Als die kleinen "Wölfe" den großen BVB bissen

In mancher Vorschau auf das erste DFB-Pokal-Halbfinale am Dienstag in Dortmund (ab 20.30 Uhr, live in der ARD) wird von einer Premiere die Rede sein: BVB gegen VfL Wolfsburg, das gab es schließlich noch nie im DFB-Pokal.

Streng genommen ist das nicht ganz richtig, denn am 25. August 2001 traf die zweite Mannschaft der "Wölfe" auf die Borussen. Drei Klassen trennten die Kontrahenten, ganz im Gegensatz zu heute. Das Stadion war halbleer, auch das wird heute anders sein. Historiker Udo Muras weist nach, warum sich dennoch ein Rückblick auf diese Partie lohnt.

Das erste Stadion des VfL Wolfsburg hatte bekanntlich keinen Namen, nur eine Adresse. Und so war zuweilen vom "Stadion am Elsterweg" die Rede, allzu gebräuchlich war der Begriff aber nicht. Nichts Schreckenerregendes hatte der 50er-Jahre-Bau mit Laufbahn, niemand verband ihn mit Mythen, Legenden oder gar Sensationen. Wolfsburg war nicht Sandhausen, Eppingen oder Trier. Die zweite Mannschaft des VfL, die in der Saison 2001/2002 in der damals viertklassigen Oberliga Niedersachsen-Bremen kickte, hatte gewöhnlich dreistellige Zuschauerzahlen.

BVB-Trainer Sammer rotiert heftig

Ein Hexenkessel war es auch an jenem Samstag im August 2001 nicht. 5200 Zuschauer hatten sich eingefunden, um den Tabellenführer der noch jungen Bundesligasaison zu sehen. Doch von der Mannschaft, die zwei Wochen zuvor noch Wolfsburgs Bundesligaformation 4:0 besiegt hatte, waren nur zwei Stammspieler übrig geblieben: Christian Wörns und Lars Ricken. Der 33 Jahre alte BVB-Trainer Matthias Sammer eiferte routinierten Kollegen nach und warf die Rotation an. Amoroso, Koller und Rosicky, die größten Stars jener Tage, saßen alle auf der Bank, ebenso Torwart Jens Lehmann. Dennoch standen sieben Nationalspieler auf dem Platz und mit Christoph Metzelder einer, der es in jener Saison werden sollte.

Beim Wolfsburger Farmteam, das ein Durchschnittsalter von 20,9 Jahren aufwies, würde nur Maik Franz eine passable Profikarriere machen. Die anderen wurden zu Helden für eine Nacht. Denn ihr Trainer Michael Krüger hatte sie präpariert für die große Sensation. Der weitgereiste Mann zeigte zur Einstimmung ein Video des ägyptischen Pokalfinales von 1998, an dem er mit seiner damaligen Mannschaft El Masry Port Said beteiligt gewesen war. Als krasser Außenseiter hatten sie es damals gewonnen und – so ein Zufall – auch damals trugen die Kleinen Grün-Weiß und die Großen Schwarz-Gelb.

"Jungwölfe" wachsen über sich hinaus

Die Vorführung hatte den gewünschten Effekt. Denn die "Jungwölfe" wuchsen an diesem Tag über sich hinaus und gewannen durch ein Tor von Ingo Vandreike (64.) 1:0. Nach dem Treffer wechselte Sammer Amoroso, Koller und Rosicky ein, aber die Zeit war zu kurz, um noch auf Wettkampf-Modus umzuschalten. Zum dritten Mal binnen fünf Jahren scheiterte der BVB an einer unterklassigen Mannschaft und Manager Michael Meier hatte einen dicken Hals: "Ich bin es leid, jedes Jahr neue Erklärungen abgeben zu müssen, warum wir wieder ausgeschieden sind. Das hat mit der Einstellung zu tun. Das war eine Blamage und imageschädigend."

Vor der Rückfahrt gab es noch einen Disput mit dem Pizzalieferanten, der auf Barzahlung bestand, während Borussia ihm eine Rechnung schicken wollte. Auch diese Auseinandersetzung verloren die Dortmunder an diesem reichlich verkorksten 25. August 2001. Am Saisonende aber wurden sie Meister.

Und die Wolfsburger? Feierten bis morgens um halb vier und flogen in der nächsten Runde raus. Gegen Hannover 96, damals Zweitligist.

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In mancher Vorschau auf das erste DFB-Pokal-Halbfinale am Dienstag in Dortmund (ab 20.30 Uhr, live in der ARD) wird von einer Premiere die Rede sein: BVB gegen VfL Wolfsburg, das gab es schließlich noch nie im DFB-Pokal.

Streng genommen ist das nicht ganz richtig, denn am 25. August 2001 traf die zweite Mannschaft der "Wölfe" auf die Borussen. Drei Klassen trennten die Kontrahenten, ganz im Gegensatz zu heute. Das Stadion war halbleer, auch das wird heute anders sein. Historiker Udo Muras weist nach, warum sich dennoch ein Rückblick auf diese Partie lohnt.

Das erste Stadion des VfL Wolfsburg hatte bekanntlich keinen Namen, nur eine Adresse. Und so war zuweilen vom "Stadion am Elsterweg" die Rede, allzu gebräuchlich war der Begriff aber nicht. Nichts Schreckenerregendes hatte der 50er-Jahre-Bau mit Laufbahn, niemand verband ihn mit Mythen, Legenden oder gar Sensationen. Wolfsburg war nicht Sandhausen, Eppingen oder Trier. Die zweite Mannschaft des VfL, die in der Saison 2001/2002 in der damals viertklassigen Oberliga Niedersachsen-Bremen kickte, hatte gewöhnlich dreistellige Zuschauerzahlen.

BVB-Trainer Sammer rotiert heftig

Ein Hexenkessel war es auch an jenem Samstag im August 2001 nicht. 5200 Zuschauer hatten sich eingefunden, um den Tabellenführer der noch jungen Bundesligasaison zu sehen. Doch von der Mannschaft, die zwei Wochen zuvor noch Wolfsburgs Bundesligaformation 4:0 besiegt hatte, waren nur zwei Stammspieler übrig geblieben: Christian Wörns und Lars Ricken. Der 33 Jahre alte BVB-Trainer Matthias Sammer eiferte routinierten Kollegen nach und warf die Rotation an. Amoroso, Koller und Rosicky, die größten Stars jener Tage, saßen alle auf der Bank, ebenso Torwart Jens Lehmann. Dennoch standen sieben Nationalspieler auf dem Platz und mit Christoph Metzelder einer, der es in jener Saison werden sollte.

Beim Wolfsburger Farmteam, das ein Durchschnittsalter von 20,9 Jahren aufwies, würde nur Maik Franz eine passable Profikarriere machen. Die anderen wurden zu Helden für eine Nacht. Denn ihr Trainer Michael Krüger hatte sie präpariert für die große Sensation. Der weitgereiste Mann zeigte zur Einstimmung ein Video des ägyptischen Pokalfinales von 1998, an dem er mit seiner damaligen Mannschaft El Masry Port Said beteiligt gewesen war. Als krasser Außenseiter hatten sie es damals gewonnen und – so ein Zufall – auch damals trugen die Kleinen Grün-Weiß und die Großen Schwarz-Gelb.

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"Jungwölfe" wachsen über sich hinaus

Die Vorführung hatte den gewünschten Effekt. Denn die "Jungwölfe" wuchsen an diesem Tag über sich hinaus und gewannen durch ein Tor von Ingo Vandreike (64.) 1:0. Nach dem Treffer wechselte Sammer Amoroso, Koller und Rosicky ein, aber die Zeit war zu kurz, um noch auf Wettkampf-Modus umzuschalten. Zum dritten Mal binnen fünf Jahren scheiterte der BVB an einer unterklassigen Mannschaft und Manager Michael Meier hatte einen dicken Hals: "Ich bin es leid, jedes Jahr neue Erklärungen abgeben zu müssen, warum wir wieder ausgeschieden sind. Das hat mit der Einstellung zu tun. Das war eine Blamage und imageschädigend."

Vor der Rückfahrt gab es noch einen Disput mit dem Pizzalieferanten, der auf Barzahlung bestand, während Borussia ihm eine Rechnung schicken wollte. Auch diese Auseinandersetzung verloren die Dortmunder an diesem reichlich verkorksten 25. August 2001. Am Saisonende aber wurden sie Meister.

Und die Wolfsburger? Feierten bis morgens um halb vier und flogen in der nächsten Runde raus. Gegen Hannover 96, damals Zweitligist.