Ehrenrunde deluxe: Zwei WM-Pokale in Hösbach

Plötzlich war die Ehrenrunde um eine Attraktion reicher. Wie aus dem Nichts war beim Stopp beim 1. FC 1923 Hösbach ein zweiter Pokal da. Ein zweiter WM-Pokal. Neben dem aktuellen auch noch ein alter. Eine beinahe unglaubliche Geschichte.

"Vorsicht, der ist schwer." Mit diesen Worten stellten sich Karola und Ludwig Oswald vor. Das Ehepaar hatte sich in Hösbach an der Schlange der Wartenden vor den Ehrenrunde-Trucks vorbeischieben dürfen. Wie zur Legitimation dafür, öffnete die Frau den Jute-Beutel, den sie mitschleppte, einen Spalt breit. Und ließ damit die Umherstehenden einen Blick von etwas Goldenem erhaschen. Vom Coupe Jules Rimet. Besser gesagt, von einer der drei existierenden Originalkopien.

Der Zufall hatte die beiden Rentner nach Hösbach gebracht. "Wir haben drei Parzellen. Da habe ich Kraniche", erzählt der Hobby-Ornithologe. "Nachmittags macht er das eigentlich nie", ergänzt seine Gattin. Dabei hört er Radio. Und erfährt so von der Ehrenrunde.

Es durchfährt ihn. Der WM-Pokal auf Deutschland-Tour. Eine Information, die seine detektivische Ader anspricht. Da wollte er doch mal sehen, ob tatsächlich der echte Pokal ausgestellt ist. Denn den erkennt er besser als jeder andere. Schließlich hat er ihn hergestellt.

Im Auftrag der FIFA

Den Auftrag dazu erhielt er von der FIFA. Nachbildungen des Coupe Jules Rimet sollte er anfertigen. Denn das Original, das der brasilianische Fußball-Verband nach dem Gewinn des dritten WM-Titels erhielt, wurde 1983 gestohlen – und tauchte nie wieder auf. Es wird vermutet, dass die Diebe die Trophäe einschmolzen.

Zehn Jahre später klingelte deswegen die FIFA bei der Silberschmiede Oswald an. Bei dem Unternehmen aus Freigericht bei Hanau orderte der Weltverband die Kopien. Das mag beim ersten Hören vielleicht ein wenig abstrus klingen. Doch es hatte einen guten Grund. Denn die Oswalds sind im Besitz des Originalmusters des Coupe Jules Rimet.

Der Familienbetrieb nahm den Auftrag gerne an. Obwohl das Projekt ordentlich Leben in die Bude brachte. "Es gab eine Lieferfrist, die ziemlich knapp war. Ludwig war deswegen nur noch unterwegs", berichtet Karola Oswald. Die Kopien sollten natürlich besser als das Original werden. Deswegen recherchierten die Oswalds, wo der Stein für den Sockel herkam oder wer die Gravuren am echten Pokal vorgenommen hatte. Sie ließen Kontakte spielen und vergrößerten ihr Netzwerk.

Am Ende hatten sie die perfekten Zuarbeiter. Sie organisieren einen edlen Lapislazuli für den Sockel. Engagieren den Graveur, der auch die Schriftzüge auf den Original-Pokal gesetzt hat. Und und und. Der Rest war ein Kinderspiel. "Die Silberschmiedearbeit war nicht schwer. Die Figur besteht aus zwei Teilen, die man zusammenlöten musste. Sie ist innen hohl", erzählt Ludwig Oswald. Seine Frau hat die Pokale schließlich vergoldet. Produziert wurden letztlich drei Exemplare. "Einer aus 333er Gold, der sollte für den brasilianischen Verband sein. Und zwei aus Sterling-Silber, der eine für die FIFA, der andere für den Hersteller", sagt Ludwig Oswald und grinst schelmisch.

Pokal im Tresor

Ausgeliefert wurden die Trophäen im Juni 1993. Der 74-Jährige wusste es nicht mehr ganz genau und hat deswegen noch einmal die alte Rechnung rausgekramt. Eine von den Replicas musste direkt nach Japan versandt werden, daran kann sich das Ehepaar aus Freigericht noch gut erinnern. "Da kamen Sicherheitsautos und haben den abgeholt", berichtet Ludwig Oswald. Und Karola Oswald ergänzt: "Das Video davon haben wir noch."

Jetzt zauberten sie ihren Pokal aus dem Jute-Beutel. Ansonsten bewahren sie das gute Stück in einem Tresor auf. "Ganz selten nehmen wir den Pokal da raus", so Karola Oswald. Am Freitag war ein solcher Moment. Das hatten die beiden ziemlich kurzfristig entschieden.

Denn Ludwig Oswald freute sich diebisch bei dem Gedanken, der Party-Crasher sein zu können und den Leuten den wahren Pokal präsentieren zu können. Allerdings saß er einem Missverständnis auf. Denn: Nicht der Coupe Jules Rimet wird auf der Ehrenrunde ausgestellt, sondern der WM-Pokal, der seit 1974 verliehen wird, also das Nachfolgemodell.

Erst kurz vor Betreten der Ehrenrunde-Trucks stellte sich der Irrtum heraus. Ludwig Oswald hat deswegen nur einmal kurz irritiert geguckt, dann ist er die Treppe rauf, hat sich die Inszenierung angeschaut und hat die beiden WM-Pokale zusammengebracht. "Ich bin hellauf begeistert", sagte er anschließend. Wohl in dem Wissen, etwas ganz Besonderes erlebt haben zu dürfen.

[nb]

Plötzlich war die Ehrenrunde um eine Attraktion reicher. Wie aus dem Nichts war beim Stopp beim 1. FC 1923 Hösbach ein zweiter Pokal da. Ein zweiter WM-Pokal. Neben dem aktuellen auch noch ein alter. Eine beinahe unglaubliche Geschichte.

"Vorsicht, der ist schwer." Mit diesen Worten stellten sich Karola und Ludwig Oswald vor. Das Ehepaar hatte sich in Hösbach an der Schlange der Wartenden vor den Ehrenrunde-Trucks vorbeischieben dürfen. Wie zur Legitimation dafür, öffnete die Frau den Jute-Beutel, den sie mitschleppte, einen Spalt breit. Und ließ damit die Umherstehenden einen Blick von etwas Goldenem erhaschen. Vom Coupe Jules Rimet. Besser gesagt, von einer der drei existierenden Originalkopien.

Der Zufall hatte die beiden Rentner nach Hösbach gebracht. "Wir haben drei Parzellen. Da habe ich Kraniche", erzählt der Hobby-Ornithologe. "Nachmittags macht er das eigentlich nie", ergänzt seine Gattin. Dabei hört er Radio. Und erfährt so von der Ehrenrunde.

Es durchfährt ihn. Der WM-Pokal auf Deutschland-Tour. Eine Information, die seine detektivische Ader anspricht. Da wollte er doch mal sehen, ob tatsächlich der echte Pokal ausgestellt ist. Denn den erkennt er besser als jeder andere. Schließlich hat er ihn hergestellt.

Im Auftrag der FIFA

Den Auftrag dazu erhielt er von der FIFA. Nachbildungen des Coupe Jules Rimet sollte er anfertigen. Denn das Original, das der brasilianische Fußball-Verband nach dem Gewinn des dritten WM-Titels erhielt, wurde 1983 gestohlen – und tauchte nie wieder auf. Es wird vermutet, dass die Diebe die Trophäe einschmolzen.

Zehn Jahre später klingelte deswegen die FIFA bei der Silberschmiede Oswald an. Bei dem Unternehmen aus Freigericht bei Hanau orderte der Weltverband die Kopien. Das mag beim ersten Hören vielleicht ein wenig abstrus klingen. Doch es hatte einen guten Grund. Denn die Oswalds sind im Besitz des Originalmusters des Coupe Jules Rimet.

Der Familienbetrieb nahm den Auftrag gerne an. Obwohl das Projekt ordentlich Leben in die Bude brachte. "Es gab eine Lieferfrist, die ziemlich knapp war. Ludwig war deswegen nur noch unterwegs", berichtet Karola Oswald. Die Kopien sollten natürlich besser als das Original werden. Deswegen recherchierten die Oswalds, wo der Stein für den Sockel herkam oder wer die Gravuren am echten Pokal vorgenommen hatte. Sie ließen Kontakte spielen und vergrößerten ihr Netzwerk.

Am Ende hatten sie die perfekten Zuarbeiter. Sie organisieren einen edlen Lapislazuli für den Sockel. Engagieren den Graveur, der auch die Schriftzüge auf den Original-Pokal gesetzt hat. Und und und. Der Rest war ein Kinderspiel. "Die Silberschmiedearbeit war nicht schwer. Die Figur besteht aus zwei Teilen, die man zusammenlöten musste. Sie ist innen hohl", erzählt Ludwig Oswald. Seine Frau hat die Pokale schließlich vergoldet. Produziert wurden letztlich drei Exemplare. "Einer aus 333er Gold, der sollte für den brasilianischen Verband sein. Und zwei aus Sterling-Silber, der eine für die FIFA, der andere für den Hersteller", sagt Ludwig Oswald und grinst schelmisch.

Pokal im Tresor

Ausgeliefert wurden die Trophäen im Juni 1993. Der 74-Jährige wusste es nicht mehr ganz genau und hat deswegen noch einmal die alte Rechnung rausgekramt. Eine von den Replicas musste direkt nach Japan versandt werden, daran kann sich das Ehepaar aus Freigericht noch gut erinnern. "Da kamen Sicherheitsautos und haben den abgeholt", berichtet Ludwig Oswald. Und Karola Oswald ergänzt: "Das Video davon haben wir noch."

Jetzt zauberten sie ihren Pokal aus dem Jute-Beutel. Ansonsten bewahren sie das gute Stück in einem Tresor auf. "Ganz selten nehmen wir den Pokal da raus", so Karola Oswald. Am Freitag war ein solcher Moment. Das hatten die beiden ziemlich kurzfristig entschieden.

Denn Ludwig Oswald freute sich diebisch bei dem Gedanken, der Party-Crasher sein zu können und den Leuten den wahren Pokal präsentieren zu können. Allerdings saß er einem Missverständnis auf. Denn: Nicht der Coupe Jules Rimet wird auf der Ehrenrunde ausgestellt, sondern der WM-Pokal, der seit 1974 verliehen wird, also das Nachfolgemodell.

Erst kurz vor Betreten der Ehrenrunde-Trucks stellte sich der Irrtum heraus. Ludwig Oswald hat deswegen nur einmal kurz irritiert geguckt, dann ist er die Treppe rauf, hat sich die Inszenierung angeschaut und hat die beiden WM-Pokale zusammengebracht. "Ich bin hellauf begeistert", sagte er anschließend. Wohl in dem Wissen, etwas ganz Besonderes erlebt haben zu dürfen.