller Ruhe hinsetzen und erörtern, ob sich der Zuschnitt der Aufgabe des Sportdirektors ändern muss. Auch mit der Sportlichen Leitung werden wir uns in dieser Hinsicht abstimmen. Möglicherweise ergibt sich daraus ein neues Aufgabenprofil - und damit auch ein neues Anforderungsprofil. Und wenn wir das haben, werden wir schauen, welche Person am besten für diese Aufgabe geeignet ist.

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Frankfurt, London, Miami, Boca Raton, Washington. Hinter Helmut Sandrock liegen viele Kilometer, viel Fußball und viele Meetings. Im Wembleystadion hat er den Triumph des FC Bayern in der Champions League erlebt, in den USA zwei Länderspiele der Nationalmannschaft. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke zieht der DFB-Generalsekretär eine Bilanz der USA-Reise.

DFB.de: Herr Sandrock, zum Abschluss der USA-Reise setzte es ein 3:4. Wie viel Positives haben Sie dennoch im Spiel der deutschen Mannschaft gesehen?

Helmut Sandrock: Wir müssen nicht drumherum reden, dass die erste Habzeit nicht zufriedenstellend war. Wir hatten zwar die erste große Chance des Spiels, sind dann aber durch individuelle Fehler in Rückstand geraten. In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft bewiesen, dass sie trotz der schwierigen äußeren Umstände den Willen hatte, das Spiel noch zu drehen. Das Team wollte auf keinen Fall verlieren, leider hat es nicht ganz gereicht.

DFB.de: Ihren Urlaub haben Sich die Spieler dennoch redlich verdient, oder?

Sandrock: Unbedingt, das hat außerdem mit dem Ausgang dieses einen Spiels überhaupt nichts zu tun. Es ist in unserem Interesse, dass die Spieler sich erholen, um möglichst ausgeruht in die kommende Saison zu gehen. Eine Saison, an deren Ende eine Weltmeisterschaft steht. Ich will noch einmal unterstreichen, dass es eine der wesentlichen Zielsetzungen der Reise war, unseren Spielern eine lange Erholungsphase zu ermöglichen. Deswegen haben wir auf die FIFA-Termine im Juni verzichtet und ganz bewusst schon früher gespielt. Das wurde bei der Kritik an der Reise manchmal übersehen.

DFB.de: Die Niederlage der Deutschen ist das Glück der USA. Deren Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Verbandes wurden mit einem Sieg gegen die DFB-Auswahl gekrönt. Können Sie sich ein bisschen mit Jürgen Klinsmann und den Amerikanern freuen?

Sandrock: Für die Amerikaner ist der Sieg gegen uns ein wichtiger Erfolg, vor allem im Hinblick auf die drei jetzt anstehenden WM-Qualifikationsspiele. Aber wenn ich ehrlich bin - mit ihnen freuen kann ich mich nicht. Dafür bin ich zu ehrgeizig, mich ärgert jede Niederlage. Wir waren beim Bankett anlässlich des Jubiläums, wir waren beim Bundestag von US Soccer, wir waren auf vielen anderen Terminen. Dort haben wir genug Geschenke verteilt - es wäre also nicht nötig gewesen, auf dem Spielfeld weitere zu machen.

DFB.de: Unabhängig von den 90 Minuten auf dem Platz - wie haben Sie das Verhältnis zwischen DFB und US Soccer empfunden?

Sandrock: Die Atmosphäre war von großer Sympathie geprägt. Wir sind von den Amerikanern mit großer Freundschaft empfangen, begleitet und ein Stück weit getragen worden. Die gewaltige Anerkennung für den deutschen Fußball war überall spürbar. Bei den Kollegen vom US Soccer möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Sie haben gezeigt, wie sehr sie es geschätzt haben, dass wir sie zum 100-jährigen Jubiläum besucht haben. Zwischen dem DFB und dem amerikanischen Verband gibt es ein lange, eine historische Verbindung. Der erste Präsident des Amerikanischen Fußball-Verbandes war ein Deutscher, der aus Deutschland in die USA emigriert ist. Es hätte für die Amerikaner aus vielen Gründen keinen besseren Gast für die Jubiläumsfeier geben können als den DFB und die deutsche Nationalmannschaft. Und wir sind dieser Einladung sehr gerne nachgekommen.

DFB.de: In Deutschland gab es Kritik an der Reise, insbesondere wegen der Konstellation durch das Champions-League-Finale und der dadurch bedingten Abwesenheit vieler Nationalspieler. Gab es deswegen die Überlegung, die Reise abzusagen?

Sandrock: Das war nie eine Option. Die Vereinbarung mit dem amerikanischen Verband wurde vor eineinhalb Jahren getroffen. Sowohl die DFB-Führung als auch die Sportliche Leitung der Nationalmannschaft haben nicht eine Sekunde über eine Absage nachgedacht.

DFB.de: Die Bilanz nach zwei Spielen lautet 1:1. Wie bewerten Sie die Reise aus sportlicher Sicht?

Sandrock: Absolut positiv. Wobei die konkrete Bewertung durch das Trainerteam zu erfolgen hat. Aber es war beispielsweise zu sehen, dass wir vier Neulinge dabei hatten, die sich nicht nur wunderbar in die Mannschaft integriert, sondern auch auf dem Platz gezeigt haben, zu welchen Leistungen sie fähig sind. Joachim Löw hat einige Optionen hinzugewonnen, schon deswegen hat es sich gelohnt. Wenn uns gegen die USA noch das 4:4 gelungen wäre, hätte dies die sportliche Bilanz abgerundet, aber auch so können wir zufrieden sein.

DFB.de: Dann wurde der deutsche Fußball bei der USA-Reise würdig vertreten?

Sandrock: Ohne Zweifel. Durch das Champions-League-Finale bin ich zwar ein bisschen später gekommen, aber für mich war sofort sichtbar, wie toll sich das Team im Innenverhältnis und auch nach außen präsentiert hat. Das betrifft das Team und den ganzen Stab. Wir hatten Treffen mit den Freunden der Nationalmannschaft, Zusammenkünfte mit unseren Wirtschaftspartnern, in Washington hatten wir die Ehre, beim Botschafter zu einem großen Empfang eingeladen zu sein. Und immer war auch ein Teil der Sportlichen Leitung dabei. Der Austausch hat wunderbar funktioniert. Für die Spieler gilt dies genauso. Wir hatten hier einige Termine außerhalb des Fußballs. Die Spieler waren bei der NBA, mit Björn Werner haben Sie einen deutschen Spieler der NFL kennen gelernt. Mir hat imponiert, wie sich die Mannschaft bei diesen Terminen gegeben hat.

DFB.de: Für die Nationalspieler ist die Saison jetzt beendet, für den DFB nicht. Am Donnerstag beginnt die U 21-EM in Israel. Was trauen Sie Trainer Rainer Adrion und seiner Mannschaft zu?

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Sandrock: Wir gehen mit der Zielsetzung in das Turnier, möglichst gut abzuschneiden. 2009 haben wir den Titel gewonnen, Spieler aus dieser Mannschaft sind heute tragende Figuren im A-Team. Schon das zeigt die Wichtigkeit dieser Veranstaltung. Und entsprechend hoch sind unsere Ambitionen. Die Mannschaft, die sich qualifiziert hat, verfügt über großartige Spieler und über großartige Qualitäten als Team. Für den ganz großen Wurf benötigt man immer auch ein bisschen Glück. Und ich bin mir bewusst, dass wir mit den Niederlanden, Spanien und Russland eine schwierige Gruppe haben. Ich habe aber Vertrauen in Rainer Adrion und seine Spieler und bin optimistisch, dass wir die Qualität und das Selbstbewusstsein haben, um mit dem Anspruch in das Turnier gehen zu können, uns auch in dieser Gruppe durchzusetzen. Und wenn wir es schaffen, die Gruppe zu überstehen, ist alles möglich - natürlich auch der Titel.

DFB.de: Sie kommen am Dienstag zurück nach Deutschland und in den Alltag. Was steht ganz oben auf der Liste: die Suche nach einem neuen Sportdirektor? Gibt es in dieser Angelegenheit schon Neuigkeiten zu vermelden?

Sandrock: Wir haben keine Eile. Wir werden uns in aller Ruhe hinsetzen und erörtern, ob sich der Zuschnitt der Aufgabe des Sportdirektors ändern muss. Auch mit der Sportlichen Leitung werden wir uns in dieser Hinsicht abstimmen. Möglicherweise ergibt sich daraus ein neues Aufgabenprofil - und damit auch ein neues Anforderungsprofil. Und wenn wir das haben, werden wir schauen, welche Person am besten für diese Aufgabe geeignet ist.