Marcus Piossek: Und es hat "Klick" gemacht

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Ein bisschen war es wie ein Rauswurf. Beim DFB-Stützpunkt in Lippstadt bekam Marcus Piossek, C-Junior mit erkennbarem Talent und erkennbarem Eigensinn, die Rote Karte gezeigt. Aber wie das so ist bei einem Platzverweis, irgendwann ist die Sperre abgelaufen. Nach vier Monaten war Piossek wieder zurück, "und von da an hatten wir alle viel Freude an ihm", sagt Stützpunkttrainer Hans Dannhausen.

Der Spieler erklärt, warum: "Es hat ,Klick' gemacht bei mir. Ich war damals ein ziemlicher Chaot, es war sicher nicht immer leicht mit mir. Diese Geschichte machte mir klar, dass ich mich ändern musste. Fußball ist eben kein Einzelsport."

Düsseldorf war interessiert

Die Entwicklung hat gezeigt, dass sein Entschluss und dessen Umsetzung ganz offensichtlich richtig waren. Mit 21 ist Marcus Piossek Fußballprofi, 3. Liga, Tendenz steigend. Bei Rot Weiss Ahlen ist er vom anfänglich unbekannten Zugang zum unumstrittenen Stammspieler geworden, hat als Mittelfeldspieler immerhin schon sechs Tore erzielt.

Und auf sich aufmerksam gemacht. Im Winter wurde das Interesse von Fortuna Düsseldorf publik, doch Piossek ist in Ahlen geblieben und kämpft mit dem Klub aus dem Münsterland darum, die Klasse zu halten. "Dafür arbeite ich jeden Tag hier. Für den Verein wäre es enorm wichtig, in der 3. Liga zu bleiben", sagt er. Und betont dabei "den Verein".

Ausgebildet, wo einst Rummenigges spielten

Sein Verein, das ist seit einem halben Jahr Rot Weiss Ahlen. Ganz am Anfang, er war vier Jahre alt, hatte Piossek einen Spielerpass des SC Lippstadt. Bruder Damian kickte auch dort, und der nahm den zwei Jahre jüngeren Marcus einfach mit. Vier Jahre später schloss sich der jüngere der Piossek-Brüder dem Lokalrivalen SV Lippstadt 08 an. Bei dessen Vorgängerverein Borussia hatten einst Karl-Heinz und Michael Rummenigge mit dem Fußballspielen begonnen.

Beim SV 08 wurde der damals 13-Jährige Piossek für den DFB-Stützpunkt entdeckt, wo er sportlich sofort einschlug und sich menschlich, auch dank erwähnter Denkpause, weiterentwickelte. "Das war ganz sicher genau so wichtig", sagt er.

Stolz im BVB-Trikot - sechs Jahre lang

Einladungen zur Westfalen-Auswahl folgten, und bei einem Turnier in Kaiserau sichteten Scouts von Borussia Dortmund den talentierten Mittelfeldspieler. Dreimal trainierte er zur Probe beim BVB, dann wurde der Wechsel besiegelt. "Ich war schon immer Dortmund-Fan", sagt Piossek. "Das Trikot zum ersten Mal als Spieler und nicht als Fan zu tragen, das war schon ein großes Gefühl."

Und er erlebte es, von der B 2-Jugend an, sechs Jahre lang an jedem Wochenende. Denn draußen saß er praktisch nie. "Jedes Spiel war im Grunde immer aufs Neue ein Casting", sagt er. "Denn man wollte sich neu empfehlen, fürs nächste Spiel und für die nächste Saison."

Das gelang ihm bei den Junioren, und schließlich schaffte er den Sprung zu Senioren. Zuvor hatte er noch ein anderes Ziel erreicht: Mit dem Fachabitur verließ er die Schule. Mit der zweiten Mannschaft stieg er gleich im ersten Jahr von der Regionalliga West in die 3. Liga auf.

Erst für Deutschland, dann für Polen

Piossek musste sich zunächst gedulden, doch kurz vor der Winterpause spielte er gegen Preußen Münster erstmals von Beginn, spätestens von da an war er eine feste Größe in den Planungen von Trainer Theo Schneider, der auch auf den Offensivmann baute, als der BVB-Nachwuchs in die 3. Liga vorstieß.

Im Oktober 2009 berief ihn DFB-Trainer Steffen Freund für das Spiel gegen die Schweiz in die U 20-Nationalmannschaft. Sechs Minuten vor Schluss wurde Piossek für den Kölner Taner Yalcin eingewechselt, Deutschland verlor mit 2:3. "Eine tolle Erfahrung", sagt er. Es blieb jedoch sein letzter Einsatz für Deutschland.

Denn kurz danach bekam er eine Einladung für die polnische U 21. "Meine Eltern kommen aus Polen, zu Hause sprechen wir polnisch", sagt Piossek. "Es war eine schwierige Entscheidung, und obwohl ich in Deutschland geboren wurde, fühle ich mich doch eher als Pole." Für den Nachwuchs des Nachbarlands kam er bislang einmal zum Einsatz. "Der Kontakt ist aber nach wie vor da", sagt der 21-Jährige.

Abgestiegen - und doch drin geblieben

Bei der Borussia trainierte Piossek bisweilen auch mit den Profis. Trainer Jürgen Klopp bescheinigte ihm starke Offensivqualitäten, "aber in der Abwehrarbeit, da sah er Defizite". Ob er Recht damit hatte? "Ja, schon", sagt Piossek. "Und daran arbeite ich natürlich."

Der Sprung ins "große" BVB-Team blieb ihm verwehrt. Stattdessen gehörte er zu den Leistungsträgern in der zweiten Mannschaft. Mit dieser verpasste er jedoch den angepeilten Klassenverbleib. Piossek stieg trotzdem nicht ab. Es gab Anfragen von Zweitligisten, auch von Klubs aus der 3. Liga. Die Wahl fiel schließlich auf Rot Weiss Ahlen, das sich nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga im Neuaufbau befand.

"Riesiges Potenzial"

"Marcus ist ein Spieler mit riesigem Potenzial. Er hat einen starken Drang zum Tor, ist enorm ballsicher und technisch sehr versiert", sagt Ahlens Trainer Arie van Lent. "Wenn er ein wenig mehr Konstanz in seine Leistungen bekommt und manchmal im Spiel auch mal die einfacheren Wege geht, mache ich mir um seine fußballerische Zukunft keine Sorgen."

Piossek stand schon am ersten Spieltag in der Startelf und auch danach im Grunde immer. "Es war die richtige Entscheidung, nach Ahlen zu gehen. Die Monate hier haben mir jetzt schon viel gebracht. Es ist auch etwas anderes, ob man in einer Ersten oder Zweiten Mannschaft spielt", sagt er. "Liga zwei wäre im Sommer vielleicht auch etwas zu früh gekommen."

Abstiegskampf mit Ahlen

Seine Leistungen haben ihn mittlerweile bestätigt: Nächste Saison könnte es eine Liga höher gehen. "Jeder will doch so hoch spielen wie möglich", sagt Piossek. Und dass ihn seine Karriere auch noch in die Bundesliga führen soll, das verheimlicht er auch nicht: "Es ist doch wichtig, dass man etwas hat, das einen antreibt."

Zukunftsmusik. Die Gegenwart heißt Ahlen, heißt 3. Liga, heißt Abstiegskampf. Die Ahlener starteten durchwachsen in die Saison, um dann kräftig zuzulegen. Im Moment läuft es aber wieder nicht so gut. "Hoffentlich kriegen wir bald die Kurve", sagt Piossek.

Dabei hält er nur wenige Mannschaften in der Liga für spielstärker, "aber nur mit schönem Spiel kommst du halt auch nicht weiter." Seine Prognose ist dennoch klar positiv: "Wir werden uns irgendwo im Mittelfeld einpendeln. Wir sind kein Absteiger." Und er ganz sicher sowieso nicht.

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

Ein bisschen war es wie ein Rauswurf. Beim DFB-Stützpunkt in Lippstadt bekam Marcus Piossek, C-Junior mit erkennbarem Talent und erkennbarem Eigensinn, die Rote Karte gezeigt. Aber wie das so ist bei einem Platzverweis, irgendwann ist die Sperre abgelaufen. Nach vier Monaten war Piossek wieder zurück, "und von da an hatten wir alle viel Freude an ihm", sagt Stützpunkttrainer Hans Dannhausen.

Der Spieler erklärt, warum: "Es hat ,Klick' gemacht bei mir. Ich war damals ein ziemlicher Chaot, es war sicher nicht immer leicht mit mir. Diese Geschichte machte mir klar, dass ich mich ändern musste. Fußball ist eben kein Einzelsport."

Düsseldorf war interessiert

Die Entwicklung hat gezeigt, dass sein Entschluss und dessen Umsetzung ganz offensichtlich richtig waren. Mit 21 ist Marcus Piossek Fußballprofi, 3. Liga, Tendenz steigend. Bei Rot Weiss Ahlen ist er vom anfänglich unbekannten Zugang zum unumstrittenen Stammspieler geworden, hat als Mittelfeldspieler immerhin schon sechs Tore erzielt.

Und auf sich aufmerksam gemacht. Im Winter wurde das Interesse von Fortuna Düsseldorf publik, doch Piossek ist in Ahlen geblieben und kämpft mit dem Klub aus dem Münsterland darum, die Klasse zu halten. "Dafür arbeite ich jeden Tag hier. Für den Verein wäre es enorm wichtig, in der 3. Liga zu bleiben", sagt er. Und betont dabei "den Verein".

Ausgebildet, wo einst Rummenigges spielten

Sein Verein, das ist seit einem halben Jahr Rot Weiss Ahlen. Ganz am Anfang, er war vier Jahre alt, hatte Piossek einen Spielerpass des SC Lippstadt. Bruder Damian kickte auch dort, und der nahm den zwei Jahre jüngeren Marcus einfach mit. Vier Jahre später schloss sich der jüngere der Piossek-Brüder dem Lokalrivalen SV Lippstadt 08 an. Bei dessen Vorgängerverein Borussia hatten einst Karl-Heinz und Michael Rummenigge mit dem Fußballspielen begonnen.

Beim SV 08 wurde der damals 13-Jährige Piossek für den DFB-Stützpunkt entdeckt, wo er sportlich sofort einschlug und sich menschlich, auch dank erwähnter Denkpause, weiterentwickelte. "Das war ganz sicher genau so wichtig", sagt er.

Stolz im BVB-Trikot - sechs Jahre lang

Einladungen zur Westfalen-Auswahl folgten, und bei einem Turnier in Kaiserau sichteten Scouts von Borussia Dortmund den talentierten Mittelfeldspieler. Dreimal trainierte er zur Probe beim BVB, dann wurde der Wechsel besiegelt. "Ich war schon immer Dortmund-Fan", sagt Piossek. "Das Trikot zum ersten Mal als Spieler und nicht als Fan zu tragen, das war schon ein großes Gefühl."

Und er erlebte es, von der B 2-Jugend an, sechs Jahre lang an jedem Wochenende. Denn draußen saß er praktisch nie. "Jedes Spiel war im Grunde immer aufs Neue ein Casting", sagt er. "Denn man wollte sich neu empfehlen, fürs nächste Spiel und für die nächste Saison."

Das gelang ihm bei den Junioren, und schließlich schaffte er den Sprung zu Senioren. Zuvor hatte er noch ein anderes Ziel erreicht: Mit dem Fachabitur verließ er die Schule. Mit der zweiten Mannschaft stieg er gleich im ersten Jahr von der Regionalliga West in die 3. Liga auf.

Erst für Deutschland, dann für Polen

Piossek musste sich zunächst gedulden, doch kurz vor der Winterpause spielte er gegen Preußen Münster erstmals von Beginn, spätestens von da an war er eine feste Größe in den Planungen von Trainer Theo Schneider, der auch auf den Offensivmann baute, als der BVB-Nachwuchs in die 3. Liga vorstieß.

Im Oktober 2009 berief ihn DFB-Trainer Steffen Freund für das Spiel gegen die Schweiz in die U 20-Nationalmannschaft. Sechs Minuten vor Schluss wurde Piossek für den Kölner Taner Yalcin eingewechselt, Deutschland verlor mit 2:3. "Eine tolle Erfahrung", sagt er. Es blieb jedoch sein letzter Einsatz für Deutschland.

Denn kurz danach bekam er eine Einladung für die polnische U 21. "Meine Eltern kommen aus Polen, zu Hause sprechen wir polnisch", sagt Piossek. "Es war eine schwierige Entscheidung, und obwohl ich in Deutschland geboren wurde, fühle ich mich doch eher als Pole." Für den Nachwuchs des Nachbarlands kam er bislang einmal zum Einsatz. "Der Kontakt ist aber nach wie vor da", sagt der 21-Jährige.

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Abgestiegen - und doch drin geblieben

Bei der Borussia trainierte Piossek bisweilen auch mit den Profis. Trainer Jürgen Klopp bescheinigte ihm starke Offensivqualitäten, "aber in der Abwehrarbeit, da sah er Defizite". Ob er Recht damit hatte? "Ja, schon", sagt Piossek. "Und daran arbeite ich natürlich."

Der Sprung ins "große" BVB-Team blieb ihm verwehrt. Stattdessen gehörte er zu den Leistungsträgern in der zweiten Mannschaft. Mit dieser verpasste er jedoch den angepeilten Klassenverbleib. Piossek stieg trotzdem nicht ab. Es gab Anfragen von Zweitligisten, auch von Klubs aus der 3. Liga. Die Wahl fiel schließlich auf Rot Weiss Ahlen, das sich nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga im Neuaufbau befand.

"Riesiges Potenzial"

"Marcus ist ein Spieler mit riesigem Potenzial. Er hat einen starken Drang zum Tor, ist enorm ballsicher und technisch sehr versiert", sagt Ahlens Trainer Arie van Lent. "Wenn er ein wenig mehr Konstanz in seine Leistungen bekommt und manchmal im Spiel auch mal die einfacheren Wege geht, mache ich mir um seine fußballerische Zukunft keine Sorgen."

Piossek stand schon am ersten Spieltag in der Startelf und auch danach im Grunde immer. "Es war die richtige Entscheidung, nach Ahlen zu gehen. Die Monate hier haben mir jetzt schon viel gebracht. Es ist auch etwas anderes, ob man in einer Ersten oder Zweiten Mannschaft spielt", sagt er. "Liga zwei wäre im Sommer vielleicht auch etwas zu früh gekommen."

Abstiegskampf mit Ahlen

Seine Leistungen haben ihn mittlerweile bestätigt: Nächste Saison könnte es eine Liga höher gehen. "Jeder will doch so hoch spielen wie möglich", sagt Piossek. Und dass ihn seine Karriere auch noch in die Bundesliga führen soll, das verheimlicht er auch nicht: "Es ist doch wichtig, dass man etwas hat, das einen antreibt."

Zukunftsmusik. Die Gegenwart heißt Ahlen, heißt 3. Liga, heißt Abstiegskampf. Die Ahlener starteten durchwachsen in die Saison, um dann kräftig zuzulegen. Im Moment läuft es aber wieder nicht so gut. "Hoffentlich kriegen wir bald die Kurve", sagt Piossek.

Dabei hält er nur wenige Mannschaften in der Liga für spielstärker, "aber nur mit schönem Spiel kommst du halt auch nicht weiter." Seine Prognose ist dennoch klar positiv: "Wir werden uns irgendwo im Mittelfeld einpendeln. Wir sind kein Absteiger." Und er ganz sicher sowieso nicht.