Wagner: "Keine Hektik, kein Aktionismus"

Wagner: Die Atmosphäre nach der Partie in Erfurt und an den Tagen danach war natürlich nicht prickelnd. Auch die Aufarbeitung der Niederlage war durch die diversen Abstellungen zu den Profis oder zu den Nationalmannschaften schwierig. Fest steht: Die Jungs müssen den Saisonstart so akzeptieren und dürfen nicht mehr zurückblicken. Aus solchen Schwächephasen muss die Mannschaft herauswachsen und gestärkt daraus hervorgehen. Nach der Länderspielpause beginnt eine neue Saisonphase. Alle fangen wieder bei Null an.

DFB.de: Waren Sie zuvor als Spieler oder Trainer schon einmal in einer derartigen Situation?

Wagner: Als ehemaliger Spieler von Mainz 05 weiß ich ganz genau, was Abstiegskampf bedeutet. Damals war es ein großer Erfolg, wenn wir schon am vorletzten Spieltag gesichert waren. Daher trifft mich die aktuelle Situation beim BVB nicht ganz unvorbereitet. Wir dürfen und werden jetzt nicht in Hektik und Aktionismus verfallen. Die nötige Ruhe und der Glauben an die eigene Stärke sind Faktoren, die am Ende über den Klassenverbleib entscheiden.

DFB.de: Das Hauptmanko scheint in der Offensive zu liegen. Noch hat kein Stürmer ein Tor erzielt. Woran machen Sie das fest?

Wagner: Ich sehe unser Hauptmanko eher bei den bisherigen 18 Gegentreffern. Uns gelingt es nicht, konstant über 90 Minuten leidenschaftlich zu verteidigen. Beim jüngsten 0:5 in Erfurt haben wir selbst nach dem 0:3 mit übertriebener Naivität nach vorne gespielt und sind dafür bestraft worden. Von Torwart- bis hin zu Abwehrfehlern und einfachen Gegentreffern nach Standardsituationen war in den ersten acht Partien schon fast alles dabei. Insgesamt ist das Toreschießen nicht nur die Aufgabe der Stürmer. Vorne trifft uns aber auch der längerfristige Ausfall von Marvin Ducksch hart.

DFB.de: Gab es nach dem schwachen Saisonstart und dem Mittelfußbruch von Ducksch keine Überlegungen, kurzfristig noch einmal auf dem Transfermarkt tätig zu werden, zumal mit Terrence Boyd auch der Toptorjäger der vergangenen Saison nicht mehr zur Verfügung steht?

Wagner: Überlegungen gab es durchaus. Wir hatten über eine Verpflichtung eines robusten Stürmers nachgedankt. Diesen gab es aber nicht in unserer bevorzugten Altersklasse. Daher haben wir uns intensiv mit dem Regionalliga-Torschützenkönig Christian Knappmann vom Wuppertaler SV beschäftigt. Doch es hat leider nicht geklappt. Damit müssen wir leben.

DFB.de: Ist es insgesamt ein Nachteil, keinen Routinier im Kader zu haben, der die jungen Spieler mit seiner Erfahrung führen könnte?



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Was Abstiegskampf bedeutet, muss David Wagner, dem Trainer des Drittliga-Schlusslichts Borussia Dortmund II, niemand erklären. Zu seiner Profizeit beim damaligen Zweitligisten FSV Mainz 05 stand für den ehemaligen Angreifer von 1991 bis 1995 das Rennen um den Klassenverbleib quasi an der Tagesordnung", so der 40-Jährige. "Da ging es hin und wieder am letzten Spieltag um einen Punkt oder ein Tor. Daher kenne ich mich damit ganz gut aus."

Neu ist die aktuelle Situation mit der Dortmunder Reserve für Wagner, der 1997 ausgerechnet mit dem BVB-Erzrivalen FC Schalke 04 in Mailand den UEFA-Cup gewonnen hatte, also nicht. Viel zu lachen hatte er in den vergangenen Wochen angesichts von nur einem Sieg aus den ersten acht Begegnungen allerdings auch nicht.

Im Frühjahr hatte der frühere US-Nationalspieler, der wie Dortmunds Cheftrainer Jürgen Klopp als Verfechter eines attraktiven Offensivfußballs gilt und großen Wert auf Laufleistung sowie schnelles Umschalten von Defensive auf Offensive legt, die Schwarz-Gelben durch eine beeindruckende Rückrunde zum Aufstieg geführt. Knapp vier Monate später ist die Euphorie spätestens seit dem 0:5 beim Tabellenvorletzten Rot-Weiß Erfurt verflogen. Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander analysiert David Wagner den schwachen Saisonstart und erläutert, wo der Hebel angesetzt wird.

DFB.de: Herr Wagner, fünf Punkte, 5:18 Tore und nur ein Sieg aus den ersten acht Partien. Wie sehr nervt aktuell der Blick auf die Tabelle?

David Wagner: Die bisherigen Resultate sind selbstverständlich nicht das, was wir uns selbst vorgenommen hatten. Doch wir müssen den Saisonstart mit unserer extrem jungen Mannschaft auch realistisch einordnen: In den ersten vier Partien stimmte die Leistung. Mit den vergangenen vier Begegnungen, die alle verloren gingen, sind wir alles andere als zufrieden. Wir sind uns der Situation bewusst, blicken aber nur nach vorne.

DFB.de: Hatten Sie sich die 3. Liga nach der Rekordrückrunde in der Vorsaison mit 52 von 57 möglichen Punkten vielleicht etwas leichter vorgestellt?

Wagner: Nein, das nicht. Einen Einbruch in dieser Form hatte ich allerdings auch nicht erwartet, daraus mache ich keinen Hehl. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass zwischen der Regionalliga und der 3. Liga - jedenfalls für uns - mehr als nur eine Spielklasse liegt. Das betrifft die Qualität der Gegner sowie nicht zuletzt auch die Rahmenbedingungen und das große Zuschauerinteresse. Daran müssen sich einige noch gewöhnen.

DFB.de: Wie wollen Sie die Mannschaft nach der deutlichen 0:5-Auswärtsniederlage beim zuvor sieglosen FC Rot-Weiß Erfurt für die nächste Partie am 16. September gegen die Stuttgarter Kickers aufrichten?

Wagner: Die Atmosphäre nach der Partie in Erfurt und an den Tagen danach war natürlich nicht prickelnd. Auch die Aufarbeitung der Niederlage war durch die diversen Abstellungen zu den Profis oder zu den Nationalmannschaften schwierig. Fest steht: Die Jungs müssen den Saisonstart so akzeptieren und dürfen nicht mehr zurückblicken. Aus solchen Schwächephasen muss die Mannschaft herauswachsen und gestärkt daraus hervorgehen. Nach der Länderspielpause beginnt eine neue Saisonphase. Alle fangen wieder bei Null an.

DFB.de: Waren Sie zuvor als Spieler oder Trainer schon einmal in einer derartigen Situation?

Wagner: Als ehemaliger Spieler von Mainz 05 weiß ich ganz genau, was Abstiegskampf bedeutet. Damals war es ein großer Erfolg, wenn wir schon am vorletzten Spieltag gesichert waren. Daher trifft mich die aktuelle Situation beim BVB nicht ganz unvorbereitet. Wir dürfen und werden jetzt nicht in Hektik und Aktionismus verfallen. Die nötige Ruhe und der Glauben an die eigene Stärke sind Faktoren, die am Ende über den Klassenverbleib entscheiden.

DFB.de: Das Hauptmanko scheint in der Offensive zu liegen. Noch hat kein Stürmer ein Tor erzielt. Woran machen Sie das fest?

Wagner: Ich sehe unser Hauptmanko eher bei den bisherigen 18 Gegentreffern. Uns gelingt es nicht, konstant über 90 Minuten leidenschaftlich zu verteidigen. Beim jüngsten 0:5 in Erfurt haben wir selbst nach dem 0:3 mit übertriebener Naivität nach vorne gespielt und sind dafür bestraft worden. Von Torwart- bis hin zu Abwehrfehlern und einfachen Gegentreffern nach Standardsituationen war in den ersten acht Partien schon fast alles dabei. Insgesamt ist das Toreschießen nicht nur die Aufgabe der Stürmer. Vorne trifft uns aber auch der längerfristige Ausfall von Marvin Ducksch hart.

DFB.de: Gab es nach dem schwachen Saisonstart und dem Mittelfußbruch von Ducksch keine Überlegungen, kurzfristig noch einmal auf dem Transfermarkt tätig zu werden, zumal mit Terrence Boyd auch der Toptorjäger der vergangenen Saison nicht mehr zur Verfügung steht?

Wagner: Überlegungen gab es durchaus. Wir hatten über eine Verpflichtung eines robusten Stürmers nachgedankt. Diesen gab es aber nicht in unserer bevorzugten Altersklasse. Daher haben wir uns intensiv mit dem Regionalliga-Torschützenkönig Christian Knappmann vom Wuppertaler SV beschäftigt. Doch es hat leider nicht geklappt. Damit müssen wir leben.

DFB.de: Ist es insgesamt ein Nachteil, keinen Routinier im Kader zu haben, der die jungen Spieler mit seiner Erfahrung führen könnte?

Wagner: Diese Frage kann ich wohl erst am Saisonende beantworten. Ich glaube nicht, dass uns ein erfahrener Spieler in den ersten acht Partien viel gebracht hätte. Das Erfurt-Spiel wäre vielleicht nur 0:3 statt 0:5 ausgegangen. Die Jungs müssen lernen, mit dem Underdog-Status besser umzugehen und nicht weiter ins offene Messer zu laufen.

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DFB.de: Mit den Junioren-Nationalspielern Leonardo Bittencourt und Mustafa Amini gehören seit einigen Wochen zwei Jungprofis zu Ihrem Kader. Ist es für die beiden in der aktuellen Situation schwieriger, sich bei Cheftrainer Jürgen Klopp zu empfehlen?

Wagner: Erst einmal bin ich froh, dass Leonardo Bittencourt und Mustafa Amini bei uns sind. Doch die 3. Liga ist mittlerweile so stark, dass dir selbst die talentiertesten Jungprofis in dieser Klasse nicht die Sterne vom Himmel schießen können. Mustafa, der bisher noch nicht zum Zug gekommen ist, muss sich außerdem noch etwas an unser Spiel gewöhnen. Beide werden uns aber noch eine große Hilfe sein. Wenn es wieder besser läuft, umso mehr.

DFB.de: Bitte ergänzen Sie: Die BVB-Reserve bekommt in der 3. Liga die Kurve, weil…

Wagner: …wir über genügend Potenzial verfügen und in Zukunft noch härter, aber mit der nötigen Ruhe arbeiten werden.