SVWW-Sportdirektor Feichtenbeiner: "Aufstieg muss unser Ziel sein"

Michael Feichtenbeiner kehrt zurück. Zum 1. Januar wird der 52-Jährige neuer Sportdirektor des Drittligisten SV Wehen Wiesbaden. Vorher war der ehemalige Trainer von Rot-Weiß Erfurt, dem FC Basel, dem SC Pfullendorf und den Stuttgarter Kickers beim indonesischen Spitzenteam Medan Bintang FC verantwortlich.

Im DFB.de-Interview mit Sven Winterschladen erzählt Feichtenbeiner von seinen Erfahrungen in Südostasien. Aber der Fußball-Lehrer hat auch ganz klare Vorstellung bezüglich seiner neuen Aufgabe in Deutschland: "Mit Wehen Wiesbaden muss es unser Ziel sein, die Rückkehr in die 2. Bundesliga zu schaffen."

DFB.de: Herr Feichtenbeiner, sind Sie froh, nach einigen Jahren im Ausland wieder in Deutschland zu sein?

Michael Feichtenbeiner: Ja, durchaus. Aber vor allem deshalb, weil ich mit meiner Tätigkeit als Sportdirektor beim SV Wehen Wiesbaden eine sehr interessante Aufgabe gefunden habe. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich des Auslands überdrüssig war. Ich habe das als absolutes Privileg empfunden, natürlich auch im Hinblick auf meine Lebenserfahrung. Diese Eindrücke kann mir keiner mehr nehmen. Es war unglaublich spannend in Malaysia, Indonesien und Schottland. Aber der Profifußball in Deutschland bis runter in die 3. Liga ist im Moment sicherlich top, viel besser geht es nicht. Und damit beziehe ich mich auf die ganze Welt. Es ist eine schöne Sache, jetzt wieder ein Teil davon sein zu dürfen.

DFB.de: Wie ist der Fußball in Indonesien, wo Sie zuletzt tätig waren?

Feichtenbeiner: Natürlich völlig anders als in Deutschland. Aber die Leute dort sind trotzdem total verrückt danach. Man darf nicht vergessen, dass da 240 Millionen Menschen leben, und Fußball ist Sportart Nummer eins. Die Zuschauerzahlen bei den Begegnungen waren riesig, teilweise waren 80.000 Fans im Stadion. Von den Strukturen innerhalb des Vereins jedoch steckt vieles noch in den Kinderschuhen. Da gibt es noch einiges nachzuholen. Eine Nachwuchsarbeit, wie wir sie kennen, gibt es dort wenig. Jugendfußball findet fast ausschließlich in den Schulen oder kommerziell über Betriebe statt. Daran krankt die Nachwuchsausbildung und das Vereinsleben. Man muss sich das nur mal überlegen: Bei uns gibt es bis in den kleinsten Ort fast überall einen Fußballverein, das ist schon sensationell. Das ist mit Asien in keiner Weise vergleichbar.

DFB.de: Wie ist das Niveau in Indonesien?

Feichtenbeiner: Ich war ja bei einem Erstligisten angestellt und habe es selbst erlebt. Die Spieler kommen mit 18 Jahren zu einem Verein. Sie sind dann technisch sehr stark, weil sie viel auf der Straße spielen. Schnell und quirlig sind sie sowieso. Aber körperlich sind sie oft gegenüber uns Europäern benachteiligt. Und taktisch haben sie ganz große Defizite.

DFB.de: Gibt es dort dennoch den einen oder anderen Spieler, der den SV Wehen Wiesbaden verstärken könnte?

Feichtenbeiner: Naja, vielleicht könnten die besten Nationalspieler für die 3. Liga interessant sein. Aber es bringt nichts, einen 28-jährigen Indonesier nach Deutschland zu holen, dafür fehlt taktisch zu viel. Das müsste mit 17 oder 18 Jahren geschehen, dann könnte das interessant sein. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die wirklich guten Spieler dort absolute Superstars sind. Die genießen Privilegien, wie bei uns ein Bastian Schweinsteiger oder Mario Götze. Vom Niveau her könnten die vielleicht Regionalliga spielen. Aber das macht keinen Unterschied. Die hängen trotzdem überlebensgroß an jeder zweiten Häuserwand. Warum sollten die dort ihr Paradies verlassen und nach Europa kommen?

DFB.de: Aber es gibt doch schon gute Japaner sogar in der Bundesliga.

Feichtenbeiner: Japan und China kann man mit Indonesien und Malaysia nicht vergleichen. Dort gibt es die viel besseren Spieler, weil die Ligen da qualitativ deutlich weiter sind. Auch Korea darf man dabei nicht vergessen. Mit Interesse habe ich festgestellt, dass der Hamburger SV im neuen Jahr nach Indonesien geht. Die Märkte in Südostasien können sicher interessant werden. Im Moment ist die englische Premier League dort omnipräsent. Die Kinder laufen mit Trikots von Manchester United oder dem FC Liverpool rum.

DFB.de: Wie ist der Stellenwert der Bundesliga in Indonesien?

Feichtenbeiner: Man nimmt die guten Champions-League-Ergebnisse der deutschen Mannschaften schon wahr. Trotzdem ist uns die Premier League dort deutlich voraus. Ein Beispiel: Ein indonesischer Jugendlicher kann vielleicht den ganzen Kader von West Bromwich Albion aufzählen. Aber er wird Mühe habe, drei deutsche Vereine zu nennen. Da müssten wir noch viel mehr machen, um präsenter zu werden. Denn es ist ja ganz klar, dass wir uns vor der Premier League schon lange nicht mehr verstecken müssen. Der deutsche Fußball ist Weltklasse, in allen Bereichen.

DFB.de: Wie ist der Bekanntheitsgrad der deutschen Nationalmannschaft in Indonesien?

Feichtenbeiner: Durch die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 ist der Stellenwert schon etwas höher. Von diesem Event hat Deutschland extrem profitiert. Davon träumt man natürlich auch in Indonesien. Eine Teilnahme an einer Weltmeisterschaft wäre das Größte für das Land. Aber das ist meiner Meinung nach noch ein weiter Weg. Das ist eigentlich schade, denn die Menschen dort sind wirklich fußballverrückt.

DFB.de: Wie war das Leben in Indonesien?

Feichtenbeiner: Sehr interessant. Man wird auf der Straße erkannt, weil die Medien sehr intensiv berichten. Ich habe mit meiner Familie in Medan gelebt und die Zeit dort sehr genossen. Das ist eine Drei-Millionen-Stadt. Es gibt allein dort zwanzig Tageszeitungen. Wir haben in einem abgeschlossenen Hochhauskomplex mitten in der Stadt gelebt, der auf einen fünfstöckigen Shopping Center gebaut wurde. Im diesem Gebäude integriert war außerdem ein riesiger Wellnessbereich. Ich habe in Deutschland noch nie so luxuriös gelebt.

DFB.de: Ist dann Wehen Wiesbaden auf den ersten Blick beschaulich?

Feichtenbeiner: Natürlich kann man das Leben dort nicht mit dem in Indonesien vergleichen. Aber auch Wiesbaden ist eine sehr schöne Stadt mit viel Lebensqualität. Und die sportliche Infrastruktur ist hervorragend. Wir haben tolle Möglichkeiten.

DFB.de: Was sind Ihre langfristigen Ziele?

Feichtenbeiner: Für einen Drittligisten haben wir ein überragendes Nachwuchs-Leistungszentrum. Da müssen wir mehr aus unseren Möglichkeiten machen, mehr Spieler aus der eigenen Jugendabteilung müssen den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Im Moment stehen dort drei Spieler unter Vertrag, das ist mir zu wenig. Da muss mehr kommen.

DFB.de: Und was ist dann mit der Mannschaft möglich? Schauen Sie nur auf den Klassenerhalt und auch Richtung Aufstieg in die 2. Bundesliga?

Feichtenbeiner: Die beiden vergangenen Jahre waren sportlich sicher nicht so toll. Und auch in dieser Saison sollten wir zusehen, möglichst schnell nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben. Aber vom finanziellen und wirtschaftlichen Hintergrund gehören wir bestimmt zu den Topvereinen der 3. Liga. Und sportlich ist das ebenfalls unser Ziel. Ich kenne auch die 2. Bundesliga. Es muss unser Anspruch sein, dorthin zurück zu kehren. Das ist keine utopische Träumerei. Aber das ist auch kein Selbstläufer. Wir müssen jetzt die richtigen Entscheidungen treffen.

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Michael Feichtenbeiner kehrt zurück. Zum 1. Januar wird der 52-Jährige neuer Sportdirektor des Drittligisten SV Wehen Wiesbaden. Vorher war der ehemalige Trainer von Rot-Weiß Erfurt, dem FC Basel, dem SC Pfullendorf und den Stuttgarter Kickers beim indonesischen Spitzenteam Medan Bintang FC verantwortlich.

Im DFB.de-Interview mit Sven Winterschladen erzählt Feichtenbeiner von seinen Erfahrungen in Südostasien. Aber der Fußball-Lehrer hat auch ganz klare Vorstellung bezüglich seiner neuen Aufgabe in Deutschland: "Mit Wehen Wiesbaden muss es unser Ziel sein, die Rückkehr in die 2. Bundesliga zu schaffen."

DFB.de: Herr Feichtenbeiner, sind Sie froh, nach einigen Jahren im Ausland wieder in Deutschland zu sein?

Michael Feichtenbeiner: Ja, durchaus. Aber vor allem deshalb, weil ich mit meiner Tätigkeit als Sportdirektor beim SV Wehen Wiesbaden eine sehr interessante Aufgabe gefunden habe. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich des Auslands überdrüssig war. Ich habe das als absolutes Privileg empfunden, natürlich auch im Hinblick auf meine Lebenserfahrung. Diese Eindrücke kann mir keiner mehr nehmen. Es war unglaublich spannend in Malaysia, Indonesien und Schottland. Aber der Profifußball in Deutschland bis runter in die 3. Liga ist im Moment sicherlich top, viel besser geht es nicht. Und damit beziehe ich mich auf die ganze Welt. Es ist eine schöne Sache, jetzt wieder ein Teil davon sein zu dürfen.

DFB.de: Wie ist der Fußball in Indonesien, wo Sie zuletzt tätig waren?

Feichtenbeiner: Natürlich völlig anders als in Deutschland. Aber die Leute dort sind trotzdem total verrückt danach. Man darf nicht vergessen, dass da 240 Millionen Menschen leben, und Fußball ist Sportart Nummer eins. Die Zuschauerzahlen bei den Begegnungen waren riesig, teilweise waren 80.000 Fans im Stadion. Von den Strukturen innerhalb des Vereins jedoch steckt vieles noch in den Kinderschuhen. Da gibt es noch einiges nachzuholen. Eine Nachwuchsarbeit, wie wir sie kennen, gibt es dort wenig. Jugendfußball findet fast ausschließlich in den Schulen oder kommerziell über Betriebe statt. Daran krankt die Nachwuchsausbildung und das Vereinsleben. Man muss sich das nur mal überlegen: Bei uns gibt es bis in den kleinsten Ort fast überall einen Fußballverein, das ist schon sensationell. Das ist mit Asien in keiner Weise vergleichbar.

DFB.de: Wie ist das Niveau in Indonesien?

Feichtenbeiner: Ich war ja bei einem Erstligisten angestellt und habe es selbst erlebt. Die Spieler kommen mit 18 Jahren zu einem Verein. Sie sind dann technisch sehr stark, weil sie viel auf der Straße spielen. Schnell und quirlig sind sie sowieso. Aber körperlich sind sie oft gegenüber uns Europäern benachteiligt. Und taktisch haben sie ganz große Defizite.

DFB.de: Gibt es dort dennoch den einen oder anderen Spieler, der den SV Wehen Wiesbaden verstärken könnte?

Feichtenbeiner: Naja, vielleicht könnten die besten Nationalspieler für die 3. Liga interessant sein. Aber es bringt nichts, einen 28-jährigen Indonesier nach Deutschland zu holen, dafür fehlt taktisch zu viel. Das müsste mit 17 oder 18 Jahren geschehen, dann könnte das interessant sein. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die wirklich guten Spieler dort absolute Superstars sind. Die genießen Privilegien, wie bei uns ein Bastian Schweinsteiger oder Mario Götze. Vom Niveau her könnten die vielleicht Regionalliga spielen. Aber das macht keinen Unterschied. Die hängen trotzdem überlebensgroß an jeder zweiten Häuserwand. Warum sollten die dort ihr Paradies verlassen und nach Europa kommen?

DFB.de: Aber es gibt doch schon gute Japaner sogar in der Bundesliga.

Feichtenbeiner: Japan und China kann man mit Indonesien und Malaysia nicht vergleichen. Dort gibt es die viel besseren Spieler, weil die Ligen da qualitativ deutlich weiter sind. Auch Korea darf man dabei nicht vergessen. Mit Interesse habe ich festgestellt, dass der Hamburger SV im neuen Jahr nach Indonesien geht. Die Märkte in Südostasien können sicher interessant werden. Im Moment ist die englische Premier League dort omnipräsent. Die Kinder laufen mit Trikots von Manchester United oder dem FC Liverpool rum.

DFB.de: Wie ist der Stellenwert der Bundesliga in Indonesien?

Feichtenbeiner: Man nimmt die guten Champions-League-Ergebnisse der deutschen Mannschaften schon wahr. Trotzdem ist uns die Premier League dort deutlich voraus. Ein Beispiel: Ein indonesischer Jugendlicher kann vielleicht den ganzen Kader von West Bromwich Albion aufzählen. Aber er wird Mühe habe, drei deutsche Vereine zu nennen. Da müssten wir noch viel mehr machen, um präsenter zu werden. Denn es ist ja ganz klar, dass wir uns vor der Premier League schon lange nicht mehr verstecken müssen. Der deutsche Fußball ist Weltklasse, in allen Bereichen.

DFB.de: Wie ist der Bekanntheitsgrad der deutschen Nationalmannschaft in Indonesien?

Feichtenbeiner: Durch die Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 ist der Stellenwert schon etwas höher. Von diesem Event hat Deutschland extrem profitiert. Davon träumt man natürlich auch in Indonesien. Eine Teilnahme an einer Weltmeisterschaft wäre das Größte für das Land. Aber das ist meiner Meinung nach noch ein weiter Weg. Das ist eigentlich schade, denn die Menschen dort sind wirklich fußballverrückt.

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DFB.de: Wie war das Leben in Indonesien?

Feichtenbeiner: Sehr interessant. Man wird auf der Straße erkannt, weil die Medien sehr intensiv berichten. Ich habe mit meiner Familie in Medan gelebt und die Zeit dort sehr genossen. Das ist eine Drei-Millionen-Stadt. Es gibt allein dort zwanzig Tageszeitungen. Wir haben in einem abgeschlossenen Hochhauskomplex mitten in der Stadt gelebt, der auf einen fünfstöckigen Shopping Center gebaut wurde. Im diesem Gebäude integriert war außerdem ein riesiger Wellnessbereich. Ich habe in Deutschland noch nie so luxuriös gelebt.

DFB.de: Ist dann Wehen Wiesbaden auf den ersten Blick beschaulich?

Feichtenbeiner: Natürlich kann man das Leben dort nicht mit dem in Indonesien vergleichen. Aber auch Wiesbaden ist eine sehr schöne Stadt mit viel Lebensqualität. Und die sportliche Infrastruktur ist hervorragend. Wir haben tolle Möglichkeiten.

DFB.de: Was sind Ihre langfristigen Ziele?

Feichtenbeiner: Für einen Drittligisten haben wir ein überragendes Nachwuchs-Leistungszentrum. Da müssen wir mehr aus unseren Möglichkeiten machen, mehr Spieler aus der eigenen Jugendabteilung müssen den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Im Moment stehen dort drei Spieler unter Vertrag, das ist mir zu wenig. Da muss mehr kommen.

DFB.de: Und was ist dann mit der Mannschaft möglich? Schauen Sie nur auf den Klassenerhalt und auch Richtung Aufstieg in die 2. Bundesliga?

Feichtenbeiner: Die beiden vergangenen Jahre waren sportlich sicher nicht so toll. Und auch in dieser Saison sollten wir zusehen, möglichst schnell nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben. Aber vom finanziellen und wirtschaftlichen Hintergrund gehören wir bestimmt zu den Topvereinen der 3. Liga. Und sportlich ist das ebenfalls unser Ziel. Ich kenne auch die 2. Bundesliga. Es muss unser Anspruch sein, dorthin zurück zu kehren. Das ist keine utopische Träumerei. Aber das ist auch kein Selbstläufer. Wir müssen jetzt die richtigen Entscheidungen treffen.