Neumann: "Für Boris spielen und gewinnen"

Wenn man drei Spiele in Folge gewinnt und auf Platz zwei klettert, darf man zufrieden sein. Wenn man drei Spiele in Folge gewinnt und dabei kein einziges Gegentor kassiert, darf man vor allem als Defensivspieler zufrieden sein. Erst recht, wenn man seine ersten drei Spiele über 90 Minuten für seinen neuen Verein bestritten hat. Also, klarer Fall: Sebastian Neumann ist zufrieden.

Der deutsche U 21-Nationalspieler hat nach wenigen Wochen Fuß gefasst beim VfL Osnabrück. Ende August hatte er Hertha BSC Berlin nach elf Jahren verlassen und sich für den Wechsel in die 3. Liga entschieden. Vor dem Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden am Freitag (ab 19 Uhr) spricht Sebastian Neumann im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband über die neue Situation, die U 21 und seinen schwer verunglückten Auswahlkollegen Boris Vukcevic.

DFB.de: Herr Neumann, was war das für ein Gefühl für Sie zuletzt im Spiel gegen Hansa Rostock, einen Tag nach dem schweren Unfall des U 21-Kollegen Boris Vukcevic auf dem Platz zu stehen?

Sebastian Neumann: Es war sehr komisch. Ich habe von dem Unfall freitags erfahren, als wir mit dem Bus unterwegs nach Rostock waren. Ich stand abends noch wie unter Schock, war sehr ruhig und wollte für mich alleine sein. Ich habe zu Boris einen sehr guten Kontakt. Ich hoffe sehr, dass er wieder gesund und ganz der Alte wird.

DFB.de: Wie war es im Spiel?

Neumann: Ich habe es während der 90 Minuten gut verdrängt und ordentlich in die Partie gefunden. Aber man hat es immer ein bisschen im Hinterkopf. Das habe ich auch bei unseren Toren gemerkt. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben, es war einfach anders.

DFB.de: Nächste Woche kommt die deutsche U 21 zusammen, sie bestreitet am 12. und 16. Oktober die Play-offs zur EM gegen die Schweiz.

Neumann: Ich denke schon, dass die Situation um Boris die Stimmung beeinflussen wird. Wir werden bestimmt verschiedene Gespräche führen. Es ist keine normale Situation, wenn jemand um sein Leben kämpft. Wir werden alle für Boris spielen und für Boris gewinnen.

DFB.de: Was bedeutet die U 21 für Sie?

Neumann: Ich freue mich über jede Einladung. Ich kann in der U 21 auf hohem Niveau sehr viel dazulernen - nicht zuletzt, weil ich in den vergangenen beiden Jahren im Verein nicht so oft gespielt habe.

DFB.de: Haben Sie Bedenken, dass Sie durch den Wechsel in die 3. Liga vielleicht aus dem Fokus der U 21-Nationalmannschaft geraten?

Neumann: Nein. Ich habe vorher mit Trainer Rainer Adrion gesprochen. Wir haben zusammen entschieden, dass der Wechsel nach Osnabrück ein guter Weg für mich ist. Ich wollte unbedingt spielen, das ist wichtig für meine Entwicklung. Außerdem ist der VfL kein typischer Drittligist. Mannschaft und Umfeld haben die Qualität für mehr. Und dass die 3. Liga durchaus im Fokus steht, sieht man am Beispiel Sascha Bigalke, der dann vom 1. FC Köln verpflichtet wurde.

DFB.de: Warum hat es für Sie bei der Hertha nicht zum Durchbruch gereicht?

Neumann: Wenn ich das wüsste… Ich habe in den beiden Jahren bei den Profis auf jeden Fall viel gelernt. Am Anfang war ich noch nicht soweit für die 2. Bundesliga. Später habe ich auf meine Chance gewartet und gehofft, aber sie leider nicht bekommen. Ich habe dem Verein Hertha BSC allerdings viel zu verdanken. Ich habe in meinen elf Jahren dort eine sehr gute Ausbildung genossen.

DFB.de: Osnabrück ist in der 3. Liga im Kommen und nach drei Zu-Null-Siegen innerhalb einer Woche auf den zweiten Platz geklettert. Was macht aktuell die Stärke der Mannschaft aus?

Neumann: Die mannschaftliche Geschlossenheit. Man spürt, dass sich jeder auf seinen Mitspieler verlassen kann. Dazu kommt die spielerische Qualität. Und alle spüren das Vertrauen des Trainers. Claus-Dieter Wollitz ist ein Trainer mit viel Leidenschaft, der den Fußball lebt. Das möchte er von den Spielern zurückgezahlt bekommen - zu Recht.

DFB.de: Was ist drin für den VfL in dieser Saison?

Neumann: Wir sollten nicht den Fehler machen, groß vom Aufstieg zu reden. Wir wollen erst einmal jedes einzelne Spiel mit Leidenschaft angehen und versuchen, oben Anschluss zu halten.