Kunstrasen, aber wie? Neuenburg macht's vor

Es ist der große Traum vieler Amateurklubs: ein neuer Kunstrasen. Für den FC Neuenburg ist dieser Traum vor einigen Jahren in Erfüllung gegangen. Vorher galt es jedoch, einige Hürden zu meistern, die auch beim Amateurfußball-Kongress (22. bis 24. Februar 2019) diskutiert werden. DFB.de zeigt am Beispiel Neuenburg auf, wie aus dem Wunsch Wirklichkeit werden kann.

Oberflächensondierungsmaßnahmen, Rahmenterminplan, Fachplaner, Entwurfsplanung. Deutschland und seine Bürokratie. Auch vor dem Amateurfußball macht sie nicht Halt. Und so werden Vereine, die sich einen Kunstrasenplatz wünschen, zunächst einmal mit der Landesbauordnung konfrontiert. Mit einer schnellen Entscheidung sollten Vereine also nicht rechnen. Entmutigung ist hier ein schlechter Ratgeber.

Auch Jörg Lindemer, Vorsitzender des FC Neuenburg, benötigte einen langen Atem. 2012 nahm er zusammen mit Martin Träris, Präsident des FC Neuenburg, das erste Mal Kontakt mit Bürgermeister Joachim Schuster auf, um ihm die Notlage seines Vereins zu schildern. Durch die hervorragende Jugendarbeit erfreute sich der FCN eines stetigen Zuwachses im Nachwuchsbereich. Schon bald reichten die Plätze nicht mehr aus. Hinzu kam, dass bei schlechter Witterung sowohl die Rasenplätze als auch der Hartplatz vielfach nicht bespielbar waren. Trainingsausfälle und Spielabsagen waren die Folge.

Finanzieller Kraftakt

In unregelmäßigen Abständen tauschte sich die Gemeinde mit Vereinsverantwortlichen aus, bis schließlich im Jahr 2013 ein Fachplaner beauftragt wurde. Im März 2014 stimmte der Gemeinderat dann zunächst der Entwurfsplanung zu, ehe mit der Zustimmung zur Ausführungsplanung im Juni mit dem Bau des Kunstrasens begonnen werden konnte.

Für die Entscheidung der Gemeinde sieht Martin Bächler, Abteilung Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt Neuenburg am Rhein, verschiedene Gründe. Die Notwendigkeit für einen Kunstrasenplatz sei schlichtweg vorhanden gewesen, da nicht nur der Verein mit seinen vielen Mannschaften und Mitgliedern an Grenzen stieß, sondern auch, weil die Schule auf den Platz angewiesen sei. Zudem sieht Bächler Vorteile für Neuenburgs Image: "Wir sind eine familienfreundliche Stadt und der neue Kunstrasenplatz macht uns als Standort attraktiver und untermauert unser Image als Sportstadt."

Diese Fülle an Gründen veranlasste die Stadt zu einem finanziellen Kraftakt. "Der Hauptanteil liegt bei der Stadt", erklärt Bächler. In der Kostenrechnung werden 777.740 Euro angegeben, von denen 149.000 Euro vom Land Baden-Württemberg als "Zuwendung nach den Richtlinien des Kultusministeriums für die Förderung des Baus von kommunalen Sporthallen und Sportfreianlagen" übernommen wurden.

Dass diese Förderung bewilligt wurde, ist auch ein Verdienst des Südbadischen Fußballverbands, der die Stadt bei der Antragsstellung unterstützt hatte. Der FC Neuenburg selbst verpflichtete sich dazu, Pflasterarbeiten rund um den neuen Kunstrasen in Eigenleistung zu übernehmen. "Der Aufwand war unglaublich. Das hätte ich nie gedacht", gesteht Lindemer, der gemeinsam mit den männlichen Mitgliedern knapp 2000 Quadratmeter pflasterte.

Baseball und das Platzproblem

Besonders dem Mitglied Bruno Briegel, der beruflich in der Baubranche tätig ist, gebühre ein großer Dank, so Lindemer: "Er und zahlreiche andere Mitglieder des Vereins, haben sich dafür sogar Urlaub genommen und viel Freizeit geopfert." Von der riesigen Beteiligung an den Arbeiten sei der Vorsitzende erstaunt gewesen. "Am Anfang hatten wir noch Bedenken, ob wir genügend Helfer zusammen bekommen. Aber dann sind etliche Leute zum Helfen gekommen und die Arbeitseinsätze haben sich positiv auf das Vereinsleben ausgewirkt."

So wurde durch den Bau des Kunstrasens der Verein zu neuem Leben erweckt. Ein schöner Nebeneffekt, meint auch Lindemer, den jedoch immer noch einige Bedenken plagen. Durch eine Neuverteilung der Plätze mit der Baseball-Mannschaft Atomics, die in der 2. Bundesliga spielt, steht dem FC Neuenburg in der Winterzeit nur noch der Kunstrasenplatz und ein kleiner Teil des Hartplatzes zur Verfügung. Bei mehr als 200 Kindern und Jugendlichen, sowie 100 aktiven Erwachsenen scheint ein praktikabler Belegungsplan zur Mammutaufgabe zu werden. Dass die tolle Anlage auch Begehrlichkeiten bei Nachbarvereinen aus der Gemeinde weckt, macht es nicht einfacher. Denn der Eigentümer der Anlage ist die Stadt Neuenburg am Rhein. Immerhin hat die Stadtverwaltung die baurechtlichen Voraussetzungen für ein weiteres Kunstrasenspielfeld geschaffen.

Sportstätten: Doppelpass mit Kommunen

79,8 Prozent der reinen Fußballvereine und 87,5 Prozent der Mehrspartenvereine mit Fußballangebot nutzen kommunale Sportanlagen. Fast die Hälfte von ihnen muss Nutzungsgebühren bezahlen.

76,8 Prozent der Vereine verfügen über Naturrasen zu Trainings- und Spielzwecken. Einen Kunstrasen haben 24,8 Prozent, Ascheplätze gibt es bei 20,5 Prozent.

34,7 Prozent der Fußballvereine sowie 50,4 Prozent der Mehrspartenvereine mit Fußballabteilung sind im Besitz vereinseigener Anlagen (inklusive Vereinsheim). Vereine ohne Fußball: 38,9 Prozent.

Bis dahin waren Lindemer und seine Vorstandskollegen ohnehin damit beschäftigt, all die Dinge abzuarbeiten, die sich während der Bauphase aufgestaut haben. Besonders die Organisation des Spielbetriebs habe gelitten, sagt der 31-Jährige, der bei den Alten Herren des FCN aktiv ist und bereits selbst die ersten Pässe auf dem neuen Geläuf spielte.

Eröffnet wurde der neue Kunstrasen dann im Frühjahr. Es gab ein Turnier, bei dem die vier Ortsteile in Neuenburg gegeneinander antraten. Aber bereits in den ersten Trainingseinheiten vor dem Einweihungsturnier hatte er die Fußballer in Neuenburg schon überzeugt. Lindemer: "Der Platz ist voll in Nutzung. Es macht wirklich großen Spaß darauf zu spielen."

Übrigens: Das Thema "Ehrenamt" wird auch beim 3. Amateurfußball-Kongress des DFB eine wichtige Rolle spielen, der vom 22. bis 24. Februar 2019 in Kassel stattfindet. Alle Infos zum Kongress gibt es hier.

[tn]

Es ist der große Traum vieler Amateurklubs: ein neuer Kunstrasen. Für den FC Neuenburg ist dieser Traum vor einigen Jahren in Erfüllung gegangen. Vorher galt es jedoch, einige Hürden zu meistern, die auch beim Amateurfußball-Kongress (22. bis 24. Februar 2019) diskutiert werden. DFB.de zeigt am Beispiel Neuenburg auf, wie aus dem Wunsch Wirklichkeit werden kann.

Oberflächensondierungsmaßnahmen, Rahmenterminplan, Fachplaner, Entwurfsplanung. Deutschland und seine Bürokratie. Auch vor dem Amateurfußball macht sie nicht Halt. Und so werden Vereine, die sich einen Kunstrasenplatz wünschen, zunächst einmal mit der Landesbauordnung konfrontiert. Mit einer schnellen Entscheidung sollten Vereine also nicht rechnen. Entmutigung ist hier ein schlechter Ratgeber.

Auch Jörg Lindemer, Vorsitzender des FC Neuenburg, benötigte einen langen Atem. 2012 nahm er zusammen mit Martin Träris, Präsident des FC Neuenburg, das erste Mal Kontakt mit Bürgermeister Joachim Schuster auf, um ihm die Notlage seines Vereins zu schildern. Durch die hervorragende Jugendarbeit erfreute sich der FCN eines stetigen Zuwachses im Nachwuchsbereich. Schon bald reichten die Plätze nicht mehr aus. Hinzu kam, dass bei schlechter Witterung sowohl die Rasenplätze als auch der Hartplatz vielfach nicht bespielbar waren. Trainingsausfälle und Spielabsagen waren die Folge.

Finanzieller Kraftakt

In unregelmäßigen Abständen tauschte sich die Gemeinde mit Vereinsverantwortlichen aus, bis schließlich im Jahr 2013 ein Fachplaner beauftragt wurde. Im März 2014 stimmte der Gemeinderat dann zunächst der Entwurfsplanung zu, ehe mit der Zustimmung zur Ausführungsplanung im Juni mit dem Bau des Kunstrasens begonnen werden konnte.

Für die Entscheidung der Gemeinde sieht Martin Bächler, Abteilung Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt Neuenburg am Rhein, verschiedene Gründe. Die Notwendigkeit für einen Kunstrasenplatz sei schlichtweg vorhanden gewesen, da nicht nur der Verein mit seinen vielen Mannschaften und Mitgliedern an Grenzen stieß, sondern auch, weil die Schule auf den Platz angewiesen sei. Zudem sieht Bächler Vorteile für Neuenburgs Image: "Wir sind eine familienfreundliche Stadt und der neue Kunstrasenplatz macht uns als Standort attraktiver und untermauert unser Image als Sportstadt."

Diese Fülle an Gründen veranlasste die Stadt zu einem finanziellen Kraftakt. "Der Hauptanteil liegt bei der Stadt", erklärt Bächler. In der Kostenrechnung werden 777.740 Euro angegeben, von denen 149.000 Euro vom Land Baden-Württemberg als "Zuwendung nach den Richtlinien des Kultusministeriums für die Förderung des Baus von kommunalen Sporthallen und Sportfreianlagen" übernommen wurden.

Dass diese Förderung bewilligt wurde, ist auch ein Verdienst des Südbadischen Fußballverbands, der die Stadt bei der Antragsstellung unterstützt hatte. Der FC Neuenburg selbst verpflichtete sich dazu, Pflasterarbeiten rund um den neuen Kunstrasen in Eigenleistung zu übernehmen. "Der Aufwand war unglaublich. Das hätte ich nie gedacht", gesteht Lindemer, der gemeinsam mit den männlichen Mitgliedern knapp 2000 Quadratmeter pflasterte.

Baseball und das Platzproblem

Besonders dem Mitglied Bruno Briegel, der beruflich in der Baubranche tätig ist, gebühre ein großer Dank, so Lindemer: "Er und zahlreiche andere Mitglieder des Vereins, haben sich dafür sogar Urlaub genommen und viel Freizeit geopfert." Von der riesigen Beteiligung an den Arbeiten sei der Vorsitzende erstaunt gewesen. "Am Anfang hatten wir noch Bedenken, ob wir genügend Helfer zusammen bekommen. Aber dann sind etliche Leute zum Helfen gekommen und die Arbeitseinsätze haben sich positiv auf das Vereinsleben ausgewirkt."

So wurde durch den Bau des Kunstrasens der Verein zu neuem Leben erweckt. Ein schöner Nebeneffekt, meint auch Lindemer, den jedoch immer noch einige Bedenken plagen. Durch eine Neuverteilung der Plätze mit der Baseball-Mannschaft Atomics, die in der 2. Bundesliga spielt, steht dem FC Neuenburg in der Winterzeit nur noch der Kunstrasenplatz und ein kleiner Teil des Hartplatzes zur Verfügung. Bei mehr als 200 Kindern und Jugendlichen, sowie 100 aktiven Erwachsenen scheint ein praktikabler Belegungsplan zur Mammutaufgabe zu werden. Dass die tolle Anlage auch Begehrlichkeiten bei Nachbarvereinen aus der Gemeinde weckt, macht es nicht einfacher. Denn der Eigentümer der Anlage ist die Stadt Neuenburg am Rhein. Immerhin hat die Stadtverwaltung die baurechtlichen Voraussetzungen für ein weiteres Kunstrasenspielfeld geschaffen.

Sportstätten: Doppelpass mit Kommunen

79,8 Prozent der reinen Fußballvereine und 87,5 Prozent der Mehrspartenvereine mit Fußballangebot nutzen kommunale Sportanlagen. Fast die Hälfte von ihnen muss Nutzungsgebühren bezahlen.

76,8 Prozent der Vereine verfügen über Naturrasen zu Trainings- und Spielzwecken. Einen Kunstrasen haben 24,8 Prozent, Ascheplätze gibt es bei 20,5 Prozent.

34,7 Prozent der Fußballvereine sowie 50,4 Prozent der Mehrspartenvereine mit Fußballabteilung sind im Besitz vereinseigener Anlagen (inklusive Vereinsheim). Vereine ohne Fußball: 38,9 Prozent.

Bis dahin waren Lindemer und seine Vorstandskollegen ohnehin damit beschäftigt, all die Dinge abzuarbeiten, die sich während der Bauphase aufgestaut haben. Besonders die Organisation des Spielbetriebs habe gelitten, sagt der 31-Jährige, der bei den Alten Herren des FCN aktiv ist und bereits selbst die ersten Pässe auf dem neuen Geläuf spielte.

Eröffnet wurde der neue Kunstrasen dann im Frühjahr. Es gab ein Turnier, bei dem die vier Ortsteile in Neuenburg gegeneinander antraten. Aber bereits in den ersten Trainingseinheiten vor dem Einweihungsturnier hatte er die Fußballer in Neuenburg schon überzeugt. Lindemer: "Der Platz ist voll in Nutzung. Es macht wirklich großen Spaß darauf zu spielen."

Übrigens: Das Thema "Ehrenamt" wird auch beim 3. Amateurfußball-Kongress des DFB eine wichtige Rolle spielen, der vom 22. bis 24. Februar 2019 in Kassel stattfindet. Alle Infos zum Kongress gibt es hier.

###more###