Josef Hickersberger: "2008 wird mein wichtigstes Jahr"

In der Dominikanischen Republik hat er sich zusammen mit seiner Familie Anfang des Jahres erholt – unter anderem von ätzender Kritik und teilweise hämischen Kommentaren zu den sportlich nicht gerade verheißungsvollen Auftritten der österreichischen Nationalmannschaft im Jahr 2007.

Seit Anfang vergangener Woche ist Österreichs Nationaltrainer Josef Hickersberger (59) als Teamchef wieder am Ball, um seine Mannschaft intensiv und konzentriert auf eine erfolgreiche Teilnahme an der EM-Endrunde 2008 im eigenen Land und in der Schweiz vorzubereiten.

Vor dem ersten Länderspiel des EM-Jahres am 6. Februar (ab 20.35 Uhr, live in der ARD) gegen Deutschland in Wien gibt der 38-malige Nationalspieler, der „in Deutschland meine schönsten Fußball-Jahre“ verbracht und zwischen 1972 und 1978 insgesamt 177 Bundesligaspiele für Kickers Offenbach und Fortuna Düsseldorf bestritten hat, im "DFB.de-Gespräch der Woche" mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien in dem für ihn typischen offenen und höflichen Umgangston Auskunft zu seiner persönlichen Situation und der seiner Mannschaft.

Außerdem beschreibt Hickersberger aus seiner Sicht den sportlichen Sinn des bevorstehenden EM-Tests der beiden Nachbarn, die während der EM-Endrunde abermals aufeinander treffen. Darüber hinaus nennt er seine EURO-Favoriten, beurteilt die Chancen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung seines Vorbildes und Freundes Otto Rehhagel und sagt, warum seine Dienstzeit als Nationaltrainer mit Abschluss der EM 2008 doch nicht, wie zuletzt von etlichen Medien verbreitet, in jedem Fall beendet sein wird.

Frage: Herr Hickersberger, welche Bedeutung hat das Jahr 2008 für Sie?

Josef Hickersberger: Es hat für mich im Fußball schon viele bedeutsame Jahre gegeben. Doch 2008 mit der Europameisterschaft im eigenen Land ist zweifellos das wichtigste Jahr meiner Karriere.

Frage: Es beginnt für Sie nächste Woche mit dem EURO-Test gegen die deutsche Nationalmannschaft und bringt beim EM-Turnier gegen Deutschland abermals in Wien ein ganz besonderes Highlight. Ist das Ihre große Chance, mit zwei Siegen über den benachbarten großen Rivalen – ähnlich wie Hans Krankl mit seinen beiden Toren beim legendären 3:2-WM-Sieg 1978 in Cordoba – zu einem Unsterblichen des österreichischen Fußballs zu werden?

Hickersberger: Das Thema Cordoba möchte ich am liebsten vermeiden...

Frage: ...obwohl es der krönende Abschluss ihrer Laufbahn als Nationalspieler war?

Hickersberger: Es ist aber in den folgenden Jahren für den gesamten österreichischen Fußball zu einer enormen Belastung geworden. Doch zum Jahr 2008: Wir sind keine Fantasten und wissen sehr wohl, dass wir nur alle heiligen Zeiten bei einem besonderen Anlass mal gegen Deutschland gewonnen haben. Zuletzt 1986 bei der Stadion-Eröffnung in Wien. Franz Beckenbauer war der deutsche Teamchef und lag mit dem italienischen Schiedsrichter ein bisschen übers Kreuz. Und wir haben in Cordoba gewonnen. Vor 30 Jahren.

Frage: Sie meinen also, dass es Zeit wird für Österreichs dritten Sieg seit 1931?

Hickersberger: Ich will damit sagen, dass Siege gegen Deutschland etwas ganz Besonderes sind, eben weil sie nicht oft gelingen. Da wir jetzt aber zweimal gegen Deutschland innerhalb eines Jahres in Wien spielen, wären wir glücklich, wenn wir wenigstens einmal gewinnen: das zweite Spiel im Juni bei der EM!

Frage: Viele Trainer halten ein Testspiel zwischen zwei Mannschaften, die ein halbes Jahr später bei einem großen Turnier erneut aufeinander treffen, für wenig sinnvoll und würden es absagen. Welchen sportlichen Sinn sehen Sie in dem Länderspiel am Mittwoch nächster Woche in Wien?

Hickersberger: Über diese Frage haben Jogi Löw und ich sehr wohl diskutiert. Und wenn die Deutschen um eine Absage gebeten hätten, hätte ich Verständnis dafür gehabt. Doch als Österreichs Teamchef bin ich froh, dass wir gegen die deutsche Nationalmannschaft dieses Spiel jetzt haben. Denn unsere Philosophie beinhaltet, von den Weltbesten zu lernen, zumal wir vor der EM keine Qualifikationsspiele als Härtetests hatten.

Frage: Jetzt geht es also gegen Deutschland hart zur Sache?

Hickersberger: So schlimm wird es nicht werden. Im Gegenteil! Ich glaube, dass beide Mannschaften mit besonderer Fairness spielen werden, weil sie wissen, dass das wichtigere Spiel bei der Europameisterschaft stattfindet. Dann wird es mit Sicherheit eine Spur körperbetonter zugehen. Trotzdem ist dieses Spiel jetzt gegen Deutschland wegen der Nachbarschaft und großen Rivalität etwas Besonderes, mit viel Druck auch von Seiten der Öffentlichkeit und des Publikums in einem sicherlich ausverkauften Praterstadion.

Frage: Das 3:2 über die Elfenbeinküste im Oktober war 2007 eines der wenigen positiven Ergebnisse. Was spricht jetzt für einen erfolgreichen Start ins EM-Jahr, bei dem Sie das Jubiläum Ihres 50. Länderspiels als Österreichs Teamchef feiern können?

Hickersberger: Nicht viel. Vor allem, weil der Zeitpunkt dieses Spiels nicht ideal ist. Die Saison geht bei uns erst am 16. Februar weiter, in Deutschland hat zum Zeitpunkt des Länderspiels schon eine Pokal- und eine Bundesligarunde stattgefunden. Es ist deswegen vielleicht leichter, ein gutes Resultat zu erzielen, als ein gutes Spiel zu machen. Mal abwarten, ob es für mich als Jubilar etwas zu feiern gibt.

Frage: Wird der nach massiver Kritik an Ihrer Person suspendierte England-Legionär und Ex-Leverkusener Emanuel Pogatetz nächste Woche sein Comeback geben?

Hickersberger: Er ist im Kader und wird gegen Deutschland spielen.

Frage: In Martin Harnik von Werder Bremen und dem Freiburger Andreas Ibertsberger stehen zwei aktuelle Deutschland-Legionäre in Ihrem Aufgebot. Wie groß sind deren Einsatz-Chancen?

Hickersberger: Etwas geringer. Martin Harnik hat sehr wenig Spielpraxis in der Bundesliga, weil für ihn mit der Rückkehr von Ivan Klasnic die Konkurrenz im Bremer Angriff noch größer geworden ist. Er ist aber mit seinen 20 Jahren eines unserer großen Talente und wird von mir gefördert, was ja seine Einwechslungen zuletzt gegen Tunesien und England dokumentieren. Andreas Ibertsberger ist in der 2. Bundesliga Stammspieler in Freiburg und eine Option für unsere Abwehr.

Frage: Auf einen erfolgreichen Start ins EM-Jahr hofft auch die deutsche Nationalmannschaft in Wien. Wird und kann Joachim Löw Ihrer Meinung nach schon nächste Woche seine EM-Karten auf den Tisch legen?

Hickersberger: Im Gegensatz zu mir kann der Jogi Löw noch einige Experimente durchführen. Für meine Mannschaft ist Deutschland aber kein Gegner, gegen den man experimentieren kann. Möglicherweise wird im deutschen Team einigen Spielern zu Wettkampfpraxis verholfen, die wie Jens Lehmann, Christoph Metzelder oder Lukas Podolski bei ihren Topklubs derzeit nicht erste Wahl sind. Davon gehe ich aus.

Frage: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft bei der EURO 2008 zu?

Hickersberger: Für mich überraschend, hat sich Deutschland als erste Mannschaft überhaupt für die EM-Endrunde qualifiziert. So souverän habe ich sie in ihrer starken Gruppe ursprünglich nicht erwartet. Deutschland hat seit 2006 wieder Anschluss an die absolute Weltspitze gefunden und ist für mich ganz klar ein Mitfavorit auf den EM-Titel.

Frage: Otto Rehhagel bezeichneten Sie schon einige Male als Ihr großes Vorbild als Trainer. Mit Griechenland als Europameister 2004 gelang ihm die bisher größte EM-Sensation. Wird er diesen Titel 2008 erfolgreich verteidigen?

Hickersberger: Ich würde es ihm wünschen, weil ich seit meiner Bundesligazeit in den 70er-Jahren bei Kickers Offenbach von seinem großen Format als Trainer überzeugt und seit langem mit ihm befreundet bin. Doch ich halte es für ausgeschlossen. Sein Coup mit Griechenland in Portugal 2004 war eine [wt]


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In der Dominikanischen Republik hat er sich zusammen mit seiner Familie Anfang des Jahres erholt – unter anderem von ätzender Kritik und teilweise hämischen Kommentaren zu den sportlich nicht gerade verheißungsvollen Auftritten der österreichischen Nationalmannschaft im Jahr 2007.

Seit Anfang vergangener Woche ist Österreichs Nationaltrainer Josef Hickersberger (59) als Teamchef wieder am Ball, um seine Mannschaft intensiv und konzentriert auf eine erfolgreiche Teilnahme an der EM-Endrunde 2008 im eigenen Land und in der Schweiz vorzubereiten.

Vor dem ersten Länderspiel des EM-Jahres am 6. Februar (ab 20.35 Uhr, live in der ARD) gegen Deutschland in Wien gibt der 38-malige Nationalspieler, der „in Deutschland meine schönsten Fußball-Jahre“ verbracht und zwischen 1972 und 1978 insgesamt 177 Bundesligaspiele für Kickers Offenbach und Fortuna Düsseldorf bestritten hat, im "DFB.de-Gespräch der Woche" mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien in dem für ihn typischen offenen und höflichen Umgangston Auskunft zu seiner persönlichen Situation und der seiner Mannschaft.

Außerdem beschreibt Hickersberger aus seiner Sicht den sportlichen Sinn des bevorstehenden EM-Tests der beiden Nachbarn, die während der EM-Endrunde abermals aufeinander treffen. Darüber hinaus nennt er seine EURO-Favoriten, beurteilt die Chancen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung seines Vorbildes und Freundes Otto Rehhagel und sagt, warum seine Dienstzeit als Nationaltrainer mit Abschluss der EM 2008 doch nicht, wie zuletzt von etlichen Medien verbreitet, in jedem Fall beendet sein wird.

Frage: Herr Hickersberger, welche Bedeutung hat das Jahr 2008 für Sie?

Josef Hickersberger: Es hat für mich im Fußball schon viele bedeutsame Jahre gegeben. Doch 2008 mit der Europameisterschaft im eigenen Land ist zweifellos das wichtigste Jahr meiner Karriere.

Frage: Es beginnt für Sie nächste Woche mit dem EURO-Test gegen die deutsche Nationalmannschaft und bringt beim EM-Turnier gegen Deutschland abermals in Wien ein ganz besonderes Highlight. Ist das Ihre große Chance, mit zwei Siegen über den benachbarten großen Rivalen – ähnlich wie Hans Krankl mit seinen beiden Toren beim legendären 3:2-WM-Sieg 1978 in Cordoba – zu einem Unsterblichen des österreichischen Fußballs zu werden?

Hickersberger: Das Thema Cordoba möchte ich am liebsten vermeiden...

Frage: ...obwohl es der krönende Abschluss ihrer Laufbahn als Nationalspieler war?

Hickersberger: Es ist aber in den folgenden Jahren für den gesamten österreichischen Fußball zu einer enormen Belastung geworden. Doch zum Jahr 2008: Wir sind keine Fantasten und wissen sehr wohl, dass wir nur alle heiligen Zeiten bei einem besonderen Anlass mal gegen Deutschland gewonnen haben. Zuletzt 1986 bei der Stadion-Eröffnung in Wien. Franz Beckenbauer war der deutsche Teamchef und lag mit dem italienischen Schiedsrichter ein bisschen übers Kreuz. Und wir haben in Cordoba gewonnen. Vor 30 Jahren.

Frage: Sie meinen also, dass es Zeit wird für Österreichs dritten Sieg seit 1931?

Hickersberger: Ich will damit sagen, dass Siege gegen Deutschland etwas ganz Besonderes sind, eben weil sie nicht oft gelingen. Da wir jetzt aber zweimal gegen Deutschland innerhalb eines Jahres in Wien spielen, wären wir glücklich, wenn wir wenigstens einmal gewinnen: das zweite Spiel im Juni bei der EM!

Frage: Viele Trainer halten ein Testspiel zwischen zwei Mannschaften, die ein halbes Jahr später bei einem großen Turnier erneut aufeinander treffen, für wenig sinnvoll und würden es absagen. Welchen sportlichen Sinn sehen Sie in dem Länderspiel am Mittwoch nächster Woche in Wien?

Hickersberger: Über diese Frage haben Jogi Löw und ich sehr wohl diskutiert. Und wenn die Deutschen um eine Absage gebeten hätten, hätte ich Verständnis dafür gehabt. Doch als Österreichs Teamchef bin ich froh, dass wir gegen die deutsche Nationalmannschaft dieses Spiel jetzt haben. Denn unsere Philosophie beinhaltet, von den Weltbesten zu lernen, zumal wir vor der EM keine Qualifikationsspiele als Härtetests hatten.

Frage: Jetzt geht es also gegen Deutschland hart zur Sache?

Hickersberger: So schlimm wird es nicht werden. Im Gegenteil! Ich glaube, dass beide Mannschaften mit besonderer Fairness spielen werden, weil sie wissen, dass das wichtigere Spiel bei der Europameisterschaft stattfindet. Dann wird es mit Sicherheit eine Spur körperbetonter zugehen. Trotzdem ist dieses Spiel jetzt gegen Deutschland wegen der Nachbarschaft und großen Rivalität etwas Besonderes, mit viel Druck auch von Seiten der Öffentlichkeit und des Publikums in einem sicherlich ausverkauften Praterstadion.

Frage: Das 3:2 über die Elfenbeinküste im Oktober war 2007 eines der wenigen positiven Ergebnisse. Was spricht jetzt für einen erfolgreichen Start ins EM-Jahr, bei dem Sie das Jubiläum Ihres 50. Länderspiels als Österreichs Teamchef feiern können?

Hickersberger: Nicht viel. Vor allem, weil der Zeitpunkt dieses Spiels nicht ideal ist. Die Saison geht bei uns erst am 16. Februar weiter, in Deutschland hat zum Zeitpunkt des Länderspiels schon eine Pokal- und eine Bundesligarunde stattgefunden. Es ist deswegen vielleicht leichter, ein gutes Resultat zu erzielen, als ein gutes Spiel zu machen. Mal abwarten, ob es für mich als Jubilar etwas zu feiern gibt.

Frage: Wird der nach massiver Kritik an Ihrer Person suspendierte England-Legionär und Ex-Leverkusener Emanuel Pogatetz nächste Woche sein Comeback geben?

Hickersberger: Er ist im Kader und wird gegen Deutschland spielen.

Frage: In Martin Harnik von Werder Bremen und dem Freiburger Andreas Ibertsberger stehen zwei aktuelle Deutschland-Legionäre in Ihrem Aufgebot. Wie groß sind deren Einsatz-Chancen?

Hickersberger: Etwas geringer. Martin Harnik hat sehr wenig Spielpraxis in der Bundesliga, weil für ihn mit der Rückkehr von Ivan Klasnic die Konkurrenz im Bremer Angriff noch größer geworden ist. Er ist aber mit seinen 20 Jahren eines unserer großen Talente und wird von mir gefördert, was ja seine Einwechslungen zuletzt gegen Tunesien und England dokumentieren. Andreas Ibertsberger ist in der 2. Bundesliga Stammspieler in Freiburg und eine Option für unsere Abwehr.

Frage: Auf einen erfolgreichen Start ins EM-Jahr hofft auch die deutsche Nationalmannschaft in Wien. Wird und kann Joachim Löw Ihrer Meinung nach schon nächste Woche seine EM-Karten auf den Tisch legen?

Hickersberger: Im Gegensatz zu mir kann der Jogi Löw noch einige Experimente durchführen. Für meine Mannschaft ist Deutschland aber kein Gegner, gegen den man experimentieren kann. Möglicherweise wird im deutschen Team einigen Spielern zu Wettkampfpraxis verholfen, die wie Jens Lehmann, Christoph Metzelder oder Lukas Podolski bei ihren Topklubs derzeit nicht erste Wahl sind. Davon gehe ich aus.

Frage: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft bei der EURO 2008 zu?

Hickersberger: Für mich überraschend, hat sich Deutschland als erste Mannschaft überhaupt für die EM-Endrunde qualifiziert. So souverän habe ich sie in ihrer starken Gruppe ursprünglich nicht erwartet. Deutschland hat seit 2006 wieder Anschluss an die absolute Weltspitze gefunden und ist für mich ganz klar ein Mitfavorit auf den EM-Titel.

Frage: Otto Rehhagel bezeichneten Sie schon einige Male als Ihr großes Vorbild als Trainer. Mit Griechenland als Europameister 2004 gelang ihm die bisher größte EM-Sensation. Wird er diesen Titel 2008 erfolgreich verteidigen?

Hickersberger: Ich würde es ihm wünschen, weil ich seit meiner Bundesligazeit in den 70er-Jahren bei Kickers Offenbach von seinem großen Format als Trainer überzeugt und seit langem mit ihm befreundet bin. Doch ich halte es für ausgeschlossen. Sein Coup mit Griechenland in Portugal 2004 war eine