Amateurserie: Inklusion in Niederzier - Romans großes Spiel

Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft. Die heimlichen Helden aber spielen und engagieren sich woanders, an der Basis.

Ihnen widmet sich DFB.de jeden Dienstag in seiner Serie. Sie zeigt, wie besonders der deutsche Fußballalltag ist. Heute: Der 15 Jahre alte Roman, Torhüter bei der SG Niederzier/Hambach/Selgersdorf.

So fühlt es sich also an. Roman schluckt. In den Händen hält er einen Pokal. Um ihn herum sitzen seine Mitspieler. C-Jugendliche der Spielgemeinschaft Niederzier/Hambach/Selgersdorf. Roman soll die Humba anstimmen. Er ist nervös. Es kann gar nicht schnell genug gehen. H-U-M-B-A! Er rattert die Buchstaben runter. Seine Mannschaftskameraden feiern, tanzen um ihn herum, klopfen ihm auf die Schulter. Roman lächelt.

Es ist ein ganz besonderer Moment für den 15 Jahre alten Roman. Zum ersten Mal in seinem Leben hat der begeisterte Torwart ein echtes Fußballspiel bestritten. "Der Junge spielt mit Begeisterung Fußball, hat aber eine körperliche Behinderung und kann nur schlecht gehen", erklärt sein Trainer Dirk Birx, "wir wollten ihm einfach mal dieses Wettkampffeeling geben". Also nutzen Birx und seine Trainerkollegen Wolfgang Kleefisch und Bernd Scholler das Hallenturnier des SV Niederzier für eine große Überraschung.

Vor der Siegerehrung nimmt Birx das Mikrofon und holt Roman zu sich. Er erklärt dem Publikum Romans Geschichte. Hat ein Gespür für die richtigen Worte. Fragt, ob alle mit einem Freundschaftsspiel vor der Siegerehrung einverstanden sind, bei dem Roman im Tor stehen wird. Die Zuschauer applaudieren, für Roman wird es ernst. "Er war direkt begeistert und hat sich gefreut", erzählt Birx. Roman kennt keine Angst. Vier, fünf Bälle wehrt er ab. Bei jedem gehaltenen Ball jubelt das Publikum. "Die ganze Halle war am Toben und Klatschen. Die haben auf die Bande getrommelt und richtig Stimmung machen. Der Junge war den Tränen mehr als nah."

Nicht nur der Junge. Auf der Tribüne steht Romans Mutter und filmt. "Einige Ausschnitte fehlen, weil ich vor lauter Tränen nichts mehr erkennen konnte." Um sie herum stehen die Mütter seiner Mitspieler und weinen. Selbst Dirk Birx "hatte Tränen in den Augen, es war emotional sehr schön." Bis kurz vor zwölf haben sie abends noch zusammengesessen und gefeiert.

Trainer Birx über Roman: "Wir behandeln ihn wie jeden anderen Spieler"

Dirk Birx weiß gar nicht genau, was für ein Handicap Roman hat. Ist ihm auch egal. "Wir behandeln ihn wie jeden anderen Spieler auch", sagt der Coach, "das möchte er aber auch so". Spastische Diplegie nennt sich Romans Geburtsschaden. Die Muskelzüge in seinen Beinen sind ungleichmäßig, er hat immer eine gehockte Haltung. Beim Treppensteigen ist das sehr schmerzhaft. Beim Fußballspielen nicht.

Eines Tages stand Roman beim Training des SV Niederzier. Er ist in der gleichen Schulklasse wie Marvin Birx, Sohn vom Trainer und Spieler bei den C-Junioren. Roman möchte auch Fußball spielen. Wissen, wie das ist. "Wir haben die Philosophie: Bei uns beim SV Niederzier ist es egal, ob groß oder klein, ob weiß oder bunt, ob gesund oder krank. Wir nehmen alle Kinder und versuchen, dass sie wenigstens vernünftig trainiert werden", sagt Birx. Seitdem gehört Roman zum Team. Er bekommt sogar ein spezielles Torwarttraining von Bernd Scholler. Seine Mutter erzählt begeistert davon, wie er nach jedem Training hundemüde und kaputt, aber vor allem glücklich und zufrieden ins Bett fällt. "Was will man mehr", fragt Birx.

Beim SV Niederzier wird Inklusion gelebt, nicht nur geredet

Stimmt. Um mehr geht es eigentlich nicht. Jungs spielen Fußball. Was Inklusion ist, weiß Dirk Birx nicht so genau. Seine Spieler haben ihn aufgenommen, wie er ist. Ohne dumme Sprüche. Ohne große Aufklärungsarbeit. Ohne Unterschiede. "Die Kameradschaft in der Mannschaft ist phänomenal, davor muss man den Hut ziehen", ist der Trainer stolz auf seine Jungs. Wenn das Team in der Soccerhalle trainieren geht, kommt Roman selbstverständlich mit. Er steht im Tor. Wenn das Spiel 20:0 verloren geht, ist das auch egal. Hauptsache, der Junge ist dabei.

Inklusion. Birx hat davon schon gehört. Er ist nicht nur Trainer der C-Junioren, sondern auch Jugendleiter beim SV Niederzier. Außerdem ist er Vorsitzender der Klassenpflegschaft an der Schule seines Sohnes. "Aber so richtig befasst habe ich mich damit noch nicht", gesteht er. Muss er auch nicht. Beim SV Niederzier kommt Inklusion aus dem Bauch heraus. Und von Herzen. Romans Mutter bringt es auf den Punkt. Hier werde Inklusion gelebt und nicht nur gesprochen, schreibt sie auf ihrer Facebookseite unter dem Video von Romans großem Moment. Sie bedankt sich ausdrücklich beim Verein und der Mannschaft und insbesondere beim Trainerteam Dirk Birx, Wolfgang Kleefisch und Bernd Scholler. Birx freut sich über das Kompliment. "Dann werden wir wohl nicht so viel falsch machen."

[dfb]

Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft. Die heimlichen Helden aber spielen und engagieren sich woanders, an der Basis.

Ihnen widmet sich DFB.de jeden Dienstag in seiner Serie. Sie zeigt, wie besonders der deutsche Fußballalltag ist. Heute: Der 15 Jahre alte Roman, Torhüter bei der SG Niederzier/Hambach/Selgersdorf.

So fühlt es sich also an. Roman schluckt. In den Händen hält er einen Pokal. Um ihn herum sitzen seine Mitspieler. C-Jugendliche der Spielgemeinschaft Niederzier/Hambach/Selgersdorf. Roman soll die Humba anstimmen. Er ist nervös. Es kann gar nicht schnell genug gehen. H-U-M-B-A! Er rattert die Buchstaben runter. Seine Mannschaftskameraden feiern, tanzen um ihn herum, klopfen ihm auf die Schulter. Roman lächelt.

Es ist ein ganz besonderer Moment für den 15 Jahre alten Roman. Zum ersten Mal in seinem Leben hat der begeisterte Torwart ein echtes Fußballspiel bestritten. "Der Junge spielt mit Begeisterung Fußball, hat aber eine körperliche Behinderung und kann nur schlecht gehen", erklärt sein Trainer Dirk Birx, "wir wollten ihm einfach mal dieses Wettkampffeeling geben". Also nutzen Birx und seine Trainerkollegen Wolfgang Kleefisch und Bernd Scholler das Hallenturnier des SV Niederzier für eine große Überraschung.

Vor der Siegerehrung nimmt Birx das Mikrofon und holt Roman zu sich. Er erklärt dem Publikum Romans Geschichte. Hat ein Gespür für die richtigen Worte. Fragt, ob alle mit einem Freundschaftsspiel vor der Siegerehrung einverstanden sind, bei dem Roman im Tor stehen wird. Die Zuschauer applaudieren, für Roman wird es ernst. "Er war direkt begeistert und hat sich gefreut", erzählt Birx. Roman kennt keine Angst. Vier, fünf Bälle wehrt er ab. Bei jedem gehaltenen Ball jubelt das Publikum. "Die ganze Halle war am Toben und Klatschen. Die haben auf die Bande getrommelt und richtig Stimmung machen. Der Junge war den Tränen mehr als nah."

Nicht nur der Junge. Auf der Tribüne steht Romans Mutter und filmt. "Einige Ausschnitte fehlen, weil ich vor lauter Tränen nichts mehr erkennen konnte." Um sie herum stehen die Mütter seiner Mitspieler und weinen. Selbst Dirk Birx "hatte Tränen in den Augen, es war emotional sehr schön." Bis kurz vor zwölf haben sie abends noch zusammengesessen und gefeiert.

Trainer Birx über Roman: "Wir behandeln ihn wie jeden anderen Spieler"

Dirk Birx weiß gar nicht genau, was für ein Handicap Roman hat. Ist ihm auch egal. "Wir behandeln ihn wie jeden anderen Spieler auch", sagt der Coach, "das möchte er aber auch so". Spastische Diplegie nennt sich Romans Geburtsschaden. Die Muskelzüge in seinen Beinen sind ungleichmäßig, er hat immer eine gehockte Haltung. Beim Treppensteigen ist das sehr schmerzhaft. Beim Fußballspielen nicht.

Eines Tages stand Roman beim Training des SV Niederzier. Er ist in der gleichen Schulklasse wie Marvin Birx, Sohn vom Trainer und Spieler bei den C-Junioren. Roman möchte auch Fußball spielen. Wissen, wie das ist. "Wir haben die Philosophie: Bei uns beim SV Niederzier ist es egal, ob groß oder klein, ob weiß oder bunt, ob gesund oder krank. Wir nehmen alle Kinder und versuchen, dass sie wenigstens vernünftig trainiert werden", sagt Birx. Seitdem gehört Roman zum Team. Er bekommt sogar ein spezielles Torwarttraining von Bernd Scholler. Seine Mutter erzählt begeistert davon, wie er nach jedem Training hundemüde und kaputt, aber vor allem glücklich und zufrieden ins Bett fällt. "Was will man mehr", fragt Birx.

Beim SV Niederzier wird Inklusion gelebt, nicht nur geredet

Stimmt. Um mehr geht es eigentlich nicht. Jungs spielen Fußball. Was Inklusion ist, weiß Dirk Birx nicht so genau. Seine Spieler haben ihn aufgenommen, wie er ist. Ohne dumme Sprüche. Ohne große Aufklärungsarbeit. Ohne Unterschiede. "Die Kameradschaft in der Mannschaft ist phänomenal, davor muss man den Hut ziehen", ist der Trainer stolz auf seine Jungs. Wenn das Team in der Soccerhalle trainieren geht, kommt Roman selbstverständlich mit. Er steht im Tor. Wenn das Spiel 20:0 verloren geht, ist das auch egal. Hauptsache, der Junge ist dabei.

Inklusion. Birx hat davon schon gehört. Er ist nicht nur Trainer der C-Junioren, sondern auch Jugendleiter beim SV Niederzier. Außerdem ist er Vorsitzender der Klassenpflegschaft an der Schule seines Sohnes. "Aber so richtig befasst habe ich mich damit noch nicht", gesteht er. Muss er auch nicht. Beim SV Niederzier kommt Inklusion aus dem Bauch heraus. Und von Herzen. Romans Mutter bringt es auf den Punkt. Hier werde Inklusion gelebt und nicht nur gesprochen, schreibt sie auf ihrer Facebookseite unter dem Video von Romans großem Moment. Sie bedankt sich ausdrücklich beim Verein und der Mannschaft und insbesondere beim Trainerteam Dirk Birx, Wolfgang Kleefisch und Bernd Scholler. Birx freut sich über das Kompliment. "Dann werden wir wohl nicht so viel falsch machen."