KSC-Manager Kreuzer: "Der Aufstieg ist existenziell wichtig"

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Vor einem Jahr Katzenjammer, jetzt Freudentaumel: Der Karlsruher SC hat den Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga geschafft. Nach einem Fehlstart mit sechs sieglosen Spielen fanden die Badener in die Spur und holten anschließend 72 Punkte aus 31 Partien. Vor dem letzten Spieltag ist der KSC nicht mehr von einem Aufstiegsplatz zu verdrängen.

Einer der Architekten des Erfolges ist Manager Oliver Kreuzer. Der ehemalige Bundesligaprofi (282 Spiele für Karlsruhe und den FC Bayern München) bastelte nach dem Abstieg mit Trainer Markus Kauczinski eine komplett neue Mannschaft zusammen. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Kreuzer (47) über Drucksituationen, die Planungen für die 2. Bundesliga, über Shootingstar Hakan Calhanoglu und die hohen Ziele seines Präsidenten.

DFB.de: Herr Kreuzer, der KSC hat es geschafft. Pure Freude oder in erster Linie Erleichterung?

Oliver Kreuzer: Beides. Wenn ein Traditionsverein wie der KSC in die 3. Liga absteigt, kann es nur ein Ziel geben, der sofortige Wiederaufstieg. Diesen Druck hatten wir uns von Beginn an selbst auferlegt. Zu Beginn hatten wir einige Schwierigkeiten, trotzdem haben wir die Ruhe bewahrt. Der Aufstieg ist existenziell wichtig für den Verein. Der KSC braucht die 2. Bundesliga. Ein weiteres Jahr in der 3. Liga hätte starke Einschnitte bedeutet.

DFB.de: Aus Ihrer Zeit als Profi beim FC Bayern und als Manager in Basel und Salzburg sind Sie hohe Drucksituationen gewohnt. Wie haben Sie den Druck in Karlsruhe empfunden?

Kreuzer: Wenn man etwas gewinnen kann, ist das positiver Druck. Daraus kann man Stärke entwickeln. Vergangenes Jahr im Abstiegskampf hatten wir negativen Druck, das war eine andere Situation. Vor dieser Saison haben wir ganz klar den Wiederaufstieg als Ziel deklariert, wir haben uns bewusst selbst unter Zugzwang gesetzt. Die Konkurrenten waren vorsichtiger, obwohl einige von ihnen ebenfalls einen hohen wirtschaftlichen Druck haben. Ich wusste, dass unsere Mannschaft top ist. Darum war ich mir trotz des mäßigen Starts auch sicher, dass wir die Kurve kriegen. Die Frage war nur, wann. Glücklicherweise ist der Turnaround zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Es hätte nicht viel länger dauern dürfen, sonst wäre der Rückstand zu groß geworden.

DFB.de: Was haben Sie nach sechs Spieltagen gedacht, als der KSC noch ohne Sieg war?

Kreuzer: Ob es keinen Fußballgott gibt! Im Ernst, entscheidend war, dass wir dem Trainerteam und der Mannschaft weiter großes Vertrauen geschenkt haben. Ich habe täglich die Qualität der Mannschaft gesehen. Es ist ja nicht so, dass wir in den ersten Spielen katastrophal aufgetreten wären. Wir haben am ersten Spieltag in Heidenheim bis zur 80. Minute 2:0 geführt und spielen dann noch 2:2. Anschließend sind wir gegen Halle und Bielefeld drückend überlegen und gehen leer aus. Uns haben in dieser Phase einfach die Resultate gefehlt.

DFB.de: Wie haben Verein und Mannschaft die Kurve bekommen?

Kreuzer: Wir hatten ein Verbandspokalspiel in Neckarelz, gegen einen Oberligisten. Wir haben uns schwer getan, glanzlos mit 2:0 gewonnen. So blöd sich das anhört, aber das war ein wichtiges Gefühl, mal wieder eine Heimfahrt als Gewinner anzutreten. Drei Tage später haben wir den Hamburger SV aus dem DFB-Pokal geworfen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch kein Punktspiel gewonnen, das waren zwei Aha-Erlebnisse. In den nächsten 26 Spielen haben wir in der Liga nur noch einmal verloren.

DFB.de: In der vergangenen Saison wurde der SV Sandhausen mit 66 Punkten Meister. Karlsruhe und Bielefeld haben jetzt als Aufsteiger 76 Punkte. Der 1. FC Heidenheim steht als Tabellendritter bei 71 Punkten und hat die Relegationsteilnahme längst nicht sicher. Wie hart war die 3. Liga in dieser Saison?

Kreuzer: Die Zahlen zeigen, wie schwer es war, in dieser Saison aufzusteigen. Die 66 Punkte von Sandhausen hatten wir ja schon am sechstletzten Spieltag. Der Druck war bis zum Schluss extrem. Die ersten fünf Teams haben sozusagen in ihrer eigenen Liga gespielt, das spricht für das hohe Niveau der Spitzengruppe. Wir wussten, dass wir einen langen Atem benötigen.

DFB.de: Vor einem Jahr erfolgte in Karlsruhe ein radikaler personeller Umbruch. Wie sehen die Planungen nach dem Aufstieg aus?

Kreuzer: Wir werden nicht wieder 18 neue Spieler holen. Wir haben Qualität, wir haben eine Mannschaft mit Entwicklungspotenzial, aber wir werden natürlich nachjustieren mit fünf, sechs gezielten Verstärkungen. Wir wollen und müssen das Gesamtniveau anheben für die 2. Bundesliga.

DFB.de: Mit Hakan Calhanoglu verlieren Sie eine tragende Säule. Er ist mit 16 Treffern bester Torschütze und herausragend bei Standardsituationen. Wie soll das zu kompensieren sein?

Kreuzer: Ich bin der Meinung, einen einzigen Spieler muss man immer kompensieren können. Hakan ist natürlich ein außergewöhnlicher Spieler und hat großen Anteil am Aufstieg. Seine Qualität bei Standardsituationen stellt internationale Klasse dar. Ihn eins zu eins zu ersetzen, ist deswegen nicht möglich. Oder man gibt fünf Millionen für einen Spieler aus. Als Spieler müssen wir ihn über das Kollektiv auffangen.

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DFB.de: Ist Calhanoglu auch Ihr Spieler der Saison?

Kreuzer: Ja. Wir haben mit Koen van der Biezen einen starken Torjäger, in der Defensive war Jan Mauersberger immer präsent. Aber wenn man einen Spieler besonders heraushebt in dieser Saison, dann Hakan. Der Junge ist auch charakterlich große Klasse. Wie er sich reingekniet hat, obwohl er längst einen Vertrag beim Hamburger SV hat, davor ziehe ich den Hut. Nach der Partie gegen Rostock am Samstag hat er am Sonntag nochmal 90 Minuten in der A-Jugend gespielt, weil es dort darum ging, den Abstieg aus der Bundesliga zu verhindern. Die Jungs haben 1:0 gegen Nürnberg gewonnen. Der HSV kann sich auf einen tollen Spieler mit einer tollen Einstellung freuen.

DFB.de: Ihr Präsident Ingo Wellenreuther hat die Messlatte gleich hoch gelegt. Er hat kurz nach dem Abpfiff am Samstag gesagt, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren die Bundesliga das Ziel in Karlsruhe ist.

Kreuzer: So sind die Präsidenten, die dürfen das. Ich bin froh, dass er im Freudentaumel nicht den Gewinn der Champions League ausgerufen hat (lacht). Ich bin zu lange dabei, um solche Rechnungen aufzustellen. Wir dürfen nicht vergessen, wie schwer die 2. Bundesliga ist. Dynamo Dresden, VfL Bochum, FC St. Pauli, MSV Duisburg – sie alle haben in dieser Saison ums Überleben gekämpft. Wir tun gut daran, uns erst einmal wirtschaftlich zu konsolidieren. Ich hoffe, dass endlich der Startschuss für unser neues Stadion fällt. Das wäre die Basis, um irgendwann die Bundesliga ins Auge zu fassen. Die ersten Gespräche mit der Stadt dieser Tage waren sehr positiv.

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Vor einem Jahr Katzenjammer, jetzt Freudentaumel: Der Karlsruher SC hat den Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga geschafft. Nach einem Fehlstart mit sechs sieglosen Spielen fanden die Badener in die Spur und holten anschließend 72 Punkte aus 31 Partien. Vor dem letzten Spieltag ist der KSC nicht mehr von einem Aufstiegsplatz zu verdrängen.

Einer der Architekten des Erfolges ist Manager Oliver Kreuzer. Der ehemalige Bundesligaprofi (282 Spiele für Karlsruhe und den FC Bayern München) bastelte nach dem Abstieg mit Trainer Markus Kauczinski eine komplett neue Mannschaft zusammen. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband spricht Kreuzer (47) über Drucksituationen, die Planungen für die 2. Bundesliga, über Shootingstar Hakan Calhanoglu und die hohen Ziele seines Präsidenten.

DFB.de: Herr Kreuzer, der KSC hat es geschafft. Pure Freude oder in erster Linie Erleichterung?

Oliver Kreuzer: Beides. Wenn ein Traditionsverein wie der KSC in die 3. Liga absteigt, kann es nur ein Ziel geben, der sofortige Wiederaufstieg. Diesen Druck hatten wir uns von Beginn an selbst auferlegt. Zu Beginn hatten wir einige Schwierigkeiten, trotzdem haben wir die Ruhe bewahrt. Der Aufstieg ist existenziell wichtig für den Verein. Der KSC braucht die 2. Bundesliga. Ein weiteres Jahr in der 3. Liga hätte starke Einschnitte bedeutet.

DFB.de: Aus Ihrer Zeit als Profi beim FC Bayern und als Manager in Basel und Salzburg sind Sie hohe Drucksituationen gewohnt. Wie haben Sie den Druck in Karlsruhe empfunden?

Kreuzer: Wenn man etwas gewinnen kann, ist das positiver Druck. Daraus kann man Stärke entwickeln. Vergangenes Jahr im Abstiegskampf hatten wir negativen Druck, das war eine andere Situation. Vor dieser Saison haben wir ganz klar den Wiederaufstieg als Ziel deklariert, wir haben uns bewusst selbst unter Zugzwang gesetzt. Die Konkurrenten waren vorsichtiger, obwohl einige von ihnen ebenfalls einen hohen wirtschaftlichen Druck haben. Ich wusste, dass unsere Mannschaft top ist. Darum war ich mir trotz des mäßigen Starts auch sicher, dass wir die Kurve kriegen. Die Frage war nur, wann. Glücklicherweise ist der Turnaround zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Es hätte nicht viel länger dauern dürfen, sonst wäre der Rückstand zu groß geworden.

DFB.de: Was haben Sie nach sechs Spieltagen gedacht, als der KSC noch ohne Sieg war?

Kreuzer: Ob es keinen Fußballgott gibt! Im Ernst, entscheidend war, dass wir dem Trainerteam und der Mannschaft weiter großes Vertrauen geschenkt haben. Ich habe täglich die Qualität der Mannschaft gesehen. Es ist ja nicht so, dass wir in den ersten Spielen katastrophal aufgetreten wären. Wir haben am ersten Spieltag in Heidenheim bis zur 80. Minute 2:0 geführt und spielen dann noch 2:2. Anschließend sind wir gegen Halle und Bielefeld drückend überlegen und gehen leer aus. Uns haben in dieser Phase einfach die Resultate gefehlt.

DFB.de: Wie haben Verein und Mannschaft die Kurve bekommen?

Kreuzer: Wir hatten ein Verbandspokalspiel in Neckarelz, gegen einen Oberligisten. Wir haben uns schwer getan, glanzlos mit 2:0 gewonnen. So blöd sich das anhört, aber das war ein wichtiges Gefühl, mal wieder eine Heimfahrt als Gewinner anzutreten. Drei Tage später haben wir den Hamburger SV aus dem DFB-Pokal geworfen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch kein Punktspiel gewonnen, das waren zwei Aha-Erlebnisse. In den nächsten 26 Spielen haben wir in der Liga nur noch einmal verloren.

DFB.de: In der vergangenen Saison wurde der SV Sandhausen mit 66 Punkten Meister. Karlsruhe und Bielefeld haben jetzt als Aufsteiger 76 Punkte. Der 1. FC Heidenheim steht als Tabellendritter bei 71 Punkten und hat die Relegationsteilnahme längst nicht sicher. Wie hart war die 3. Liga in dieser Saison?

Kreuzer: Die Zahlen zeigen, wie schwer es war, in dieser Saison aufzusteigen. Die 66 Punkte von Sandhausen hatten wir ja schon am sechstletzten Spieltag. Der Druck war bis zum Schluss extrem. Die ersten fünf Teams haben sozusagen in ihrer eigenen Liga gespielt, das spricht für das hohe Niveau der Spitzengruppe. Wir wussten, dass wir einen langen Atem benötigen.

DFB.de: Vor einem Jahr erfolgte in Karlsruhe ein radikaler personeller Umbruch. Wie sehen die Planungen nach dem Aufstieg aus?

Kreuzer: Wir werden nicht wieder 18 neue Spieler holen. Wir haben Qualität, wir haben eine Mannschaft mit Entwicklungspotenzial, aber wir werden natürlich nachjustieren mit fünf, sechs gezielten Verstärkungen. Wir wollen und müssen das Gesamtniveau anheben für die 2. Bundesliga.

DFB.de: Mit Hakan Calhanoglu verlieren Sie eine tragende Säule. Er ist mit 16 Treffern bester Torschütze und herausragend bei Standardsituationen. Wie soll das zu kompensieren sein?

Kreuzer: Ich bin der Meinung, einen einzigen Spieler muss man immer kompensieren können. Hakan ist natürlich ein außergewöhnlicher Spieler und hat großen Anteil am Aufstieg. Seine Qualität bei Standardsituationen stellt internationale Klasse dar. Ihn eins zu eins zu ersetzen, ist deswegen nicht möglich. Oder man gibt fünf Millionen für einen Spieler aus. Als Spieler müssen wir ihn über das Kollektiv auffangen.

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DFB.de: Ist Calhanoglu auch Ihr Spieler der Saison?

Kreuzer: Ja. Wir haben mit Koen van der Biezen einen starken Torjäger, in der Defensive war Jan Mauersberger immer präsent. Aber wenn man einen Spieler besonders heraushebt in dieser Saison, dann Hakan. Der Junge ist auch charakterlich große Klasse. Wie er sich reingekniet hat, obwohl er längst einen Vertrag beim Hamburger SV hat, davor ziehe ich den Hut. Nach der Partie gegen Rostock am Samstag hat er am Sonntag nochmal 90 Minuten in der A-Jugend gespielt, weil es dort darum ging, den Abstieg aus der Bundesliga zu verhindern. Die Jungs haben 1:0 gegen Nürnberg gewonnen. Der HSV kann sich auf einen tollen Spieler mit einer tollen Einstellung freuen.

DFB.de: Ihr Präsident Ingo Wellenreuther hat die Messlatte gleich hoch gelegt. Er hat kurz nach dem Abpfiff am Samstag gesagt, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren die Bundesliga das Ziel in Karlsruhe ist.

Kreuzer: So sind die Präsidenten, die dürfen das. Ich bin froh, dass er im Freudentaumel nicht den Gewinn der Champions League ausgerufen hat (lacht). Ich bin zu lange dabei, um solche Rechnungen aufzustellen. Wir dürfen nicht vergessen, wie schwer die 2. Bundesliga ist. Dynamo Dresden, VfL Bochum, FC St. Pauli, MSV Duisburg – sie alle haben in dieser Saison ums Überleben gekämpft. Wir tun gut daran, uns erst einmal wirtschaftlich zu konsolidieren. Ich hoffe, dass endlich der Startschuss für unser neues Stadion fällt. Das wäre die Basis, um irgendwann die Bundesliga ins Auge zu fassen. Die ersten Gespräche mit der Stadt dieser Tage waren sehr positiv.