Reißerische Ankündigung für ARD-Amateurfußball-Doku

Heute Abend im Anschluss an die Live-Übertragung des Pokal-Viertelfinals Borussia Dortmund gegen 1899 Hoffenheim (ab 20.30 Uhr) und den "Tagesthemen" zeigt die ARD die 45-minütige Dokumentation "Fußball brutal – Wenn der Schiri zum Freiwild wird". Ein wichtiges Thema, nach dem Pokalspiel darf die ARD auf eine stattliche Einschaltquote hoffen. Umso bedauerlicher ist es, dass der Programmhinweis auf www.ard.de reißerisch und diffamierend für die Sendung wirbt.

"Ein ganz normaler Satz aus einem Spielbericht (Verbandsliga): Spielabbruch in der 20. Minute nach Körperverletzung gegen den Schiedsrichter". So beginnt der ARD-Programmhinweis. Die Fakten sehen ganz anders aus. "Die tatsächliche Quote bei Gewaltvorfällen liegt nach bisherigen Erkenntnisse bei weniger als einem Vorfall pro 1000 Spiele. Wir wollen exakte Zahlen, damit wir wissen, wovon wir sprechen", erklärt der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große-Lefert.

DFB führt präventiv Kampagnen und Maßnahmen durch

Mit der Zielsetzung, objektive Aussagen über Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle im Amateurfußball treffen zu können, werden derzeit die Zahlen aus den 21 DFB-Landesverbänden und fünf Regionalverbänden zusammengefasst. Nahezu 26.000 Vereine sind im Spielbetrieb angemeldet, an den Spitzenwochenenden werden 90.000 Spiele ausgetragen. Auch wenn man noch Geduld haben muss, bis endgültig validierte Zahlen vorliegen, ist heute schon der Trend eindeutig: bei weniger als 0,8 Prozent der Amateurspiele kommt es zu einem Gewalt- oder Diskriminierungsvorfall. Jeder Einzelfall ist schlimm und Ausdruck massiver Unsportlichkeit. Die Zahl der tatsächlichen Spielabbrüche liegt noch weit niedriger. "Ein ganz normaler Satz aus einem Spielbericht"? Da wurde wohl mit Schielen auf die Einschaltquote deutlich übertrieben.

Zudem werden die Fußballvereine und Verbände für ihre angebliche Taten- und Ideenlosigkeit an den Pranger gestellt. "Vieles wirkt nur hilflos: So wurden in Niedersachsen Schilder mit der Bitte 'Respektiert den Schiedsrichter' aufgestellt. Ein Effekt war nicht feststellbar", heißt es in dem Programmhinweis. Fakt ist, dass der DFB und seine Mitgliedsverbände präventiv etliche großangelegte Kampagnen und Maßnahmen durchführen und durchgeführt haben.

Drei wirksame Maßnahmen als Beispiel

Beispiel Ordnerwesten: Der Württembergische Fußballverband hatte bereits vor vier Jahren Ordnerwesten an Amateurvereine bis einschließlich der Kreis- und Jugendligen verschickt. Damit einher ging eine Kennzeichnungspflicht der Ordner mittels Ordnerwesten. Eine Studie zeigte, dass sich 76 Prozent der 2600 Schiedsrichter, die im WFV pfeifen, durch den Einsatz von Ordnern sicherer fühlten. Der DFB reagierte und verschickte im Juli fast 90.000 Ordnerwesten an 22.000 Vereine. Auch der Fußball-Verband Sachsen-Anhalt hat inzwischen die Kennzeichnungspflicht per Weste eingeführt.

Beispiel FairPlayLiga: Im Kinderfußball setzt sich die FairPlayLiga durch. Diese innovative Organisationsform für Bambini bis E-Juniorinnen und -Junioren will bei den jüngsten Fußballern dauerhaft um Fairness und Verständnis für den Schiedsrichter werben. Drei simple Regeln gelten:
1. Die Kinder entscheiden strittige Situationen selbst. Wenn sie sich nicht einigen können, entscheiden die Trainer.
2. Die Eltern und Fans halten Abstand zum Spielfeld. Sie verfolgen das Spiel aus einer 15 Meter entfernten Fanzone.
3. Die beiden Trainer verstehen sich als Partner in einem sportlich fairen Wettkampf. Sie verfolgen das Spiel aus der gemeinsamen Coaching-Zone.
Schon jetzt wird in jedem Landesverband nach den Regeln der FPL gespielt. Bis zur Saison 2017/2018 soll die FPL flächendeckend für die G- und F-Junioren/innen eingeführt sein. Der Spielbetrieb und etliche wissenschaftliche Studien zeigen, dass dank der FPL die Amateurfußballer von morgen mehr Verständnis für einen fairen Umgang miteinander und gegenüber dem Schiedsrichter aufbringen werden.

Beispiel Fairplay-Medaille: Seit 1996 zeichnet der DFB jährlich Spieler, Schiedsrichter, Trainer oder auch Funktionäre mit der "Fairplay-Medaille" aus. Jährlich kommen aus den Landesverbänden mehrere 100 Meldungen über faires Verhalten auf und neben dem Spielfeld. Die überzeugendsten Momente werden von einer Jury ausgewählt, die Sieger zu einem A-Länderspiel eingeladen und dort im Rahmen einer Ehrungsveranstaltung ausgezeichnet.

Drei von zahlreichen wirksamen Maßnahmen. Darauf aufbauend entwickelt der DFB im Rahmen des "Masterplans Amateurfußball" ein Konzept zur Gewaltprävention und Intervention im Amateurfußball, welches den Namen "Fair ist Mehr" tragen wird. Die darin enthaltenen Maßnahmen, zu denen auch die Ordnerwesten, die FPL und die Fairplay-Medaille zählen, sollen ab der kommenden Saison sukzessive durch alle Landesverbände und somit auf allen deutschen Fußballplätzen umgesetzt werden. Wertschätzung für positives Verhalten wirkt, doch ergänzend zu den präventiven Ansätzen muss Gewalt auf dem Fußballplatz schwer bestraft werden. Und genau dies geschieht auch.

Doku fällt sachkundiger aus als Scharfmacher-Text

Als vor Wochen ein Schiedsrichter in Essen auf dem Platz geschlagen wurde, verhängte das zuständige Sportgericht gegen den Täter eine angemessene Strafe. Der Mann wird nie mehr im Wettbewerb Fußball spielen. In einem anderen Gewaltvorfall, als in der Nähe von Hannover ein Schiedsrichter bei einem C-Juniorenspiel im Kabinentrakt angegriffen wurde, wurde der 16 Jahre alte Haupttäter für ein Jahr gesperrt, zudem muss er ein Anti-Aggressions-Training durchlaufen, während seine Mannschaft für den Rest der Saison gesperrt wurde. Dies bedeutete laut den Statuten des Niedersächsischen Fußballverbandes ein Aufstiegsverbot für die ersten Herren des Mühlenberger SV. Damit nicht genug: Der NFV wird genau diesen Fall mithilfe von Experten aus der Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport der Leibniz Universität Hannover aufarbeiten. Das Ziel: zu lernen, wie man Eskalationen auf dem Amateurplatz früher stoppt.

Die ARD-Doku selbst, die bereits am 7. Januar unter dem Titel "Tatort Kreisklasse" erstmals ausgestrahlt wurde, fällt deutlich sachkundiger aus als der einseitige Scharfmacher-Text. Der schließt mit der tendenziösen Frage, wie der Fußball es schaffen soll, wieder zur "schönsten Nebensache" der Welt zu werden. Wer hat denn beschlossen, dass der Fußball diese Bezeichnung nicht mehr verdient? Die ARD? Die Filmemacherin Gita Ekberg? Oder der Online-Redakteur, der diesen total überziehenden Programmhinweis geschrieben hat?

[th]

Heute Abend im Anschluss an die Live-Übertragung des Pokal-Viertelfinals Borussia Dortmund gegen 1899 Hoffenheim (ab 20.30 Uhr) und den "Tagesthemen" zeigt die ARD die 45-minütige Dokumentation "Fußball brutal – Wenn der Schiri zum Freiwild wird". Ein wichtiges Thema, nach dem Pokalspiel darf die ARD auf eine stattliche Einschaltquote hoffen. Umso bedauerlicher ist es, dass der Programmhinweis auf www.ard.de reißerisch und diffamierend für die Sendung wirbt.

"Ein ganz normaler Satz aus einem Spielbericht (Verbandsliga): Spielabbruch in der 20. Minute nach Körperverletzung gegen den Schiedsrichter". So beginnt der ARD-Programmhinweis. Die Fakten sehen ganz anders aus. "Die tatsächliche Quote bei Gewaltvorfällen liegt nach bisherigen Erkenntnisse bei weniger als einem Vorfall pro 1000 Spiele. Wir wollen exakte Zahlen, damit wir wissen, wovon wir sprechen", erklärt der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große-Lefert.

DFB führt präventiv Kampagnen und Maßnahmen durch

Mit der Zielsetzung, objektive Aussagen über Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle im Amateurfußball treffen zu können, werden derzeit die Zahlen aus den 21 DFB-Landesverbänden und fünf Regionalverbänden zusammengefasst. Nahezu 26.000 Vereine sind im Spielbetrieb angemeldet, an den Spitzenwochenenden werden 90.000 Spiele ausgetragen. Auch wenn man noch Geduld haben muss, bis endgültig validierte Zahlen vorliegen, ist heute schon der Trend eindeutig: bei weniger als 0,8 Prozent der Amateurspiele kommt es zu einem Gewalt- oder Diskriminierungsvorfall. Jeder Einzelfall ist schlimm und Ausdruck massiver Unsportlichkeit. Die Zahl der tatsächlichen Spielabbrüche liegt noch weit niedriger. "Ein ganz normaler Satz aus einem Spielbericht"? Da wurde wohl mit Schielen auf die Einschaltquote deutlich übertrieben.

Zudem werden die Fußballvereine und Verbände für ihre angebliche Taten- und Ideenlosigkeit an den Pranger gestellt. "Vieles wirkt nur hilflos: So wurden in Niedersachsen Schilder mit der Bitte 'Respektiert den Schiedsrichter' aufgestellt. Ein Effekt war nicht feststellbar", heißt es in dem Programmhinweis. Fakt ist, dass der DFB und seine Mitgliedsverbände präventiv etliche großangelegte Kampagnen und Maßnahmen durchführen und durchgeführt haben.

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Drei wirksame Maßnahmen als Beispiel

Beispiel Ordnerwesten: Der Württembergische Fußballverband hatte bereits vor vier Jahren Ordnerwesten an Amateurvereine bis einschließlich der Kreis- und Jugendligen verschickt. Damit einher ging eine Kennzeichnungspflicht der Ordner mittels Ordnerwesten. Eine Studie zeigte, dass sich 76 Prozent der 2600 Schiedsrichter, die im WFV pfeifen, durch den Einsatz von Ordnern sicherer fühlten. Der DFB reagierte und verschickte im Juli fast 90.000 Ordnerwesten an 22.000 Vereine. Auch der Fußball-Verband Sachsen-Anhalt hat inzwischen die Kennzeichnungspflicht per Weste eingeführt.

Beispiel FairPlayLiga: Im Kinderfußball setzt sich die FairPlayLiga durch. Diese innovative Organisationsform für Bambini bis E-Juniorinnen und -Junioren will bei den jüngsten Fußballern dauerhaft um Fairness und Verständnis für den Schiedsrichter werben. Drei simple Regeln gelten:
1. Die Kinder entscheiden strittige Situationen selbst. Wenn sie sich nicht einigen können, entscheiden die Trainer.
2. Die Eltern und Fans halten Abstand zum Spielfeld. Sie verfolgen das Spiel aus einer 15 Meter entfernten Fanzone.
3. Die beiden Trainer verstehen sich als Partner in einem sportlich fairen Wettkampf. Sie verfolgen das Spiel aus der gemeinsamen Coaching-Zone.
Schon jetzt wird in jedem Landesverband nach den Regeln der FPL gespielt. Bis zur Saison 2017/2018 soll die FPL flächendeckend für die G- und F-Junioren/innen eingeführt sein. Der Spielbetrieb und etliche wissenschaftliche Studien zeigen, dass dank der FPL die Amateurfußballer von morgen mehr Verständnis für einen fairen Umgang miteinander und gegenüber dem Schiedsrichter aufbringen werden.

Beispiel Fairplay-Medaille: Seit 1996 zeichnet der DFB jährlich Spieler, Schiedsrichter, Trainer oder auch Funktionäre mit der "Fairplay-Medaille" aus. Jährlich kommen aus den Landesverbänden mehrere 100 Meldungen über faires Verhalten auf und neben dem Spielfeld. Die überzeugendsten Momente werden von einer Jury ausgewählt, die Sieger zu einem A-Länderspiel eingeladen und dort im Rahmen einer Ehrungsveranstaltung ausgezeichnet.

Drei von zahlreichen wirksamen Maßnahmen. Darauf aufbauend entwickelt der DFB im Rahmen des "Masterplans Amateurfußball" ein Konzept zur Gewaltprävention und Intervention im Amateurfußball, welches den Namen "Fair ist Mehr" tragen wird. Die darin enthaltenen Maßnahmen, zu denen auch die Ordnerwesten, die FPL und die Fairplay-Medaille zählen, sollen ab der kommenden Saison sukzessive durch alle Landesverbände und somit auf allen deutschen Fußballplätzen umgesetzt werden. Wertschätzung für positives Verhalten wirkt, doch ergänzend zu den präventiven Ansätzen muss Gewalt auf dem Fußballplatz schwer bestraft werden. Und genau dies geschieht auch.

Doku fällt sachkundiger aus als Scharfmacher-Text

Als vor Wochen ein Schiedsrichter in Essen auf dem Platz geschlagen wurde, verhängte das zuständige Sportgericht gegen den Täter eine angemessene Strafe. Der Mann wird nie mehr im Wettbewerb Fußball spielen. In einem anderen Gewaltvorfall, als in der Nähe von Hannover ein Schiedsrichter bei einem C-Juniorenspiel im Kabinentrakt angegriffen wurde, wurde der 16 Jahre alte Haupttäter für ein Jahr gesperrt, zudem muss er ein Anti-Aggressions-Training durchlaufen, während seine Mannschaft für den Rest der Saison gesperrt wurde. Dies bedeutete laut den Statuten des Niedersächsischen Fußballverbandes ein Aufstiegsverbot für die ersten Herren des Mühlenberger SV. Damit nicht genug: Der NFV wird genau diesen Fall mithilfe von Experten aus der Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport der Leibniz Universität Hannover aufarbeiten. Das Ziel: zu lernen, wie man Eskalationen auf dem Amateurplatz früher stoppt.

Die ARD-Doku selbst, die bereits am 7. Januar unter dem Titel "Tatort Kreisklasse" erstmals ausgestrahlt wurde, fällt deutlich sachkundiger aus als der einseitige Scharfmacher-Text. Der schließt mit der tendenziösen Frage, wie der Fußball es schaffen soll, wieder zur "schönsten Nebensache" der Welt zu werden. Wer hat denn beschlossen, dass der Fußball diese Bezeichnung nicht mehr verdient? Die ARD? Die Filmemacherin Gita Ekberg? Oder der Online-Redakteur, der diesen total überziehenden Programmhinweis geschrieben hat?