Robin Dutt zum Pokalderby: "Eine Win-Win-Situation"

Dutt: Ich sage Ihnen: Das ist in Freiburg ganz normal, wenn man gute Arbeit leistet. In meiner ersten Saison in der 2. Bundesliga wurden wir Fünfter und verloren dann Spieler wie Pitroipa und Matmour. Das waren sehr wichtige Spieler für uns. Da haben viele gesagt, wie soll es ohne die beiden weitergehen? Trotzdem sind wir im folgenden Jahr souverän aufgestiegen, denn wir hatten uns mit Leuten wie Mo Idrissou verstärkt. Dass Spieler gehen, ist in Freiburg Tagesgeschäft.

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Robin Dutt ist in Stuttgart aufgewachsen und hat den SC Freiburg fast fünf Jahre lang trainiert. Für den DFB-Sportdirektor ist das Pokalhalbfinale zwischen dem VfB und dem Sport-Club am Mittwoch (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) deshalb eine ganz besondere Partie. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit dem Journalisten Andreas Renner redet der 48-Jährige über das Pokalduell, die starke Saison von Freiburg und die Arbeit von SC-Trainer Christian Streich.

DFB.de: Herr Dutt, Sie haben in Freiburg und Stuttgart gecoacht. Mit welchen Emotionen werden Sie das DFB-Pokalhalbfinale des VfB Stuttgart gegen den SCF anschauen?

Robin Dutt: (lacht) In der Tat wird da auf jeden Fall eine Mannschaft gewinnen und weiterkommen, mit der ich mich freuen kann. Sagen wir es so: Für mich ist das eine Win-Win-Situation.

DFB.de: Haben Sie in Ihrer Jugend dem VfB die Daumen gedrückt?

Dutt: Ich habe mich ja noch nie über meine Lieblingsklubs geäußert, weil das in bestimmten Situationen einfach negativ auf einen zurückfällt. Aber es ist doch klar: Ich bin in Stuttgart aufgewachsen, kenne viele Leute im Verein, vom Jugendtrainer bis in den Aufsichtsrat, denn ich habe mit diesen Leuten sowohl beruflich als auch privat zu tun.

DFB.de: Wie beurteilen Sie die Saison, die der SC Freiburg bislang hingelegt hat?

Dutt: Natürlich kann man das nur auf eine Art beurteilen: Es ist ganz stark, was Freiburg in dieser Saison macht. Aber im Prinzip ist es eine kontinuierliche Weiterentwicklung der guten Arbeit der vergangenen 20 Jahre. Das fing an bei Volker Finke, als man noch in einem ganz kleinen Stadion spielte und eine eigene Philosophie entwickeln musste, um erfolgreich zu sein. Dann kam eines der ersten Nachwuchsleistungszentren und der Aufstieg in die Bundesliga. Klar ist auch: Rückschläge wird es in Freiburg immer geben, so wie die zwei Abstiege unter Volker Finke. Und wenn man erfolgreich ist, dann gehen die besten Spieler weg. Das habe ich selbst ja auch erlebt. Also: Freiburg hat schon unter Volker Finke international gespielt, und zu meiner Zeit waren wir auch zumindest in der oberen Tabellenhälfte. Es ist also keine große Überraschung, was da passiert.

DFB.de: Christian Streich war seinerzeit einer Ihrer Assistenten. Mittlerweile hat er einen Ruf als etwas anderer Fußballtrainer. Hatten Sie damals schon das Gefühl, dass er irgendwann einer Ihrer Nachfolger werden würde?

Dutt: Zunächst einmal ist Christian Streich ein guter Fußballtrainer. Und ein guter Fußballtrainer findet in Freiburg Bedingungen vor, unter denen er gut arbeiten kann. Christian artikuliert sich vielleicht etwas anders als viele Kollegen, mit Mimik, Gestik und seinem Dialekt, aber er war ja schon nach meinem Abschied ein Kandidat für den Cheftrainerposten. Ich hatte ihm das absolut zugetraut.

DFB.de: Ist die Freiburger Fußballschule ein Vorzeigeprojekt?

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Dutt: So war es nicht geplant, und ich glaube, in Freiburg würde man sich nicht darüber freuen, als Vorzeigeprojekt bezeichnet zu werden. Es ging von Anfang an eigentlich vor allem darum, die Nachteile des Standorts Freiburg auszugleichen, eine Nische zu besetzen und die Profifußballer lieber gleich selbst auszubilden.

DFB.de: Welche Bedeutung hätte der Einzug ins Pokalfinale für den SC Freiburg?

Dutt: Natürlich wäre das etwas, worauf der Klub und die Fans stolz sein könnten. Ich habe vor meiner Freiburger Zeit die Stuttgarter Kickers trainiert, und da schwärmten immer noch alle vom Pokalfinale gegen den Hamburger SV, auch wenn das Spiel damals verloren gegangen war. Aber der Erfolg im Pokal hat in Freiburg ja nicht nur die sportliche, sondern auch die betriebswirtschaftliche Seite. Da gibt es viele Einnahmen über die Fernsehgelder, auch weil das Spiel live übertragen wird. Und bei einem Etat wie in Freiburg sind diese Einnahmen natürlich sehr wichtig, deutlich wichtiger als bei einem FC Bayern.

DFB.de: Nun "droht" dem SC sogar die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb. Christian Streich hat sich darüber schon mäßig begeistert geäußert. Können Sie das nachvollziehen?

Dutt: Der Klub hatte sich ja vor der Saison ein Ziel gesetzt. Natürlich kann man das nach ein paar Erfolgen nach oben korrigieren und sagen, jetzt wollen wir in den Europapokal. Aber dann landet man vielleicht nach einer tollen Saison einen Platz hinter den Europapokalrängen, und plötzlich kommt da ein negativer Beigeschmack rein. Das will man natürlich verhindern. Außerdem ist der Freiburger Kader in der Breite und auch in der Qualität nicht auf das internationale Geschäft ausgerichtet. Die Bundesliga bleibt immer wichtig, weil sie das Tagesgeschäft ist. Die Bundesliga und einen internationalen Wettbewerb unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach, das hat Freiburg in der Vergangenheit auch schon erfahren müssen.

DFB.de: Im Moment liest man beim Thema Freiburg hauptsächlich von Spielern, die in Frankfurt, Wolfsburg oder Mönchengladbach im Gespräch sind. Wie schwer ist es, damit umzugehen?

Dutt: Ich sage Ihnen: Das ist in Freiburg ganz normal, wenn man gute Arbeit leistet. In meiner ersten Saison in der 2. Bundesliga wurden wir Fünfter und verloren dann Spieler wie Pitroipa und Matmour. Das waren sehr wichtige Spieler für uns. Da haben viele gesagt, wie soll es ohne die beiden weitergehen? Trotzdem sind wir im folgenden Jahr souverän aufgestiegen, denn wir hatten uns mit Leuten wie Mo Idrissou verstärkt. Dass Spieler gehen, ist in Freiburg Tagesgeschäft.