Völler: "Wir wollen mal wieder in das DFB-Pokalfinale"

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Weltmeister, Champions-League-Sieger, DFB-Teamchef - Rudi Völler hat als Spieler und Verantwortlicher fast alles erreicht. Aber besonders ein Erfolg im DFB-Pokal fehlt dem Sportdirektor von Bayer 04 Leverkusen noch in seiner Sammlung.

In dieser Saison ist es noch möglich, dieses Defizit aufzuarbeiten. Der Tabellenzweite der Bundesliga tritt héute (ab 19 Uhr, live bei Sky) im Achtelfinale beim VfL Wolfsburg an. "Nach 2009 wollen wir mal wieder das Finale in Berlin erreichen", sagt der 52-Jährige im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Sven Winterschladen. "Aber dafür braucht man auch etwas Losglück. Wolfsburg ist allerdings eine schwere Aufgabe."

Aber Völler redet auch über den Aufschwung im deutschen Fußball und warum ihn der Begriff "Vizekusen" überhaupt nicht stört. Vor allem jedoch lobt der 90-malige Nationalspieler das Leverkusener Trainerduo Sami Hyypiä/Sascha Lewandowski - eine einmalige Konstellation in Deutschlands höchster Spielklasse.

DFB.de: Herr Völler, auch für Bayer 04 Leverkusen neigt sich 2012 dem Ende entgegen. Wie bewerten Sie das Jahr aus Sicht des Vereins?

Rudi Völler: Insgesamt schon erfreulich. In der vergangenen Saison hatten wir zwischendurch eine kleine Schwächephase. Aber wir haben die Spielzeit auf dem fünften Platz beendet und uns damit für die Europa League qualifiziert. Das war ein schöner Erfolg nach den Problemen. Und mit der aktuellen Hinserie können wir sehr zufrieden sein. In der Bundesliga sind wir Zweiter, haben unter anderem als einziges Team gegen Bayern München gewonnen - mit viel Kampf, Leidenschaft und sicher auch etwas Glück. Aber das zeigt doch die Qualität, die wir im Kader haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen können. Uns allen ist bewusst, dass die Rückrunde sehr hart wird. Man darf nicht vergessen, dass wir international ebenfalls noch dabei sind. Und jetzt steht das Achtelfinale im DFB-Pokal beim VfL Wolfsburg auf dem Programm.

DFB.de: Wie wichtig ist dieser Wettbewerb für einen Verein wie Bayer 04?

Völler: Nicht nur für uns ist der DFB-Pokal bedeutend. Jeder Bundesligist hat das Ziel, das Finale in Berlin zu erreichen. Das ist immer ein Höhepunkt der Saison. Wir durften diese besondere Atmosphäre vor drei Jahren erleben. Leider haben wir gegen Werder Bremen 0:1 verloren. Aber auf dem Weg dorthin braucht man auch immer etwas Losglück.

DFB.de: Der VfL Wolfsburg zählt sicher nicht zu den angenehmsten Aufgaben.

Völler: Nein, eher nicht. Das ist ein schweres Auswärtsspiel. In der Meisterschaft haben wir dort neulich verloren. Das müssen wir nun besser machen. Ich sehe die Ausgangslage vor dem Duell völlig ausgeglichen. Aber es ist doch klar, dass wir gerne mal wieder in das Finale einziehen würden.

DFB.de: Können Sie eigentlich das Wort "Vizekusen" noch hören?

Völler: Ach, wissen Sie, das ist doch alles Spaß. Wir gehen damit locker um, das ist überhaupt kein Problem. Ich habe in all den Jahren in Leverkusen zweite Plätze erlebt, die sicher sehr bitter waren. Aber es gab auch zweite Plätze, über die man sich freuen kann. Im Moment ist das doch auch so. Die Münchner sind derzeit einfach überragend. Da ist es schon eine gute Leistung, erster Verfolger zu sein. Wir müssen zusehen, dass wir unsere Ziele erreichen. Denn es ist doch ganz klar, dass zum Beispiel Borussia Dortmund im neuen Jahr wieder angreifen wird. Unser Minimalziel ist die Europa League. Toll wäre es, wenn wir uns mal wieder für die Champions League qualifizieren könnten. Wenn wir am Ende wieder "Vizekusen" sind, haben wir sicher keine schlechte Leistung gebracht.

DFB.de: Es scheint zu passen mit dem Trainertandem Sascha Lewandowski/Sami Hyypiä.

Völler: Auf jeden Fall. Eigentlich war diese Aufteilung ja nur als Übergangslösung gedacht. Aber die beiden haben es so gut gemacht, dass wir sie mit einem längerfristigen Vertrag ausgestattet haben. Ich möchte jedoch betonen, dass wir nicht nur mit den Ergebnissen zufrieden sind. Auch mit der Spielweise der Mannschaft können wir gut leben. Wir haben schnell gespürt, dass wir diese Zusammenarbeit fortsetzen sollten. Ich hoffe, dass wir dadurch noch einige erfolgreiche Jahre vor uns haben.

DFB.de: Kann man die Konstellation vergleichen mit Ihrer Tätigkeit bei der Nationalmannschaft? Rudi Völler als Teamchef, Michael Skibbe als Trainer.

Völler: Nein, nicht unbedingt. Das ist etwas anders. Damals war es ja schon so, dass ich die letzte Entscheidung hatte und entsprechend auch im Fokus stand. Das war keine echte Doppelspitze, ich war der Chef. Bei Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski ist alles genau aufgeteilt, beide sprechen sich sehr intensiv ab. Ich hatte damals einfach das große Glück, mit Michael Skibbe einen absoluten Fachmann an meiner Seite zu wissen.

DFB.de: Gibt es diese Alleinunterhalter wie damals überhaupt noch?

Völler: Nein, eigentlich nicht mehr. Co-Trainer werden immer wichtiger. Sie haben einen ganz anderen Wert als noch vor zehn oder 20 Jahren. Das sieht man auch beim FC Bayern. Da hat zwar Jupp Heynckes das Sagen, aber im Hintergrund leistet Peter Hermann unheimlich wichtige Arbeit. Er war ja auch lange in Leverkusen beschäftigt. Er war sogar mein Assistent, als ich kurz hier Trainer war. So jemanden braucht man einfach an seiner Seite. Das ist mittlerweile normal im nationalen und internationalen Fußball.

DFB.de: Alle Bundesligisten haben die Gruppenphase der internationalen Wettbewerbe überstanden. Was macht die deutschen Mannschaften so stark?

Völler: In diesem Jahr ist es besonders auffällig, das stimmt. Aber diese Tendenz gibt es schon etwas länger - das wird gerne übersehen. Wir haben ja zum Beispiel die Italiener in der Fünf-Jahres-Wertung schon vorher überholt. Das ist eben die logische Folge aus dieser Entwicklung.

DFB.de: Ist es auch eine Tendenz, dass viele Bundesligisten wieder auf deutsche Spieler setzen? Sie in Leverkusen etwa haben mit Leno, Wollscheid, Toprak, Rolfes, Reinartz, Bender, Castro, Schürrle und Kießling eine starke deutsche Achse.

Völler: Ja, wahrscheinlich schon. Aber das ist ja nicht nur in Leverkusen der Fall. Auch der FC Bayern hat Weltklassespieler aus Deutschland, dazu kommen ein paar Stars aus dem Ausland. Und Dortmund natürlich auch. Es ist mittlerweile einfach so, dass wir ein Über-Angebot an Toptalenten haben. Das gab es seit 20 oder 30 Jahren nicht mehr. Diese Entwicklung sieht man auch bei der deutschen Nationalmannschaft. Es ist sicher für Jogi Löw total schwierig, den Kader zu nominieren. Er hat so viele tolle junge Spieler zur Verfügung. Entsprechend stark tritt die DFB-Auswahl seit einigen Jahren auf.

DFB.de: Wie ist diese Entwicklung zu erklären?

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Völler: In den 90er-Jahren wurde in der Ausbildung geschludert. Dann hat der DFB ein Nachwuchs-Förderungskonzept ins Leben gerufen. Und auch die Vereine haben ihre Hausaufgaben wieder gewissenhafter erledigt. Das macht sich heute bemerkbar. Jetzt kann man die Früchte dieser Arbeit ernten. Deshalb haben wir wieder Topniveau erreicht. Wir in Leverkusen möchten uns mit diesem deutschen Stamm langfristig in der Spitzengruppe der Bundesliga etablieren.

DFB.de: War es deshalb auch nötig, im Sommer das in Summe 50-Millionen-Angebot für Lars Bender und André Schürrle abzulehnen?

Völler: Auf jeden Fall. Und ich bin noch heute davon überzeugt, dass das die richtige Entscheidung war. Wir hätten zum damaligen Zeitpunkt keinen adäquaten Ersatz für einen vernünftigen Preis bekommen. Sicherlich wird es auch weiterhin so sein, dass wir in Leverkusen immer mal wieder den einen oder anderen ziehen lassen müssen. Aber im vergangenen Sommer haben wir Priorität darauf gelegt, dass wir unsere sportlichen Ziele nicht aus dem Blick verlieren. Deshalb war ein Verkauf kein Thema.

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Weltmeister, Champions-League-Sieger, DFB-Teamchef - Rudi Völler hat als Spieler und Verantwortlicher fast alles erreicht. Aber besonders ein Erfolg im DFB-Pokal fehlt dem Sportdirektor von Bayer 04 Leverkusen noch in seiner Sammlung.

In dieser Saison ist es noch möglich, dieses Defizit aufzuarbeiten. Der Tabellenzweite der Bundesliga tritt héute (ab 19 Uhr, live bei Sky) im Achtelfinale beim VfL Wolfsburg an. "Nach 2009 wollen wir mal wieder das Finale in Berlin erreichen", sagt der 52-Jährige im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Sven Winterschladen. "Aber dafür braucht man auch etwas Losglück. Wolfsburg ist allerdings eine schwere Aufgabe."

Aber Völler redet auch über den Aufschwung im deutschen Fußball und warum ihn der Begriff "Vizekusen" überhaupt nicht stört. Vor allem jedoch lobt der 90-malige Nationalspieler das Leverkusener Trainerduo Sami Hyypiä/Sascha Lewandowski - eine einmalige Konstellation in Deutschlands höchster Spielklasse.

DFB.de: Herr Völler, auch für Bayer 04 Leverkusen neigt sich 2012 dem Ende entgegen. Wie bewerten Sie das Jahr aus Sicht des Vereins?

Rudi Völler: Insgesamt schon erfreulich. In der vergangenen Saison hatten wir zwischendurch eine kleine Schwächephase. Aber wir haben die Spielzeit auf dem fünften Platz beendet und uns damit für die Europa League qualifiziert. Das war ein schöner Erfolg nach den Problemen. Und mit der aktuellen Hinserie können wir sehr zufrieden sein. In der Bundesliga sind wir Zweiter, haben unter anderem als einziges Team gegen Bayern München gewonnen - mit viel Kampf, Leidenschaft und sicher auch etwas Glück. Aber das zeigt doch die Qualität, die wir im Kader haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen können. Uns allen ist bewusst, dass die Rückrunde sehr hart wird. Man darf nicht vergessen, dass wir international ebenfalls noch dabei sind. Und jetzt steht das Achtelfinale im DFB-Pokal beim VfL Wolfsburg auf dem Programm.

DFB.de: Wie wichtig ist dieser Wettbewerb für einen Verein wie Bayer 04?

Völler: Nicht nur für uns ist der DFB-Pokal bedeutend. Jeder Bundesligist hat das Ziel, das Finale in Berlin zu erreichen. Das ist immer ein Höhepunkt der Saison. Wir durften diese besondere Atmosphäre vor drei Jahren erleben. Leider haben wir gegen Werder Bremen 0:1 verloren. Aber auf dem Weg dorthin braucht man auch immer etwas Losglück.

DFB.de: Der VfL Wolfsburg zählt sicher nicht zu den angenehmsten Aufgaben.

Völler: Nein, eher nicht. Das ist ein schweres Auswärtsspiel. In der Meisterschaft haben wir dort neulich verloren. Das müssen wir nun besser machen. Ich sehe die Ausgangslage vor dem Duell völlig ausgeglichen. Aber es ist doch klar, dass wir gerne mal wieder in das Finale einziehen würden.

DFB.de: Können Sie eigentlich das Wort "Vizekusen" noch hören?

Völler: Ach, wissen Sie, das ist doch alles Spaß. Wir gehen damit locker um, das ist überhaupt kein Problem. Ich habe in all den Jahren in Leverkusen zweite Plätze erlebt, die sicher sehr bitter waren. Aber es gab auch zweite Plätze, über die man sich freuen kann. Im Moment ist das doch auch so. Die Münchner sind derzeit einfach überragend. Da ist es schon eine gute Leistung, erster Verfolger zu sein. Wir müssen zusehen, dass wir unsere Ziele erreichen. Denn es ist doch ganz klar, dass zum Beispiel Borussia Dortmund im neuen Jahr wieder angreifen wird. Unser Minimalziel ist die Europa League. Toll wäre es, wenn wir uns mal wieder für die Champions League qualifizieren könnten. Wenn wir am Ende wieder "Vizekusen" sind, haben wir sicher keine schlechte Leistung gebracht.

DFB.de: Es scheint zu passen mit dem Trainertandem Sascha Lewandowski/Sami Hyypiä.

Völler: Auf jeden Fall. Eigentlich war diese Aufteilung ja nur als Übergangslösung gedacht. Aber die beiden haben es so gut gemacht, dass wir sie mit einem längerfristigen Vertrag ausgestattet haben. Ich möchte jedoch betonen, dass wir nicht nur mit den Ergebnissen zufrieden sind. Auch mit der Spielweise der Mannschaft können wir gut leben. Wir haben schnell gespürt, dass wir diese Zusammenarbeit fortsetzen sollten. Ich hoffe, dass wir dadurch noch einige erfolgreiche Jahre vor uns haben.

DFB.de: Kann man die Konstellation vergleichen mit Ihrer Tätigkeit bei der Nationalmannschaft? Rudi Völler als Teamchef, Michael Skibbe als Trainer.

Völler: Nein, nicht unbedingt. Das ist etwas anders. Damals war es ja schon so, dass ich die letzte Entscheidung hatte und entsprechend auch im Fokus stand. Das war keine echte Doppelspitze, ich war der Chef. Bei Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski ist alles genau aufgeteilt, beide sprechen sich sehr intensiv ab. Ich hatte damals einfach das große Glück, mit Michael Skibbe einen absoluten Fachmann an meiner Seite zu wissen.

DFB.de: Gibt es diese Alleinunterhalter wie damals überhaupt noch?

Völler: Nein, eigentlich nicht mehr. Co-Trainer werden immer wichtiger. Sie haben einen ganz anderen Wert als noch vor zehn oder 20 Jahren. Das sieht man auch beim FC Bayern. Da hat zwar Jupp Heynckes das Sagen, aber im Hintergrund leistet Peter Hermann unheimlich wichtige Arbeit. Er war ja auch lange in Leverkusen beschäftigt. Er war sogar mein Assistent, als ich kurz hier Trainer war. So jemanden braucht man einfach an seiner Seite. Das ist mittlerweile normal im nationalen und internationalen Fußball.

DFB.de: Alle Bundesligisten haben die Gruppenphase der internationalen Wettbewerbe überstanden. Was macht die deutschen Mannschaften so stark?

Völler: In diesem Jahr ist es besonders auffällig, das stimmt. Aber diese Tendenz gibt es schon etwas länger - das wird gerne übersehen. Wir haben ja zum Beispiel die Italiener in der Fünf-Jahres-Wertung schon vorher überholt. Das ist eben die logische Folge aus dieser Entwicklung.

DFB.de: Ist es auch eine Tendenz, dass viele Bundesligisten wieder auf deutsche Spieler setzen? Sie in Leverkusen etwa haben mit Leno, Wollscheid, Toprak, Rolfes, Reinartz, Bender, Castro, Schürrle und Kießling eine starke deutsche Achse.

Völler: Ja, wahrscheinlich schon. Aber das ist ja nicht nur in Leverkusen der Fall. Auch der FC Bayern hat Weltklassespieler aus Deutschland, dazu kommen ein paar Stars aus dem Ausland. Und Dortmund natürlich auch. Es ist mittlerweile einfach so, dass wir ein Über-Angebot an Toptalenten haben. Das gab es seit 20 oder 30 Jahren nicht mehr. Diese Entwicklung sieht man auch bei der deutschen Nationalmannschaft. Es ist sicher für Jogi Löw total schwierig, den Kader zu nominieren. Er hat so viele tolle junge Spieler zur Verfügung. Entsprechend stark tritt die DFB-Auswahl seit einigen Jahren auf.

DFB.de: Wie ist diese Entwicklung zu erklären?

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Völler: In den 90er-Jahren wurde in der Ausbildung geschludert. Dann hat der DFB ein Nachwuchs-Förderungskonzept ins Leben gerufen. Und auch die Vereine haben ihre Hausaufgaben wieder gewissenhafter erledigt. Das macht sich heute bemerkbar. Jetzt kann man die Früchte dieser Arbeit ernten. Deshalb haben wir wieder Topniveau erreicht. Wir in Leverkusen möchten uns mit diesem deutschen Stamm langfristig in der Spitzengruppe der Bundesliga etablieren.

DFB.de: War es deshalb auch nötig, im Sommer das in Summe 50-Millionen-Angebot für Lars Bender und André Schürrle abzulehnen?

Völler: Auf jeden Fall. Und ich bin noch heute davon überzeugt, dass das die richtige Entscheidung war. Wir hätten zum damaligen Zeitpunkt keinen adäquaten Ersatz für einen vernünftigen Preis bekommen. Sicherlich wird es auch weiterhin so sein, dass wir in Leverkusen immer mal wieder den einen oder anderen ziehen lassen müssen. Aber im vergangenen Sommer haben wir Priorität darauf gelegt, dass wir unsere sportlichen Ziele nicht aus dem Blick verlieren. Deshalb war ein Verkauf kein Thema.