Erik Meijer: "Aachen wird Bayerns Waterloo"

Er weiß, wie es geht. Als Spieler des Zweitligisten Alemannia Aachen warf Erik Meijer am 4. Februar 2004 die Bayern aus dem DFB-Pokal, der Niederländer erzielte das entscheidende Tor zum 2:1. Anschließend schafften es die Schwarz-Gelben sogar bis ins Finale, wo sie Werder Bremen unterlagen.

2006, Meijer war inzwischen Co-Trainer, gewann die Alemannia im Pokal erneut gegen den Rekordmeister und -pokalsieger, diesmal gab es ein 4:2 auf dem heimischen Tivoli.

Am Mittwoch (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) trifft der Zweitligist im DFB-Pokalviertelfinale wieder auf die Bayern, im neuen Tivoli-Stadion. Meijer ist inzwischen Geschäftsführer Sport in Aachen, und der 41-Jährige träumt vom dritten Coup gegen den großen Klub aus München, wie er Onlineredakteur Gereon Tönnihsen im DFB.de-Gespräch der Woche erzählt hat.

DFB.de: Herr Meijer, wie war das damals in der 81. Minute am 4. Februar 2004?

Erik Meijer: Flanke von rechts, der Ball in der Luft wird länger und länger. Demichelis kommt nicht ran. Ich springe höher als er, treffe den Ball mit dem Kopf, und er geht rechts unten ins Tor. Kahn hat keine Chance, 2:1. Die Stimmung danach war überwältigend.

DFB.de: Wissen Sie noch, wer die Flanke schlug?

Meijer: Frank Paulus.

DFB.de: Vergisst man so etwas nicht?



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Er weiß, wie es geht. Als Spieler des Zweitligisten Alemannia Aachen warf Erik Meijer am 4. Februar 2004 die Bayern aus dem DFB-Pokal, der Niederländer erzielte das entscheidende Tor zum 2:1. Anschließend schafften es die Schwarz-Gelben sogar bis ins Finale, wo sie Werder Bremen unterlagen.

2006, Meijer war inzwischen Co-Trainer, gewann die Alemannia im Pokal erneut gegen den Rekordmeister und -pokalsieger, diesmal gab es ein 4:2 auf dem heimischen Tivoli.

Am Mittwoch (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) trifft der Zweitligist im DFB-Pokalviertelfinale wieder auf die Bayern, im neuen Tivoli-Stadion. Meijer ist inzwischen Geschäftsführer Sport in Aachen, und der 41-Jährige träumt vom dritten Coup gegen den großen Klub aus München, wie er Onlineredakteur Gereon Tönnihsen im DFB.de-Gespräch der Woche erzählt hat.

DFB.de: Herr Meijer, wie war das damals in der 81. Minute am 4. Februar 2004?

Erik Meijer: Flanke von rechts, der Ball in der Luft wird länger und länger. Demichelis kommt nicht ran. Ich springe höher als er, treffe den Ball mit dem Kopf, und er geht rechts unten ins Tor. Kahn hat keine Chance, 2:1. Die Stimmung danach war überwältigend.

DFB.de: Wissen Sie noch, wer die Flanke schlug?

Meijer: Frank Paulus.

DFB.de: Vergisst man so etwas nicht?

Meijer: Nein, ich vergesse sowieso sehr wenig. Wenn du etwas gerne machst, vergisst du nichts so schnell. Schon gar nicht so ein Spiel, auch Details nicht.

DFB.de: Wenn Spieler ihre Laufbahn beenden, werden sie oft danach gefragt, was ihr größtes Spiel war. Kommt das gegen Bayern München in Ihre engere Auswahl?

Meijer: Was die Emotionen angeht, ganz sicher. Meinem Vater ging es damals nicht gut, ich konnte mich die ganzen Tage vorher überhaupt nicht auf den Fußball und das Spiel gegen die Bayern konzentrieren. Aber als mich unser Trainer Jörg Berger fragte, ob ich spielen will, habe ich gesagt: "Ja, unbedingt. Ich will dabei sein." Es war so ein Spiel, bei dem man das Gefühl hat, es muss so sein, dass wir gewinnen. Weil das vorbestimmt ist.

DFB.de: Gab es auf dem Platz einen Moment, in dem Sie gemerkt haben: Das können wir schaffen?

Meijer: Ja, weil wir schon recht schnell spürten, dass die Bayern nicht in Top-Form waren. Auch in der Liga hatten sie zuvor ihre Probleme gehabt. Und wenn man dann merkt, dass die Spieler uneins und unruhig sind, bekommt man das Gefühl, dass heute etwas möglich ist. Wenn dann noch so ein Tor wie dieser Hammer von Stefan Blank fällt, wächst man über sich hinaus.

DFB.de: Wie waren die Erwartungen denn vor dem Spiel gewesen?

Meijer: Natürlich waren wir der klare Außenseiter, aber wir haben uns eine Chance gegeben, ganz eindeutig. Wir hatten bis dahin eine sehr gute Saison gespielt und waren voll motiviert. Das Stadion war schon seit Wochen ausverkauft, es herrschte eine Bomben-Stimmung. Wenn es um Alles-oder-Nichts, um Gedeih und Verderb geht und das Flutlicht eingeschaltet wird, ist Alemannia Aachen immer stark. Das haben wir in diesem Spiel wieder unter Beweis gestellt.

DFB.de: Wie ist vor solch einem Spiel die Stimmung in der Kabine?

Meijer: Wir waren eigentlich ziemlich locker. Warum sollten wir auch nervös sein? Wir waren der Zweitligist und spielten gegen die großen Bayern. Jörg Berger hat eine Ansprache gehalten, die relativ einfach war. Er hat gesagt: Leute, heute gibt es ein schönes Spiel gegen eine große Mannschaft. Ich brauche nicht viel zu erzählen. Hier sind die elf Namen, so spielen wir, das machen wir bei Standards. Und fertig.

DFB.de: Können Sie sich den Sieg im Rückblick erklären?

Meijer: Ja, wir sind bis an unsere Schmerzgrenze gegangen - und darüber hinaus. Und die Bayern wollten das Spiel auf eine eher lockere Art und Weise für sich entscheiden.

DFB.de: Und das geht in Aachen nicht.

Meijer: Das geht nirgendwo. Es ist ja auch so, dass man nur dann eine Chance hat. Qualitativ sind und waren die Bayern besser, aber wenn sie nachlassen, dann ist etwas möglich. Dann kann man diesen Unterschied wettmachen.

DFB.de: Haben Sie nach der Auslosung für Spiel am Mittwoch an diese besonderen 90 Minuten denken müssen?

Meijer: Ich habe sofort an den 4. Februar 2004 gedacht, das stimmt. Und ich habe gedacht: Passiert das jetzt wieder, können wir das noch mal schaffen? Mit einer ganz anderen Mannschaft, mit ganz anderen Spielern, in einem anderen Stadion, das trotzdem auch Tivoli heißt. Ich glaube daran, dass das möglich ist.

DFB.de: Nach dem Spiel vor sieben Jahren haben Sie gesagt: "Vor diesen Fans kann man nicht verlieren." Gilt das auch im neuen Stadion?

Meijer: Sicher, die Fans sind die gleichen und mit 10.000 Mann mehr. Das Stadion ist jetzt moderner, ganz im Gegensatz zum alten Stadion, das muffig war und wo es nicht immer warmes Wasser gab. Aber die Leidenschaft ist so wie früher. Die Leute leben Alemannia, alle freuen sich auf das Bayern-Spiel. Im neuen Tivoli können wir genauso einen großen Gegner schlagen wie im alten. Die Stimmung ist hervorragend, das hat man ja auch bei unseren Pokalsiegen gegen Mainz 05 und Eintracht Frankfurt gesehen. Ein Stadion ist nicht nur Stahl und Beton, ein Stadion sind die Leute, die es besuchen.

DFB.de: Wer könnte denn jetzt der neue Meijer oder der neue Blank werden?

Meijer: Die gibt es nicht. Wir haben neue, andere, größtenteils junge Spieler, und sie können es genauso gut machen. Pokalsiege sind der kürzeste Weg zu Ruhm und Ehre. Das wissen alle bei uns. Nicht umsonst sprechen wir jetzt über einen Sieg im Pokal. So etwas bleibt im Gedächtnis. Das ist ein Ansporn für jeden. Es gab schon so viele Duelle von David gegen Goliath. Normalerweise gewinnt der Größere. Aber nicht immer.

DFB.de: 2006 gewann die Alemannia erneut gegen die Bayern im Pokal. Damals waren Sie Co-Trainer. War das ein genauso intensives Erlebnis?

Meijer: Das war auch schön, aber nicht mit 2004 zu vergleichen. Ich saß auf der Bank und hatte keinen direkten Einfluss. Das habe ich ja auch jetzt nicht. Jetzt wäre ein Sieg eine schöne Bestätigung dafür, dass wir den richtigen Weg mit einem jungen Cheftrainer Peter Hyballa und einer jungen Mannschaft eingeschlagen haben. Das schönste Gefühl aber ist uns bleibt es, wenn man selbst auf dem Platz steht und so unmittelbar etwas für den Sieg tun kann.

DFB.de: Als Sie 2006 von draußen zusahen, wie die Alemannia die Bayern mit 4:2 schlug, waren Sie da nervöser als zu Spielerzeiten?

Meijer: Nein, eigentlich nicht. Ich wusste, dass wir uns sehr gut vorbereitet hatten. Und natürlich haben wir wieder gehofft weiterzukommen. Wie das ging, hatten wir ja schon mal erlebt.

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DFB.de: Sind Spiele gegen Bayern München eigentlich überhaupt irgendwann mal normal?

Meijer: Nein, nicht umsonst bekommen diese Spiele die größte Aufmerksamkeit. Wenn man gegen Bayern gewinnt, sprechen die Leute länger davon als gegen einen anderen Gegner. Bayern München ist der bestgeführte Verein Europas, und dann ist es nicht normal, als relativ kleiner Verein diesen Topklub zu schlagen. Das wird es nie - egal, wie oft man gegen sie spielt. Und im DFB-Pokal, der ja in Deutschland sehr viel bedeutet, ist das erst recht so. Deshalb sind wir stolz, dass uns das schon zweimal vor nicht allzu langer Zeit gelungen ist. Millionen sitzen vor dem Fernseher, das Stadion ist voll. Das ist doch herrlich. Man kann allen Leuten zeigen, wie gut man ist. Da muss keiner mehr motiviert werden.

DFB.de: Haben Ihnen die Siege gegen Mainz und Frankfurt schon wieder Appetit gemacht auf weitere Großtaten im Pokal?

Meijer: Ja, sicher. Gegen Mainz haben wir ein klasse Spiel gemacht und verdient gewonnen. Gegen Frankfurt hat der Gegner sehr stark angefangen. Dann haben wir das Glück, dass Frankfurt nach 20 Minuten nur noch mit zehn Mann spielen muss. Dass wir dann im Elfmeterschießen mit all den jungen Buben fünfmal treffen, zeigt, dass die Mannschaft eine gute Entwicklung genommen hat. Und dann kommt die Auslosung: Du wirst gezogen und denkst: Prima, ein Heimspiel. Das ist schon mal toll. Und dann kommt Bayern München, das schönste Los. Auch wenn es gegen andere Vereine sicherlich etwas einfacher wäre weiterzukommen.

DFB.de: Aber die Chance haben Sie jetzt doch auch.

Meijer: Das ist auch jetzt möglich, natürlich. Die Chancen stehen 50 zu 50.

DFB.de: Werden Sie mit all diesen Erfahrungen auch vor die Mannschaft treten und erklären, wie man die Bayern schlägt?

Meijer: Wer etwas wissen will, kann mich natürlich ansprechen. Aber unsere Trainer werden sich schon selbst was einfallen lassen, um die Jungs richtig einzustellen. Wenn sie eine Frage haben, können sie gerne zu mir kommen.

DFB.de: Was macht Sie denn optimistisch, dass es eine weitere Überraschung geben wird?

Meijer: Wir haben eine gute Hinrunde gespielt, sind sehr zufrieden, wie es gelaufen ist. Wir bauen neu auf, haben das Team verjüngt. Ich bin überzeugt von der Mannschaft, von den Trainern und davon, dass das Aachener Publikum alles daran setzen wird, um uns nach vorne zu peitschen.

DFB.de: Und die Bayern?

Meijer: Es ist im Grunde die gleiche Mannschaft wie in der vorigen Saison, mit dem Unterschied, dass Robben lange verletzt war. Aber jetzt ist er wieder da. Ich denke, dass man mit den Bayern rechnen muss und dass sie noch einiges erreichen können. In der Liga werden sie sicher da landen, wo sie immer landen: auf einem Champions-League-Platz. Louis van Gaal ist ein sehr guter Trainer, der seine Linie durchzieht, sehr konzentriert ist und seine eigene Meinung hat. Er ist ein Typ. Das gefällt mir.

DFB.de: Bei allem Lob für die Münchner: Geht es nach Ihnen, ist deren Weg im Pokal aber schon ganz bald zu Ende, oder?

Meijer: Ich gehe davon aus, dass Aachen das Waterloo für Bayern München sein wird.