Marcell Jansen: "Bayern ist eine Chance für uns"

DFB.de: Ein weiteres Problem des HSV ist, dass man zuletzt zumeist deutlich weniger Kilometer lief als der Gegner.

Jansen: Ja, aufgrund dieses Nachgrübelns, das ich eben schon beschrieben habe, kommen wir oft auf weniger Kilometer. Das darf natürlich nicht passieren.

DFB.de: Wie würden Sie die Gemütslage beschreiben?

Jansen: Ich war schon öfter im Abstiegskampf. Vor längerer Zeit mit Gladbach, vor zwei Jahren auch schon einmal mit dem HSV. Aber ich weiß nicht, ob eine Situation schon einmal so erdrückend war wie im Moment.

DFB.de: Warum ist sie diesmal besonders schwierig?

Jansen: Wir bekommen nicht nur blöde Gegentore, wir kriegen es auch nicht hin, selbst Tore zu machen. Um ein Spiel zu gewinnen, muss man eben auch Tore schießen. Uns fehlt der Druck nach vorne. Wir sind eigentlich immer nur in der Defensive.

DFB.de: Was kann man tun, um wieder in die Spur zu kommen?

Jansen: Wir müssen alles geben, uns in jeden Zweikampf reinschmeißen, alles probieren und in der Woche Vollgas geben. Wir brauchen unbedingt Erfolgserlebnisse.



Marcell Jansen hat gute Erinnerungen an den DFB-Pokal. Er ist der einzige Akteur des Hamburger SV, der schon einmal die Trophäe in die Höhe strecken durfte. Damals, im Sommer 2008, stand er noch beim FC Bayern München unter Vertrag. Kurz darauf erfolgte der Wechsel nach Hamburg. Nun stehen sich beide Klubs in der Hansestadt gegenüber, am Mittwoch (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) im Viertelfinale des DFB-Pokals.

Gleich in seiner ersten Saison erreichte Jansen mit den "Rothosen" das Halbfinale im DFB- und UEFA-Pokal. Aktuell jedoch steckt der HSV in einer schweren Krise, dem Tabellen-17. droht der erste Bundesligaabstieg der Vereinsgeschichte. Im DFB.de-Interview spricht Marcell Jansen mit Mitarbeiter Oliver Jensen über das Duell mit dem Triplegewinner und die schwierige Situation des HSV.

DFB.de: Herr Jansen, der Hamburger SV steckt in größter Abstiegsnot. Am Samstag steht ein wichtiges Spiel gegen den Tabellenletzten Eintracht Braunschweig an. Wie schwierig ist es, sich nun trotzdem auf den DFB-Pokal zu konzentrieren?

Marcell Jansen: Wir sind Profis und wollen im DFB-Pokal einen Fight abliefern. Natürlich sind wir der krasse Außenseiter. Die Bayern sind momentan die wahrscheinlich beste Mannschaft der Welt. Aber wir wollen uns dagegenstemmen. Wir können so auch damit anfangen, Kräfte für das Spiel gegen Braunschweig zu sammeln.

DFB.de: Ist es für den HSV überhaupt realistisch, die Pokalsensation zu schaffen?

Jansen: Generell bringt es uns nichts, vor dem Spiel irgendwelche Ankündigungen zu machen. Schon gar nicht in unserer Situation. Realistisch und ganz nüchtern gesehen, gehen die Bayern als haushoher Favorit in dieses Spiel - wie in jedes andere Spiel auch, im Übrigen.

DFB.de: Von den sechs Bundesliganiederlagen in Folge war das 1:3 beim FC Bayern München am 16. Spieltag noch eines der besseren Spiele. Macht das vielleicht etwa Mut?

Jansen: Wir waren da nicht chancenlos, das ist richtig. Das zeigt zumindest, dass man sich nicht von vornherein geschlagen geben muss. Aber wie schon gesagt: Von uns werden derzeit in erster Linie Antworten auf dem Platz erwartet.

DFB.de: Ist es vielleicht sogar angenehm, nun ein Pokalspiel zu haben, in dem es nicht um die Existenz geht?

Jansen: Das wird sich zeigen. Wir müssen als Mannschaft besser verteidigen und unsere Gegenspieler doppeln. Es darf nicht passieren, dass wir unsere Mitspieler beim Zweikampf alleine lassen. Wir müssen hinten gut zusammenstehen und vorne möglichst die Chance nutzen, sobald wir eine bekommen.

DFB.de: Es gab nicht nur sechs Bundesliganiederlagen in Folge, sondern auch fünf Spiele hintereinander mit drei Gegentoren - drei davon vor heimischem Publikum. Wie ist das zu erklären?

Jansen: Wir geben dem Gegner leider zu Hause nie das Gefühl, dass wir als Mannschaft gefährlich werden können. Am Ende sehen wir natürlich hinten in der Verteidigung blöd aus, weil wir die Tore kassieren. Aber wir sorgen leider auch für keine Entlastung. Es ist wie in einem Boxkampf: Manchmal muss man auch zurückschlagen. Das passiert einfach nicht. Wir grübeln häufig über Situationen nach, die schon lange vorbei sind. Dass das Spiel noch lange geht und wir eigentlich noch alle Möglichkeiten haben, wird völlig vergessen. Und genau in diesen Phasen schenken wir die Spiele ab.

DFB.de: Ihr Mitspieler Heiko Westermann sagte, dass man beim 0:3 im letzten Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin nach dem 0:1 regelrecht "tot" war.

Jansen: Sowas darf uns einfach nicht passieren. Auch wenn ein Gegentor fällt, hat man noch genügend Zeit, das Spiel zu drehen. Wir sind da unten drin und bekommen nichts geschenkt. Man muss sich mental darauf einstellen, nach einem Rückstand wieder zurückzukommen. Und selbst wenn es einmal vorne mit dem Toreschießen nicht funktioniert, muss man zumindest in der Rückwärtsbewegung gut arbeiten.

DFB.de: Ist es mental überhaupt möglich, die bittere Niederlage gegen Berlin komplett wegzustecken und mit frischem Mut in das Bayern-Spiel zu gehen?

Jansen: Es wäre gelogen, jetzt zu behaupten, dass wir völlig frei in dieses Spiel gehen können. Wir sind in einer ganz schweren Situation. Ich bin aber froh, dass dieses Spiel jetzt kommt. Es ist ja auch eine Chance für uns.

DFB.de: Ein weiteres Problem des HSV ist, dass man zuletzt zumeist deutlich weniger Kilometer lief als der Gegner.

Jansen: Ja, aufgrund dieses Nachgrübelns, das ich eben schon beschrieben habe, kommen wir oft auf weniger Kilometer. Das darf natürlich nicht passieren.

DFB.de: Wie würden Sie die Gemütslage beschreiben?

Jansen: Ich war schon öfter im Abstiegskampf. Vor längerer Zeit mit Gladbach, vor zwei Jahren auch schon einmal mit dem HSV. Aber ich weiß nicht, ob eine Situation schon einmal so erdrückend war wie im Moment.

DFB.de: Warum ist sie diesmal besonders schwierig?

Jansen: Wir bekommen nicht nur blöde Gegentore, wir kriegen es auch nicht hin, selbst Tore zu machen. Um ein Spiel zu gewinnen, muss man eben auch Tore schießen. Uns fehlt der Druck nach vorne. Wir sind eigentlich immer nur in der Defensive.

DFB.de: Was kann man tun, um wieder in die Spur zu kommen?

Jansen: Wir müssen alles geben, uns in jeden Zweikampf reinschmeißen, alles probieren und in der Woche Vollgas geben. Wir brauchen unbedingt Erfolgserlebnisse.

DFB.de: Nach dem Spiel gegen Berlin haben viele Zuschauer die Ausfahrt vom Mannschaftsbus blockiert. Es hat sogar Ausschreitungen gegeben. Verunsichert so ein Verhalten vereinzelter Fans die Mannschaft zusätzlich?

Jansen: Die Fans haben ihrem Unmut Luft gemacht. Das war irgendwann zu erwarten. Wir haben uns den Fans auch gestellt und den Dialog gesucht. Dass aber Spieler bedroht und über den Parkplatz gejagt werden, akzeptiere ich nicht. Das ging eindeutig zu weit. Und gerade als junger Spieler damit umzugehen, ist auch nicht einfach.