Tim Göhlert: Abwehrchef und angehender Arzt

Frage: Geben Sie den Kollegen gelegentlich gesundheitliche Tipps oder schauen bei kleineren Blessuren auch selbst mal nach?

Göhlert: Ich spiele da eine eher untergeordnete Rolle. Wir haben ja meist unseren Physiotherapeuten und den Arzt dabei. Klar ist, dass ich bei Verletzungen im Training auch Ansprechpartner bin und mal bei der Erstversorgung helfe. In erster Linie bin ich aber ein ganz normaler Bestandteil des Teams. Ich möchte auch gar nicht, dass meine Rolle als Arzt zu sehr in den Vordergrund rückt - weder intern noch extern.

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Tim Göhlert ist Abwehrchef beim 1. FC Heidenheim. Er schoss 2009 das erste Drittligator in der Geschichte des Klubs. Der 28-Jährige träumt von der 2. Bundesliga und möchte seine Karriere irgendwann in Heidenheim beenden. Danach startet er seine zweite Karriere - als Arzt. Die Voraussetzungen hat er mit dem abgeschlossenen Medizinstudium bereits geschaffen.

Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Kieran Brown spricht der 28 Jahre alte Göhlert über seine kurzfristigen Ziele als Fußballprofi und seine langfristige Perspektive als Arzt.

Frage: Herr Göhlert, Heidenheim hat bereits in den vergangenen Jahren um den Aufstieg in die 2. Bundesliga mitgespielt. Glauben Sie, dass in dieser Saison der große Wurf gelingt?

Tim Göhlert: Im Moment haben wir viel Rückstand. Trotzdem haben wir in den letzten Jahren natürlich Blut geleckt und wollen es irgendwann packen. In der Rückrunde haben wir noch genug Spiele, um die Lücke nach oben zu schließen. Wir glauben definitiv daran, dass wir stark genug sind.

Frage: Medial steht der FCH selten im Blickpunkt. Diese Rolle nehmen die vielen Traditionsvereine der 3. Liga ein. Stört Sie das?

Göhlert: Ich empfinde das gesamte Umfeld in Heidenheim als sehr angenehm. Es hat sich hier in den vergangenen Jahren sehr viel entwickelt, die Aufmerksamkeit nimmt stetig zu. Ein regionaler TV-Sender ist zum Beispiel jede Woche vor Ort. Mit Mannschaften wie dem Karlsruher SC, Kickers Offenbach oder Hansa Rostock können wir da aber natürlich nicht mithalten.

Frage: Im Juli 2009 erzielten Sie gegen den Wuppertaler SV das erste Drittligator in der Heidenheimer Vereinsgeschichte. Das Projekt Profifußball in der Region ist noch sehr jung, Sie sind von Anfang an dabei. Hat sich schon eine eigene Fankultur entwickelt in den wenigen Jahren?

Göhlert: Wir haben tolle Fans, da können wir wirklich stolz sein. Ich vergleiche das gerne mit der TSG 1899 Hoffenheim. Ich denke, da sind wir jetzt schon ein bisschen weiter, als Hoffenheim es zu Drittligazeiten war. Gerade auswärts haben wir inzwischen in der Regel viele Fans dabei, auch zu Hause haben wir einen guten Zuschauerschnitt. Mit unserer Fankultur und der Infrastruktur können wir sehr zufrieden sein, auch wenn das immer ausbaufähig ist. Wir sind definitiv zu einem Aushängeschild der Stadt geworden und freuen uns über die breite Unterstützung.

Frage: Sie spielen mit einigen ehemaligen Bundesligaprofis wie Michael Thurk oder Nico Frommer zusammen. Spornt Sie das an, vielleicht auch noch mal weiter oben anzuklopfen?

Göhlert: Etwas anderes als Heidenheim kann ich mir nicht vorstellen, mehr als die 3. Liga aber auf jeden Fall. Ich spiele seit 2005 im Verein, bin mit der Gegend verwachsen und habe meine Familie hier. Außerdem ist es für mich schön und wichtig zu wissen, dass auch nach der Karriere eine spannende Aufgabe auf mich wartet. Klar ist, dass wir von den Spielern mit höherklassiger Erfahrung nur profitieren können, das spornt absolut an.

Frage: Sie haben ihr Medizinstudium abgeschlossen und sogar schon darüber nachgedacht, ihre aktive Karriere zu beenden. Mit 28 Jahren ist das ebenso ungewöhnlich wie ein Medizinstudium während der Laufbahn als Fußballer. Wie malen Sie sich ihre kurz- bis mittelfristige Perspektive aus?

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Göhlert: Im Moment steht für mich fest, dass ich solange spiele, wie es mein Körper mitmacht. Die damalige Überlegung bezüglich eines Karriereendes war der Tatsache geschuldet, dass ich nach dem Ende des Studiums nicht zu viel Zeit verstreichen lassen wollte, bis ich ins Berufsleben einsteige. Ich habe mich aber vorerst für den Fußball entschieden und werde solange am Ball bleiben, wie ich der Mannschaft helfen kann.

Frage: Sie spielen seit sieben Jahren in Heidenheim und haben den Aufstieg des Klubs von Beginn an miterlebt.

Göhlert: Damals bin ich zu einem Oberligisten gewechselt, ohne Ambitionen, Profi zu werden. Das war auch nie ein Kindheitstraum von mir. Während des Studiums hat sich das hier entwickelt, wir wurden immer erfolgreicher und haben uns 2009 für die 3. Liga qualifiziert. Positiv für mich war, dass alle zu jeder Zeit akzeptiert haben, dass das Studium für mich im Vordergrund steht. Es war zum Glück alles miteinander zu vereinbaren. Weder an der Uni noch beim Fußball musste ich häufiger Termine ausfallen lassen. Während unserer ersten Drittligasaison habe ich mein letztes Staatsexamen abgelegt, so dass ich nach meiner Zeit als Fußballer direkt mit der Facharzt-Ausbildung zum Neurologen beginnen kann. Das ist ein beruhigendes Gefühl und gibt mir und meiner Familie Sicherheit.

Frage: Haben Sie als Sportler eigentlich Vorteile durch die medizinische Ausbildung, zum Beispiel durch die Kenntnisse der Physiologie des Körpers?

Göhlert: Das glaube ich nicht, da wird uns allen vom Trainer- und Ärzteteam ohnehin sehr viel an Informationen und Tipps mit auf den Weg gegeben. Man sollte den Fußball auch nicht komplizierter machen, als er ist. Die wichtigste Rolle neben den körperlichen Voraussetzungen spielt meiner Meinung nach sowieso der Kopf. Die psychologische Komponente im Profisport darf nicht unterschätzt werden.

Frage: Geben Sie den Kollegen gelegentlich gesundheitliche Tipps oder schauen bei kleineren Blessuren auch selbst mal nach?

Göhlert: Ich spiele da eine eher untergeordnete Rolle. Wir haben ja meist unseren Physiotherapeuten und den Arzt dabei. Klar ist, dass ich bei Verletzungen im Training auch Ansprechpartner bin und mal bei der Erstversorgung helfe. In erster Linie bin ich aber ein ganz normaler Bestandteil des Teams. Ich möchte auch gar nicht, dass meine Rolle als Arzt zu sehr in den Vordergrund rückt - weder intern noch extern.