Michael Zeyer: Der etwas andere Sportdirektor

Die 3. Liga ist voll von besonderen Spielern. DFB.de stellt die "Gesichter der 3. Liga" in seiner Serie vor. Heute: Sportdirektor Michael Zeyer von den Stuttgarter Kickers.

Ein Fußballprofi kann seine Karriere irgendwo in der Wüste ausklingen lassen, und zum Abschluss seiner Laufbahn noch einmal ordentlich abkassieren. Oder er kann sich dafür entscheiden, seine letzte Saison bei Ungmennafélag Grindavíkur auf Island zu spielen, weil er Lust hat, einen Sommer auf der Vulkaninsel zu verbringen. Zugegeben, das ist eine eher unkonventionelle Entscheidung.

Der besagte Fußballprofi kann nach seiner Karriere "Business Administration" studieren, um einen Einstieg ins Fußballmanagement zu finden. Er kann diesen Kurs aber auch an der Uni von St. Petersburg absolvieren, weil er sich "schon immer für den Osten interessiert" hat. Zugegeben, auch das ist eine eher unkonventionelle Entscheidung.

Restaurantbesitzer und Fußballfachmann

Der Mann, der vor solchen unkonventionellen Entscheidungen nicht zurückschreckt, ist 45 Jahre alt, hat 315 Spiele in der Bundesliga und 2. Bundesliga absolviert, bekam aufgrund seiner technischen Fähigkeiten den Spitznamen "Zico" verpasst, führt nebenbei ein mit einem Michelinstern ausgezeichnetes Restaurant in Stuttgart und ist nun zum zweiten Mal Sportdirektor der Stuttgarter Kickers geworden. Der Mann heißt Michael Zeyer.

2010 übernahm er erstmals das Amt des Sportdirektors bei den Kickers, nur um den Posten ein Jahr später wieder an den Nagel zu hängen. Es gab einerseits zu viele Reibungsverluste mit seinem anderen Projekt: der Gründung eines Restaurants mit dem Namen "5" (gesprochen: "Five"). Zum anderen hatte Zeyer in seiner ersten Amtszeit damit zu kämpfen, dass zwar das Vereinspräsidium einen Sportlichen Leiter wollte, das Trainerteam um Dirk Schuster einen übergeordneten sportlichen Verantwortlichen aber nicht recht akzeptierte.

"Schon immer für einen Job im Fußball-Management interessiert"

Seit Mitte September ist der 45-jährige Zeyer nun wieder zurück als Sportdirektor des Drittligisten. Fragt sich, was heute anders ist als vor zwei Jahren? Zeyer: "Vor allem habe ich mich schon immer für einen Job im Fußball-Management interessiert. Ich habe den Fußball immer weiter beobachtet und im Management meine Zukunft gesehen."

Zum anderen hat Zeyer sein Restaurantprojekt mittlerweile erfolgreich verwirklicht. Das Tagesgeschäft führt jetzt seine Geschäftspartnerin Anja Dold.

Auch diesmal hatte der frühere Bundesligaprofi Zeyer mit Widerständen im Verein zu kämpfen. Seine erste Aufgabe als Sportlicher Leiter war die Suche nach einem Nachfolger für den Anfang September entlassenen Trainer Massimo Morales. Zeyers Vorschlag, seinen ehemaligen Duisburger Mannschaftskameraden Horst Steffen zu verpflichten, stieß vor allem bei Guido Buchwald, im Präsidium der Kickers für die sportlichen Belange zuständig, auf wenig Gegenliebe. Weil Buchwalds eigener Trainerkandidat Jürgen Hartmann nicht den Zuschlag bekam, legte der Ex-Weltmeister sein Amt nieder. Zeyer: "Durch meine Verpflichtung war klar, dass Guido Buchwald weniger Einfluss im operativen Bereich haben würde. Er wollte aber stärker involviert sein."

Konstanz als Zielsetzung

Diese Geschichte und die Tatsache, dass der neue Trainer Horst Steffen inklusive Interimslösungen mittlerweile der sechste Coach der Kickers seit Beginn der vergangenen Saison ist, illustrieren die Probleme der Kickers ziemlich gut. Deshalb ist sein Arbeitsauftrag auch eindeutig, so Zeyer: "Der Sportliche Leiter soll vor allem Konstanz reinbringen, das ist der ausdrückliche Wunsch des Präsidiums. Wir haben zu viele Spieler im Kader, weil zuletzt zu viele Trainer mit immer unterschiedlichen Wünschen die Mannschaft zusammengestellt haben. Ab sofort soll der Kader bewusster zusammengestellt werden."

Einfach wird das Projekt nicht, denn die Kickers haben zwar zu viele Akteuere unter Vertrag, aber trotzdem in einigen Bereichen Lücken. "Wir haben definitiv Disbalancen im Kader", stellt Zeyer fest. "In der Offensive sind wir eindeutig zu dünn aufgestellt. Unsere Möglichkeiten sind beschränkt, aber wir wollen uns noch punktuell verstärken."

Das Beste aus dem Kader soll der neue Trainer Horst Steffen herausholen. Wichtig ist dabei für Zeyer, dass der neue Coach seine Vorstellungen vom Fußball teilt. Wie Zeyer wurde Steffen, der zuletzt bei Borussia Mönchengladbach die U 19 betreute, geprägt durch seine Duisburger Zeit unter dem Anfang September verstorbenen Trainer Wolfgang Frank. "Frank hat - gerade was das Defensivverhalten und die Viererkette angeht - Pionierarbeit in Deutschland geleistet. Viele Trainer, die von ihm beeinflusst wurden, arbeiten sehr erfolgreich, zum Beispiel Jürgen Klopp und Torsten Lieberknecht", so Zeyer.

Team soll Struktur bekommen

Der Arbeitsauftrag für den Coach lautet: dem Team eine klar erkennbare Handschrift verpassen. Am vergangenen Wochenende feierten die Stuttgarter immerhin schon einmal ihren dritten Saisonsieg, auch wenn in der Offensive noch nicht alles wie gewünscht funktioniert. Mit zwölf Punkten aus 13 Spielen belegen die Degerlocher immer noch einen Abstiegsplatz.

Wenn der Trainer dem Team seinen Stempel aufdrücken kann, dann ist bei den Stuttgarter Kickers einiges möglich, glaubt Zeyer: "Der Verein ist gut geführt, hier gibt es hervorragende Bedingungen. Jetzt hängt alles von der sportlichen Leitung ab. Wenn wir die richtigen Leute am richtigen Ort sind, dann ist hier einiges möglich, auch dass der Verein irgendwann in der Zukunft mal wieder in der 2. Bundesliga oder Bundesliga spielt."

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg, von Platz 18 in der 3. Liga. Aber Michael Zeyer ist schließlich immer für eine Überraschung gut. Warum nicht auch in seinem neuen, alten Job.

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Die 3. Liga ist voll von besonderen Spielern. DFB.de stellt die "Gesichter der 3. Liga" in seiner Serie vor. Heute: Sportdirektor Michael Zeyer von den Stuttgarter Kickers.

Ein Fußballprofi kann seine Karriere irgendwo in der Wüste ausklingen lassen, und zum Abschluss seiner Laufbahn noch einmal ordentlich abkassieren. Oder er kann sich dafür entscheiden, seine letzte Saison bei Ungmennafélag Grindavíkur auf Island zu spielen, weil er Lust hat, einen Sommer auf der Vulkaninsel zu verbringen. Zugegeben, das ist eine eher unkonventionelle Entscheidung.

Der besagte Fußballprofi kann nach seiner Karriere "Business Administration" studieren, um einen Einstieg ins Fußballmanagement zu finden. Er kann diesen Kurs aber auch an der Uni von St. Petersburg absolvieren, weil er sich "schon immer für den Osten interessiert" hat. Zugegeben, auch das ist eine eher unkonventionelle Entscheidung.

Restaurantbesitzer und Fußballfachmann

Der Mann, der vor solchen unkonventionellen Entscheidungen nicht zurückschreckt, ist 45 Jahre alt, hat 315 Spiele in der Bundesliga und 2. Bundesliga absolviert, bekam aufgrund seiner technischen Fähigkeiten den Spitznamen "Zico" verpasst, führt nebenbei ein mit einem Michelinstern ausgezeichnetes Restaurant in Stuttgart und ist nun zum zweiten Mal Sportdirektor der Stuttgarter Kickers geworden. Der Mann heißt Michael Zeyer.

2010 übernahm er erstmals das Amt des Sportdirektors bei den Kickers, nur um den Posten ein Jahr später wieder an den Nagel zu hängen. Es gab einerseits zu viele Reibungsverluste mit seinem anderen Projekt: der Gründung eines Restaurants mit dem Namen "5" (gesprochen: "Five"). Zum anderen hatte Zeyer in seiner ersten Amtszeit damit zu kämpfen, dass zwar das Vereinspräsidium einen Sportlichen Leiter wollte, das Trainerteam um Dirk Schuster einen übergeordneten sportlichen Verantwortlichen aber nicht recht akzeptierte.

"Schon immer für einen Job im Fußball-Management interessiert"

Seit Mitte September ist der 45-jährige Zeyer nun wieder zurück als Sportdirektor des Drittligisten. Fragt sich, was heute anders ist als vor zwei Jahren? Zeyer: "Vor allem habe ich mich schon immer für einen Job im Fußball-Management interessiert. Ich habe den Fußball immer weiter beobachtet und im Management meine Zukunft gesehen."

Zum anderen hat Zeyer sein Restaurantprojekt mittlerweile erfolgreich verwirklicht. Das Tagesgeschäft führt jetzt seine Geschäftspartnerin Anja Dold.

Auch diesmal hatte der frühere Bundesligaprofi Zeyer mit Widerständen im Verein zu kämpfen. Seine erste Aufgabe als Sportlicher Leiter war die Suche nach einem Nachfolger für den Anfang September entlassenen Trainer Massimo Morales. Zeyers Vorschlag, seinen ehemaligen Duisburger Mannschaftskameraden Horst Steffen zu verpflichten, stieß vor allem bei Guido Buchwald, im Präsidium der Kickers für die sportlichen Belange zuständig, auf wenig Gegenliebe. Weil Buchwalds eigener Trainerkandidat Jürgen Hartmann nicht den Zuschlag bekam, legte der Ex-Weltmeister sein Amt nieder. Zeyer: "Durch meine Verpflichtung war klar, dass Guido Buchwald weniger Einfluss im operativen Bereich haben würde. Er wollte aber stärker involviert sein."

Konstanz als Zielsetzung

Diese Geschichte und die Tatsache, dass der neue Trainer Horst Steffen inklusive Interimslösungen mittlerweile der sechste Coach der Kickers seit Beginn der vergangenen Saison ist, illustrieren die Probleme der Kickers ziemlich gut. Deshalb ist sein Arbeitsauftrag auch eindeutig, so Zeyer: "Der Sportliche Leiter soll vor allem Konstanz reinbringen, das ist der ausdrückliche Wunsch des Präsidiums. Wir haben zu viele Spieler im Kader, weil zuletzt zu viele Trainer mit immer unterschiedlichen Wünschen die Mannschaft zusammengestellt haben. Ab sofort soll der Kader bewusster zusammengestellt werden."

Einfach wird das Projekt nicht, denn die Kickers haben zwar zu viele Akteuere unter Vertrag, aber trotzdem in einigen Bereichen Lücken. "Wir haben definitiv Disbalancen im Kader", stellt Zeyer fest. "In der Offensive sind wir eindeutig zu dünn aufgestellt. Unsere Möglichkeiten sind beschränkt, aber wir wollen uns noch punktuell verstärken."

Das Beste aus dem Kader soll der neue Trainer Horst Steffen herausholen. Wichtig ist dabei für Zeyer, dass der neue Coach seine Vorstellungen vom Fußball teilt. Wie Zeyer wurde Steffen, der zuletzt bei Borussia Mönchengladbach die U 19 betreute, geprägt durch seine Duisburger Zeit unter dem Anfang September verstorbenen Trainer Wolfgang Frank. "Frank hat - gerade was das Defensivverhalten und die Viererkette angeht - Pionierarbeit in Deutschland geleistet. Viele Trainer, die von ihm beeinflusst wurden, arbeiten sehr erfolgreich, zum Beispiel Jürgen Klopp und Torsten Lieberknecht", so Zeyer.

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Team soll Struktur bekommen

Der Arbeitsauftrag für den Coach lautet: dem Team eine klar erkennbare Handschrift verpassen. Am vergangenen Wochenende feierten die Stuttgarter immerhin schon einmal ihren dritten Saisonsieg, auch wenn in der Offensive noch nicht alles wie gewünscht funktioniert. Mit zwölf Punkten aus 13 Spielen belegen die Degerlocher immer noch einen Abstiegsplatz.

Wenn der Trainer dem Team seinen Stempel aufdrücken kann, dann ist bei den Stuttgarter Kickers einiges möglich, glaubt Zeyer: "Der Verein ist gut geführt, hier gibt es hervorragende Bedingungen. Jetzt hängt alles von der sportlichen Leitung ab. Wenn wir die richtigen Leute am richtigen Ort sind, dann ist hier einiges möglich, auch dass der Verein irgendwann in der Zukunft mal wieder in der 2. Bundesliga oder Bundesliga spielt."

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg, von Platz 18 in der 3. Liga. Aber Michael Zeyer ist schließlich immer für eine Überraschung gut. Warum nicht auch in seinem neuen, alten Job.