Meyer: "Altherrenfußball kann gesundheitsprotektiv wirken"

Der Altherrenfußball wird in Deutschland ein immer größeres großes Thema, schon aufgrund des demografischen Wandels. Viele Menschen im fortgeschrittenen Alter - vor allem Männer - kicken, weil es ihnen Spaß macht und der Gesundheit zuträglich ist. Das führt sogar bis zum jährlichen Ü 40-/Ü 50-Cup, bei dem der DFB die beste Altherrenmannschaft Deutschlands sucht.

Prof. Dr. Tim Meyer, der Vorsitzende der DFB-Kommission Sportmedizin, spricht im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke über Fußball im fortgeschrittenen Alter, die gesundheitsfördernde Wirkung - und der Arzt der Nationalmannschaft gibt den "alten Herren" Ratschläge zum Thema Prävention und Training.

DFB.de: Herr Meyer, Sie sind Vorsitzender der Kommission Sportmedizin des DFB, die sich mit den gesundheitlichen Aspekten des Altherrenfußballs beschäftigt. Zu welchen Ergebnissen sind Sie gelangt? Sollten Menschen oberhalb von 40 Jahren aus medizinischer Sicht noch Fußball spielen?

Prof. Dr. Tim Meyer: Ja. Fußball ist eine sehr gute Kombination aus verschiedenen Beanspruchungsformen: Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination. Meistens wird ja empfohlen, insbesondere im Alter eher ausdauerorientierten Sport zu betreiben. Fußball ist auch Ausdauersport, aber im Gegensatz zu Laufen, Radfahren oder Schwimmen eben mit zusätzlichen wichtigen Effekten, die alle gleichzeitig erzielt werden können. Daher verfolgt der DFB in seinem "Masterplan Amateurfußball" auch das Ziel, langfristiges regelmäßiges Fußballspielen so zu gestalten, dass die gesundheitsfördernden Eigenschaften voll zur Geltung kommen.

DFB.de: Lebt man länger, wenn man Fußball spielt?

Meyer: Es gibt zwar keine wissenschaftlichen Belege, dass Fußball das Leben verlängert. Aber es gibt einige Hinweise darauf, dass viele für die Lebenserwartung wesentliche Werte durch Fußball verbessert werden, Cholesterin und Blutdruck beispielsweise. Menschen mit niedrigem Blutdruck leben länger, Menschen mit niedrigen Cholesterinwerten leben länger. Das sind mindestens gute Hinweise darauf, dass Altherrenfußball gesundheitsprotektiv wirken kann. Und Gesundheit ist eine notwendige Voraussetzung für eine höhere Lebenserwartung.

DFB.de: Dann würden Sie ganz grundsätzlich alte Menschen auffordern, Fußball zu spielen?

Meyer: Ganz so pauschal nicht, weil es natürlich Ausnahmen gibt. In höherem Alter sind Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems häufiger als bei jüngeren Menschen. Insbesondere bei Männern im Alter jenseits der 40 nimmt die Häufigkeit von Herzkranzgefäßverkalkungen deutlich zu. Wer eine solche Erkrankung hat, sollte nicht ohne ärztliche Beratung Fußball spielen.

DFB.de: Folglich ist es günstig zu wissen, ob man eine solche Erkrankung hat.

Meyer: Richtig. Die Empfehlung der Kommission Sportmedizin ist deswegen, dass sich alle Altherrenfußballer auf ihre Sporttauglichkeit untersuchen lassen. Bei den allermeisten Spielern wird keine gesundheitliche Einschränkung vorliegen. Aber für die Einzelfälle, in denen eine Vorerkrankung besteht, ist eine entsprechende Diagnose von großer Wichtigkeit.

DFB.de: Wie wichtig ist aus medizinischer Sicht die Frage, wie häufig in den höheren Altersklassen Fußball trainiert und gespielt wird?

Meyer: Man erkennt dies leicht, wenn man sich die Wirklichkeit im Altherrenfußball in Deutschland anschaut und diese mit den wissenschaftlichen Untersuchungen vergleicht. In Studien wird häufig dreimal in der Woche Fußball gespielt und dann festgestellt, dass Fußball in dieser Form hervorragend anschlägt und präventive Wirkungen entfaltet. Tatsache im Altherrenbereich ist aber, dass im Schnitt nur einmal in der Woche Fußball gespielt wird. Wenn man die Traininganzahl nicht erhöht oder das Training durch anderen Sport ergänzt, dann ist dies zu wenig. Zumindest wird die vorbeugende gesundheitliche Wirkung nicht oder höchstens teilweise erreicht.

DFB.de: Gibt es eine Sportart, die den Altherrenfußball ideal ergänzt?

Meyer: Wie gesagt: Im Altherrenfußball sind viele wichtige Anforderungen bereits optimal vereinigt. Als Ergänzung könnte man Rückschlagsportarten wie Tennis empfehlen, weil beim Tennis stärker als beim Fußball die Muskulatur des Oberkörpers einbezogen wird. Auch funktionelle Gymnastik, die vielfach in Vereinen und Fitnessstudios angeboten wird und auch in Eigenregie möglich ist, würde gut zum Fußball passen.

DFB.de: Wie wichtig ist die konkrete Gestaltung des Trainings im Altherrenbereich aus medizinischer Sicht?

Meyer: Ein Altherrentraining in Deutschland sieht in der Regel so aus, dass ein Ball in die Mitte gelegt wird und sofort das Trainingsspiel beginnt. Fußball macht Spaß, und die Spieler wollen sofort ihren Spaß haben. Als Mediziner würde ich mir wünschen, dass das Training etwas strukturierter aufgebaut wäre, dass beispielsweise zu Beginn des Trainings ein funktionelles Aufwärmen stattfindet. Es gibt auch Vorbilder dafür, wie dieses aussehen kann, etwa das "11+ Aufwärmprogramm der FIFA". Man will damit die Verletzungshäufigkeit senken, denn wir wissen aus eigenen Studien, dass die nicht ganz unerheblich ist. Auch die sonstigen körperlichen Voraussetzungen für das Fußballspielen wie Rumpfkraft, Flexibilität des Bewegungsapparates und Grundlagenausdauer sollten durch ein ergänzendes Training gewährleistet werden; alleiniges Spielen ist vermutlich nicht optimal.

DFB.de: Als "alter Herr" gelten Fußballer, die 30 Jahre und älter sind. Gibt es Obergrenzen? Bis zu welchem Alter können Sie das Fußballspielen empfehlen?

Meyer: Entscheidend ist nicht das Alter, das auf dem Papier steht, sondern das biologische Alter. Eine Grenze lässt sich daher schwer ziehen. Vernunft ist wichtig und die Fähigkeit zur kritischen Selbstbeobachtung. Wenn ein Spieler erkennt, dass er durch die Belastungen des Fußballs Beschwerden bekommt, etwa Druck auf der Brust oder Atemnot, dann ist es an der Zeit, zum Arzt zu gehen. Wenn keine ausreichende Behandlung möglich oder das medizinische Risiko zu hoch ist, sollte gegebenenfalls in letzter Konsequenz mit dem Fußball aufgehört werden. Aber für alle, die keine Vorerkrankungen haben, ist regelmäßiges Fußballspielen ein sehr gutes Instrument, um gesund älter zu werden. Deswegen möchte ich auch die bereits formulierte Zielsetzung des "Masterplans Amateurfußball" ausdrücklich unterstützen.

[sl]

Der Altherrenfußball wird in Deutschland ein immer größeres großes Thema, schon aufgrund des demografischen Wandels. Viele Menschen im fortgeschrittenen Alter - vor allem Männer - kicken, weil es ihnen Spaß macht und der Gesundheit zuträglich ist. Das führt sogar bis zum jährlichen Ü 40-/Ü 50-Cup, bei dem der DFB die beste Altherrenmannschaft Deutschlands sucht.

Prof. Dr. Tim Meyer, der Vorsitzende der DFB-Kommission Sportmedizin, spricht im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke über Fußball im fortgeschrittenen Alter, die gesundheitsfördernde Wirkung - und der Arzt der Nationalmannschaft gibt den "alten Herren" Ratschläge zum Thema Prävention und Training.

DFB.de: Herr Meyer, Sie sind Vorsitzender der Kommission Sportmedizin des DFB, die sich mit den gesundheitlichen Aspekten des Altherrenfußballs beschäftigt. Zu welchen Ergebnissen sind Sie gelangt? Sollten Menschen oberhalb von 40 Jahren aus medizinischer Sicht noch Fußball spielen?

Prof. Dr. Tim Meyer: Ja. Fußball ist eine sehr gute Kombination aus verschiedenen Beanspruchungsformen: Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination. Meistens wird ja empfohlen, insbesondere im Alter eher ausdauerorientierten Sport zu betreiben. Fußball ist auch Ausdauersport, aber im Gegensatz zu Laufen, Radfahren oder Schwimmen eben mit zusätzlichen wichtigen Effekten, die alle gleichzeitig erzielt werden können. Daher verfolgt der DFB in seinem "Masterplan Amateurfußball" auch das Ziel, langfristiges regelmäßiges Fußballspielen so zu gestalten, dass die gesundheitsfördernden Eigenschaften voll zur Geltung kommen.

DFB.de: Lebt man länger, wenn man Fußball spielt?

Meyer: Es gibt zwar keine wissenschaftlichen Belege, dass Fußball das Leben verlängert. Aber es gibt einige Hinweise darauf, dass viele für die Lebenserwartung wesentliche Werte durch Fußball verbessert werden, Cholesterin und Blutdruck beispielsweise. Menschen mit niedrigem Blutdruck leben länger, Menschen mit niedrigen Cholesterinwerten leben länger. Das sind mindestens gute Hinweise darauf, dass Altherrenfußball gesundheitsprotektiv wirken kann. Und Gesundheit ist eine notwendige Voraussetzung für eine höhere Lebenserwartung.

DFB.de: Dann würden Sie ganz grundsätzlich alte Menschen auffordern, Fußball zu spielen?

Meyer: Ganz so pauschal nicht, weil es natürlich Ausnahmen gibt. In höherem Alter sind Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems häufiger als bei jüngeren Menschen. Insbesondere bei Männern im Alter jenseits der 40 nimmt die Häufigkeit von Herzkranzgefäßverkalkungen deutlich zu. Wer eine solche Erkrankung hat, sollte nicht ohne ärztliche Beratung Fußball spielen.

DFB.de: Folglich ist es günstig zu wissen, ob man eine solche Erkrankung hat.

Meyer: Richtig. Die Empfehlung der Kommission Sportmedizin ist deswegen, dass sich alle Altherrenfußballer auf ihre Sporttauglichkeit untersuchen lassen. Bei den allermeisten Spielern wird keine gesundheitliche Einschränkung vorliegen. Aber für die Einzelfälle, in denen eine Vorerkrankung besteht, ist eine entsprechende Diagnose von großer Wichtigkeit.

DFB.de: Wie wichtig ist aus medizinischer Sicht die Frage, wie häufig in den höheren Altersklassen Fußball trainiert und gespielt wird?

Meyer: Man erkennt dies leicht, wenn man sich die Wirklichkeit im Altherrenfußball in Deutschland anschaut und diese mit den wissenschaftlichen Untersuchungen vergleicht. In Studien wird häufig dreimal in der Woche Fußball gespielt und dann festgestellt, dass Fußball in dieser Form hervorragend anschlägt und präventive Wirkungen entfaltet. Tatsache im Altherrenbereich ist aber, dass im Schnitt nur einmal in der Woche Fußball gespielt wird. Wenn man die Traininganzahl nicht erhöht oder das Training durch anderen Sport ergänzt, dann ist dies zu wenig. Zumindest wird die vorbeugende gesundheitliche Wirkung nicht oder höchstens teilweise erreicht.

DFB.de: Gibt es eine Sportart, die den Altherrenfußball ideal ergänzt?

Meyer: Wie gesagt: Im Altherrenfußball sind viele wichtige Anforderungen bereits optimal vereinigt. Als Ergänzung könnte man Rückschlagsportarten wie Tennis empfehlen, weil beim Tennis stärker als beim Fußball die Muskulatur des Oberkörpers einbezogen wird. Auch funktionelle Gymnastik, die vielfach in Vereinen und Fitnessstudios angeboten wird und auch in Eigenregie möglich ist, würde gut zum Fußball passen.

DFB.de: Wie wichtig ist die konkrete Gestaltung des Trainings im Altherrenbereich aus medizinischer Sicht?

Meyer: Ein Altherrentraining in Deutschland sieht in der Regel so aus, dass ein Ball in die Mitte gelegt wird und sofort das Trainingsspiel beginnt. Fußball macht Spaß, und die Spieler wollen sofort ihren Spaß haben. Als Mediziner würde ich mir wünschen, dass das Training etwas strukturierter aufgebaut wäre, dass beispielsweise zu Beginn des Trainings ein funktionelles Aufwärmen stattfindet. Es gibt auch Vorbilder dafür, wie dieses aussehen kann, etwa das "11+ Aufwärmprogramm der FIFA". Man will damit die Verletzungshäufigkeit senken, denn wir wissen aus eigenen Studien, dass die nicht ganz unerheblich ist. Auch die sonstigen körperlichen Voraussetzungen für das Fußballspielen wie Rumpfkraft, Flexibilität des Bewegungsapparates und Grundlagenausdauer sollten durch ein ergänzendes Training gewährleistet werden; alleiniges Spielen ist vermutlich nicht optimal.

DFB.de: Als "alter Herr" gelten Fußballer, die 30 Jahre und älter sind. Gibt es Obergrenzen? Bis zu welchem Alter können Sie das Fußballspielen empfehlen?

Meyer: Entscheidend ist nicht das Alter, das auf dem Papier steht, sondern das biologische Alter. Eine Grenze lässt sich daher schwer ziehen. Vernunft ist wichtig und die Fähigkeit zur kritischen Selbstbeobachtung. Wenn ein Spieler erkennt, dass er durch die Belastungen des Fußballs Beschwerden bekommt, etwa Druck auf der Brust oder Atemnot, dann ist es an der Zeit, zum Arzt zu gehen. Wenn keine ausreichende Behandlung möglich oder das medizinische Risiko zu hoch ist, sollte gegebenenfalls in letzter Konsequenz mit dem Fußball aufgehört werden. Aber für alle, die keine Vorerkrankungen haben, ist regelmäßiges Fußballspielen ein sehr gutes Instrument, um gesund älter zu werden. Deswegen möchte ich auch die bereits formulierte Zielsetzung des "Masterplans Amateurfußball" ausdrücklich unterstützen.