Truckenbrod: "Wir haben einen negativen Lauf"

Der Blick zurück im Zorn ist schon deswegen ausgeschlossen, weil der 33-Jährige mit seiner Gegenwart ziemlich einverstanden ist. Truckenbrod ist glücklich verheiratet und sehr stolzer Papa seiner beiden Söhne. Seine Karriere ist nicht gescheitert, sie ist sehr viel größer als die sehr vieler Fußballer, sie ist nur nicht ganz so groß wie die ganz weniger Spieler. "Mit dem, was ich erreicht habe, kann ich sehr gut leben", sagt Truckenbrod.

"Der DFB-Pokal ist ein absolutes Highlight"

Zumal er noch einiges erreichen will. In Münster hat er eine zweite Heimat gefunden. Der Spieler Truckenbrod fühlt sich wohl bei den Preußen, die Familie Truckenbrod fühl sich wohl in Münster. So wohl, dass nicht ausgeschlossen ist, dass die Truckenbrods in Nordrhein-Westfalen sesshaft werden. Lange war für die Familie klar, dass es sie nach der Karriere zurück an den Bodensee ziehen würde. Jetzt ist denkbar, dass Münster dauerhaft zur Heimat wird. "Eine Option ist das durchaus", sagt Truckenbrod.

Aber langsam, noch ist die Kariere nicht beendet. Truckenbrod ist fit, langsam zahlt sich aus, dass er immer auf seinem Körper geachtet hat. "Ich fühle mich kaum anders als zu Beginn meiner Karriere", sagt der 33-Jährige. Und ganz wichtig: Er hat noch immer denselben Spaß am Fußballspielen. Und er hat Ziele. In der Liga soll der Weg nach oben führen – und dann ist da ja auch noch dieses Spiel am Dienstag. DFB-Pokal, zweite Runde, Preußen Münster gegen Augsburg, 3. Liga gegen Bundesliga.

"Diese Konstellation ist immer reizvoll", sagt Truckenbrod. "Der DFB-Pokal ist ein absolutes Highlight für uns." Und dann sagt er wieder Sätze, die ziemlich selbstbewusst klingen, und die auch so gemeint sind: "Wir haben eine gute Truppe. Wir sind konkurrenzfähig. Wir müssen unser Potenzial nur auf den Platz bringen."

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Die 3. Liga ist voll von besonderen Spielern. DFB.de stellt die "Gesichter der 3. Liga" in seiner Serie vor. Heute: Jens Truckenbrod vom SC Preußen Münster.

Sätze voller Selbstvertrauen. "Wir müssen uns nicht verstecken." Oder: "Der Verein hat das Potenzial für mehr." Und: "Preußen Münster gehört in die 2. Bundesliga." Jens Truckenbrod sagt diese Sätze, Truckenbrod ist kompetent für solche Sätze. Truckenbrod kennt sich in der 3. Liga aus wie nur wenige andere. Auch mit Preußen Münster kennt er sich aus – schließlich ist er Spieler von Preußen Münster. Und er hat Recht. Nicht viele Klubs in Deutschland verfügen über eine vergleichbare Tradition, geht es danach, sollte der Klub Liga drei nur als vorübergehende Heimat betrachten. Bei der Historie. Bei den Strukturen. Bei den Fans.

Und bei der aktuellen Mannschaft? Die Realität relativiert die Vision. Preußen Münster rangiert in der Tabelle der 3. Liga auf Platz 17, nach dem 3:0 zum Auftakt gegen Wacker Burghausen wartet das Team seit sechs Spieltagen auf einen dreifachen Punktgewinn. Und ausgerechnet am Samstag (ab 14 Uhr, im Livestream auf SWR.de) geht es zu Tabellenführer 1. FC Heidenheim. Noch schwieriger wird die Aufgabe in der zweiten DFB-Pokalrunde: Am Dienstag (ab 19 Uhr, live bei Sky) erwartet Münster den in der Bundesliga zuletzt dreimal in Folge siegreichen FC Augsburg.

"Wir müssen nicht über große Ambitionen reden"

Dabei war die Mannschaft mit großen Hoffnungen in die neue Saison gegangen. Mit Platz vier war im Vorjahr der Aufstieg nur denkbar knapp verpasst worden, in diesem Jahr wurde Preußen Münster allgemein zu den Favoriten gezählt. Aktuell steht das Team lediglich einen Punkt und einen Rang vor den Abstiegsplätzen. "Wir haben einen negativen Lauf", sagt Truckenbrod. Deswegen sagt er auch solche Sätze: "Momentan müssen wir nicht über große Ambitionen reden."

Momentan besteht die große Ambition darin, unten wieder rauszukommen. Und das wird schwer genug. Am Samstag geht es für Preußen nach Heidenheim, das Duell gegen den Tabellenführer steht an. "Keine ganz leichte Aufgabe", sagt Truckenbrod. Am Dienstag folgt mit dem DFB-Pokal ein "Bonusspiel". Preußen Münster empfängt Augsburg (ab 19 Uhr, live bei Sky), 3. Liga gegen Bundesliga. Und Truckenbrod wiederholt: "Keine ganz leichte Aufgabe."

Gegen den Tabellenführer die Stimmung drehen

Große Herausforderungen sind aber auch große Chancen. Mit zwei Spielen hat Preußen die Möglichkeit, die Stimmung zu drehen. Für die Wende soll auch ein neuer Trainer sorgen. Nach dem 2:3 gegen die Spielvereinigung Unterhaching am vergangenen Wochenende wurde Pavel Dotschev entlassen, künftig steht Ralf Loose an der Seitenlinie des Preußenstadions.

Für Truckenbrod ist Loose kein alter Bekannter. Und das ist erstaunlich. Denn Trainer und Spieler waren in ihren Karrieren ziemlich oft am selben Ort. Loose war Trainer in Siegen, Truckenbrod war Spieler in Siegen. Loose war Trainer bei Dynamo Dresden, Truckenbrod war Spieler bei Dynamo Dresden. Nur eben nicht zur selben Zeit. In der Schweiz waren die beiden zur selben Zeit, nur eben nicht am selben Ort. Von 2004 bis 2007 spielte Truckenbrod beim FC Schaffhausen, in den Jahren 2005 und 2006 hat Loose ebenfalls in der Schweiz gearbeitet, beim FC St. Gallen.

"Wir benötigen Geduld"

Jetzt also stimmt die Mischung der Komponenten Ort und Zeit. "Aller guten Dinge sind drei", sagt Truckenbrod. Sonst kann er über Loose nicht viel Gehaltvolles sagen – nach lediglich zwei Trainingseinheiten. Die Ansprache gefällt ihm. Das Training macht Spaß. Die Stimmung ist gut. Aber zu schnell dürfe man vom neuen Trainer keine Wunderdinge erwarten. "Wir benötigen Geduld. Über Nacht werden wir den Verein nicht zu alter Größe führen", sagt Truckenbrod.

Eigentlich geht es Preußen Münster wie dem Spieler: Die glorreichen Zeiten liegen lange zurück. Truckenbrod war einst ein großes Versprechen. Nicht regional, national. Vor mehr als eineinhalb Dekaden war das. Bei der U 17-WM in Ägypten hat Truckenbrod für Deutschland gespielt, zu seinen Teamkollegen gehörten Akteure wie Roman Weidenfeller, Sebastian Kehl und Sebastian Deisler. Kapitän des Teams war Truckenbrod. Platz vier hat er damals mitgenommen und Erlebnisse wie die Vorrundenpartie gegen Gastgeber Ägypten, vor 80.000 Zuschauern im Nationalstadion in Kairo.

Prägend und beeindruckend sei das gewesen, insgesamt eine tolle Erfahrung, die er nicht missen möchte. So wie generell keinen seiner 45 Einsätze für die U-Nationalmannschaften des DFB. "Mir hat es immer Spaß gemacht, und ich habe es als Ehre empfunden für Deutschland zu spielen", sagt Truckenbrod. Viele der Trikots von damals hat er aufbewahrt – und viele Erinnerungen.

Ein Schritt zurück, um nach vorne zu kommen

Die ersten Zweifel an der ganz großen Laufbahn kamen ihm zu Beginn des neuen Jahrtausends, als der Wechsel von Borussia Mönchengladbach zu den Sportfreunden Siegen nicht den erhofften Karriereschub brachte. "Um nach vorne zu kommen, habe ich bewusst einen Schritt zurück gemacht", sagt er. Siegen wurde zwar zum Sprungbrett in eine höhere Liga – aber in einem anderen Land. Der Deutsche ging zum FC Schaffhausen. Drei Jahre hat er das Leben in der Schweiz genossen, dann hat es ihn zurück nach Deutschland gezogen. Bei Dynamo Dresden und Carl Zeiss Jena sammelte er Erfahrungen im Osten der Republik, seit 2011 ist er Spieler von Preußen Münster.

Wenn Truckenbrod auf seine Laufbahn schaut, denkt er nicht an vertane Chancen, nicht daran, dass er nicht einlösen konnte, was sich einige von ihm versprochen hatten. "Mit mehr Glück wäre mehr drin gewesen", sagt er: "Mir war es nicht vergönnt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort und mit den richtigen Menschen umgeben zu sein. Kleinigkeiten haben gefehlt, Details. Aber das finde ich nicht schlimm. Ich kann in den Spiegel schauen und bin im Großen und Ganzen zufrieden damit, wie sich die Dinge entwickelt haben."

Der Blick zurück im Zorn ist schon deswegen ausgeschlossen, weil der 33-Jährige mit seiner Gegenwart ziemlich einverstanden ist. Truckenbrod ist glücklich verheiratet und sehr stolzer Papa seiner beiden Söhne. Seine Karriere ist nicht gescheitert, sie ist sehr viel größer als die sehr vieler Fußballer, sie ist nur nicht ganz so groß wie die ganz weniger Spieler. "Mit dem, was ich erreicht habe, kann ich sehr gut leben", sagt Truckenbrod.

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"Der DFB-Pokal ist ein absolutes Highlight"

Zumal er noch einiges erreichen will. In Münster hat er eine zweite Heimat gefunden. Der Spieler Truckenbrod fühlt sich wohl bei den Preußen, die Familie Truckenbrod fühl sich wohl in Münster. So wohl, dass nicht ausgeschlossen ist, dass die Truckenbrods in Nordrhein-Westfalen sesshaft werden. Lange war für die Familie klar, dass es sie nach der Karriere zurück an den Bodensee ziehen würde. Jetzt ist denkbar, dass Münster dauerhaft zur Heimat wird. "Eine Option ist das durchaus", sagt Truckenbrod.

Aber langsam, noch ist die Kariere nicht beendet. Truckenbrod ist fit, langsam zahlt sich aus, dass er immer auf seinem Körper geachtet hat. "Ich fühle mich kaum anders als zu Beginn meiner Karriere", sagt der 33-Jährige. Und ganz wichtig: Er hat noch immer denselben Spaß am Fußballspielen. Und er hat Ziele. In der Liga soll der Weg nach oben führen – und dann ist da ja auch noch dieses Spiel am Dienstag. DFB-Pokal, zweite Runde, Preußen Münster gegen Augsburg, 3. Liga gegen Bundesliga.

"Diese Konstellation ist immer reizvoll", sagt Truckenbrod. "Der DFB-Pokal ist ein absolutes Highlight für uns." Und dann sagt er wieder Sätze, die ziemlich selbstbewusst klingen, und die auch so gemeint sind: "Wir haben eine gute Truppe. Wir sind konkurrenzfähig. Wir müssen unser Potenzial nur auf den Platz bringen."