Leon Goretzka: "Ich will so weit nach oben wie möglich"

Goretzka: Ich habe weiterhin vor, mein Abitur in Bochum zu machen. Das wäre frühestens 2014. Davor macht es wenig Sinn, die Schule und den Verein zu wechseln. Und mein Vertrag läuft noch bis 2016.

DFB.de: Und danach, welche Ziele haben Sie noch im Fußball?

Goretzka: Natürlich hören sich Vereine wie Real Madrid verlockend an. Bei allem, was man tut, sollte man das Maximum im Blick haben. Ich will so weit nach oben, wie es geht.

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Was für ein Jahr für Leon Goretzka: Los ging es mit dem Wintertrainingslager des VfL Bochum im Januar, bei dem der Junior erstmals regelmäßig mit der Profimannschaft trainierte. Heute (ab 19 Uhr, live bei Sky) endet es mit dem DFB-Pokalachtelfinale gegen den TSV 1860 München.

Und dazwischen: die U 17-EM in Slowenien mit der unglücklichen Finalniederlage gegen die Niederlande, seine erste Halbserie im Profibereich, bei der der Mittelfeldspieler des VfL bis auf eine Ausnahme in jedem Liga- und Pokalspiel zum Einsatz kam, die Verleihung der Fritz-Walter-Medaille in Gold für den besten deutschen U 17-Spieler und jede Menge Gerüchte über Offerten aus Madrid, München und Mailand.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Peter Scheffler blickt der 17-Jährige zurück auf ein ereignisreiches Jahr und voraus auf das Duell gegen 1860, die Möglichkeiten des VfL Bochum und seine Zukunft.

DFB.de: Von Dariusz Wosz über die DFB-Trainer bis hin zu ihrer Klassenlehrerin: Sie zu loben, scheint momentan in zu sein.

Leon Goretzka: Stimmt, das scheint so zu sein. (lacht) Aber ich kann schon richtig einordnen, was alles in der Presse steht. Momentan freue ich mich mehr über Kritik als über so manches Lob, denn Kritik bringt einen oft weiter.

DFB.de: Die Lobeshymnen überraschen allerdings nicht. Mit dem Pokalspiel gegen 1860 München endet ein erfolgreiches Jahr für Sie. Hatten Sie schon Zeit, die Erlebnisse zu verarbeiten?

Goretzka: Ehrlich gesagt, nicht. 2012 hat wirklich ein Highlight das nächste gejagt. Das ist schon Wahnsinn. Zum Glück war bisher alles positiv, so fällt es mir leichter, das alles zu verkraften.

DFB.de: Vor der Saison hatten Sie die Hoffnung, ein paar Einsätze bei den Profis zu bekommen. Nun haben Sie bis auf eine Ausnahme bei jedem Liga- und Pokalspiel in der Startelf gestanden. Wann haben Sie gemerkt: Der Trainer baut auf mich?

Goretzka: Im Laufe der Vorbereitung hat sich das schon abgezeichnet. Geglaubt habe ich es aber erst, als ich dann im ersten Saisonspiel auf dem Platz stand. Ich denke, die Demut zu Beginn der Saison hat mir nicht geschadet. Das Vertrauen des Trainers konnte ich dann schnell mit Leistung zurückzahlen, zum Beispiel mit dem Tor im ersten Saisonspiel - das war ein Riesenerlebnis.

DFB.de: Sie sprechen das Vertrauensverhältnis zu Andreas Bergmann an, der Sie zu den Profis geholt hat. Nach dem 1:6 in Aue am 11. Spieltag wurde er entlassen. Wie war das für Sie?

Goretzka: Ich habe Andreas Bergmann viel zu verdanken. Wir hatten ein ganz enges Verhältnis. Er hat sich persönlich dafür eingesetzt, dass Schule und Training bei mir unter einen Hut passen. Da mit Karsten Neitzel nun sein Assistent unser Trainer ist, war die Umgewöhnung nicht so extrem. Auch mit ihm hatte und habe ich ein super Verhältnis.

DFB.de: Wie wurden Sie von den Mannschaftskameraden aufgenommen?

Goretzka: Mir kam zugute, dass ich nicht ins kalte Wasser geworfen wurde. Ich trainiere bereits seit einem Jahr mit der Mannschaft, anfangs einmal die Woche, später immer öfter, je nachdem, wie es mit der Schule zu vereinbaren war. Ich konnte mich auch mal zurückziehen, wenn es zuviel wurde. Mittlerweile bin ich bereits Ansprechpartner für andere junge Spieler, weil ich die Abläufe kenne.

DFB.de: Das kommt Ihrem Naturell bestimmt entgegen. Sie waren bisher in Junioren- und Auswahlmannschaften stets Kapitän. War es für Sie eine besondere Herausforderung, bei den Profis erst einmal ins zweite Glied zu rücken?

Goretzka: Stimmt, das war wirklich ein Unterschied für mich. Ich bin es gewohnt, auf dem Platz Anweisungen zu geben, die umgesetzt werden - und nicht umgekehrt. In dieser Rolle musste ich mich erst einmal zurechtfinden, kann nun aber davon profitieren.

DFB.de: Wer sind in der Bochumer Mannschaft die Führungsspieler?

Goretzka: Natürlich die erfahrenen Spieler wie Marcel Maltritz, Christoph Dabrowski oder Lukas Sinkiewicz, zum Beispiel. Die könnten ja fast meine Väter sein. (lacht) Sie haben alle eine tolle Karriere, und ich kann noch eine Menge von ihnen lernen.

DFB.de: Wie bewerten Sie die bisherige Saison?

Goretzka: Man kann nicht von einer guten Hinrunde sprechen. Wir haben uns leider zu Beginn der Saison zu viele individuelle Fehler geleistet. Aber unser Kader hat auf jeden Fall die Qualität für einen Mittelfeldplatz in der zweiten Liga. Wir müssen nun zusehen, dass wir den Schwung der letzten Spiele in das nächste Jahr mitnehmen.

DFB.de: 18 Startelfeinsätze, fünf Torbeteiligungen, viele unterschiedliche Positionen gespielt: Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?

Goretzka: Die ist okay. Ich wünsche mir, dass es in der Rückrunde noch mehr Tore werden, auch wenn ich mich mit der Quote nicht verstecken muss. Wir haben als Mannschaft insgesamt zu wenig Tore geschossen.

DFB.de: Ist der DFB-Pokal eine willkommene Abwechlung oder eine Belastung, wenn man in der Liga im Abstiegskampf steckt?

Goretzka: Auf jeden Fall eine willkommene Abwechslung. Spiele im DFB-Pokal sind etwas ganz Besonderes. Jede Mannschaft ist topmotiviert. Dass wir bisher zweimal gegen unterklassige Mannschaften gespielt haben (Heidenheim und Havelse; Anm. d. Red.), war überhaupt nicht zu merken.

DFB.de: Nun kommt das Spiel gegen 1860 München, das sich in einer ähnlichen Lage wie die Bochumer befindet: hohe Ziele, durchwachsene Hinrunde, Trainerwechsel. Sehen Sie Parallelen?

Goretzka: Ja, das stimmt schon. Aber wir beschäftigen uns weniger mit dem Gegner als mit uns selbst. Wenn wir an die Leistung des Ligaspiels anknüpfen (0:0 am 5. Spieltag; Anm. d. Red.), können wir die Löwen packen. Dass es damals am Ende nicht für drei Punkte gereicht hat, lag vor allem an deren Torhüter Gabor Király, der überragend war. Außerdem könnten wir dem VfL mit dem Einzug ins Pokalviertelfinale noch ein finanzielles Weihnachtsgeschenk machen. Insofern sind wir hoch motiviert.

DFB.de: 0:0 wie in der Liga würde im Pokal nach 120 Minuten Elfmeterschießen bedeuten. Würden Sie antreten?

Goretzka: Das muss man in der jeweiligen Situation entscheiden, aber grundsätzlich schon.

DFB.de: Sie scheuen sich nicht, Verantwortung zu übernehmen. Auch ein Grund, warum Sie dieses Jahr die Fritz-Walter-Medaille in Gold für den besten U 17-Spieler erhalten haben.

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Goretzka: Das war eine Riesenehre für mich. Ich bin sehr stolz, hier Nachfolger von Spielern wie Lars Bender oder Mario Götze zu sein.

DFB.de: A propos Götze. Ähnlich wie er, stehen Sie angeblich bei Vereinen wie Real Madrid, Inter Mailand oder Bayern München recht weit oben auf der Einkaufsliste. Was bekommen Sie persönlich davon eigentlich mit?

Goretzka: Kaum etwas. Ich werde höchstens mal in der Schule angesprochen: "Wann spielst du bei Real, wie lange bleibst du noch in Deutschland?" So was wollen die Klassenkameraden dann wissen. Aber ich beschäftige mich nicht damit. Falls es Angebote gibt, kümmern sich mein Vater und mein Berater darum. Denen habe ich gesagt, dass ich momentan nichts davon wissen möchte. Ich bin mit Bochum in einer schwierigen Situation. Darauf liegt mein Fokus.

DFB.de: Volle Konzentration auf Bochum, also. Bis wann kann der VfL mit Ihnen planen?

Goretzka: Ich habe weiterhin vor, mein Abitur in Bochum zu machen. Das wäre frühestens 2014. Davor macht es wenig Sinn, die Schule und den Verein zu wechseln. Und mein Vertrag läuft noch bis 2016.

DFB.de: Und danach, welche Ziele haben Sie noch im Fußball?

Goretzka: Natürlich hören sich Vereine wie Real Madrid verlockend an. Bei allem, was man tut, sollte man das Maximum im Blick haben. Ich will so weit nach oben, wie es geht.