Smail Morabit: Torjäger der etwas anderen Art

Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Urgestein. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison eine Menge Charakterköpfe zu bieten, Figuren und Protagonisten, die ihren Vereinen und der Liga Profil verleihen. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner neuen Serie vor. Heute: Rot-Weiß Erfurts Torjäger Smail Morabit.

Nach Smail Morabit könnte man die Uhr stellen. In der Regel ist der 24-Jährige als einer der Ersten beim Training des Drittligisten Rot-Weiß Erfurt anzutreffen. Pünktlichkeit schätzt der gebürtige Franzose mit marokkanischen Wurzeln also enorm. Eine "Punktlandung" hat der 1,78 Meter große Stürmer auch mit seinen Erfurtern hingelegt. Sieben Zähler hatte Trainer Alois Schwartz aus den vergangenen drei Partien gegen die direkten Konkurrenten Chemnitzer FC (3:2), SV Babelsberg 03 (1:1) und Darmstadt 98 (1:0) gefordert. Ein Plan, der vor allem dank zweier Treffer und einer Vorlage von Morabit exakt aufging.

Angesprochen auf den Aufschwung bei den Thüringern muss Smail Morabit, von seinen Mitspielern nur "Mora" gerufen, im Gespräch mit DFB.de kurz überlegen. Er sucht nach dem klassischen deutschen Wort dafür und kommt dann zunächst auf "Befreiungsschlag". Das passt: Immerhin haben die Thüringer nicht nur die "Rote Laterne" abgegeben, sondern auch die Abstiegsränge verlassen. "Die Aufbruchstimmung in Erfurt ist deutlich spürbar, davon müssen wir in den kommenden Wochen profitieren", sagt der mit fünf Toren treffsicherste Angreifer des Traditionsvereins.

"Ich bin konditionell erst bei 70 Prozent"

Mit den Partien gegen den FC Hansa Rostock am Samstag (ab 14 Uhr) und SV Wehen Wiesbaden am 1. Dezember stehen für den zweimaligen DDR-Meister gleich zwei Heimspiele in Folge an. Wie sieht der nächste Punkteplan aus? "Da wollen wir nach Möglichkeit mindestens vier Zähler holen", kündigt Smail Morabit mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen an. Damit würden "Mora" und Co. auch die von Präsident Rolf Rombach geforderte 20-Punkte-Marke zur Winterpause vorzeitig erreichen.

Bei diesem Vorhaben soll Morabit, der bei den Fans schon den Status einer "Lebensversicherung" erreicht hat, erneut eine gewichtige Rolle spielen und zu weiteren Höchstleistungen auflaufen. "Ich war nach dem 1:0 gegen Darmstadt richtig kaputt, bin konditionell erst bei 70 Prozent", wendet der Rechtsfuß ein und verweist auf seine längere Verletzungspause. Gleich zwei Muskelfaserrisse hatten "Mora" für mehrere Monate außer Gefecht gesetzt.

Die Gesichter der 3. Liga

Geduld nach Reha zahlt sich aus

In dieser Zeit musste Smail Morabit mit ansehen, wie Erfurt bis auf den letzten Tabellenplatz zurückgefallen und der bisherige Trainer Stefan Emmerling durch Alois Schwartz ersetzt worden war. Die RWE-Fans sehnten die Rückkehr ihres Hoffnungsträgers herbei, doch immer wieder forderte der 24-Jährige auch Geduld. "Wenn ich auf den Platz gehe, dann ohne Angst", sagt er und berichtet über seine Reha in einem speziellen Gesundheitszentrum in Neu-Isenburg: "Ursprünglich sollte der Heilungsprozess gar nicht so lange dauern. Doch aus Wochen wurden Monate. Für mich war es die schwerste Zeit seit Jahren."

Die Geduld zahlte sich für den Franzosen und Erfurt aus: Doppelpack gegen Chemnitz (3:2) innerhalb von vier Minuten, dazu die Vorlage zum entscheidenden 1:0-Siegtreffer durch Dominick Drexler in Darmstadt. "Wichtig war vor allem", betont Smail, "dass wir endlich einmal wieder zu Null gespielt haben." Wohlgemerkt: Das sind die Worte eines Stürmers.

Publikumsliebling Morabit - er rennt und ackert

Denn nicht nur seine Tore und Vorlagen machen Smail Morabit für die Erfurter Mannschaft so wichtig und bei den Fans zum Publikumsliebling, sondern auch seine Spielweise. "Mora" agiert hinter Sturmführer Mijo Tunjic als zurückgezogene Spitze. Doch im Spiel sozusagen taucht er fast überall auf: vorne auf der rechten Seite oder auch im Mittelfeld, wo er nach hinten arbeitet und viele Zweikämpfe für sich entscheidet. "Meine Devise ist es, 90 Minuten zu laufen und zu arbeiten", sagt Erfurts Nummer acht. "Wenn einer meiner Mitspieler den Ball an der Mittellinie den Ball verliert, bin ich schon da." Er sei eben ein "Torjäger der anderen Art".

Privat sieht sich Smail Morabit, dessen Mutter Zinba nach wie vor in Forbach an der deutsch-französischen Grenze (zehn Kilometer von Saarbrücken entfernt) lebt, als "ehrlichen Familienmenschen". Sein Motto: von Tag zu Tag leben. Deshalb hatte der 24-Jährige, zu dessen Hobbys auch Basketball oder Tennis gehören, auch nicht unbedingt mit einer Profikarriere gerechnet. Als Straßenfußballer begonnen, kickte er hobbymäßig bei US Forbach, einem unterklassigen Verein in seiner Heimat.

Kurioser Wechsel nach Köllerbach

Sein Wechsel zu den Sportfreunden Köllerbach im Jahr 2007 kam daher auch eher zufällig zustande. "Ich bin hauptsächlich wegen eines Jobs in einem Casino in Saarbrücken nach Deutschland gekommen, habe dann nach und nach mehr Lust auf Fußball entwickelt", sagt Smail Morabit rückblickend. Ein Probetraining brachte ihm nur ein Jahr später einen Vertrag beim damaligen Drittligisten Eintracht Braunschweig ein.

Nach zwei Spielzeiten bei den "Löwen" brach Smail Morabit seine Zelte in Niedersachsen trotz eines neuen Vertragsangebotes wieder ab. "Um ganz ehrlich zu sein: Ich hatte mich verpokert, habe aber daraus gelernt", gibt der Angreifer zu. "Es war der erste große Fehler in meiner Karriere." Denn bei seinem folgenden luxemburgischen Klub Fola Esch löste Morabit seinen Kontrakt bereits nach einer Woche wieder auf. Denn: "In Luxemburg gab es keine professionellen Bedingungen. Es hat überhaupt nicht zu mir gepasst."

In den Fokus von Zweitligisten gespielt

Getreu dem Motto "zurück zu den Wurzeln" kehrte Smail Morabit im September 2010 zunächst ins saarländische Köllerbach zurück. Wegen eines Bänderrisses kam er allerdings nur auf elf Einsätze in der Oberliga, bis ihn Erfurts Ex-Trainer Emmerling im Sommer 2011 zu den Rot-Weißen holte. "Mora" wohnt seitdem zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Joan Oumari in einer WG in Erfurt. Sportlich schlug er gleich in seiner ersten Saison ein, spielte sich durch jeweils neun Tore und Vorlagen auch in den Fokus einiger Zweitligisten.

Doch im Sommer entschied sich Smail Morabit, seinen bis 2013 laufenden Vertrag bei den Rot-Weißen zu erfüllen. "Der Verein hat mir klar gesagt, dass er mich um jeden Preis benötigt und nicht ziehen lassen will", sagt der Stürmer. Marcel Reichwein, seinen Mannschaftskollege aus der Vorsaison, zog es dagegen in Liga zwei zum VfR Aalen. Noch heute wehrt sich "Mora" gegen den Ruf des internen Nachfolgers von Torschützenkönig Reichwein, der 17 Treffer erzielt hatte. "Ich will so viele Tore wie möglich machen", so Morabit, "bin aber mehr Vorbereiter und Kämpfer." Ein Torjäger der anderen Art eben.

Das meinen DFB.de-User:

"Schöner Artikel. Schade, dass "Mora" wohl in Erfurt nicht zu halten sein wird. Ich hoffe, er bleibt wenigstens bis Ende der Saison." (Andreas Krüger, Erfurt)

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Es kann ein ehemaliger Nationalspieler sein. Oder ein Talent. Oder ein Trainer. Oder ein Urgestein. Die 3. Liga hat in ihrer fünften Saison eine Menge Charakterköpfe zu bieten, Figuren und Protagonisten, die ihren Vereinen und der Liga Profil verleihen. Sie sind die "Gesichter der 3. Liga". DFB.de stellt sie jeden Freitag in seiner neuen Serie vor. Heute: Rot-Weiß Erfurts Torjäger Smail Morabit.

Nach Smail Morabit könnte man die Uhr stellen. In der Regel ist der 24-Jährige als einer der Ersten beim Training des Drittligisten Rot-Weiß Erfurt anzutreffen. Pünktlichkeit schätzt der gebürtige Franzose mit marokkanischen Wurzeln also enorm. Eine "Punktlandung" hat der 1,78 Meter große Stürmer auch mit seinen Erfurtern hingelegt. Sieben Zähler hatte Trainer Alois Schwartz aus den vergangenen drei Partien gegen die direkten Konkurrenten Chemnitzer FC (3:2), SV Babelsberg 03 (1:1) und Darmstadt 98 (1:0) gefordert. Ein Plan, der vor allem dank zweier Treffer und einer Vorlage von Morabit exakt aufging.

Angesprochen auf den Aufschwung bei den Thüringern muss Smail Morabit, von seinen Mitspielern nur "Mora" gerufen, im Gespräch mit DFB.de kurz überlegen. Er sucht nach dem klassischen deutschen Wort dafür und kommt dann zunächst auf "Befreiungsschlag". Das passt: Immerhin haben die Thüringer nicht nur die "Rote Laterne" abgegeben, sondern auch die Abstiegsränge verlassen. "Die Aufbruchstimmung in Erfurt ist deutlich spürbar, davon müssen wir in den kommenden Wochen profitieren", sagt der mit fünf Toren treffsicherste Angreifer des Traditionsvereins.

"Ich bin konditionell erst bei 70 Prozent"

Mit den Partien gegen den FC Hansa Rostock am Samstag (ab 14 Uhr) und SV Wehen Wiesbaden am 1. Dezember stehen für den zweimaligen DDR-Meister gleich zwei Heimspiele in Folge an. Wie sieht der nächste Punkteplan aus? "Da wollen wir nach Möglichkeit mindestens vier Zähler holen", kündigt Smail Morabit mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen an. Damit würden "Mora" und Co. auch die von Präsident Rolf Rombach geforderte 20-Punkte-Marke zur Winterpause vorzeitig erreichen.

Bei diesem Vorhaben soll Morabit, der bei den Fans schon den Status einer "Lebensversicherung" erreicht hat, erneut eine gewichtige Rolle spielen und zu weiteren Höchstleistungen auflaufen. "Ich war nach dem 1:0 gegen Darmstadt richtig kaputt, bin konditionell erst bei 70 Prozent", wendet der Rechtsfuß ein und verweist auf seine längere Verletzungspause. Gleich zwei Muskelfaserrisse hatten "Mora" für mehrere Monate außer Gefecht gesetzt.

Die Gesichter der 3. Liga

Geduld nach Reha zahlt sich aus

In dieser Zeit musste Smail Morabit mit ansehen, wie Erfurt bis auf den letzten Tabellenplatz zurückgefallen und der bisherige Trainer Stefan Emmerling durch Alois Schwartz ersetzt worden war. Die RWE-Fans sehnten die Rückkehr ihres Hoffnungsträgers herbei, doch immer wieder forderte der 24-Jährige auch Geduld. "Wenn ich auf den Platz gehe, dann ohne Angst", sagt er und berichtet über seine Reha in einem speziellen Gesundheitszentrum in Neu-Isenburg: "Ursprünglich sollte der Heilungsprozess gar nicht so lange dauern. Doch aus Wochen wurden Monate. Für mich war es die schwerste Zeit seit Jahren."

Die Geduld zahlte sich für den Franzosen und Erfurt aus: Doppelpack gegen Chemnitz (3:2) innerhalb von vier Minuten, dazu die Vorlage zum entscheidenden 1:0-Siegtreffer durch Dominick Drexler in Darmstadt. "Wichtig war vor allem", betont Smail, "dass wir endlich einmal wieder zu Null gespielt haben." Wohlgemerkt: Das sind die Worte eines Stürmers.

Publikumsliebling Morabit - er rennt und ackert

Denn nicht nur seine Tore und Vorlagen machen Smail Morabit für die Erfurter Mannschaft so wichtig und bei den Fans zum Publikumsliebling, sondern auch seine Spielweise. "Mora" agiert hinter Sturmführer Mijo Tunjic als zurückgezogene Spitze. Doch im Spiel sozusagen taucht er fast überall auf: vorne auf der rechten Seite oder auch im Mittelfeld, wo er nach hinten arbeitet und viele Zweikämpfe für sich entscheidet. "Meine Devise ist es, 90 Minuten zu laufen und zu arbeiten", sagt Erfurts Nummer acht. "Wenn einer meiner Mitspieler den Ball an der Mittellinie den Ball verliert, bin ich schon da." Er sei eben ein "Torjäger der anderen Art".

Privat sieht sich Smail Morabit, dessen Mutter Zinba nach wie vor in Forbach an der deutsch-französischen Grenze (zehn Kilometer von Saarbrücken entfernt) lebt, als "ehrlichen Familienmenschen". Sein Motto: von Tag zu Tag leben. Deshalb hatte der 24-Jährige, zu dessen Hobbys auch Basketball oder Tennis gehören, auch nicht unbedingt mit einer Profikarriere gerechnet. Als Straßenfußballer begonnen, kickte er hobbymäßig bei US Forbach, einem unterklassigen Verein in seiner Heimat.

Kurioser Wechsel nach Köllerbach

Sein Wechsel zu den Sportfreunden Köllerbach im Jahr 2007 kam daher auch eher zufällig zustande. "Ich bin hauptsächlich wegen eines Jobs in einem Casino in Saarbrücken nach Deutschland gekommen, habe dann nach und nach mehr Lust auf Fußball entwickelt", sagt Smail Morabit rückblickend. Ein Probetraining brachte ihm nur ein Jahr später einen Vertrag beim damaligen Drittligisten Eintracht Braunschweig ein.

Nach zwei Spielzeiten bei den "Löwen" brach Smail Morabit seine Zelte in Niedersachsen trotz eines neuen Vertragsangebotes wieder ab. "Um ganz ehrlich zu sein: Ich hatte mich verpokert, habe aber daraus gelernt", gibt der Angreifer zu. "Es war der erste große Fehler in meiner Karriere." Denn bei seinem folgenden luxemburgischen Klub Fola Esch löste Morabit seinen Kontrakt bereits nach einer Woche wieder auf. Denn: "In Luxemburg gab es keine professionellen Bedingungen. Es hat überhaupt nicht zu mir gepasst."

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In den Fokus von Zweitligisten gespielt

Getreu dem Motto "zurück zu den Wurzeln" kehrte Smail Morabit im September 2010 zunächst ins saarländische Köllerbach zurück. Wegen eines Bänderrisses kam er allerdings nur auf elf Einsätze in der Oberliga, bis ihn Erfurts Ex-Trainer Emmerling im Sommer 2011 zu den Rot-Weißen holte. "Mora" wohnt seitdem zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Joan Oumari in einer WG in Erfurt. Sportlich schlug er gleich in seiner ersten Saison ein, spielte sich durch jeweils neun Tore und Vorlagen auch in den Fokus einiger Zweitligisten.

Doch im Sommer entschied sich Smail Morabit, seinen bis 2013 laufenden Vertrag bei den Rot-Weißen zu erfüllen. "Der Verein hat mir klar gesagt, dass er mich um jeden Preis benötigt und nicht ziehen lassen will", sagt der Stürmer. Marcel Reichwein, seinen Mannschaftskollege aus der Vorsaison, zog es dagegen in Liga zwei zum VfR Aalen. Noch heute wehrt sich "Mora" gegen den Ruf des internen Nachfolgers von Torschützenkönig Reichwein, der 17 Treffer erzielt hatte. "Ich will so viele Tore wie möglich machen", so Morabit, "bin aber mehr Vorbereiter und Kämpfer." Ein Torjäger der anderen Art eben.

Das meinen DFB.de-User:

"Schöner Artikel. Schade, dass "Mora" wohl in Erfurt nicht zu halten sein wird. Ich hoffe, er bleibt wenigstens bis Ende der Saison." (Andreas Krüger, Erfurt)