Geislingen und Co.: Die größten Erstrundensensationen

Leipzig, 29. Juli 2011: Drei Klassen lagen zwischen den Kontrahenten, der Klub aus der Sachsen-Metropole war der krasse Außenseiter. RasenBallsport Leipzig, damals Regionalligist - also vierte Liga - zeigte aber gegen den Meister von 2009, den VfL Wolfsburg, keinerlei Scheu. Zur Freude der 31.200 Zuschauer im WM-Stadion erzielte Daniel Frahn zwei schnelle Tore, doch der Bundesligist schlug zurück. Srdjan Lakic und Hasan Salihamdizic stellten nach 28 Minuten den Gleichstand her, nun würde doch alles seinen erwarteten Gang nehmen – dachte man. Doch die Magath-Auswahl machte die Rechnung ohne Frahn, der das größte Spiel seiner Karriere machte: in der 45. Minute köpfte er sein drittes Tor und so ging es mit 3:2 in die Kabinen. Felix Magath wechselte Tuncay für Josué ein und später gegen Helmes wieder aus, nach 62 Minuten hatte er alle Joker gezogen. Sichtbares Zeichen von Unzufriedenheit. Und RB? Brach einfach nicht ein, das Team von Trainer Peter Pacult verteidigte den knappen Vorsprung bis zum Abpfiff. Dann feierten sie. RB-Manager Wolfgang Loos erklärte Frahn, den Helden des Tages, vorsorglich für unverkäuflich, Felix Magath holte die Peitsche raus: "So können wir nicht in die Bundesliga starten, es wird sich einiges ändern."

Berlin, 18. August 2012: Sechs Bundesligisten scheiterten in der ersten Runde der vergangenen Saison, aber keiner blamierte sich mehr als die Hoffenheimer. 0:4 bei einem Regionalligisten, das stellte alles in den Schatten. "Wir haben Geschichte geschrieben", jubelte BAK-Trainer Jens Härtel nach der Hitzeschlacht. Es war in der Tat der höchste Sieg eines Viertligisten gegen einen Bundesligisten in 80 Jahren DFB-Pokal - und das vor nur 1468 zahlenden Besuchern. Schon zur Pause lag die Sensation in der Luft, da stand es 3:0! Den desolaten Hoffenheimern, die vor der Saison von der Europa League träumten, versetzte das Pokalerlebnis einen Schock. Es war der Anfang einer verkorksten Saison, Torwart Tim Wiese leistete sich ungewöhnliche Patzer, er verschuldete das 0:4 von Metin Cakmak, danach war alles aus. Cakmak durfte abends ins Sportstudio des ZDF und wunderte sich über die Schnelllebigkeit des Geschäfts: "Eben noch auf dem Platz, dann im Flugzeug und jetzt bin ich hier." Der Pokal hat eben seine eigenen Gesetze. Eines lautet: Kein Wettbewerb macht dich schneller berühmt.

Chemnitz, 15. August 2014: 10.000 Zuschauer im Stadion an der Gellert-Straße wurden Zeuge eines sensationellen Spielverlaufs. Der Drittligist lag gegen die Elf des neuen Mainzer Trainers Kasper Hjulmand schon 0:2 zurück, da glich Anton Fink binnen drei Minuten aus. Koo erhöhte auf 2:3, drei Minuten vor Schluss aber fabrizierte der Mainzer Niko Bungert ein Eigentor - 3:3, Verlängerung. In der gingen die kecken Sachsen erstmals in Führung; 4:3 durch Ziereis (103.). Bungert machte sein Missgeschick wieder gut und glich aus (109.). Zehn Minuten später traf Kehl-Gomez wieder für den CFC, die Spieler feierten wie wild, auch Torwart Philipp Pentke war nicht mehr ganz bei der Sache. Sein Abschlag in Minute 122 missriet und tropfte Johannes Geis vor die Füße. Der aktuelle Schalker zog aus dem Mittelkreis, rund 55 Meter war die Distanz, ab. Pentke kam nicht mehr ran - 5:5, Elfmeterschießen. In dem fielen neun weitere Tore, ausgerechnet der Chile-Import des FSV, Gonzalo Jara, scheiterte an Philipp Pentke. Jara hatte schon wenige Wochen zuvor bei der WM gegen Gastgeber Brasilien den entscheidenden Elfmeter verschossen. Dann endete der Abend der großen Emotionen. CFC-Trainer Karsten Heine gab zwei Tage frei und sagte der Presse: "Man muss nicht zur großen Analyse ausholen, denn im Pokal geht es nur ums Weiterkommen." Obwohl oder weil das alle wissen, gibt es immer wieder Sensationen. Fortsetzung ausdrücklich erwünscht.

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Die Tarnung war geradezu perfekt. Auf den Trikots des Viertligisten ASV Bergedorf stand "Klein-Kleckersdorf", und beinahe hätte der Werbegag einer Brauerei seine Wirkung getan. Drei Sekunden fehlten nur zur großen Sensation der ersten DFB-Pokalrunde 1982/1983, dann rettete ein Tor von Dieter Hoeneß die Münchner Bayern in die Verlängerung. Erst jetzt schwanden den Amateuren die Kräfte, die Stars um Kalle Rummenigge und Paul Breitner siegten noch 5:1.

Nicht immer kommen Bundesligisten im DFB-Pokal so glimpflich davon. Seit der Reform des Wettbewerbs 1974, als erstmals 128 Mannschaften zugelassen wurden und die Amateure in der Überzahl waren, warfen sie allein in der ersten Runde 58-mal Erstligisten raus. Vor dem heutigen Auftakt des Wettbewerbes 2015/2016 erinnert DFB.de an die größten Sensationen der Pokalgeschichte zum Start.

Geislingen, 31. August 1984: Der HSV blamiert sich unter Trainer Ernst Happel beim Drittligisten, zehn Jahre nach dem Trauma von Eppingen (1:2 in der 2. Hauptrunde 1974/1975) gingen die Hamburger wieder in der schwäbischen Provinz unter. Dabei hatte Happel extra noch ein Trainingslager arrangiert, um den Ernst des Spiels zu verdeutlichen. Aber am Ende stand es nach Toren von Wolfgang Haug und Klaus Perfetto 2:0 für den SCG, und Spielmacher Felix Magath klagte: "Die eigentliche Katastrophe ist, dass wir überhaupt keine Siegchance hatten." SC-Präsident Heinrich Remmer hingegen sprach nachvollziehbar vom "größten Tag in der 84-jährigen Vereinsgeschichte".

Weinheim, 4. August 1990: Der große FC Bayern trat mit sechs Weltmeistern einen Monat nach dem WM-Triumph von Rom beim badischen Oberligisten FV Weinheim an und wurde gedemütigt wie selten zuvor. Er fand kein Rezept gegen den FV Weinheim, war allerdings nach einem Platzverweis für Thomas Strunz ab der 28. Minute dezimiert. Das Foul hatte auch einen Elfmeter zur Folge, den ein gewisser Thomas Schwechheimer verwandelte. Fertig war der 1:0-Sensationssieg. Der Feinblechner Schwechheimer war hinterher heiß begehrt, sein Trainer musste ihn mit Engelszungen überreden, damit er ins Sportstudio ginge. Das Einzige, was die von Jupp Heynckes trainierten Bayern mitnahmen, war ein Bildband von Weinheim und Umgebung. Vielleicht hätten sie vorher darauf achten sollen, wie das Stadion hieß, in dem sie vor 8000 Zuschauern untergingen: Sepp-Herberger-Stadion. Und sagte nicht schon der Weltmeister-Trainer von 1954: "Das nächste Spiel ist immer das Schwerste!"

Nürnberg, 14. August 1994: Wieder erwischte es die Bayern, nun auch noch vor der Haustür. Mit ihrem neuen Trainer Giovanni Trapattoni gastierte der damals amtierende Meister im Nürnberger Franken-Stadion beim fränkischen Regionalligisten TSV Vestenbergsgreuth, der die Gunst der Stunde nutzte und sein 360-Einwohner-Dorf für das Spiel des Jahrhunderts verließ. So forderten elf Nobodies in für sie ungewohnter Atmosphäre vor 24.200 Zuschauern elf Superstars - von Kahn bis Matthäus. Am weitesten brachte es später noch Harry Koch (1998 Meister mit Kaiserslautern). Besonders peinlich für die Bayern: Das Spiel wurde live im ZDF übertragen, als hätten die Mainzelmännchen die Sensation schon kommen sehen. Das einzige Tor köpfte ein gewisser Roland Stein nach 43 Minuten. An den großen Tag des nicht mehr existierenden Klubs erinnert noch immer der "1:0-Tee", den Helmut Hack, der heutige Präsident der Spielvereinigung Greuther Fürth, eigens erfand. 1996 fusionierte der TSV mit der traditionsreichen Spielvereinigung Fürth und feierte als Spielvereinigung Greuther Fürth 2012/2013 ein Wiedersehen mit den Bayern - gleich bei der Bundesligapremiere (0:3). Geschlagen haben sie sie aber nur als Amateure. Der Pokal macht’s möglich.

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Sandhausen, 27. August 1995: Wieder eine Sensation im Badischen, die sogar einen bis heute gültigen Rekord zu Tage brachte. Nie in der DFB-Pokalgeschichte gab es mehr Tore im Elfmeterschießen, einige Spieler traten sogar zweimal an Es wurde nötig, weil es zwischen dem Regionalligisten und dem VfB Stuttgart auch nach 120 Minuten (2:2) noch keinen Sieger gab. Schon das war eine kleine Blamage für den VfB, der mit seinem magischen Dreieck (Balakov-Bobic-Elber) angetreten war. Es kam noch schlimmer: Am Ende hieß es 15:14 für den SV Sandhausen, denn Stuttgarts Hendrik Herzog hatte nach 25 Treffern (!) als einziger verschossen.

Beckum, 27. August 1995: Am selben Tag verabschiedete sich der 1. FC Köln nach torlosem Spiel beim Oberligisten Spvgg. Beckum (Westfalen) ebenfalls nach Elfmeterschießen (3:4) aus dem Pokal. Vor 7000 Zuschauern wurde Torwart Jürgen Welp zum Helden des Tages, er hielt den letzten Strafstoß von Bruno Labbadia. Köln entließ noch am Abend Trainer Morten Olsen.

Stuttgart, 26. August 2000: Nur 1700 Zuschauer sahen im Daimler-Stadion den höchsten Sieg eines Drittligisten gegen einen Bundesligisten. Die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart demontierte Eintracht Frankfurt unter Trainer Felix Magath mit sage und schreibe 6:1. Den VfB coachte der spätere U 21-Trainer des DFB, Rainer Adrion. Nach dem Platzverweis für Markus Lösch (50. Minute) brach die Eintracht völlig ein. So kam auch der spätere Eintracht-Profi Ioannis Amanatidis zu zwei Toren.

Ulm, 26. August 2001: Erstmals schlug ein Fünftligist einen Bundesligisten. Der SSV Ulm 1846, im Jahr 1999/2000 noch erstklassig, war aus wirtschaftlichen Gründen bis in die Verbandsliga abgestürzt. Doch an diesem Tag zeigte er noch mal, wo er herkam. Der einzige aus der Bundesliga verbliebene Profi, Dragan Trkulja, erzielte per Elfmeter das 2:1 gegen den 1. FC Nürnberg, der von Weltmeister Klaus Augenthaler trainiert wurde.

Pirmasens, 9. September 2006: Mit allen Stars war der SV Werder Bremen an den Sportpark Husterhöhe, der Heimat des Regionalliga-Aufsteigers FK Pirmasens, gekommen. Aber die Auswahl um Diego und den frisch gekürten WM-Torschützenkönig Miroslav Klose rettete sich erst durch ein spätes Tor von Ivan Klasnic in die Verlängerung (1:1). Im Elfmeterschießen gab es keine Rettung mehr, gleich drei Bremer verschossen und die Westpfälzer feierten die ganze Nacht lang. Ihr Erfolgsgeheimnis: Trainer Robert Jung hatte den Ersatztorwart aufgestellt, der damit geworben hatte, noch kein Elfmeterschießen verloren zu haben. Rainer Schwarz hielt zwei Bälle – und Wort.

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Leipzig, 29. Juli 2011: Drei Klassen lagen zwischen den Kontrahenten, der Klub aus der Sachsen-Metropole war der krasse Außenseiter. RasenBallsport Leipzig, damals Regionalligist - also vierte Liga - zeigte aber gegen den Meister von 2009, den VfL Wolfsburg, keinerlei Scheu. Zur Freude der 31.200 Zuschauer im WM-Stadion erzielte Daniel Frahn zwei schnelle Tore, doch der Bundesligist schlug zurück. Srdjan Lakic und Hasan Salihamdizic stellten nach 28 Minuten den Gleichstand her, nun würde doch alles seinen erwarteten Gang nehmen – dachte man. Doch die Magath-Auswahl machte die Rechnung ohne Frahn, der das größte Spiel seiner Karriere machte: in der 45. Minute köpfte er sein drittes Tor und so ging es mit 3:2 in die Kabinen. Felix Magath wechselte Tuncay für Josué ein und später gegen Helmes wieder aus, nach 62 Minuten hatte er alle Joker gezogen. Sichtbares Zeichen von Unzufriedenheit. Und RB? Brach einfach nicht ein, das Team von Trainer Peter Pacult verteidigte den knappen Vorsprung bis zum Abpfiff. Dann feierten sie. RB-Manager Wolfgang Loos erklärte Frahn, den Helden des Tages, vorsorglich für unverkäuflich, Felix Magath holte die Peitsche raus: "So können wir nicht in die Bundesliga starten, es wird sich einiges ändern."

Berlin, 18. August 2012: Sechs Bundesligisten scheiterten in der ersten Runde der vergangenen Saison, aber keiner blamierte sich mehr als die Hoffenheimer. 0:4 bei einem Regionalligisten, das stellte alles in den Schatten. "Wir haben Geschichte geschrieben", jubelte BAK-Trainer Jens Härtel nach der Hitzeschlacht. Es war in der Tat der höchste Sieg eines Viertligisten gegen einen Bundesligisten in 80 Jahren DFB-Pokal - und das vor nur 1468 zahlenden Besuchern. Schon zur Pause lag die Sensation in der Luft, da stand es 3:0! Den desolaten Hoffenheimern, die vor der Saison von der Europa League träumten, versetzte das Pokalerlebnis einen Schock. Es war der Anfang einer verkorksten Saison, Torwart Tim Wiese leistete sich ungewöhnliche Patzer, er verschuldete das 0:4 von Metin Cakmak, danach war alles aus. Cakmak durfte abends ins Sportstudio des ZDF und wunderte sich über die Schnelllebigkeit des Geschäfts: "Eben noch auf dem Platz, dann im Flugzeug und jetzt bin ich hier." Der Pokal hat eben seine eigenen Gesetze. Eines lautet: Kein Wettbewerb macht dich schneller berühmt.

Chemnitz, 15. August 2014: 10.000 Zuschauer im Stadion an der Gellert-Straße wurden Zeuge eines sensationellen Spielverlaufs. Der Drittligist lag gegen die Elf des neuen Mainzer Trainers Kasper Hjulmand schon 0:2 zurück, da glich Anton Fink binnen drei Minuten aus. Koo erhöhte auf 2:3, drei Minuten vor Schluss aber fabrizierte der Mainzer Niko Bungert ein Eigentor - 3:3, Verlängerung. In der gingen die kecken Sachsen erstmals in Führung; 4:3 durch Ziereis (103.). Bungert machte sein Missgeschick wieder gut und glich aus (109.). Zehn Minuten später traf Kehl-Gomez wieder für den CFC, die Spieler feierten wie wild, auch Torwart Philipp Pentke war nicht mehr ganz bei der Sache. Sein Abschlag in Minute 122 missriet und tropfte Johannes Geis vor die Füße. Der aktuelle Schalker zog aus dem Mittelkreis, rund 55 Meter war die Distanz, ab. Pentke kam nicht mehr ran - 5:5, Elfmeterschießen. In dem fielen neun weitere Tore, ausgerechnet der Chile-Import des FSV, Gonzalo Jara, scheiterte an Philipp Pentke. Jara hatte schon wenige Wochen zuvor bei der WM gegen Gastgeber Brasilien den entscheidenden Elfmeter verschossen. Dann endete der Abend der großen Emotionen. CFC-Trainer Karsten Heine gab zwei Tage frei und sagte der Presse: "Man muss nicht zur großen Analyse ausholen, denn im Pokal geht es nur ums Weiterkommen." Obwohl oder weil das alle wissen, gibt es immer wieder Sensationen. Fortsetzung ausdrücklich erwünscht.