Marschall und Riedl: Lehrjahre der Meister

In der neuen Saison peilen sie 48 Punkte an, was gleichbedeutend mit dem Aufstieg wäre. Aber mit Schott Mainz ist ein echter Konkurrent mit finanzstarkem Sponsor aufgestiegen, "der es uns nicht leichter machen wird. Bei denen sieht man, was alles möglich ist, wenn die Infrastruktur stimmt. Mit denen kannst du nur konkurrieren, wenn du als Einheit funktionierst", sagt Olaf Marschall.

"Denen fehlt ein bisschen Arturo Vidal"

Wie überall fehlt es auch in Idar-Oberstein am Geld. Auch der Publikumszuspruch schwindet. Gerade im Winter, wenn ein kalter Wind über die Sportanlage pfeift und Schnee die oberen Ränge bedeckt, finden nur noch wenig Zuschauer den Weg ins Stadion am Haag. "Selbst unsere Jungs kommen dann nicht mehr so zahlreich ins Training", sagt Olaf Marschall lachend. "Die haben halt nicht denselben Ehrgeiz wie wir Profis. Uns konntest du ganz anders Feuer geben. Der Amateur macht das aus Freizeitspaß, da lässt sich nicht soviel Druck aufbauen."

Die Antwort auf die Frage, wo der Profifußball aufhört und wo die Welt der Amateure beginnt, liegt für Olaf Marschall genau darin. Thomas Riedl erinnert sich noch gut an seine Zeit in der Oberliga: "Da waren immer 2000 Zuschauer anwesend. Heute freuen wir uns, wenn 400 kommen."

Die Kiste Bier, die nicht leer wurde

Einen Schwerpunkt in der Vorbereitung legte das Trainerduo auf die mentale Einstellung. "Unsere Jungs sind zu brav und anständig. Wir haben eine fast rein akademische Mannschaft. Denen fehlt ein bisschen Arturo Vidal", findet Olaf Marschall. In besonders schlimmer Erinnerung ist ihm der Tag, als er der Mannschaft nach einem Sieg im Südwestpokal eine Kiste Bier in die Kabine stellte. "Was soll ich sagen? Die wurde einfach nicht leer!"

"Unsere Jungs trinken halt lieber Wasser", sagt Thomas Riedl. Immerhin sind seine Spieler lernwillig. Wenn er etwas erklärt, nehmen sie ihn ernst. "Das ist die natürliche Autorität des Ex-Profis. Die denken, wir werden schon wissen wie es geht", freut sich Olaf Marschall. Und Thomas Riedl wirft ein: "Stimmt ja auch - wenn nicht wir, wer dann?"

[cs]


Idar-Oberstein im Juli. Olaf Marschall sieht noch genauso aus wie früher. Nur das Nasenpflaster fehlt. Braungebrannt und mit wallenden Locken steht er an diesem Dienstagnachmittag an der Seitenauslinie und wartet auf seine Spieler. Mehr belustigt denn verärgert stellt er fest, dass sie zu spät sind. "So ist das halt hier unten, da nimmt man Trainingszeiten nicht ganz genau. Viele meiner Jungs kommen direkt von der Arbeit, da dauert es halt mal ein bisschen länger, bis alle da sind."

"Hier unten" ist keineswegs geografisch gemeint. Das Sportgelände des SC Idar-Oberstein 07 liegt hoch oben über der Stadt. "Hier unten" bezeichnet vielmehr die Oberliga. Olaf Marschall meint das gar nicht negativ, im Gegenteil. Ihn, den ehemaligen Profi, freut es, "jede Woche mit diesem Rudel positiv Verrückter" arbeiten zu dürfen. "Die Arbeit ist jeden Tag anders. Wir sind gezwungen zu improvisieren." Neulich war beispielsweise der Trainingsplatz gesperrt, ohne dass er davon wusste. "Da sind wir dann halt auf die Wiese gegangen", erzählt Marschalls Co-Trainer Thomas Riedl.

Umfassendes Betätigungsfeld

Seit die beiden gemeinsam mit dem 1. FC Kaiserslautern als Aufsteiger Meister geworden sind, haben sich ihre Wege nicht mehr getrennt. Und als Thomas Riedl vor einem Jahr den Trainerposten in der Hinterpfalz angeboten bekam, war ihm klar, "dass ich sofort den Olaf frage, ob er mitmacht". Der Olaf hat mitgemacht. Statt zusammen auf dem Patz, stehen sie heute eben miteinander an der Seitenlinie.

"Auch als Trainerduo musst du als Team funktionieren und wir wussten, dass es bei uns so ist. Außerdem hat man als ein Duo schon große Vorteile", berichtet Thomas Riedl, der noch einen Zweitjob hat. Der Vater von drei Söhnen arbeitet eigentlich als Versicherungsmakler, der Trainerjob läuft bislang nur nebenher. Ziel ist aber die Fußballlehrer-Lizenz. Eine bessere Ausbildung als den Trainingsalltag mit dem SC Idar-Oberstein könnte es dabei für ihn nicht geben. "Das Betätigungsfeld eines Amateurtrainers ist so umfassend, viel größer als bei den Profis. Dort wird dir fast alles abgenommen. Da gibt es dann Athletik- und Konditionstrainer und die Gespräche mit Spielern über Verträge führt ein Manager. Hier mache ich das alles selbst, hier bekommt man quasi eine Rundumausbildung", sagt Thomas Riedl.

Spieler zum Bleiben bewegt

Olaf Marschall teilt diese Ansicht: "Wenn du perfekt sein willst, musst du alles selbst machen." Bis zur Perfektion fehlt allerdings noch ein Schritt. Auch wenn viele Außenstehende das Duo für einen sportlichen Selbstläufer halten. "Es wird erwartet, dass sich der Erfolg von alleine einstellt. Dabei wird vergessen, dass die Mannschaft zwei Jahre gegen den Abstieg gespielt hat, bevor wir übernommen haben. Das dauert, bis du das aus den Köpfen herauskriegst", fordert Marschall Geduld. Der sechste Platz der Vorsaison hat noch niemanden zufriedengestellt. Zu oft spielte die Mannschaft unentschieden, ließ leichte Punkte liegen. Vor allem weil der Sturm lahmt. "Wir können halt auch nicht so einkaufen, wie wir es müssten", bedauert Olaf Marschall. Und Thomas Riedl fügt an: "Aber immerhin konnten wir dazu beitragen, dass Spieler geblieben sind. Vor einem wie dem Olaf haben die Jungs Respekt, da lassen sie sich auch leichter was sagen."

Am liebsten würde Olaf Marschall mehr heimische Akteure in die Mannschaft nehmen, aber das gibt die Region nicht her. Idar-Oberstein liegt in der strukturschwachen Hinterpfalz, die Verkehrsanbindung ist schlecht, zum Training bringen Olaf Marschall und Thomas Riedl oft eigenes Material mit, weil der Verein dafür kein Geld hat. "Läge unser Verein in Ludwigshafen, wäre vieles einfacher. Da ist die Masse an guten Fußballern dichter. Daher muss man wohl sagen‚ Hut ab vor dem Verein, dass er überhaupt so hoch spielt."

In der neuen Saison peilen sie 48 Punkte an, was gleichbedeutend mit dem Aufstieg wäre. Aber mit Schott Mainz ist ein echter Konkurrent mit finanzstarkem Sponsor aufgestiegen, "der es uns nicht leichter machen wird. Bei denen sieht man, was alles möglich ist, wenn die Infrastruktur stimmt. Mit denen kannst du nur konkurrieren, wenn du als Einheit funktionierst", sagt Olaf Marschall.

"Denen fehlt ein bisschen Arturo Vidal"

Wie überall fehlt es auch in Idar-Oberstein am Geld. Auch der Publikumszuspruch schwindet. Gerade im Winter, wenn ein kalter Wind über die Sportanlage pfeift und Schnee die oberen Ränge bedeckt, finden nur noch wenig Zuschauer den Weg ins Stadion am Haag. "Selbst unsere Jungs kommen dann nicht mehr so zahlreich ins Training", sagt Olaf Marschall lachend. "Die haben halt nicht denselben Ehrgeiz wie wir Profis. Uns konntest du ganz anders Feuer geben. Der Amateur macht das aus Freizeitspaß, da lässt sich nicht soviel Druck aufbauen."

Die Antwort auf die Frage, wo der Profifußball aufhört und wo die Welt der Amateure beginnt, liegt für Olaf Marschall genau darin. Thomas Riedl erinnert sich noch gut an seine Zeit in der Oberliga: "Da waren immer 2000 Zuschauer anwesend. Heute freuen wir uns, wenn 400 kommen."

Die Kiste Bier, die nicht leer wurde

Einen Schwerpunkt in der Vorbereitung legte das Trainerduo auf die mentale Einstellung. "Unsere Jungs sind zu brav und anständig. Wir haben eine fast rein akademische Mannschaft. Denen fehlt ein bisschen Arturo Vidal", findet Olaf Marschall. In besonders schlimmer Erinnerung ist ihm der Tag, als er der Mannschaft nach einem Sieg im Südwestpokal eine Kiste Bier in die Kabine stellte. "Was soll ich sagen? Die wurde einfach nicht leer!"

"Unsere Jungs trinken halt lieber Wasser", sagt Thomas Riedl. Immerhin sind seine Spieler lernwillig. Wenn er etwas erklärt, nehmen sie ihn ernst. "Das ist die natürliche Autorität des Ex-Profis. Die denken, wir werden schon wissen wie es geht", freut sich Olaf Marschall. Und Thomas Riedl wirft ein: "Stimmt ja auch - wenn nicht wir, wer dann?"